Kroaten in Bosnien und Herzegowina
Die Kroaten bilden eines der drei konstitutiven Völker in Bosnien-Herzegowina. Seit dem Bosnienkrieg werden sie häufig auch als „Bosnische Kroaten“ bezeichnet. Seit diesem Krieg leben in der Herzegowina mehr Kroaten als in Bosnien.
Als inoffizielle Hauptstadt der Kroaten in Bosnien Herzegowina gilt Mostar, zugleich die Stadt mit den meisten kroatischen Einwohnern in Bosnien und Herzegowina.
Seit dem Bosnienkrieg liegen keine präzisen Bevölkerungszahlen vor. Das UNHCR veröffentlichte im Jahr 1996 lediglich einen inoffiziellen Zensus.
Aufgrund der Kriegseinwirkungen und den damit verbundenen, sogenannten Ethnischen Säuberungen während der 1990er Jahre lebt der Großteil der Kroaten auf dem Gebiet der Bosniakisch-Kroatischen Föderation. Es wird geschätzt, dass derzeit etwa 600.000 Kroaten in Bosnien-Herzegowina leben. Gemäß den Zahlenangaben des CIA World Factbook aus dem Jahr 2000 bilden Kroaten 14,3 Prozent der Gesamtbevölkerung von Bosnien und Herzegowina.
Zwischen 150.000 bis 200.000 Kroaten (je nach Quellenangabe) sind während des Bosnienkrieges nach Kroatien geflohen oder übergesiedelt.
Geschichte
Das Volk der Kroaten siedelte sich auf dem Gebiet des heutigen Kroatien und Bosnien-Herzegowina während der Zeit der Völkerwanderung im siebten Jahrhundert an. Die Christianisierung folgte wenig später.
Es bildeten sich zwei kroatische Fürstentümer: das Fürstentum des Pannonischen Kroatien im Norden sowie das Fürstentum des Küstenkroatien im Süden. Diese Fürstentümer wurden schließlich unter König Tomislav im Jahr 925 zu einem Königreich vereinigt. Tomislav wurde von einem Legaten des Papstes in Tomislavgrad gekrönt.
Im Jahr 1102 beschloss der kroatische Adel eine Personalunion (Pacta Conventa) mit dem Königreich Ungarn. Mit der Expansion der Osmanen nach Europa wurden Bosnien-Herzegowina, sowie Teile Kroatiens erobert und in das Osmanische Reich integriert.
Viele Kroaten in Bosnien konvertierten im Laufe der 500jährigen Osmanischen Herrschaft zum Islam über, andere traten in die serbisch-orthodoxe Kirche ein. Wiederum verließen viele kroatische Katholiken den osmanischen Machtbereich westwärts in die freien Teile Kroatiens die derzeit politisch zu Österreich-Ungarn gehörten. Der Franziskaner-Orden bildete über Jahrhunderte hinweg die religiöse Grundstütze der Katholiken in Bosnien und Herzegowina und trug durch sein Eintreten für die Katholiken vor allem unter der osmanischen Herrschaft den Fortbestand der Katholischen Kirche in diesen Gebieten.
Bevölkerungsentwicklung im zweiten Jugoslawien
Währen des zweiten Jugoslawien (1945-1991) sank die Zahl der Kroaten im Land um etwa ein Viertel. Bei der der Volkszählung von 1991 bildeten die Kroaten noch 17,3 % der Bevölkerung.
Die meisten Kroaten leb(t)en in den Regionen der westlichen Herzegowina, Westbosniens, Zentralbosniens und in der Posavina.
In den folgenden Städten bilden die Kroaten Bosnien-Herzegowinas die (relative) Bevölkerungsmehrheit: Livno, Tomislavgrad, Kupres, Posušje, Ljubuški, Široki Brijeg, Grude, Čapljina, Čitluk, Mostar, Neum, Prozor-Rama, Ravno, Stolac, Domaljevac-Šamac, Odžak, Orašje, Novi Travnik, Jajce, Busovača, Dobretići, Gornji Vakuf, Kiseljak, Kreševo, Vitez, Usora, und Žepče.
Nach dem Bosnienkrieg kehrten die meisten kroatischen Vertriebenen nicht in ihre Heimatorte zurück. Besonders in der nun nahezu menschenleere Posavina(Landesteil entlag des Flusses Sava) in der gegenwärtigen Republika Srpska. Sämtliche Ortschaften in diesem Gebiet wurden geplündert und niedergebrannt. Aufbaumaßnahmen gibt es nur an sehr wenigen Orten. Bisher wurden weder Entschädigungszahlungen geleistet noch bedeutende Wiederaufmaßnahmen eingeleitet.
Kultur
Eine der bedeutendsten kulturellen Institutionen für die Kroaten in Bosnien und Herzegowina ist die Kroatische Kulturgemeinschaft Napredak.
Die Universität Mostar ist das einzige Bildungsinstitut in Bosnien und Herzegowina, in dem Vorlesungen in Kroatischer Sprache gehalten werden.
Viele Kroaten des Landes besuchen jedoch Universitäten in Kroatien, wobei die Universität Zagreb die begehrteste ist.
Gegenwärtig gibt es zwei Kroatische Musikfestivals im Land: Das Ethnofest Neum und Melodije Mostara. Bei diesen Festivals treten regelmäßig die besten kroatischen Künstler des Landes auf.
Sprache
Die meisten Kroaten in Bosnien und Herzegowina sprechen die Kroatische Sprache.
Kroatische Schulkinder haben einen Anspruch auf Schulunterricht in Kroatisch. Es existiert allerdings kein eigenes Fernsehprogramm in kroatischer Sprache.
Religion
Siehe auch:
Die überwiegende Mehrheit der Kroaten gehört der Katholische Kirche in Bosnien und Herzegowina an. Die Römisch-katholische_Kirche hat in Bosnien und Herzegowina insgesamt ein Erzbistum, dem vier Bistümer (Diözesen) unterstellt sind: Erzbistum Vrhbosna, Bistum Banja Luka mit Sitz in Banja Luka sowie das Bistum Mostar-Duvno mit Sitz in Mostar, das Bistum Trebinje-Mrkan sowie die Diözese Skopje. In Međugorje befindet sich ein bedeutender Wallfahrtsort, der jährlich von über einer Million Pilgern aus aller Welt besucht wird.
Politik
Die bedeutendsten Parteien der Kroaten in Bosnien und Herzegowina sind die Kroatische Demokratische Vereinigung, Kroatische Demokratische Union 1990, und die Kroatische Rechtspartei.
Die Kroaten stellen ein Präsidiumsmitglied auf Staatsebene. Der gegenwärtige Präsident ist der Kroate Željko Komšić.
Bedeutende Kroaten aus Bosnien und Herzegowina
Zahlreiche kroatische bekannte Persönlichkeiten wurden in Bosnien und Herzegowina geboren. Zu den bedeutendsten Persönlichkeiten gehören:
Kunst
Literatur
- Tin Ujević, Poet
- Miljenko Jergović, Schriftsteller
Nobelpreisträger
- Ivo Andrić, Schriftsteller
- Vladimir Prelog, Chemiker
Militär und Politik
- Milan Bandić, Politiker
- Mate Boban, Politiker
- Bruno Bušić, Regimekritiker
- Ivo Miro Jović, Politiker
- Željko Komšić, Politiker
- Ante Marković, Jugoslawischer Politiker
- Ante Pavelić, Führer des NDH
- Andrijica Šimić, Haiduke
- Gojko Šušak, Politiker
Darstellende Künstler und Musiker
- Ivan Mikulić, Sänger
- Ivana Miličević, Schauspielerin
- Vesna Pisarović, Sänger
Sport
- Mario Bazina, Fußballspieler
- Miroslav Blažević, Fußballtrainer
- Vedran Ćorluka, Fußballspieler
- Anton Josipović, Boxer
- Ivan Klasnić, Fußballspieler, Eltern aus Bosnien
- Niko Kovač, Fußballspieler, Eltern aus Livno
- Robert Kovač, Fußballspieler, Eltern aus Livno
- Ivan Ljubičić, Tennisspieler
- Mladen Petrić, Fußballspieler
- Davor Šuker, Fußballspieler, Eltern aus Livno
- Stjepan Tomas
- Boris Zivkovic
- Blaž Slišković, Fußballtrainer
Religion
- Franjo Komarica, Bischof von Banja Luka
- Vinko Puljić, Kardinal von Bosnien-Herzegowina