Asien-Korps
Das Asien-Korps war ein Verband der Streitkräfte des Deutschen Reiches, der im Ersten Weltkrieg zur Unterstützung des Osmanischen Reiches im Vorderen Orient eingesetzt wurde.
Aufbau und Kommando
Zu dem Korps, das in zwei Abschnitten (März 1916 und August 1917) zusammengestellt und 1918 nochmals verstärkt wurde, gehörten neben den Stäben des Asien-Korps und (1918) der 201. Infanterie-Brigade:
- Infanterie-Bataillon 701, ab 1918 auch das 1. Masurische Infanterie-Regiment Nr. 146 aus Allenstein
- Feldbatterien: Infanterie-Geschütz-Züge 701, 702 und 703
- Maschinengewehr-Kompanie 701
- Kavallerie-Eskadron Asienkorps
- Pionierabteilung 701, aus dem Kurhessischen Pionier-Bataillon Nr. 11 (Hannoversch Münden), Pionier-Kompanie 205
- Fliegerabteilungen 300 „Pascha“, 301 und 302 (beide aus Breslau), 303 (aus Altenburg), 304 b (aus Oberschleißheim) und 305 (aus Breslau), ab 1918 Jagdstaffel 55 (später umbenannt in Jagdstaffel 1 F)
- Gebirgs-Blinker-Züge 27 (ab 1918) und 28, Nachrichtenabteilung Pascha II (seit 1918)
- Vermessungsabteilung 27
- Sanitätsformationen.
Darüber hinaus waren 1917/18 die Eisenbahnbetriebs-Kompanien 11 und 44/48 auf der Hedschasbahn eingesetzt.
Oberbefehlshaber des Asien-Korps war zunächst der General der Artillerie Friedrich Freiherr Kreß von Kressenstein (1870-1948) als Kommandeur des 1. Türkischen Expeditionskorps und späterer Stabschef der 4., 7. und 8. Türkischen Armee (Heeresgruppe F). Von Juli 1917 bis Februar 1918 folgten ihm in dieser Funktion der General der Infanterie und zugleich Kaiserlich Osmanische Marschall Erich von Falkenhayn (1861-1922) und von Februar 1918 bis November 1918 der General der Kavallerie Otto Liman von Sanders (1855-1929).
Geschichte
Nach dem Bündnis zwischen der Türkei und Deutschland am 2. November 1914 erklärten England, Frankreich und Russland der Türkei den Krieg. Die türkischen Truppen konnten in Armenien, Mesopotamien und Südpalästina zunächst Erfolge erzielen.
Pascha I
Bereits 1914/15 waren deutsche Pionier-Truppen am Bau der Feld-Eisenbahn im Sinai zum Suezkanal beteiligt, die von der 4. Türkischen Armee unter der technischen Leitung von Heinrich August Meißner Pascha (1862-1940) errichtet wurde. Auch eine Marine-Hygieneexpedition wurde im Dezember 1914 unter Leitung des Hamburger Tropenmediziners Prof. Dr. Peter Mühlens (1873-1943) zusammengestellt. Sie arbeitete zusammen mit den türkischen Sanitätsstellen daran, die beim Wasser- und Wegebau in der Wüste auftretenden Infektionskrankheiten wie Rückfallfieber, Flecktyphus, Typhus, Abdominaltyphus, Paratyphus, Amöbenruhr, Bakterienruhr und Cholera einzudämmen. Schutzimpfungsstoffe gegen Typhus und Cholera wurden in Jerusalem aus landestypischen Erregerstämmen selbst hergestellt. Bei der Pflege in den Lazaretten halfen deutsche Borromäerinnen und Kaiserswerther Diakonissen aus Jerusalem.
Um die türkischen Streitkräfte effektiver durch Kriegsmaterial, deutsche Offiziere zur Truppenführung, Militärflieger und Truppenkontingente zu unterstützen, wurde 1916 ein deutsches „Asien-Korps“ zusammengestellt. Mitte Januar 1916 unternahm Oberst Kreß von Kressenstein mit einigen Offizieren des Generalkommandos einen Inspektionsritt durch die Wüste bis nahe an den Suezkanal. Im März 1916 traf das Expeditionskorps Pascha I über die Etappenstrecke Balkan-Konstantinopel-Taurus-Aleppo-Damaskus-Jerusalem-Wüste auf der Sinai-Halbinsel ein. Am 1. April 1916 wurde die Fliegerabteilung 300 „Pascha“ unter Führung von Hauptmann Hellmuth Felmy (1885–1965) mit 14 Flugzeugen vom Typ Rumpler C.I in Beerscheba stationiert. Im April bezogen auch die ersten deutschen und österreichischen Truppen Quartier in Beerscheba. Die Fliegerabteilung wurde in den Nordsinai verlegt: im Juni in das Wadi el-Arisch und im Juli nach Bir el-'Abd.
Da sich das Eintreffen der deutschen Truppen verzögerte, fand die geplante Großoffensive gegen den Suezkanal erst in der Juli-Hitze 1916 statt und misslang. Die türkisch-deutschen Truppen wurden im August 1916 nach der Schlacht von Bir Romani nach Palästina zurückgeworfen. Die Fliegerabteilung 300 wurde ab Oktober wieder nach Beerscheba und im Januar 1917 nach Ramla verlegt. Im Frühjahr 1917 siedelte das deutsche Hauptquartier nach Tell esch-Scheria (Gerar) über; im März und April wurden von den Türken im Gebiet von Gaza zwei Schlachten gegen die Briten unter General Edmund Allenby gewonnen.
Pascha II
Als Bagdad am 11. März 1917 von den Briten eingenommen war, stand das Osmanische Reich vor der Niederlage. Deutschland verstärkte nun die Militärunterstützung. Um die türkische Armee zu stabilisieren, wurde die Heeresgruppe F mit einem fast ausschließlich deutschen Generalstab aufgebaut (sogenanntes Unternehmen Blitz, türkisch Yılderım Orduları Grubu).
Im August 1917 wurde von der Obersten Heeresleitung über den Balkan und Konstantinopel ein deutsches Expeditionskorps Pascha II unter Generalmajor Werner von Frankenberg zu Proschlitz (1868-1933) in den Nahen Osten geschickt, um ein weiteres Vordringen der Briten aufzuhalten. Eigentlich sollen die deutschen Truppen helfen, Bagdad von den Briten zurückzuerobern, doch im Oktober 1917 wurde dieses Ziel aufgegeben. Die Soldaten wurden zur Frontsicherung nach Palästina verlegt, um dort den englischen Vormarsch zu stoppen.
Die türkisch-deutschen Truppen wurden von den Briten und arabischen Milizen unter Führung von Thomas E. Lawrence attackiert. Zur weiteren Luftunterstützung wurden der Heeresgruppe F im September 1917 die Fliegerabteilungen 301-305 und die Jagdstaffel 55 mit insgesamt 55 Flugzeugen zugeteilt. Es waren zweisitzige Flugzeugtypen wie die Aufklärer AEG C.IV oder Albatros C.III, die Jagdflugzeuge Pfalz E.I, Pfalz E.II oder Albatros D.III und der Aufklärer oder Bomber Rumpler C.I in Gebrauch.
Im September 1917 brach die Sinai-Front zusammen. Ende Oktober 1917 waren die Fliegerabteilungen in es-Safed, Ramla, et-Tina (südlich von Port Said) und Iraq el-Manschiye (bei Gaza) stationiert. Allenby schlug die Osmanen am 31. Oktober - mit dem letzten erfolgreichen Kavallerieangriff der Geschichte - in Beerscheba und Anfang November 1917 in Gaza. Die deutschen Fliegerabteilungen wurden danach in den Norden Palästinas zurückgezogen: nach Bethlehem-Waldheim (heute Allone Abba zwischen Haifa und Nazareth), Dschenin, Samach am See Genezareth (heute Wüstung in der Nähe des Kibbuz Ma'agan), Merhavya (el-Fule) bei Afula in der Nähe von Nazaret. Auch in Dar'a (Südsyrien) waren 10 Flugzeuge zusammen mit der türkischen Flugabteilung 14 im Einsatz gegen die arabischen Milizen.
Nach dem Zusammenbruch der 8. Türkischen Armee wurde Jerusalem am 9. Dezember 1917 und den folgenden Tagen von den türkischen Truppen geräumt, auch das deutsche Oberkommando verließ sein Hauptquartier auf dem Ölberg im Auguste-Viktoria-Hospital und zog sich nach Nazaret zurück. Dort war das Hauptquartier von Dezember 1917 bis September 1918. Zwischen Dezember 1917 und April 1918 gab es Stellungskämpfe in Mittelpalästina, von April bis September 1918 auch Kämpfe im Ostjordanland. Die deutschen Truppen in Palästina wurden noch einmal verstärkt. Im April und Mai 1918 kam dabei auch das 1. Masurische Infanterie-Regiment Nr.146 unter Generalmajor Frithjof Freiherr von Hammerstein-Gesmold (1870-1944) zum Einsatz. Die deutschen Fliegerabteilungen wurden in dieser Zeit zum Teil nach Amman, Rayak, Aleppo, Hama und Homs verlegt.
Niederlage und Rückzug
Die Niederlage der türkisch-deutschen Armee in Palästina und Mesopotamien war nicht aufzuhalten. Nach der Schlacht von Megiddo am 19. September 1918 und der Einnahme von Damaskus zogen sich die Truppen immer weiter zurück. Die Fliegerabteilungen wurden Anfang Oktober auf dem Rückzug bis auf eine, die in Hama verblieb, nach Muslimiya bei Aleppo und schließlich nach Adana verlegt. Am 30. Oktober 1918 kapitulierte die Türkei und schloss am 31. Oktober 1918 den Waffenstillstand von Moudros (auf Limnos), der den deutschen Truppen freies Geleit zusicherte. In Rayak wurden nach dem Waffenstillstand 30 Flugzeuge verbrannt.
Auch das deutsche Asien-Korps kapitulierte im November 1918 auf dem Rückzug mit der anatolischen Eisenbahn nach Konstantinopel und kehrte im Januar 1919 nach Deutschland zurück.
Kriegsgräber der gefallenen Soldaten befinden sich insbesondere in Bagdad, Jerusalem, Nazareth und Aleppo. Ein Fliegerdenkmal für gefallene deutsche Piloten im Ersten Weltkrieg steht in Dschenin (Palästinensisches Autonomiegebiet) an der Straße nach Nazareth sowie auf dem Templer-Friedhof in Haifa.
Bedeutung für Luftbildarchäologie und Kartografie
Von den Städte- und Landschaftsaufnahmen der Fliegerabteilung 304 des Asien-Korps sind noch 2.872 Glasplatten im Bayerischen Hauptstaatsarchiv, Abt. IV Kriegsarchiv, in München erhalten. Ihre wissenschaftliche Auswertung ist heute wichtig für die Luftbildarchäologie. Auch die von der Vermessungsabteilung 27 gefertigten topografischen Karten werden zur Klärung wissenschaftlicher Fragen herangezogen.
Siehe auch
Quellen
- Großer Generalstab (Hrsg.), Die Schlachten und Gefechte des Großen Krieges 1914-1918. Quellenwerk nach den amtlichen Bezeichnungen, Berlin 1919
- Gustaf Dalman, Hundert deutsche Fliegerbilder aus Palästina (Schriften des Deutschen Palästina-Instituts Bd. 2), Gütersloh 1925
Literatur
- Otto Huntemüller, Die Cholera an der Sinaifront 1917. Ein Beitrag zur Epidemiologie und Bekämpfung der Infektionskrankheiten, in: Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten (jetzt: Medical Microbiology and Immunology) 89/3 (Dez. 1919), S. 416-436
- Willy Koert, Geologische Beobachtungen in Syrien und Palästina während des Feldzuges 1917/18, mit paläontologischen Beiträgen von W. Janensch und H. Rauff, in: Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften 76 (1924), S. 1-59
- Das 1. Masurische Infanterie-Regiment Nr. 146 1897-1919. Mit 5 Übersichtskarten, 40 Gefechtsskizzen und 90 Bildern, Berlin 1929
- Otto Hartenstein, Das Kurhessische Pionier-Bataillon Nr. 11 im Weltkriege 1914 - 1918, Zeulenroda 1936
- Harald Potempa, Die Königlich-Bayerische Fliegertruppe 1914-1918 (diss. München 1995), Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-631-30508-7
- Dov Gavish, Foreign Intelligence Maps: Offshoots of the 1:100,000 Topographic Map of Israel, in: Imago Mundi 48 (1996), S. 174-184
- Stefan Wulf, Jerusalem - Aleppo - Konstantinopel. Der Hamburger Tropenmediziner Peter Mühlens im Osmanischen Reich am Vorabend und zu Beginn des Ersten Weltkriegs (Hamburger Studien zur Geschichte der Medizin 5), Münster 2005, ISBN 3-8258-7941-0