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Schweizer Minarettstreit

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Der Artikel behandelt den in der Schweiz durch die Baugesuche von Minaretten (in Wangen bei Olten SO, Langenthal BE und Wil SG) ausgelöste und durch einige politische Parteien „aufgebauschte“ so genannte Minarettstreit (wie er von den Medien meist genannt wird).

Einerseits ist der Minarettstreit ein „simpler“ baurechtlicher Rechtsstreit, der an Orten aufgekommen ist, wo die lokale muslimische Gemeinde einen Bauantrag für ein Minarett für ihr Gebetshaus beantragte. Andererseits lösten die Baugesuche für Minarette einen Aufschrei in der lokalen Bevölkerung und politische Debatten aus im Grunde genommen darüber, ob der Islam als Bedrohung wahrgenommen werden soll oder nicht – wobei die Meinungen weit auseinandergehen. Die Kontroverse um den Bau von Minaretten in der Schweiz gründet meist im wachsenden Multikulturalismus: im Minarettstreit entladen sich sämtliche Ängste, Vorbehalte und Vorurteile eines Teils der Bevölkerung gegenüber einer fremden Kultur, dem Islam.

Der Minarettstreit ist in erster Linie ein schweizer Phänomen, doch z.B. in Deutschland gibt es ihn in ähnlicher Form. Der Minarettstreit belastet das Zusammenleben mit Muslimen im Land und stellt Grundwerte wie die Religionsfreiheit in Frage.[1]

Zahlen und Fakten

Siehe auch: Religionen in der Schweiz.

Minarett-Gegner beziehen sich auf das relativ grosse Bevölkerungswachstum der Muslime in der Schweiz. Statistisch gesehen schrumpfen die grossen traditionellen Religionsgemeinschaften (Katholizismus und Protestantismus) in der Schweiz, während die kleineren Religionsgemeinschaften dauernd wachsen. Besonders ausgeprägt ist dabei das Wachstum bei den Muslimen. Stark zugenommen hat aber vor allem auch der Anteil der Personen ohne Religionszugehörigkeit.[5]

Von der schweizer Wohnbevölkerung sind 4,26% dem islamischen Glauben zugehörig. [2] In der Schweiz werden von Muslimen ca. 100 Räumlichkeiten als Moscheen genutzt, doch es gibt nur zwei Minarette: je eines in Zürich (Mahmud-Moschee) und Genf.[6] Das von der saudi-arabischen Faisal-Stiftung getragene Gebäude in Genf gilt u.a. wegen des Minaretts als architektonisch schönste Moschee der Schweiz. Da sich die Muslime durch Herkunft und Kultur vielfach unterscheiden, finden sie sich in vielen verschiedenen Vereinen und Gruppen wieder, die untereinander relativ wenig Kontakt haben. 1989 wurde die Gesellschaft der islamischen Organisationen in der Schweiz (GIOS) gegründet. 1994 entstand unabhängig davon die Organisation Muslime und Musliminnen der Schweiz. In Zürich, der grössten islamischen Gemeinde der Schweiz, findet sich zudem der Dachverband der islamischen Gemeinden.

Chronologie

Der Minarettstreit begann mit Baugesuchen für Minarettbauten in drei schweizer Gemeinden, und spitzte sich landesweit während zweier Jahre zu bis hin zur Lancierung einer Initiative «gegen den Bau von Minaretten» durch konservative politische Kreise. Für Diskussionen sorgte auch der Plan für den Bau des Islamischen Zentrums in Bern, das zum grössten Zentrum für die Muslime in Europa werden soll.[3].

Baugesuche für Minarettbauten

Die Kontroverse um den Bau von Minaretten begann damit, dass Anfang 2006 in diversen Schweizer Gemeinden, darunter Wangen SO, Langenthal BE und Wil SG, teilweise bis heute hängige Baugesuche für Minarettbauten auf bestehenden muslimischen Gebetsräumlichkeiten eingereicht wurden. Die Pläne der lokalen muslimischen Vereinigungen stiessen insbesondere in konservativen Kreisen auf heftigen Widerstand.

Wangen bei Olten SO

Besonders der Fall in Wangen erregte Aufmerksamkeit, wo von konservativen Lokalpolitikern eine Unterschriftensammlung gegen den Minarettbau lanciert wurde.[7] Für zusätzliche Kontroversen sorgte dort, dass der türkische Kulturverein in Wangen, der das Minarett-Baugesuch für seine Moschee eingereicht hatte, über dem Gebäude neben den Flaggen der Schweiz und der Türkei die Flagge mit dem Symbol eines "grauen Wolfes" hisste; dies weckte die Befürchtung, der Kulturverein habe Verbindungen mit der rechtsextremen Gruppierung Graue Wölfe.[4]. Das Gesuch wurde schliesslich aus baurechtlichen Gründen abgelehnt, worauf der Türkisch-kulturelle Verein Olten Rekurs gegen den Entscheid einlegte[5]. Der Rekurs des türkischen Vereins wurde vom kantonalen Verwaltungsgericht am 14. Juli 2006 gutgeheissen.[6]

Langenthal BE

In Langenthal wollte die islamische Gemeinschaft Xhamia e Langenthalit IGGL ihre Moschee erweitern. Sie reichte deshalb ein Baugesuch für die Vergrösserung des bestehenden Vereins- und Gebetsraumes, d.h. für den Bau eines nicht begehbaren und nicht beschallbaren Minaretts sowie der Bau einer Dachkuppe, ein. Wie in Wangen reichte die Lokalbevölkerung eine Petition mit 3500 Unterschriften gegen den Minarettbau ein.[8] Gegen das Baugesuch sind bis Ablauf der Einsprachefrist Ende Juli 2006 jedoch nur 76 Einsprachen beim Stadtbauamt eingegangen.[9] Die Stadt bewilligte den Bau im Dezember 2006, nachdem sich die muslimische Glaubensgemeinschaft vertraglich verpflichtet hatte, auf Gebetsrufe vom geplanten Minarett zu verzichten.

20 Einsprecher gelangten mit ihrer Beschwerde an den Kanton Bern.[10] Im April 2007 hat die Energiedirektion des Kantons Bern die Beschwerden gegen den Umbau des Islamischen Kultuszentrums in Langenthal gutgeheissen und die Baubewilligung der Stadt wieder aufgehoben. Der Kanton gab folgende Gründe bekannt: Fehlen eines Betriebs- und Nutzungskonzeptes (um zu beurteilen, ob das Bauvorhaben, zu dem auch ein Minarett gehört, in der Wohnzone zonenkonform sei); Fehlen jeder Abklärung, ob für das Führen des Vereinslokals eine gastgewerbliche Bewilligung nötig sei; Unklarheit, ob bei grossen Veranstaltungen genügend Parkplätze zur Verfügung stünden. Die Akten gingen nun zurück an die Stadt Langenthal: die Stadt Langenthal muss den Sachverhalt noch einmal abklären und danach erneut über die Baubewilligung entscheiden. Dieser Entscheid wäre wiederum beschwerdefähig..[11]

Wil SG

In Wil möchte die lokale islamisch-albanische Gemeinde seit Mitte 2006 ein Minarett errichten. Konkret soll ein Quader mit einem Halbmond entstehen; der Imam der Religionsgemeinde wurde mit seinen Plänen schon in Bern vorstellig. Als Standort für die Moschee steht ein Gebiet neben der Autobahn A1 bei Wil zur Diskussion. Dagegen wurde von einer konservativen Partei in einer Motion gefordert, dass im Baugesetz das Verbot von Minaretten aufgenommen werden soll.[12]

Initiative «gegen den Bau von Minaretten»

Die Kontroverse hatte zu diesem Zeitpunkt längst die nationale Politik und Medien erreicht. Die Schweizerische Volkspartei (SVP) teilte schon früh ihre Ablehnung gegenüber Minaretten in der Schweiz mit. Am 3. Mai 2007 lancierten Politiker der Schweizerischen Volkspartei (SVP) und der christlich-konservativen Eidgenössisch-Demokratischen Union (EDU) die Volksinitiative "Gegen den Bau von Minaretten".

Der Initiativtext beschränkt sich auf den Verfassungszusatz: «Der Bau von Minaretten ist verboten.» - als Ziffer 3 zu Artikel 72 der Schweizer Bundesverfassung, der das Verhältnis zwischen Kirche und Staat regelt. Das Initiativkommittee hatte ursprünglich auch andere Aspekte in die Initiative einbeziehen wollen; so hatte das Komitee im letzten November mitgeteilt, "das Begehren solle sicherstellen, dass Zwangsehen, Anpassungen persönlicher Rachejustiz, Nicht-Anerkennung des staatlichen Gewaltmonopols sowie geschlechtsungleiche Auslegung der Schulpflicht von allem Anfang an unterbunden würden".[7]

Dem Komitee gehören unter der Führung der Nationalräte Ulrich Schlüer (SVP), Walter Wobmann (SVP) und Christian Waber (EDU) 35 der 55 SVP-Nationalräte, ein SVP-Ständerat und die beiden Nationalräte der EDU an. Das Komitee hat bis zum 1. November 2008 Zeit, die nötigen 100'000 Unterschriften beizubringen.[8] Gegner der Initiative verweisen auf die bevorstehenden Wahlen zum Nationalrat (Schweizer Parlament) am 27. Oktober 2007 und vermuten in der angekündigten Initiative unter anderem eine populistische Wahlkampftaktik.

Umstritten ist, ob die Initiative bei ihrem Zustandekommen eventuell für ungültig zu erklären ist (und damit dem Volk und den Kantonen gar nicht zur Abstimmung vorgelegt werden darf): Während einerseits auf einen Verstoss gegen die Rassismus-Strafnorm bzw. das Völkerrecht hingewiesen wird, sehen andere Kommentatoren kein zwingendes Völkerrecht verletzt.[9]

Hintergrund

Das Minarett wird als Symbol anderer Kultur und Religionszugehörigkeit wahrgenommen, als Symbol eines wachsenden Multikulturalismus, der wie viele Länder in Europa auch die Schweiz prägt und dort in gewissen Bevölkerungsteilen Ängste weckt. Die Ängste werden oft auch gezielt politisch geschürt. Die weitere Entwicklung der Multikulturalisierung der Schweiz ist schwer vorauszusehen; sie birgt (viele positive und interessante) Herausforderungen.

Die Minarett-Gegner setzen auf die umstrittenen negativen Effekte des Multikulturalismus, konservative schweizer Kreise, die den Islam als Bedrohung wahrnehmen. Sie sind teilweise für ein generelles Bauverbot von Minaretten in der Schweiz, und lösen damit Empörung aus bei denen, die nichts gegen Minarette einzuwenden haben. Zu den Minarett-Gegnern gehören viele Mitglieder der SVP, aber besonders Parteien, die politisch noch mehr rechts liegen. Manche argumentieren, ein Minarett sei kein zwingender Bestandteil einer Moschee.[10]

Folgende Schlagworte werden von den Minarett-Gegnern gebraucht:

  • Muezzinrufe: Von sogenannten Islamkritikern wird suggeriert, in Zukunft seien in der Schweiz Muezzinrufe zu hören. Andererseits versicherten sämtliche islamischen Gemeinschaften, auf Gebetsrufe und auf die Installation von Lautsprechern auf den Minaretten zu verzichten. Die Meinungen und Befürchtungen diesbezüglich gehen auseinander.
  • Islamisierung: Manche behaupten, Minarette seien im weiteren Sinne Symbol der Islamisierung eines Landes, und mit dem generellen Bauverbot von Minaretten in der Schweiz könne man die Islamisierung der Schweiz verhindern. In Anbetracht der Tatsache, dass in der Schweiz nur knapp 5% der Wohnbevölkerung Muslime sind, ist die Islamisierungs-These klar vom Tisch zu weisen. Eventuell relevanter ist die Frage nach einer Parallelgesellschaft:
  • Parallelgesellschaft: Der Bau von Minaretten, der stärkeren Zusamenhalt unter Muslimen schafft, behindere die jetzt schon schwierige Integration von Muslimen in die schweizer Gesellschaft, und fördere eine (teils schon bestehende) "islamische Parallelgesellschaft", in der muslimisches Recht in extremis über dem schweizer Recht stünde. Ob sich in der Schweiz eine muslimische Parallelgesellschaft bildet, ist eine offene Frage. In der Frage ist die Schweiz gespalten zwischen zwei Meinungen. Auch wenn die Frage mit nein zu beantworten wäre, wird mit ihr Politik gemacht (auf Kosten der muslimischen Minderheit).

Politischer Schlagabtausch

(Die Minarett-Gegner beziehen sich u.a. auf ein Gedicht des türkischen Dichters Ziya Gökalp aus dem Jahre 1912, das der heutige türkische Premierminister Recep Tayyip Erdoğan bei einer Wahlveranstaltung 1998 in einer gänzlich abgewandelten Version[11] wie folgt verwendet hat: Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten.[12] Dieses Zitat des türkischen Kurden Gökalp (der bereits 1924 starb) stammt aus dem türkischen Bürgerkrieg und ist nach Meinung der Islamkenner bereits vom türkischen Militärgericht (das Erdoğan verurteilt hatte) falsch zitiert und aus dem Zusammenhang gerissen worden. Bezüglich Rechte von Christen in islamischen Mehrheitsgesellschaften: Barbara Steinemann, die jüngste Abgeordnete der rechtsgerichteten SVP im Zürcher Kantonsrat argumentiert theologisch: Minarette illustrierten den Anspruch des Islams, als einzig wahre Religion die anderen religiösen Bauten zu überragen und gälten als Symbol für die Eroberung eines Gebietes. Christen in islamischen Ländern werde dagegen der Kirchenbau verboten. (Was u.a. in der Türkei und Ägypten nicht zutrifft). [13].)

Akteure im Streit sind andererseits die, die nichts gegen den Bau von Minaretten einwenden, sondern (im Gegenteil) der islamische Bevölkerungsteil der Schweiz besser integrieren will. (Zu ihnen gehören z.B. Mitglieder der SPS.) Diese äussern:

  • Völkerrechtliche Bedenken hinsichtlich generellen Bauverboten für Minarette; dies verletze die Religionsfreiheit und somit die Europäische Menschenrechtskonvention, und damit Völkerrecht. (Argument von Giusep Nay, ehemaliger Bundesgerichtspräsident der Schweiz. In einem Interview mit der Schweizer "Mittelland Zeitung" empfiehlt Nay deshalb dem Schweizer Parlament, die oben genannte Initiative dereinst für ungültig zu erklären.)
  • Weiterhin wird argumentiert, der generelle Bauverbot von Minaretten in der Schweiz hätte keine positive Wirkung (z.B. im Kampf gegen islamistischen Terror): Es nütze wenig, gegen den Bau eines Minaretts zu kämpfen, ohne zu wissen, welche Aktivitäten in der Moschee angeboten würden. Wichtiger als das Minarett sei darum die Kontrolle der Aktivitäten in einer Moschee.[14]
  • Ein generelles Bauverbot von Minaretten wird als dialogverhindernd erachtet: ein Minarett sei für die Muslime ein Zeichen der Identität, und es liege im Interesse der Religionsfreiheit (und des Landesfriedens), Muslimen Moscheen mit Minaretten zuzugestehen. (Argument unter anderem von Kurt Koch, Basler Bischof und heutiger Präsident der Schweizer Bischofskonferenz.) [15]
  • Manche deuten die diesbezüglichen politischen Tendenzen in der Schweiz als wachsende Islamophobie.

(Hinsichtlich eines zukünftigen EU-Beitritts der Schweiz gäbe es auch einen Dissens mit der künftigen EU-Verfassung: Die geplante EU-Verfassung garantiert in Artikel II-70 die freie Religionsausübung inkl. öffentlichen Gottesdiensten in entsprechenen Räumen.)

Situation im übrigen Europa

Deutschland

Moscheen mit Minaretten gab es in Deutschland lange Zeit nur sehr wenige. Zu ihnen gehören die Wilmersdorfer Moschee in Berlin (1924), die Imam Ali Moschee in Hamburg (1961), die Bilal Moschee in Aachen (1964) und das Islamische Zentrum in München (1967). "Dieses Bild hat sich jedoch seit etwa Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre erheblich verändert, seitdem Muslime mit dem Bau repräsentativer Moscheen mit Kuppeln und Minaretten in Deutschland begonnen haben. Diese fortschreitende Bautätigkeit macht einen Wandel im Bewusstsein der Muslime deutlich. Galten ihre Gebetsstätten bislang als sog. "Hinterhofmoscheen", so symbolisieren die Neu- und Umbauten den Willen, in Deutschland heimisch zu werden. Die Zahl der gegenwärtig in Deutschland bestehenden islamischen Gebetsstätten liegt schätzungsweise bei 2200. Der vom Minarett öffentlich zu verkündende Gebetsruf stellt im deutschen "Minarettstreit" einen besonderen Gegenstand dar, der in den letzten Jahren in verschiedenen Städten zu lebhaften Auseinandersetzungen geführt hat, so z.B. in Halle/Westfalen und in Duisburg-Marxloh.[13]

Baurechtliche Situation: In Deutschland ist der Bau von Moscheen und Minaretten vom Bundesverfassungsgericht im Rahmen des Grundgesetzes ausdrücklich erlaubt worden. Über Verwaltungsgerichte wird die Errichtung oft aus angeblich "baurechtlichen" Gründen zu verhindern versucht. Dies misslingt in jüngster Zeit meist, da die Obergerichte viele Urteile kassieren, die von Bürgerinitiativen (wie jüngst in Berlin) erstritten worden waren.

Berlin: Ein Berliner Imam bemerkte in der Zeit: „ich habe inzwischen gelernt, dass in Deutschland niemand eine Moschee in seiner Nachbarschaft haben will, genauso wie niemand ein Gefängnis will, eine Mülldeponie […]. Egal, wo wir bauen: Wir werden nicht mit Blumen empfangen.“ [16]

In Köln leben rund 100.000 Muslime, das sind 10 Prozent der Bevölkerung. Darüber hinaus aber ist die Stadt Sitz von islamischen Dachverbänden. Es dürften diese Rahmenbedingungen gewesen sein, die die Stadt Köln bereits vor mehreren Jahren dazu veranlassten ein Grundstück für eine repräsentative Zentralmoschee zur Verfügung zu stellen. Voraussetzung war, dass diese Moschee von allen Kölner Muslimen genutzt werden kann, was konkret bedeutet: an Planung und Betrieb der Moschee mussten alle islamischen Verbände beteiligt sein. Die neue Ditib-Moschee in Ehrenfeld wird nach dem Entwurf der Kölner Architekten Gottfried und Paul Böhm gebaut werden, dieser beinhaltet auch zwei Minarette. [17]

Der Bau einer Moschee am Gotzinger Platz in München ist seiner Verwirklichung einen wichtigen Schritt näher gekommen. Einstimmig beschloss der Stadtrat am 25. April 2007, den Bebauungsplan für das Islamische Kulturzentrum aufzustellen. Damit bekannten sich alle Ratsfraktionen - einschließlich der CSU - zu dem bislang umstrittenen Projekt. Mit dem gemeinsam getragenen Beschluss ist nun das Genehmigungsverfahren für das Projekt am Gotzinger Platz eingeleitet. Sowohl die Vertreter von CSU als auch die von SPD und Grünen werteten dieses Ergebnis aus ihrer jeweiligen Sicht als großen Erfolg. [18]

Österreich

  • Seit 1977 sind in der Wiener Moschee im Stadtteil Bruckhaufen, im 21. Wiener Gemeindebezirk, Muezzinrufe von einem 32 Meter hohen Minarett zu hören.[14]
  • Im österreichischen Bad Vöslau begann 2006 eine Kontroverse um den Bau eines Minarettes: das Gebetshaus sollte von zwei 15 Meter hohen Minaretten flankiert werden. Die Minarette waren ursprünglich höher geplant, doch in ersten Verhandlungen mit dem Antragsteller, der "Türkisch-Islamischen Union für Kulturelle und Soziale Zusammenarbeit in Österreich", einigte man sich auf niedrigere Säulen.[15] Das Streitobjekt war wohlverstanden - wie in vielen anderen Fällen - nicht die Moschee, sondern das zugehörige Minarett: 1500 Einwohner der 11'000 Einwohner zählenden Gemeinde haben eine Petition mit dem Titel "Kulturzentrum ohne Minarett" unterschrieben; auf der Internetseite der Stadtgemeinde Bad Vöslau im Bezirk Baden gab es mehr als 500 Diskussionsbeiträge zum Thema. Die Unterschriftensammler sagten, sie "hätten nichts gegen Muslime, auch nichts gegen ein Kulturzentrum, aber sehr wohl etwas gegen Kuppel und Minarett, denn die stünden symbolisch für Helm und Schwert".[16]
  • In Telfs gab es auch eine Kontroverse um den Bau eines Minarettes.
  • Auf einigen Wahlplakaten der FPÖ zur bevorstehenden Gemeinderatswahl 2006 in Innsbruck figurierte der Slogan "Kirchturm statt Minarett"; die Katholische Aktion der Diözese Innsbruck betrachtete den Slogan als Versuch, Christen und Muslime gegeneinander auszuspielen, und wies ihn entschieden zurück, da die Formulierung suggeriert, dass Kirchturm und Minarett einander ausschließen.[17]

Generell kann der Bau von Minaretten in Österreich verfassungsrechtlich nicht verboten, sondern allenfalls "baurechtlich" geregelt werden.[19]

Statistik: Der Anteil der Muslime an der Gesamtbevölkerung in Österreich hat sich zuletzt mehr als verdoppelt. Er stieg von zwei Prozent im Jahr 1991 auf 4,2 Prozent im Jahr 2001 an, was laut Volkszählung 339.000 Personen entspricht. Unter den Bundesländern weist Vorarlberg mit 8,4 Prozent den höchsten islamischen Bevölkerungsanteil auf, vor Wien mit 7,8 Prozent. Der Islam ist in Wien bereits klar zweitstärkste Religionsgemeinschaft, vor den orthodoxen Christen und den Protestanten. Der Islam genießt in Österreich auch historisch bedingt durch die Zugehörigkeit Bosnien-Herzegowinas zur Donaumonarchie seit 1912 den Status staatlicher Anerkennung. Österreich ist in dieser Hinsicht Vorreiter in Europa.[20]

Italien

Im katholischen Italien ist der Islam seit fast 1300 Jahren, freilich mit einer Unterbrechung von rund 600 Jahren, präsent und damit etwa ebenso alt wie der päpstliche Kirchenstaat (Vatikan) selbst. 250 Jahre stand beispielsweise Sizilien unter muslimischer Herrschaft, Sardinien noch länger. Im 9. und nochmals im 13. Jahrhundert gab es auch in Apulien eine muslimische Minderheit. Die katholische Kirche Italiens unterstützt seit Papst Johannes Paul II. muslimische Gemeinden bei der Integration von Immigranten, Anfang der 1980er entstand eine Moschee in Palermo, 1995 wurde mit saudischen Geldern eine „Große Moschee“, in Rom eröffnet, die bis 2005 größte Moschee Europas. Auch mit Blick auf den Einfluss des Vatikans wäre ein Verbot von Moscheen und dazugehörigen Minaretten in Italien derzeit nicht erwünscht und politisch durchsetzbar. [21][22]

Vereinigtes Königreich

Der Bau von religiösen Stätten (also auch Moscheen und Minarette, Tempel für Hindu und Buddhisten) für alle Religionen aus dem ehemaligen Britischen Empire ist diskussionslos ein elementarer Bestandteil der britischen Verfassung. Die Vorsitzenden aller drei grossen britischen Parteien wenden sich regelmässig über das britische "Islam TV" an ihre muslimischen Mitbürger und Mitbürgerinnen. [23]

Frankreich

Die "Vereinigung der islamischen Organisationen in Frankreich" (Union des organisations islamiques de France, UOIF) und Dalil Boubakeur, der Rektor der Pariser Zentralmoschee und derzeitige Vorsitzende des "Repräsentativrats der französischen Muslime" (Conseil français du culte musulman, CFCM), haben sowohl dem scheidenden Präsidenten Jacques Chirac als auch seinem möglichen Nachfolger, dem Vorsitzenden der konservativ-liberalen Einheitspartei UMP, Nicolas Sarkozy, ihre Unterstützung zugesagt. Die konservative Regierung besteht zwar auf der unantastbar säkularen Verfassung und damit einer strikten Trennung zwischen Kirche und Staat, garantiert aber den Muslimen bereits heute die selben Rechte wie die geplante EU-Verfassung. [24] [25]

EU-Verfassung

Die bisher (noch) nicht verabschiedete EU-Verfassung garantiert in Artikel II-70 die freie Religionsausübung, "im Privaten wie in der Öffentlichkeit, durch Gottesdienst, Unterricht oder Begehung von Riten". Verfassungsjuristen der EU sehen in diesem Artikel das verfassungsmässige Recht der Muslime auf den Bau von Moscheen und Minaretten. [26]

Siehe auch

Artikel Schweiz

Artikel algemein/international

Literatur

Quellen

  1. [1]
  2. [2] Eidgenössische Volkszählung 2000 Religionslandschaft in der Schweiz; Bundesamt für Statistik Schweiz (siehe PDF S.12)
  3. Bericht Swissinfo.org
  4. Inforel.ch: Minarett und "Graue Wölfe" in Wangen
  5. http://www.nzz.ch/2006/02/08/il/newzzEJF9HLRA-12.html NZZ, 8. Februar 2006
  6. Reformierte Nachrichten: Minarett in Wangen darf doch gebaut werden 14. Juli 2006
  7. [3]
  8. Volksinitiative für Minarettverbot
  9. [4]
  10. Kath.net: Pierre Bürcher, Weihbischof von Lausanne, Genf und Freiburg und Präsident der „Arbeitsgruppe Islam“ der Schweizer Bischofskonferenz 3. Mai 2007
  11. Im Originalgedicht (Asker Duası) von Ziya Gökalp kommen die Wörter "Minarette", "Bajonette", "Kuppeln" und "Helme" nicht vor, vgl. Artikel dazu in der Hürriyet
  12. Die Welt: Reformer oder Wolf im Schafspelz? 22. September 2004
  13. Tagesanzeiger: SVP bläst zum Sturm auf Minarette 20. Februar 2007
  14. Bericht Swissinfo.org
  15. Radio Vatikan: Schweiz: Bischöfe gegen generelles Minarett-Verbot 3. Mai 2007
  16. Die Zeit, 11. Januar 2007: Dialog der Kulturen
  17. Köln bekommt Moschee mit zwei Minaretten
  18. Süddeutsche Zeitung, 25. April 2007: Moschee soll nun doch gebaut werden
  19. Islam in Österreich
  20. Islam in Österreich
  21. Islam in Italien
  22. Moscheen in Italien (italienisch)
  23. Verfassung des Vereinigten Königreiches (englisch)
  24. Islam in Frankreich
  25. Qantara - Website der Deutschen Welle
  26. Verfassung der Europäischen Union