Venedig
Dieser Artikel behandelt die Stadt Venedig. Für die historische Republik Venedig siehe Republik Venedig, für die nach der Stadt benannte heutige italienische Provinz siehe Provinz Venedig.

Venedig, (ital. Venezia), ist eine Stadt im Nordosten Italiens an der adriatischen Küste, Hauptstadt der Region Venetien und seiner Provinz.
Venedig hat ca. 280.000 Einwohner (Stand 1999), von denen rund 64.000 in der Altstadt, dem historischen Zentrum, leben. Das historische Zentrum Venedigs liegt auf mehreren Inseln inmitten der Lagune einige Kilometer nördlich der Mündung des Po. Am wichtigsten sind dabei die durch den Canal Grande (auf italienischen Karten oft auch als Canale Grande bezeichnet) in zwei Teile getrennte Hauptinsel und die durch den Canale della Giudecca von der Hauptinsel getrennte Giudecca. Auf dem Festland gehören die "hässlichen Schwestern" Mestre und Marghera dazu. Rund um die Lagune finden sich weitere Städte, unter anderem die Fischerstadt Chioggia. Der Lido gehört politisch zur Stadt Venedig, ebenso Inseln wie Torcello, Murano, Burano, San Erasmo und Vignole.
Das historische Zentrum der Stadt ist traditionell aufgeteilt in sechs Stadtteile: Cannaregio, San Polo, Dorsoduro (mit der Insel Giudecca), Santa Croce/Venedig, San Marco and Castello (mit San Pietro di Castello und Santa Elena).
Venedig ist eines der beliebtesten touristischen Ziele in Europa und ist auch für seinen Karneval bekannt.
Geschichte
Zur Geschichte der Republik, siehe den Hauptartikel Republik Venedig.
Die Stadt entwickelte sich wohl schon seit der späten Antike in Form verstreuter Siedlungen. Der Name Venedig zeugt von den illyrischen oder proto-slawischen Venetern, die hier ansässig gewesen waren. Die Stadt wurde durch Flüchtlinge aus Oberitalien besiedelt, die sich vor der Invasion der Hunnen 452 und später der Langobarden 568 in den Sümpfen und auf den zahllosen Inseln der Brenta-Mündung verbargen.

Zuerst ein Außenposten des Byzantinischen Reiches, gelang es den Venezianern, zunehmende Selbstständigkeit unter Führung eines Dogen und seiner verschiendenen Ratsgremien zu erlangen. Es bildete sich die Republik Venedig heraus, die im Lauf des 14. Jahrhunderts auch auf das Festland übergriff. Bereits im 10. Jahrhundert unterstützte die Stadt ihre einstige Herrin Byzanz gegen die in Süditalien eingefallenen Muslime. Der byzantinische Einfluss in der Stadt ist auch an vielen Bauten spürbar, etwa an der Markuskathedrale.

Im 9. Jahrhundert wurde der heilige Markus zum Schutzpatron erkoren, er gesellte sich zum heiligen Theodor. Die Säulen der beiden Heiligen befinden sich noch heute auf der Piazzetta, dem zum Meer weisenden Nebenplatz des Markusplatzes. In San Marco werden die Gebeine des heiligen Markus aufbewahrt, die nach der Legende aus Alexandria gestohlen wurden. Dieser Akt zeugt bereits von einem gestiegenen Selbstbewusstsein. Durch ihre Beziehungen zu Byzanz konnte die Stadt in diesem Raum enorme wirtschaftliche Vorteile gewinnen. Seit sie ihre Flotte gegen die seldschukischen Türken eingesetzt hatte, gestand ihr Byzanz 1081 ein Handelsabkommen zu, das ihr das De-Facto-Monopol im Byzantinischen Reich gab. Im Zuge der ersten Kreuzzüge und bedingt durch diese Handelsprivilegien, die sich auch in einem Kaufmannsviertel in der Hauptstadt niederschlugen, nahmen die Feindseligkeiten zwischen Griechen und Venezianern zu. Anlässlich des Vierten Kreuzzuges nützte der Doge Enrico Dandolo die Chance, sich des reichen Konstantinopel zu bemächtigen, und "dirigierte" ihn um. 1204 wurde Konstantinopel erobert und geplündert, das neu entstandene Lateinische Kaiserreich wurde von Venedig dominiert - die Stadt hatte den ersten Höhepunkt ihrer Macht erreicht. Zahllose Kunstschätze strömten von Byzanz in den Westen, so auch die bronzene Quadriga der Markuskirche. Aus diesem Coup folgte allerdings auch ein endloser Konflikt mit Genua, der Ursache für vier verheerende Kriege war. Im letzten Krieg eroberten die Genuesen 1381 sogar das am Südrand der Lagune gelegene Chioggia, aber letztlich mussten sie erfolglos abziehen. Während Genua den Handel über das Schwarze Meer weiterhin dominierte, herrschte Venedig im Levantehandel vor. Durch die Heirat von Caterina Cornaro mit dem letzten König von Zypern fiel die Insel nach dem Tod des Königs und auch des Thronfolgers an Venedig.

Seit dem Fall von Konstantinopel 1453 allerdings musste Venedig seine Positionen im östlichen Mittelmeer nach und nach den Osmanen überlassen, seine Bedeutung nahm auch infolge der Verlagerung des Weltverkehrs auf den Atlantik immer mehr ab. In der Folge übernahm die Luxusindustrie (vor allem die Glasbearbeitung) die Rolle des Levantehandels, ebenso der Tourismus (Venedig und Florenz sind die ersten Orte, die zum größeren Teil vom Tourismus lebten). Immerhin konnte Venedig Dalmatien und zeitweilig den Peloponnes (unter dem Namen Morea) und einige griechische Inseln halten. Der Niedergang der Stadt im 18. Jahrhundert, zumal der ökonomische, wird in der jüngsten Forschung generell zumeist als Mythos behandelt; politisch war sie sicher unbedeutender als vorher. 1797 verlor die Republik Venedig durch Napoleon ihre Selbstständigkeit und wurde 1815 ein Teil des Lombardo-Venezischen Königreiches. Immerhin war die Stadt nunmehr Hauptstützpunkt der österreichischen Flotte. Im Revolutionsjahr 1848 unter Daniele Manin kurz unabhängig, kam sie im Zuge des Krieges von 1866 an das neugegründete Königreich Italien.
Kunsthistorisch ist Venedig zur Zeit der Renaissance und des Barock von höchster Bedeutung: es war der "Gegenpol" zu Florenz und beherbergte viele Künstler wie Correggio, Giorgione, Giovanni Bellini, Tizian und später Tintoretto und Giovanni Battista Tiepolo. Der venezianische Stil ist dem Florentiner komplementär: während in Florenz mehr Wert auf Zeichnung und Komposition eines Bildes gelegt wurde, dominierten in Venedig Licht und Farbe. Man kommt allerdings nicht umhin zu konstatieren, daß das Seicento, also das 17. Jahrhundert, in Bezug auf die Kunst in Venedig eine weniger glücklichere Zeit war.

Die Kunst, einen Gegenstand durch Farbe und Lichteffekte plastisch erscheinen zu lassen, wurde hier erfunden. So wurde auch ein großer Reichtum in der Farbpalette entwickelt. Dieser "Widerstreit" zwischen Florenz und Venedig lässt sich durch die ganze spätere abendländische Kunstgeschichte bis 1900 weiterverfolgen.
Hochwasser
Die Gebäude Venedigs sind auf Holzpfählen erbaut, die in verschiedene Schichten von Ton und Sand eingerammt sind. Die Technik der "palificazione" hat sich, abgesehen von einer Mechanisierung, bis heute im Wesentlichen nicht geändert. Venedig ist oft von Hochwasser (acqua alta) bedroht - 1966 ereignete sich eine große Sturmflut. Der Meeresspiegel in der Lagune liegt heute 23 cm höher als noch zu Beginn des 20. Jhdts., teils wegen der inzwischen gestoppten Absenkung des Lagunenbodens durch Wasserentnahme und durch den allgemeinen Anstieg des Meeresspiegels. Diese Entwicklung bedroht die historische Bausubstanz der Stadt.
Ein Schleusensystem an den Hafeneinfahrten soll die Stadt vor den wiederkehrenden Hochwassern schützen. Das Projekt MOSE (modulo sperimentale elettromeccanico) besteht aus 79 Schleusentoren auf dem Meeresgrund, die ab einem Hochwasser von 110 cm über dem Normalpegel durch Druckluft aufgerichtet werden sollen. Die Fertigstellung ist für 2011 vorgesehen.
Kritiker führen gegen das Projekt an, dass der Meeresspiegel durch die weltweite Klimaerwärmung noch weiter steigen könnte und die Ökologie in der Lagunenstadt durch die Schleusen beeinträchtigt wird. In der Tat sind die zur Befriedigung der Bedürfnisse der Tourismusindustrie (Kreuzfahrtschiffe) immer weiter vertieften Hafeneinfahrten, darunter namentlich die nördliche bei Punta Sabbioni, ein Hauptproblem.
Persönlichkeiten
insbesondere Künstler
- Andrea Palladio, Architekt
- Bernardo Bellotto, Maler
- Giovanni Antonio Canale, Maler
- Rosalba Carriera, Malerin
- Gasparo Contarini, Theologe, Kardinal und Diplomat
- Luigi Nono, Komponist
- Tiziano Vecellio, Maler
- Giovanni Battista Tiepolo, Maler,
- Tintoretto, Maler
- Giovanni Bellini, Maler
- Giorgione, Maler
- Giacomo Casanova, Reisender, Gelehrter, Schriftsteller und Liebhaber
- Marco Polo, Forschungsreisender
- Andrea Gabrieli, Komponist
- Claudio Monteverdi, Komponist
- Antonio Vivaldi, venezianischer Komponist
- Richard Wagner, sächsisch-fränkischer Komponist
- Donna Leon, zeitgenössische Schriftstellerin
- Lord Byron, englischer Dichter
Architektur

Profanbauten
Ein Palast wird im allgemeinen in Venedig als Casa (abk. Ca') bezeichnet, gab es doch nur einen Palast in der öffentlichen Wahrnehmung: den Palazzo Ducale (Dogenpalast). Von den sogenannten byzantinischen Palästen gibt es heute nur noch wenige, und diese sind im 19. Jahrhundert weitgehend verändert worden. Viel alte Substanz ist noch an der Ca' da Mosto (am Canal Grande nordwestlich der Rialtobrücke) erhalten, auch wenn ihr baulicher vernachlässigter Zustand immer wieder zu heftigen Polemiken führt. Die bauliche Dekoration des Komplexes Loredan und Farsetti, heute Rathaus und Kommunalverwaltung, entstammt weitgehend dem 19. Jahrhundert. Dennoch läßt sich die Fassadenkomposition einer typischen "casa-fondaco" noch klar ablesen: eine Arkadenreihe im Erdgeschoß, welche zum Ein- und Ausladen von Waren geeignet war und ein ebenfalls durchgehend aufgerissener piano nobile ("vorhehmes" Stockwerk des Hausherren, oder belle étage). Im Grundriß ist dort ein Saal zu erkennen, der sich zur Fassade T-förmig erweitert.
Im Verlaufe der Gotik wurden die Saalproportionen steiler, und der T-förmige Grundriß wurde zugunsten eines leicht L-artigen, später nur noch geraden durchgehenden Saales aufgegeben. Der sogenannte "gotico fiorito" (keine Übersetzung sinnvoll) verwendet im 15. Jahrhundert an manchen Architekturen am Canal Grande Maßwerk, welches sich vom Dogenpalast herleitet. Der größenmäßig bedeutendeste Bau ist die Ca' Foscari an der ersten Biegung des Canal Grande. Für die Ca'd'Oro ("Goldenes Haus") wurde kürzlich eine farbige Bemalung in Blau und Gold nachgewiesen. Bilder, insbesondere von Carpaccio und Gentile Bellini, lassen eine intensive Polychromie der gotischen Architektur erkennen.
Bedeutende Häuser des 16. Jahrhunderts sind vor allem die beiden Paläste Mauro Codussis, die Ca' Vendramin und der Pal. Corner Spinelli, ersterer mit einem Rückgriff auf einen T-förmigen Saal. Was den Profanbau angeht, so konnte, ganz im Gegensatz zum Sakralbau, Andrea Palladio in Venedig nie Fuß fassen. In seinen "Quattro Libri" sind zwar Entwürfe für die Ca'Corner della Ca' Granda und den Palazzo Grimani überliefert, doch war die konservative Haltung der Venezianer in Bezug auf die architektonische Gestaltung Ihrer Heimatstadt hier nicht zu überwinden. Eben die nach Entwurf von Sansovino entstandene Ca' Corner in der Pfarrei von San Maurizio ist ein epochemachender Bau der Hoch-Renaissance nach römischem Vorbild, der einen quadratischen Innenhof enthält. Ein anderer beudetender Architekt des Cinquecento (also des 16. Jahrhunderts), Sebastiano Serlio (Liste_bekannter_Architekten), konnte manche seiner Vorstellungen in Kooperation mit dem Patrizier Francesco Zeno bei dessen neu zu errichtendem Palazzo verwirklichen.
Bis ins 18. Jahrhundert bleibt man der tradierten dreigeteilten Gebäudetypologie des Palastbaus treu. Die letzten Großbauten, heute allesamt museal genutzt und zu diesem Zwecke nicht immer sorgfältig genug umgebaut, sind die Ca'Pesaro, die Ca'Rezzonico und der Palazzo Grassi. Neben dem opulenten Barock Baldassare Longhenas, der sich in den erstgenannten Gebäuden niederschlug, ist eine neoklassische, "antibarocke" Bewegung unter A. Diedo festzustellen. Auch die sparsame Architektur Andrea Tiralis ist hier zu erwähnen.
Weblinks
- Tourist Board of Venice
- Comune di Venzia
- Architektur in Venedig: Paläste
- Venedig Fotos und Texte bei Venedig-Treff.de
- Geschichten, Wissenswertes, Tipps bei VenedigVenedig.net
- Venedig im Internet – Linksammlung
- Tagebucheinträge Goethes über seinen Aufenthalt in Venedig (aus Johann Wolfgang von Goethes "Italienische Reise")
Literatur
Goy, Richard: Stadt in der Lagune. Leben und Bauen in Venedig, Stuttgart 1998