Modernismus (Katholizismus)
Als Modernismus bezeichnet man in der Religion eine generelle Strömung des 19. und 20. Jahrhunderts, die das historische Christentum mit den Erkenntnissen der modernen Wissenschaft und Philosophie zu verbinden suchte.
Modernismus kam auf mit der Anwendung der historisch-kritischen Exegese in Bibelauslegung und Dogmengeschichte und resultierte in einer Zurücksetzung von historischen Dogmen und Bekenntnissen und einer größeren Betonung der humanistischen Seiten der Religion.
Nicht mehr die Transzendenz sondern die Immanenz von Gott gewann an Wichtigkeit.
Modernistische Strömungen gab es im Protestantismus, wo modernistische Ideen von vielen großen Kirchen ganz oder teilweise akzeptiert wurden - in der Reaktion darauf entstanden christlicher Fundamentalismus und die evangelikale Bewegung.
Ebenso entwickelte sich ein Modernismus im Reform-Judentum, insbesondere in den Vereinigten Staaten.
In der katholischen Kirche vertrat der Modernismus, der vorwiegend in Frankreich, England und Italien auftrat, ebenfalls die historisch-kritische Exegese, aber auch die Ablehnung der scholastischen Theologie und der entsprechenden Unterordnung der Praxis unter die Lehre. Viele Modernisten sahen die Sakramente, Dogmen und Gebete vom pragmatischen Standpunkt nicht als göttliche Gnadenmittel sondern wertvoll durch ihren psychologischen Effekt. Solche Tendenzen führten natürlich dazu, die Autorität der Kirche und die traditionelle Sicht Gottes abzulehnen.
Die Thesen des Modernismus wurden in der katholischen Kirche im vielfältigen Veröffentlichungen rigoros abgelehnt, beispielsweise im "Syllabus Errorum" (1864) von Pius IX. und der Enzyklika Pascendi (1907) von Pius X., der den Modernismus als "Sammelbecken aller Häresien" bezeichnete. 1910 führte Pius X. den Antimodernisteneid ein, mit dem jeder Kleriker dem Modernismus abschwören musste. Dieser Antimodernisteneid war bis 1967 in Kraft. Selbst heute spaltet der Modernismus die Katholische Kirche, ein Beispiel ist der dialog zwischen der Priesterbruderschaft St. Pius X. und der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei.
Der Ausdruck " Modernismus" wurde vorwiegend von den Gegnern als Begriff gebraucht; insofern ist es interessant zu sehen, was diese darunter verstanden. Die folgenden Thesen wurden im Syllabus Errorum als modernistisch angesehen und von der Kirche als häretisch verurteilt. Dabei wurde jede These einzeln als Häresie verurteilt, nicht nur die Gesamtheit.
- "1. Es gibt kein höchstes, allweises und allvorsehendes von dieser Gesamtheit der Dinge unterschiedenes göttliches Wesen, und Gott ist eins mit der Natur, daher dem Wechsel unterworfen, und Gott wird in der Tat im Menschen und in der Welt. Alles ist Gott und hat das eigentliche Wesen Gottes; und Eines und dasselbe ist Gott mit der Welt, daher auch der Geist mit der Materie, die Notwendigkeit mit der Freiheit, das Wahre mit dem Falschen, das Gute mit dem Bösen, das Gerechte mit dem Ungerechten. "
- "15. Es steht jedem Menschen frei, jene Religion anzunehmen und zu bekennen, welche jemand, durch das Licht der Vernunft geführt, für die wahre hält. "
- " 17. Wenigstens darf wohl auf die ewige Seligkeit aller jener gehofft werden, welche in der wahren Kirche Christi keineswegs leben. "
- " 77. In unserer Zeit ist es nicht mehr nützlich, daß die katholische Religion als einzige Staatsreligion unter Ausschluß aller anderen Kulte gehalten werde. "
Vertreter des Modernismus
Katholisch
- Joseph Turmel/Henri Delafosse (1859-1943) Delafosse, Der Brief an die Römer
- George Tyrrell (1861-1909)
- Alfred Firmin Loisy (1857?1940) Artikel von Loisy (englisch)
Protestantisch
- Shailer Matthews
- Arthur Cushman McGiffert