Knorr (Schiffstyp)
Die Knorr (auch: Knörr, Knarr) war der Schiffstyp, mit dem die Wikinger zur Landnahme auf den nordatlantischen Inseln aufbrachen, und sie war der Lastesel, auf dem sie ihre Handelsware über die Meere beförderten, insbesondere auf der Englandfahrt.[1] Die beiden großen Nachteile dieses Typs bestanden darin, dass das Schiff langsam war und weder Besatzung noch Ladung Schutz bot. Und trotzdem wurden mit ihr im Gegensatz zu den Langschiffen die großen Transatlantikfahrten unternommen. Die Qualitäten dieses Typs hat ein Nachbau, die 'Saga Siglar', mit einer Weltumsegelung in den Jahren 1984-1986 eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
In der Abfolge der frühmittelalterlichen nordeuropäischen Schiffstypen stellt die Knorr eine relativ späte Entwicklung dar. Vorausgegangen waren ihr die völkerwanderungszeitlichen Ruderschiffe, repräsentiert durch das Nydam-Schiff, und die Langschiffe der Wikingerzeit Skandinaviens und Nordeuropas (9.-11. Jahrhundert) als typische Wikingerschiffe mit der Kombination von Rudern und Segel, repräsentiert z. B. durch das Osebergschiff. Wikingerzeitlich sind auch kleine Fährboote und größere Frachtschiffe wie eben die Knorr. Nicht zuletzt bringt man den Namen „knörr“ mit einer vollbusigen Frau (knarrar-bringa) in Verbindung.
Entsprechende Funde sind erst in den 1960er bzw. 1980er Jahren auf dem Schiffsfriedhof von Skuldelev (in der Nähe von Roskilde) bzw. im Hafen von Haithabu gemacht worden. Kürzer als das Langschiff, dafür aber breiter, hochbordiger und insgesamt stämmiger gebaut, konnte eine Knorr enorme Lasten (Skuldelev I bis zu 24 Tonnen, Haithabu III mds. 40 Tonnen) tragen. Der zentrale, offene Frachtraum nahm fast die Hälfte des Schiffes ein; vorn und achtern gab es erhöhte Plattformen, so genannte Halbdecks. Sie fuhr fast ausschließlich unter Segeln, zwei bis vier Riemenpaare dienten zum Manövrieren in engen Gewässern oder Hafeneinfahrten.
Fußnoten
- ↑ Ordericus vitalis: Historia Ecclesiastica VIII, 23 (zum Jahr 1095): „quatuor naves magnae, quas Canardos vocant, de Northwegia in Angliam appulsæ sunt.“ (Vier große Schiffe, die Knorr genannt werden, landeten von Norwegen kommend in England.)
Literatur
- James Graham-Campbell. Das Leben der Wikinger. Krieger, Händler und Entdecker, Berlin 1980, ISBN 3607000085.
- Magnus Magnusson: Die Wikinger. Geschichte und Legende, Düsseldorf u. a. 2003, S.22-26, 44ff, 193f, ISBN 3538071527.
- Olaf Olsen, Ole Crumlin-Pedersen: Fünf Wikingerschiffe aus Roskilde Fjord, übersetzt von Walter Jürgensen, 2. Auflage, Roskilde 1990, ISBN 8748001821.
- Rudolf Simek: Die Wikinger (C. H. Beck Wissen in der Beck'schen Reihe, Bd. 2081), 3. Auflage, München, ISBN 3406418813.