Nordfriesland Museum. Nissenhaus Husum

Das NordseeMuseum Husum im Ludwig-Nissen-Haus in Husum ist das zentrale Museum für den Kreis Nordfriesland und die Stadt Husum. Die kunst- und kulturgeschichtlichen Sammlungen des Hauses umfassen neben Bildern schleswig-holsteinischer Künstler des 19. und 20. Jahrhunderts auch über die Region hinausweisende Kunstwerke u.a. von Rosa Bonheur, Adolf Brütt, Christian Rohlfs, Paula Modersohn-Becker oder Egon Schiele ebenso wie die Sammlung amerikanischer Kunst aus dem Hause des Stifters in New York. Die volkskundlichen Sammlungen und das Stadtmuseum mit der historischen Schwan - Apotheke und verschiedenen Werkstätten zeigen u. a. Möbel, Hausgerät, Trachten, Handwerk und Gewerbeobjekte. In einem modernen Erweiterungsbau werden regelmäßig Sonderausstellungen aus den Bereichen Kunst- und Kulturgeschichte bzw. Kunsthandwerk präsentiert.
Nach umfassenden Renovierungsarbeiten präsentiert sich das Ludwig-Nissen-Haus seit der Wiedereröffnung am 31. März 2007 als NordseeMuseum Husum mit dem Schwerpunkt Kultur- und Naturraum Nordseeküste. Im Ludwig-Nissen-Haus befindet sich neben dem NordseeMuseum auch die Stadtbibliothek.
Das Museumsgebäude
Das dreistöckige Museumsgebäude wurde in den Jahren 1934–1937 nach Plänen errichtet, die bereits zehn Jahre alt waren. Ludwig Nissen hatte noch zu Lebzeiten 1924 einen Wettbewerb für das von ihm gewünschte Volkshaus ausgeschrieben. 118 Entwürfe aus ganz Norddeutschland gingen ein. Der ursprünglich vorgesehene, von Säulen getragene Dreiecksgiebel über dem Eingangsportal erschien dann jedoch nicht mehr "monumental" genug. Das Preisgericht unter Vorsitz von Prof. Erich Blunck vergab drei Preise zu je 2500 Goldmark und empfahl fünf Entwürfe zum Ankauf für jeweils 500 Goldmark. Ausgeführt wurde der angekaufte Entwurf des Eiderstedter Architekten Georg Rieve. Seine Überarbeitung vom Juni 1934 zeigt im hohen Westgiebel der charaktervollen Eingangsfassade drei Rundbögen. Sie nahmen drei symbolträchtige, expressionistische Keramiken des Kieler Bildhauers Alwin Blaue auf. Leider mussten sie 1967 aus konservatorischen Gründen entfernt werden. Heute versinnbildlichen Seepferd, Adler und Tritonstier auf der Gartenseite des Museums die heimische Landschaft. Das Haus blieb jedoch lange ein Torso. In Verlängerung der Eingangsrotunde nach Osten war ein Theater- und Konzertsaal vorgesehen. Der Zusammenbruch der Stiftungsfinanzen verhinderte die Bauausführung. Am 6. Februar 1986 jedoch konnte der schon vor 62 Jahren geplante Ostflügel mit der Hilfe der Landesregierung, des Kreises Nordfriesland und der Stadt Husum schließlich ergänzt und das nun vollendete Museumsgebäude der Öffentlichkeit übergeben werden.
Die Gründung
Stifter des Ludwig-Nissen-Hauses war der aus Husum gebürtige Diamantenhändler Ludwig Nissen durch sein Testament vom 12. Juni 1922, das am 29. Februar 1928 rechtskräftig wurde. Das Gebäude sollte ein sich an nordamerikanischen Vorbildern orientiertes Volkshaus mit Museum, Bibliothek und Kunstgalerie sein. Diese Ziele flossen auch in die Stiftungsurkunde ein, die am 29. Februar 1928 rechtskräftig wurde. Die Stiftung von 2,5 Million Mark sowie von Museumsgut sollte der Institution Unabhängigkeit garantieren gegenüber sich wandelnden politischen und wirtschaftlichen Strömungen. Die überlebende Kathie Nissen stockte den Stiftungsbetrag 1930 auf insgesamt drei Millionen Mark auf.
Das Nissenhaus in den Jahren 1933–1947
1933–1934
Die Initiatoren Dr. Clasen und Dr. Peters 2. November 1933: Grundsteinlegung Bau des Hauses unter Verantwortung von Dr. jur. Heinrich Clasen (* 1. November 1887; † 5. August 1969), persönlicher Treuhänder Ludwig Nissens, Vorsitzender des Kuratoriums der Nissen-Stiftung, Landrat des Kreises Husum 1920 bis 1933. Dr. Lorenz Conrad Peters (* 11. Januar 1885; † 30. Juli 1949), Sekretär der Nissen-Stiftung, Schriftsteller und Heimatforscher, Studienrat an der Theodor-Storm-Schule in Husum, bekannt durch sein Buch „Nordfriesland“ aus dem Jahre 1929 und durch seine Forschungen u.a. über „Das ländliche Haus unserer Heimat“. Dr. Clasen, der seit 1920 Mitglied einer Freimaurerloge ist, wird im April 1933 von der nationalsozialistischen Regierung als Landrat abgesetzt und unter Beförderungssperre als Regierungsrat bis 1935 in Königsberg und Allenstein und danach bis 1945 in Stettin beschäftigt. Dr. Peters, national eingestellter Mann, wurde 1940 zwangspensioniert, weil er Freimaurer gewesen und politisch unbequem geworden war. (Sörensen, Pol. Entwicklung, S. 321 und S. 178 und Sörensen, Husum eine politisierte Provinzstadt (1914–1949), in Geschichte Husums Von den Anfängen bis zur Gegenwart, S. 217 und LAS Abt. 761 Nr. 17542) Dr. Clasen blieb bis zu seinem Lebensende Vorsitzender der Nissen-Stiftung. Dr. Peters wurde aus politischen Gründen gezwungen, von seinem Amt zwischen 1936 und 1945 zurückzutreten. (LAS Abt. 460.6 Nr. 200 und Erstes Protokollbuch der Nissen-Stiftung)
1935
5. April: Dr. Peters schlägt vor, mit der Einrichtung des Storm-Zimmers zu beginnen, da Gertrud Storm, die Tochter des Dichters, daran mitarbeiten möchte. Mai (27. + 28.) Sitzung des Kuratoriums: „Es stellen sich in jeder Sitzung je 2 Bewerber um den Posten des Leiters des Nissenhauses vor.“
Juni (13.) Sitzung des Kuratoriums: „Zum Leiter des Nissenhauses wird Dr. Tidelski gewählt. Herr Landrat von Lamprecht wird beim Oberpräsidium, beim Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft der Heimatmuseen (Herrn Kamphausen) und bei Herrn Museumsdirektor Schwantes als dem führenden Prähistoriker der Provinz, anfragen, ob gegen die Person des Gewählten irgendwelche Bedenken bestehen.“ Juni (28.) Sitzung des Kuratoriums: „Die zuständigen Parteistellen des Oberpräsidiums und die Arbeitsgemeinschaft Schleswig-Holsteinischer Heimatmuseen haben ihre Zustimmung erteilt, dass gegen Dr. Tidelski keine Bedenken als Leiter des Nissenhauses bestehen.“ 28. Juni: Richtfest, 29. Juni: Mitteilung an Dr. Fritz Tidelski, dass das Kuratorium der Nissen-Stiftung ihn zum Leiter des Nissenhauses ernannt hat, 17. Juli: Sitzung des Kuratoriums: „Dr. Wassily will zur Einweihung Bilder heimatlicher Künstler aus eigenem Besitz der Stiftung schenken. Auch Plastiken aller Art sind zu erwarten.“ 1. August: Dienstantritt Dr. Tidelski (zunächst 1 Jahr zur Probe).
Dem Kuratorium der Stiftung gehören an:
- Herr Dr. Heinrich Clasen, Vorsitzender
- Herr Dr. Lorenz Conrad Peters, Sekretär
- Herr Thomas Thomsen, Rechtsanwalt und Notar
- Herr Arthur Peters
- Herr Heinrich Nissen
Mitarbeiter des Museums sind:
- Herr Dr. Fritz Tidelski, Direktor
- Herr Kurt Hepprich, Museumsmeister und Präparator (ab 1938)
- Frau Rosel Hörnigk, Sekretärin, Anstellung zum 25. Januar 1936
- Herr Kurt Albrecht, Dioramenbauer
- Herr Berningau, Archivpfleger
- Herr Hogrefe, Tischlermeister
- Fräulein Petrine Petersen
- Herr Kiehne, Hauswart, Anstellung zum 10. Dezember 1935
- Herr Schröder, Gärtner
- Herr Ausborn, Bücherrevisor
- Herr Lundelius
Die Herren Albert Johannsen, Kunstmaler; Carsten Kühl, Kunstmaler; Andreas Busch, Nordstrander Heimatforscher; Pastor Rudolf Muuß und Thomas Clausen werden als Berater hinzugezogen. Dr. Clasen fuhr mindestens einmal im Jahr von Stettin nach Husum, um die Stiftungsgeschäfte zu erledigen.
Das Ludwig-Nissen-Haus 1947 - 1982
Seit 1947 leitete der Naturwissenschaftler Prof.Dr. Erich Wohlenberg (1903-1970) das Nissenhaus.[1]. Wohlenberg vertiefte als verdienter Wattforscher[2] die geologisch-historischen Sammlungen zur Geschichte der Westküste.
Das Ludwig-Nissen-Haus 1982 - 2002
Die naturwissenschaftliche Tradition setzte der 1975 an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel promovierte Biologe Dr. Klaus-Peter Lengsfeld (1945-2002) fort.[3] Er konnte einen Erweiterungsbau durchsetzen, die Finanzierung des Nissenhaus neu ordnen und er sorgte für die Aufarbeitung des künstlerischen Nachlasses von Ludwig Nissen und Adolf Brütt und erschloß das Werk vieler Künster der Westküste, so daß sich das Nissenhaus mit seinen umfangreichen kulturhistorischen Beständen und in Verbindung mit dem von ihm maßgeblich als Präsentationsort aufgebauten Schloß vor Husum und dem Husumer Schiffahrtsmuseum als Gegenstück zum Schleswig-Holsteinischen Landesmuseum darstellen[4] und 2000/2001 die Europäische Wanderausstellung "Könige der Nordsee" präsentieren konnte.[5][6] Klaus Lengsfeld war auch langjähriger Vorsitzender des Museumsverbandes Schleswig Holstein.
Quellen
- ↑ Klaus Lengsfeld: Erich Wohlenberg (1903-1993) [Nachruf], Nordfriesisches Jahrbuch NF 29, 1993, S. 7
- ↑ Hauke Bietz: Von Queller zum Neuland. Erich Wohlenberg als Pionier der deutschen biologischen Landgewinnung, Forschungszentrum Terramare Berichte Nr. 16: 9-13 (2006) http://www.terramare.de/berichte/16/001_AMK.pdf
- ↑ Thomas Steensen: Klaus Lengsfeld †, in: Friesland, Heft 139, S. 3 (Chronik).
- ↑ Dokumentation des Ludwig-Nissen-Hauses 2002: http://members.fortunecity.de/ole911/
- ↑ Klaus Lengsfeld und Dirk Meier: Viehhaltung und Fernhandel. Die Westküstenlandschaft Schleswig-Holsteins im ersten nachchristlichen Jahrtausend. In: Kramer, E., Stoumann, I. & Greg, A.: Könige der Nordsee 250-850 n.Chr. Museumsverbund Nordfriesland. Husum 2000 ISBN 90 9013950 8; 133-142.
- ↑ Fries Museum in Leuwarden (Niederlande), Museum het Valkhof in Nijmegen (Niederlande), Nordfriesisches Museum Ludwig-Nissen-Haus in Husum, Tyne and Wear Museums in Newcastle upon Tyne (Großbritanien), Esbjerg Museum in Esbjerg (Dänemark) und Arkeologisk Museum in Stavanger (Norwegen). Zur Bewertung der Kooperation der Nordseeanrainerländer: http://www.sh-landtag.de/infothek/wahl16/plenum/plenprot/2006/16-048_12-06.html