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Intensivtransporthubschrauber

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Der Intensivtransporthubschrauber (kurz ITH) ist ein Luftrettungsmittel, dessen Tätigkeitsschwerpunkt in der Verlegung von Intensivpatienten auf dem Luftweg liegt. Das unterscheidet ihn vom Rettungshubschrauber (RTH), der für sogenannte Primäreinsätze, also die Notfallrettung eingesetzt wird. Verlegungen nennt man daher im Rettungswesen allgemein Sekundäreinsatz.

Sein bodengebundenes Pendant ist der Intensivtransportwagen (ITW).

Datei:Ith.png
Intensivtransporthubschrauber Bell 412.

Ausrüstung

Der Intensivtransporthubschrauber wird im Interhospitaltransfer (IHT), also zum Transport von Patienten zwischen Krankenhäusern, eingesetzt. Patienten des Intensivtransporthubschraubers werden dabei zwischen Intensivstationen verlegt, sie sind daher immer intensivpflichtig. Häufig werden sie mit komplizierten Beatmungsmustern beatmet.

Der Intensivtransporthubschrauber verfügt weitestgehend über die Mittel einer Intensivstation. Das heißt, dass während des Fluges (fast) alle intensivmedizinischen Verfahren und Überwachungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.

Verglichen mit einem Rettungshubschrauber sind vor allem die deutlich aufwendigeren Beatmungsmaschinen (z.B. Evita oder Servo im Gegensatz zum Medumat Electronic, Oxylog) zu nennen. Mit den genannten Intensivbeatmungsgeräten lassen sich differenzierte Beatmungsmuster anwenden, die die einfacheren Notfallbeatmungsgeräte nicht anbieten können.

Intensivpatienten sind - anders als Notfallpatienten - während der Beatmung bereits weitgehend wieder wach. Teilweise müssen sie auch "nur noch" nach einer Langzeitbeatmung von der Maschine entwöhnt werden. Daher ergibt sich die Notwendigkeit, flexiblere Beatmungsmuster und Luftgemische nutzen zu können, als es in der Notfallmedizin notwendig ist. Allerdings sind diese Beatmungsgeräte wesentlich größer, unhandlicher und schwieriger zu bedienen, weshalb ein Intensivrespirator im Notfalleinsatz wenig Sinn macht: Der Servo wird auf einem Schubwägelchen oder auf einem modifizierten Tragenfahrgestell transportiert, ein Medumat oder Oxylog lassen sich wie ein kleines Köfferchen tragen.

Zum anderen erfordern Krankheitsbilder, die sich in der Notfallmedizin typischerweise noch nicht manifestieren, mit denen jedoch die Intensivmedizin regelmäßig zu tun hat, z.B. ARDS, aufwendige Beatmungsverfahren.

Zusätzlich verfügt der Intensivtransporthubschrauber über erweiterte Monitoring-Möglichkeiten: Im Gegensatz zu den meisten Rettungshubschraubern besteht die Möglichkeit der invasiven Blutdruckmessung (IBP), bei der über eine arterielle Kanüle der Blutdruck bestimmt wird. Auch die Messung des zentralvenösen Drucks ist möglich. Zur Überwachung der Beatmung kann die Kapnometrie, die den expiratorischen Kohlenstoffdioxidgehalt bestimmt, verwendet werden.

Perfusoren (Spritzenpumpen), Defibrillator sind, wie auf dem Rettungshubschrauber und Notarztwagen, Standard.

Bei Bedarf können auch Intensiv-Inkubatoren für die Verlegung intensivpflichtiger Neugeborener aufgenommen werden.

Die für die Beatmung notwendige Druckluft wird auf dem Intensivtransporthubschrauber, genauso wie auf modernen Intensivtransportwägen mit bordeigenen Kompressoren, sogenannten Air-Pumps, erzeugt und in einem Drucklufttank zwischengespeichert.

Die Beatmungsgeräte können an Bord über ein 220V-Netz betrieben werden, für den Einsatz außerhalb des Hubschraubers verfügen sie über einen leistungsfähigen Akku.

Häufig kommen auf dem Hubschrauber speziell konstruierte Tragen zum Einsatz, die zusätzliche Halterungen für den Monitor und das Beatmungsgerät haben. Unter der Liegefläche werden dabei häufig die Druckluft- und Sauerstoffflaschen verstaut.

Die Ausrüstung ist in der DIN 13230-4 ITH genormt.

Wegen der hohen Zuladung und des deutlich größeren Platzbedarfs werden für den Intensivtransporthubschrauber größere Hubschraubermodelle (z.B. in Deutschland: Eurocopter BK117/EC145, Bell Helicopters 412 HP, MD 900, MD Explorer) als für den Rettungshubschrauber (Eurocopter EC135, Bo 105, teils aber auch BK 117) eingesetzt, dadurch ist die benötigte, höhere Zuladung und die Möglichkeit weitere Strecken zu fliegen, gegeben.

Die Reichweite und Zuladung hängt vom gewählten Hubschraubermodell ab. Die DRF nennt für die Bell 412 eine Reichweite von ca. 700 km bei einem maximalen Abfluggewicht von 5,4 Tonnen. Dazu können bis zu 1250 Liter Treibstoff getankt werden.

Einsätze

Der Intensivtransporthubschrauber ist vor allen Dingen im Bereich von interklinischen Transporten (Polytraumapatienten, Verbrennungsopfer, Inkubatortransporte) tätig, seltener für Organtransporte oder die Verlegung von OP-Teams. Dabei werden sie häufig für die Verlegung von Häusern niedrigerer Versorgungsstufe zu Häusern höchster Versorgungsstufe verwendet und für Verlegungen von Patienten, die spezielle Behandlungsmethoden oder Geräte benötigen, die nur in wenigen Krankenhäusern zur Verfügung stehen.

Die Intensivtransporthubschrauber werden von eigenen Leitstellen koordiniert. In Bayern z.B. ist eine zentrale Leitstelle, die der integrierten Leitstelle München angegliedert ist, für ganz Bayern zuständig. Die Rettungshubschrauber werden von den jeweiligen örtlichen Rettungsleitstellen verwaltet.

Bei Bedarf kann der Intensivtransporthubschrauber auch in der Primärrettung als Rettungshubschrauber eingebunden werden. Gerade zur Nachtzeit wird auf diese Option gerne zurückgegriffen, da die Intensivtransporthubschrauber im Gegensatz zu den meisten Rettungshubschraubern nachtflugtauglich sind. Allerdings wird der Intensivtransporthubschrauber bei Nachteinsätzen hauptsächlich als Transportmittel genutzt und weniger häufig als schneller Notarztzubringer, da die Landung auf unbeleuchteten Flächen sehr riskant ist, so dass zum Beispiel die örtliche Feuerwehr regelmäßig zum Ausleuchten der Landestelle bestellt werden muss.

Kosten

Die Kosten für den Einsatz des Intensivtransporthubschraubers werden, wie auch für den Einsatz des Rettungshubschraubers, von den Krankenkassen übernommen. Dabei wird üblicherweise nach Flugminuten abgerechnet. Der Preis pro Flugminute wird dabei meist aus den Kosten des Vorjahres ermittelt. Die Preise werden nicht veröffentlicht.

Eine BK 117, die kleinste im Intensivtransport eingesetzte Maschine, kostet ca. 3,5 Millionen Euro (2004). Dazu kommt dann noch die medizinische Ausrüstung, sowie die Unterhalts- und Betriebskosten. Die BK 117 wird auch regelmäßig als Rettungshubschrauber eingesetzt.

Die Kosten für einen Einsatz des Intensivtransporthubschraubers sind höher als die für einen Rettungshubschrauber, die wiederum (deutlich) über denen für einen Intensivtransportwagen liegen. Daher muss der bestellende Arzt die Vor- und Nachteile abwägen. Gerade bei längeren Strecken ist der Transport per Hubschrauber im Allgemeinen vorzuziehen, da er schonender für den Patienten ist.

In Niedersachsen betrugen die Kosten 1998/1999 im 19-monatigen Mittel pro Einsatz rund 1000 DM, also rund 500 Euro.

Vorteil der Spezialisierung

Dadurch, daß neben Rettungshubschraubern auch Intensivtransporthubschrauber zur Verfügung stehen, können die häufig sehr langwierigen und zeitaufwendigen Intensivverlegungen problemloser durchgeführt werden: Der Rettungshubschrauber, der für Primäreinsätze, also für die Notfallrettung benötigt wird, wird durch solche Verlegungen nicht blockiert.

Zudem werden einige der intensivmedizinischen Geräte, über die ein Intensivtransporthubschrauber verfügt, im normalen Rettungsdienst kaum gebraucht. Auf allen Rettungshubschraubern diese Gerätschaft vorzuhalten, würde eine enorme Kostenbelastung bedeuten.

Besatzung

Auf dem Intensivtransporthubschrauber fliegen stets ein Notarzt, der über langjährige Erfahrung auf der Intensivstation verfügen muss, und ein Rettungsassistent mit Zusatzausbildung mit. Gesteuert wird die Maschine von einem, meist jedoch zwei Piloten.

Betreiber

Die Intensivtransporthubschrauber werden zum Beispiel vom Team DRF (Deutsche Rettungsflugwacht) oder dem ADAC betrieben. Das nicht-ärztliche medizinische Personal wird von den Hilfsorganisationen gestellt, die Ärzte von Universitätskliniken. In München, Regensburg und Nürnberg wird der Rettungsassistent vom Arbeiter Samariter Bund gestellt, die Ärzte in München vom Klinikum Großhadern der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Geschichte

Der erste Intensivtransporthubschrauber in Deutschland wurde 1991 in München vom Arbeiter Samariter Bund (ASB) in Dienst genommen. Die Maschine wurde zunächst über eine eigene Leitstelle des ASB koordiniert, erst später begann die zentrale Koordination über eine gemeinsame Leitstelle für Intensivtransporthubschrauber. In Österreich wurde der erste Intensivtransporthubschrauber im Juli 1999 vom ÖAMTC als Pilotprojekt in Dienst genommen, er hat seitdem im Schnitt 537 Einsätze pro Jahr geflogen.

Bevor dedizierte Intensivtransporthubschrauber zum Einsatz kamen, wurden Intensivverlegungen von Rettungshubschaubern geflogen - genauso wie im bodengebundenen Intensivtransport entsprechende Einsätze vor der Implementierung von Intensivtransportwagen von Rettungswagen mit Arztbegleitung oder einem Notarztwagen übernommen wurden. Dabei musste man in Kauf nehmen, dass insbesondere die Beatmungsmöglichkeiten und das Raumangebot eingeschränkt waren.

Rufnamen

Die Rufnamen der Intensivtransporthubschrauber wurden mittlerweile vereinheitlicht. Daher wechselte beispielsweise der ITH München seinen Namen von SAMA 78/1 über ITH München zum jetzt offiziellen Christoph München.

Im Gegensatz zu den Rettungshubschraubern sind die Intensivtransporthubschrauber nicht durchnummeriert, sondern tragen nach der Kennung "Christoph" den jeweiligen Stationsnamen.

Literatur

  • M. Weinlich, M. Mühlmeyer, A. Reichert, R. Jaki, Intensivtransport in der Luft. Erfahrungen in Baden-Württemberg in Notfall & Rettungsmedizin Bd. 4 Nr. 2 März 2001, S. 93-101, Springer-Verlag Heidelberg, ISSN 14346222 Online