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Unsinkbarkeit

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Im Bootsbau bezeichnet Unsinkbarkeit die Eigenschaft eines Bootes, in vollgelaufenem Zustand schwimmfähig zu bleiben. Der Begriff wird auch im übertragenen Sinne verwendet, um zu kennzeichnen, dass etwas besonders sicher ist.

Unsinkbarkeit im Bootsbau

Definition

In der Fachliteratur ist der Begriff Unsinkbarkeit nicht eindeutig geklärt. [1] In Deutschland darf sich jedes Boot unsinkbar nennen, das in vollgelaufenem Zustand schwimmt, unabhängig davon, ob es in diesem Fall noch fähig ist, seine Besatzung zu tragen, oder dabei in einer normalen (stabilen) Schwimmlage verbleibt (so dass es einen sicheren Hafen anlaufen kann). Es werden selbst Boote als unsinkbar beworben, die (einmal vollgelaufen) unter der Wasseroberfläche schwimmen, so dass nur Teile der Aufbauten oder der Mast über Wasser bleiben [2].

In den Bootsbaubestimmungen der französichen Handelsmarine (Marine Marchande) ist der Begriff Unsinkbarkeit hingegen genau definiert.[1] Ein Boot gilt dort nur als unsinkbar, wenn es in vollständig geflutetem Zustand in seiner normalen, stabilen Schwimmlage verbleibt, dabei die für es maximal zulässige Personenzahl trägt; außerdem darf es nicht kentern, wenn sich alle Personen auf der gleichen Seite des Bootes befinden. Diese Eigenschaften müssen vom Bureau Veritas getestet und zertifiziert werden. [3] [4]

Übliche Arten von Auftriebskörpern

Datei:420erTank.JPG
Blick auf den luftgefüllten Auftriebstank einer 420er mit offener Wartungsöffnung
Bei dieser Piaf sind nach dem Abschrauben der Querducht die Öffnung zum Ausschäumen der Längsducht und etwas Schaum erkennbar.

Da Materialien wie Holz in der Regel nicht genügend Auftrieb haben, um Unsinkbarkeit zu erreichen, müssen meist Auftriebskörper im Boot verteilt werden. Es gibt verschiedene Varianten[2]:

  • Schaffung wasserdichter, luftgefüllter Kammern im Rumpf
Vorteile: optimale Raumausnutzung, keine Verankerungsprobleme
Nachteile: Funktionsverlust bei mangelhafter Abdichtung oder Riss der Kammer
  • Aufblasbare Auftriebsköper, typischerweise aus PVC (sogenannte Luftsäcke)
Neben den erhältlichen Standardmaßen werden Maßanfertigungen eingesetzt, um der Rumpfform gerecht zu werden, beziehungsweise das Raumangebot besser zu nutzen. Außer ständig gefüllten Auftriebskörpern existieren Systeme mit CO2-Patronen, die sich bei Wasserkontakt (ähnlich einer automatisch auslösenden Rettungsweste) selbst aufblasen. [5]
Vorteile: billig, nachträglicher Einbau ist einfach möglich
Nachteile: müssen verankert oder auf andere Weise gesichert werden, Funktionsverlust bei Beschädigung
  • Verwendung von festen Auftriebskörpern aus geschlossenzelligem Festschaum, Polystyrol oder vergleichbarem Material
Vorteile: kein Leckschlagen möglich
Nachteile: Die Auftriebskörper können feucht werden (der Schaum kann einen kleinen Teil seines Eigengewichtes an Wasser aufnehmen), müssen verankert oder auf andere Weise gesichert werden.
  • Ausschäumung von Hohlräumen (mit speziellem, geschlossenblasigem Polyurethanschaum)
Auf keinen Fall darf sogenannter Bauschaum oder Montageschaum verwendet werden, da dieser offenblasig ist.
Vorteile: optimale Raumausnutzung durch den Schaum, kein Leckschlagen möglich, keine Verankerungsprobleme
Nachteile: kann feucht werden

Probleme bei der Bemessung des Auftriebs

Die Menge der verwendeten Auftriebskörper muss genau auf das Boot abgestimmt sein. Bei zu wenig Auftrieb liegt das Boot zu tief im Wasser. Zu starker Auftrieb kann das Wiederaufrichten eines gekenterten Bootes erschweren oder unmöglich machen (durch Stabilisierung in einer falschen Lage oder dadurch, dass der gekennterte Rumpf zu weit aus dem Wasser gehoben wird). [6]

Verteilung von Auftriebskörpern im Rumpf

Soll die normale Schwimmlage des Bootes gewährleistet bleiben und bei einer Kenterung das Aufrichten nicht behindert werden, muss der Auftrieb korrekt auf den Rumpf verteilt werden. Empfohlen wird die Konzentration des Auftriebs auf Bug und Heck, anstatt auf die Seiten des Bootes, was (gerade bei Jollen) aus praktischen Gründen oft nur schwer möglich ist.[6] Erleichtert wird die Verteilung des Aufrtiebs durch die Verwendung von Innenschalen beim Bau des Bootes.[2] [4] Die dadurch entstandenen Hohlräume werden im Yachtbau meist ausgeschäumt oder mit Festschaum gefüllt und oft zusätzlich abgedichtet, mit dem Ziel, ein Feuchtwerden des Schaumes und die damit verbundene Geruchsbelästigung zu verhindern.[2]

Segeln im vollständig gefluteten Boot

Während einige Yachten auch in vollgelaufenem Zustand voll manövrierfähig bleiben [3], sind die meisten unsinkbaren Boote in geflutetem Zustand nicht in der Lage zu segeln, oder bestenfalls auf raumen Kursen (unfachmännisch ausgedrückt: "mit Wind ungefähr von hinten")[2]. Wasser, das unter Deck umherschwappt, verstärkt das Geigen des Bootes (Schaukeln um die Längsachse, besonders bei achterlichem Wind) und kann bei Wenden, Halsen oder schnellen Kursänderungen zum Kentern führen.[3] Selbst bei korrekter Verteilung des Auftriebs neigen geflutete Boote zum Unterschneiden (Eintauchen des kompletten Bugs unter die Wasseroberfläche).[6]

Unsinkbarkeit als Sicherheitsfaktor

Zumindest bei Wassertemperaturen, die ein längeres Überleben erlauben, und bei stabiler Schwimmlage, ist ein unsinkbares Boot ohne Zweifel sicherer als ein sinkbares. Dass ein Boot nicht sinkt, heißt jedoch nicht unbedingt, dass die Mannschaft darin überleben kann.[2] Bei niedrigen Wassertemperaturen verringert sich die Überlebenszeit im Wasser (und damit im vollgelaufenen Boot) wegen Unterkühlungsgefahr. Die Unsinkbarkeit eines Bootes erlaubt keinerlei Aussagen über seine Seetüchtigkeit. Außerdem können andere Gründe als Wassereinbruch dazu führen, dass ein Boot verlassen werden muss; so ist der häufigste Grund für die Aufgabe eines Bootes Feuer.[2] [3] Daher macht die Unsinkbarkeit einer Yacht auf entsprechenden Revieren eine Rettungsinsel nicht überflüssig.

Falsche Verwendung des Begriffs "Unsinkbarkeit"

Gerade in der Presse werden immer wieder Schiffe oder Ölbohrinseln als unsinkbar bezeichnet, wenn aufgrund ihrer Größe oder Seetüchtigkeit ein Sinken unwahrscheinlich ist. (Beispiel: Filmfesthamburg.de zu "Der Untergang der Pamir")

Weitere Bedeutungen und Sprachliches

Im Deutschen darf die Nachsilbe -bar nur an Wortstämme transitiver Verben angehängt werden (Beispiele: essbar, kalkulierbar), daher wären nur unversenkbar oder nicht sinkfähig sprachlich korrekt, finden jedoch keinerlei Verwendung. Im Börsenjargon ist Unsinkbarkeit ein Ideologem, das ein hohes Maß an Sicherheit proklamiert. Die Aktien bestimmter Firmen werden von Börsianern als unsinkbar bezeichnet, wenn als sicher angesehene oder historisch erfolgreiche Strategien verfolgt werden. (Beispiel: Rubrik "Unsinkbarkeit" bei Wirtschaftsblatt.at)

Einzelnachweise

  1. a b Was heißt hier unsinkbar?
  2. a b c d e f g Harald Schwarzlose, Kleine Yachten (2. Auflage, 1997), Delius Klasing Verlag, Bielefeld
  3. a b c d YACHT, Heft Nr. 9/2007, Delius Klasing Verlag, Bielefeld
  4. a b Unsinkbarkeit bei EtapYachting.com
  5. The Truth About Unsinkable Boats
  6. a b c Schult/Creagh-Osbourne, Das ist Segeln (8. Auflage, 1990), Delius Klasing Verlag, Bielefeld