Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen
Die 1993 gegründete Initiative "Der homosexuellen NS-Opfer gedenken" und der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) setzen sich gemeinsam für ein Denkmal des Bundes für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen ein. Der Deutsche Bundestag hat am 12. Dezember 2003 beschlossen, ein Denkmal in Berlin-Mitte zu errichten.
2005 wurde ein künstlerischer Wettbewerb ausgeschrieben. Zum Sieger wurde vom Preisgericht ein Entwurf von Michael Elmgreen und Ingar Dragset gekürt. Das international renommierte dänisch-norwegische Künstlerduo ist in Berlin ansässig.
Die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus blieben aus dem öffentlichen Gedenken in Deutschland lange Zeit ausgespart. Als besonders traurig und skandalös wird von vielen die damit verbundene weitgehende Ausgrenzung aus der Entschädigung von NS-Unrecht empfunden. Ein Umdenken in der Erinnerungspolitik setzte erst 1985 mit der Rede des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker zum 40. Jahrestag der Befreiung ein, in der erstmals auch die bislang verschwiegenen Verfolgtengruppen in das Gedenken einbezogen wurden. Jedoch erst 2002, unter Rot-Grün, konnte die gesetzliche Rehabilitierung der Opfer des Homosexuellen-Paragraphen 175 aus der NS-Zeit durchgesetzt werden. Kurz zuvor waren die Homosexuellen aus den Regelungen des NS-Unrechtsaufhebungsgesetzes von Union und FDP ausgeschlossen worden.
Wettbewerb
Zur Umsetzung des Bundestagsbeschlusses fand ein Kunstwettbewerb statt. Dieser wurde vom Land Berlin im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland organisiert. Ein Preisgericht hat aus siebzehn Einsendungen einen Entwurf des dänisch-norwegischen Künstlerduos Michael Elmgreen und Ingar Dragset zum Wettbewerbssieger gekürt.
In einem öffentlichen Kolloquium, das der inhaltlichen Vorbereitung des Kunstwettbewerb diente, hatte der LSVD als Position formuliert:
"Die Praxis der Nazis gegenüber homosexuellen Frauen und homosexuellen Männern war sehr unterschiedlich. Für das Gelingen des Denkmals müssen diese Unterschiede gewusst werden. Gleichzeitig ist aber zu vermeiden, dass das Denkmal ausschließenden Charakter bekommt, lesbische Frauen sich vielleicht nicht angesprochen fühlen."
Das Denkmal soll gemäß Bundestagsbeschluss die verfolgten und ermordeten Opfer ehren, die Erinnerung an das Unrecht wach halten und ein beständiges Zeichen gegen Intoleranz, Feindseligkeit und Ausgrenzung gegenüber Schwulen und Lesben setzen.
Diskussion
An dem Entwurf kam Kritik von Seiten des LSVD auf, weil er bei der Mahnung an die Zukunft die Lesben nicht angemessen berücksichtigte. Der LSVD-Vertreter im Preisgericht hatte aus diesem Grund auch für einen anderen Wettbewerbsbeitrag gestimmt. Er formulierte:
"Das Denkmal darf keinen Lesben ausschließenden Charakter bekommen. Das Denkmal soll auch ein Lernen aus der Geschichte im Sinne eines „Nie wieder“ symbolisieren. Gerade für die Aufgabe, gegenwartsbezogen ein Zeichen gegen Ausgrenzung zu setzen, dürfen Lesben nicht unsichtbar bleiben. Hier muss am Entwurf weiter gearbeitet werden. Der LSVD setzt sich für eine Erweiterung des Konzepts ein, das den künstlerisch beeindruckenden Entwurf inhaltlich optimiert. ... Lesbische Beziehungen wurden nicht strafrechtlich verfolgt. War den Nazis die Homosexualität inhaftierter Frauen bekannt, bedeutete das dennoch verschärfte Bedrohung. Insgesamt ist aber die Situation lesbischer Frauen im Nationalsozialismus „kaum mit eindeutigen Verfolgungskriterien zu belegen“ (Dr. Claudia Schoppmann, Vortrag im vorbereitenden Kolloquium für den Kunstwettbewerb zum Denkmal, 2005). Schwule und Lesben erlebten aber gemeinsam die Zerschlagung ihrer Infrastruktur durch die Nazis. Lesben lebten eingeschüchtert und waren in ihren Entfaltungsmöglichkeiten eingeschränkt. Es war eine „Zeit der Maskierung“."
Am 28. August führte der LSVD zu diesem Thema in Berlin eine Diskussionsveranstaltung mit den Künstlern durch. Kurz vor der Veranstaltung protestierte EMMA mit einem Aufruf dagegen, "dass das geplante Homo-Denkmal in Berlin ausschließlich männliche Homosexuelle zeigt" und fordert, "dass auch die weiblichen Homosexuellen angemessen berücksichtigt werden."
Die Künstler entgegneten auf den scharfen Protest mit einer Erklärung unter dem Titel "Ein Porträt ist keine Repräsentation". Sie wiesen die Intention des Ausschlusses weit von sich und gaben zu bedenken: "Ein Denkmal ist eine Form künstlerischen Ausdrucks und das Resultat persönlicher Interpretation - dies macht es zum Kunstwerk." Sie erklärten ihren "Entschluss, das Bild zweier küssender Jungs zu nehmen … [damit], dass wir Machismus und Homophobie als eng verbunden betrachten. Das Selbstbild einer männlichen Sexualität, das alles fürchtet, was es potentiell bedrohen könnte."
Die Strafrechtsprofessorin Monika Frommel sagte zum Streit um das Mahnmal für die homosexuellen Opfer der NS-Zeit gegenüber der taz: "Ignoriert zu werden, wie die lesbischen Frauen durch die Nationalsozialisten, mag kränkend sein, ist aber keine Tragödie - und erst recht keine Verfolgung. Das Mahnmal sollte nur den schwulen Männern gewidmet sein".
Kiss in

Anlässlich der in kürze erwerteten Einweihung des Denkmals wurde zum CSD 2006 ein sogenanntes Kiss in an einem Ort in der Nähe des geplanten Denkmals veranstaltet, gegenüber des Holocaust Denkmals wurde auf einer Tafel dazu aufgerufen, sich zu küssen, um an die Verbrechen mit etwas Positivem zu erinnern
Weblinks
- Gedenkort.de
- aus der Bundestagsdebatte
- zum Entwurf
- Queer.de: Kompromiss bei Homomahnmal-Streit, 15. Dezember 2006
- Erklärung des Arbeitskreises I der Berlin-Brandenburgischen Gedenkstätten
- Queer.de: Kein Kompromiss im Denkmalstreit 13. Januar 2007
- Kein Gedenken im Tiergarten? (PDF-Dokument)