Boris Palmer
Boris Palmer (* 28. Mai 1972 in Waiblingen, Baden-Württemberg) ist Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen und seit März 2001 Landtagsabgeordneter für den Wahlkreis Tübingen. Seit Januar 2007 ist er nach seiner Wahl im Oktober 2006 Oberbürgermeister der Stadt Tübingen.
Ausbildung und Beruf
Nachdem er 1992 an der Freien Waldorfschule Engelberg sein Abitur absolviert hatte, studierte Palmer von 1993 bis 1999 Geschichte und Mathematik an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und in Sydney. Während des Studiums war Palmer als Studierendenvertreter aktiv. An der Universität war er außerdem von 1995 bis 2000 AStA-Referent für Umwelt und Verkehr. In dieser Zeit hat er Nachtbusse in Tübingen durchsetzen können und wirkte an der Einführung des Semestertickets mit. Auch sprach er sich für nachlaufende Studiengebühren in Baden-Württemberg aus. Im Anschluss an sein Studium arbeitete er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag.
Politische Tätigkeit
Palmers Interesse an Politik entstand ursprünglich durch die Aktivitäten seines in der Region sehr bekannten Vaters, des sogenannten „Remstal-Rebellen“ Helmut Palmer, der zuletzt der SPD angehörte.
1996 trat Boris Palmer den Grünen bei. Von 1997 bis 2000 war er Mitglied im Kreisvorstand von Bündnis 90/Die Grünen Tübingen. 2001 wurde er in den Landtag von Baden-Württemberg gewählt. Er war dort umwelt- und verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. In dieser Funktion ist er unter Anderem als Kritiker des Verkehrs- und Städtebauprojektes Stuttgart 21 bekannt. Palmer wird häufig zum „Realo“-Flügel seiner Partei gezählt[1].
Im Jahre 2004 kandidierte Palmer für das Oberbürgermeisteramt der Stadt Stuttgart. Beim ersten Wahlgang am 10. Oktober 2004 konnte er ein Wahlergebnis von 21,5 % erzielen und lag damit 2,8 Prozentpunkte über dem Kommunalwahlergebnis der Grünen vom 13. Juni 2004. Nach dem zweiten Wahlgang am 24. Oktober 2004 zog Palmer seine Kandidatur zurück und sprach gleichzeitig eine indirekte Wahlempfehlung zugunsten von Dr. Wolfgang Schuster (CDU) und gegen Ute Kumpf (SPD) aus. Palmer tat diesen Schritt, nachdem Schuster im Gegensatz zu Kumpf zu inhaltlichen Zugeständnissen bereit war, wobei laut Palmer Schusters Bereitschaft eine große Rolle spielte, zu Stuttgart 21 unter Umständen einem Bürgerentscheid zuzustimmen. Diese indirekte Wahlempfehlung für Schuster rief bei vielen Wählern Empörung hervor. Andere werteten dies als politische Unabhängigkeit und Einstehen für Inhalte.
Nach der Landtagswahl 2006 wurde Palmer zu einem von drei stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden gewählt, legte dieses Amt mit dem Amtsantritt zum Oberbürgermeister von Tübingen aber wieder ab. Er hat auch mehrfach angekündigt, sein Landtagsmandat niederzulegen, sobald das Thema Stuttgart 21 erledigt sei.
Ein Cousin Boris Palmers ist Christoph Palmer, der früher baden-württembergischer Staatsminister und Vertrauter von Erwin Teufel war und heute noch Kreisvorsitzender der Stuttgarter CDU ist.
Wahl zum Oberbürgermeister von Tübingen
Im Juli 2006 erklärte Palmer, für Bündnis 90/Die Grünen als OB-Kandidat in Tübingen als Herausforderer von Oberbürgermeisterin Brigitte Russ-Scherer (SPD) antreten zu wollen. Die CDU hatte zunächst keinen Kandidaten aufgestellt. Bei der Oberbürgermeisterwahl am 22. Oktober 2006 wurde Palmer mit 50,4 % der Stimmen im ersten Wahlgang zum Oberbürgermeister der Universitätsstadt Tübingen gewählt. Die Wahlbeteiligung lag bei 51,6 %. Palmer erklärte:„Den Sitz im Landtag werde ich niederlegen. […] Als Oberbürgermeister habe ich in den nächsten acht Jahren dagegen viele Möglichkeiten, Politik aktiv zu gestalten.“ [2]
Einen Beitrag zu dem Stimmenvorsprung gegenüber der Amtsinhaberin war nach Ansicht lokaler Medien ein im September 2006 erstmals bekannt gewordenes Projekt des Pharmaunternehmens Boehringer Ingelheim, in Tübingen unter Nutzung freiwerdender Liegenschaften der Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere einen Forschungsstandort für Tierimpfstoffforschung einzurichten. Insbesondere weil dabei der Neubau eines zusätzlichen Versuchstierstalls mit eigener Tierkörperverbrennung geplant war, wurde das Projekt von Anwohnern entschieden abgelehnt.
Boris Palmer erklärte im Wahlkampf, einen Bürgerentscheid über dieses Bauvorhaben zu machen. Die Frage wurde am 28. November 2006 gegenstandslos, nachdem Boehringer Ingelheim, unter Verweis auf die Reaktionen in der Öffentlichkeit und die Medienberichterstattung, erklärte, seine Ansiedlungspläne mangels Planungssicherheit nicht weiter zu verfolgen, und sich einen anderen Forschungsstandort zu suchen.
Noch vor seinem Amtsantritt wurden im November 2006 Rücktrittforderungen laut, nachdem Palmer vor 300 Tübinger Feuerwehrleuten eine launige Episode zum besten gegeben hatte, die in der Pointe gipfelte, Wer Figgen will, muß SPD wählen. Die SPD in Hamm war in den 60er Jahren mit diesem Slogan in den Kommunalwahlkampf gezogen, nachdem der damalige SPD-Oberbürgermeister der Stadt Werner Figgen einen Seitensprung eingestanden hatte.[3]
Quellen
- ↑ Artikel Das Rebellenkind in der tageszeitung vom 17. Oktober 2006
- ↑ Stern, Nr. 44/2006, S. 27
- ↑ Wegen Figgen - soll Boris Palmer doch nicht OB werden? Schwäbisches Tagblatt, 16.11.2006
Weblinks
- Internetpräsenz von Boris Palmer
- Diplomarbeit über Palmers OB-Wahlkampf 2004
- Interview mit Vater Helmut und Sohn Boris Palmer
- Portrait in der taz
Personendaten | |
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NAME | Palmer, Boris |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker |
GEBURTSDATUM | 28. Mai 1972 |
GEBURTSORT | Waiblingen, Baden-Württemberg |