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Robert Spaemann

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Robert Spaemann (* 5. Mai 1927 in Berlin) ist ein deutscher Philosoph.

Robert Spaemann ist der Sohn des katholischen Priesters und geistlichen Schriftstellers Heinrich Spaemann. Seine Mutter war die Tänzerin und Mary Wigman-Schülerin Ruth Krämer.

Familie

Sein Vater, aufgewachsen in einem protestantischen Umfeld studierte Kunstgeschichte in München und Berlin, wandte sich ganz vom Glauben ab. Er wurde radikaler Atheist, arbeitete in den 20er Jahren mit Ernst Bloch in der Redaktion der Sozialistische Monatshefte zusammen, bervor er sich wieder, nach Roberts Geburt, dem christlichen Glauben zuwandte und in die katholische Kirche eintrat. Nach dem Tode seiner Frau studiert er Theologie in Münster und wurde 1942 von Bischof Clemens August Graf von Galen zum Priester geweiht. Als Student hat er sich nach eigenen Angaben für "kurze Zeit der Lektüre von Marx und Lenin hingegeben". Im Rahmen von "Aktivitäten die heute verfassungsschutzrelevant wären" habe er den "realen Sozialismus" kennen gelernt und so auch die Wahrheit über den kommunistischen Terror in Rußland erfahren. In den 50er Jahren kritisierte er Pläne der damaligen Bundesregierung zur atomaren Aufrüstung der Bundeswehr. Zu dieser Zeit wurde er "gelegentlich als Linkskatholik apostrophiert".

Robert Spaemann promovierte 1952 an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, war vier Jahre Verlagslektor, danach Assistent in Münster und habilitierte sich 1962 dort in Philosophie und Pädagogik.

Ethik, Vernunft und christliches Menschenbild

Ein besonderes Interesse Spaemanns waren immer Fragen der Erziehung und Bildung junger Menschen. Als Mitveranstalter des Kongresses "Mut zur Erziehung" erregte er 1978 öffentliches Aufsehen. In seinem Referat wandte er sich gegen "emanzipatorische" Erziehungsexperimente mit Kindern und appellierte an die pädagogische Vernunft. Sein Arbeitsfeld sind ethische Fragen auf Grundlage eines christlichen Menschenbildes (siehe Theologische Anthropologie). Dies führte den konservativen Philosophen zu öffentlichen Einsprüchen gegen Atomkraft, Euthanasie und Abtreibung sowie einer ausgeprägten Kritik des Utilitarismus.

Spaemann stellt die Vernünftigkeit des Glaubens an Gott in den Mittelpunkt seiner Philosophie. Seiner Meinung nach hat die Aufklärung ihr Werk getan und ist im Moment in Gefahr sich wieder selbst abzuschaffen. "Wir müssen lernen, ohne Wahrheit zu leben", so sagte einmal Friedrich Nietzsche. Die Frage stellt sich nun, mit welcher Lüge man am besten lebt. Was bleibt, ist dann nur noch Kampf gegen den banalen Nihilismus einer Spaßgesellschaft. Für Spaemann ist die Spur Gottes in der Welt der Mensch, der nach seinem Ebenbilde geschaffen wurde, im Gegensatz zu Nietzsches Menschenbild vom findigen Tier. Gottesebenbildlichkeit des Menschen heißt, dass der Mensch als freies, endliches aber wahrheitsfähiges Wesen geschaffen wurde.[1] Schon vor fünfzehn oder zwanzig Jahren machte er sich Gedanken über Gott und die Welt. Damals als derlei nicht nur aus der Mode gekommen, sondern sogar anstössig - zumindest für diejenigen war, denen religiöse Fragen als vorgestrig und Antworten auf sie von vornherein als vernunftwidrig erschienen, so dass sich eine philosophische Beschäftigung damit erübrigte. Dass die Frage nach Gott eine heutige sei, dass ihre Erörterung durchaus der Vernunft bedürfe und sich für die Philosophie verlohne, das konnte, wer dennoch wollte, bei Spaemann schon immer lernen.[2]

Nach der Emeritierung

Papst Benedikt XVI. schätzt ihn als Berater und lud ihn im September 2006 nach Castel Gandolfo ein, um über das Verhältnis von Naturwissenschaft, Philosophie und Glauben zu referieren. Spaemann schreibt zeitkritische Beiträge zu ethischen, politischen und religiösen Fragen für überregionale Zeitungen. Seine Positionen, insbesondere zur Ökologie und zur Bioethik, werden über die Grenzen verschiedener Weltanschauungen und Parteien hinaus beachtet. Wegen seines Engagements für die Bewahrung der Schöpfung bezeichnete ihn die Berliner Tageszeitung als "Ökophilosoph". Auf Einladung der Bundestagsfraktion der GRÜNEN referierte er zur Debatte um die Stammzellforschung.[3]

In seinen Reden und Veröffentlichungen setzt sich Spaemann für den Schutz des menschlichen Lebens von seinem Beginn bis zum natürlichen Tod ein. Er kritisierte deshalb Vorschläge zur - wenigstens teilweisen - Freigabe der Tötung auf Verlangen und zur "Liberalisierung" der Sterbehilfe.[4]

Spaemann fiel in der letzten Zeit auch durch seine Nähe zur politisch konservativen Rechten auf. In einem Interview mit der "Jungen Freiheit" Junge Freiheit verteidigte er die Kirchen gegen den Vorwurf, "sich nicht mehr wirklich für die Abtreibung zu interessieren". Zwar hätten die Kirchen "keine sehr rühmliche Rolle bei diesem Thema" gespielt, weil sie sich "zur Zeit der vielen heimlichen Abtreibungen" "am Verschweigen beteiligt" hätten. Die Kirchen seien aber die "einzigen Institutionen, die sich öffentlich zum Schutz des Lebens von Anfang an bekennen". Zugleich wies er darauf hin, dass der Papst in seinen Reden die Strategie verfolge, "statt über Ehescheidung, Homosexualität oder Abtreibung zu klagen", "eher positiv den Wert der Ehe und Familie bzw. der Würde des Lebens" betone. Nachdem die Junge Freiheit auf der Leipziger Buchmesse nicht als Aussteller zugelassen werden sollte unterzeichnete Spaemann auch einen Solidaritätsaufruf der Zeitung.

Spaemann ist Mitherausgeber des anonymen Hauptwerks des christlichen Hermetikers Valentin Tomberg.

Spaemann war ordentlicher Professor für Philosophie an den Universitäten Stuttgart (bis 1968), Heidelberg (bis 1972) und München, wo er 1992 emeritiert wurde. Spaemann erhielt im Jahr 2001 den Karl-Jaspers-Preis der Stadt und der Universität Heidelberg.

Seine Frau Cordelia (geb. Steiner; * 12. November 1925), die er 1950 geheiratet hatte, verstarb am 24. April 2003. Sie wurde vor allem als Übersetzerin des Langgedichts "Anathemata" von David Jones bekannt. Sein Sohn Christian Spaemann ist Leiter der Klinik für Psychische Gesundheit am Krankenhaus St. Josef in Braunau am Inn.

Werke

  • Das unsterbliche Gerücht. Die Frage nach Gott und die Täuschung der Moderne. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2007, Robert Spaemann, ISBN 978-3-608-94452-5
  • Ethik - Lehr- und Lesebuch. Texte - Fragen - Antworten. Hrsg. von Robert Spaemann und Walter Schweidler Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 9783608944457
  • Natürliche Ziele: Geschichte und Wiederentdeckung des teleologischen Denkens. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3608941215 (Gemeinsam mit Reinhard Löw; zuerst 1981 veröffentlicht unter dem Titel "Die Frage Wozu" im Piper-Verlag, München)
  • Glück und Wohlwollen: Versuch über Ethik. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 1989, ISBN 3608915567
  • Personen. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 1996, ISBN 3608918132.
  • Grenzen: Zur ethischen Dimension des Handelns. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2001, ISBN 3608910271.
  • Herausgeber: Anonymus d'Outre Tombe: Die großen Arcana des Tarot. Meditationen. Hrsg. von Martin Kriele und Robert Spaemann. Einführung von Hans Urs von Balthasar. Basel (Herder Verlag) 3. erw. A. 1993, ISBN 3-906371-05-0

Zitat

  • Das Gerücht von Gott liegt überall, wo Menschen sind, in wie deformierter Gestalt auch immer, in der Luft.[5] 2005

Quellen

  1. Vortrag in der Katholischen Akademie in Bayern am 14. Oktober 2006
  2. NZZ: Eine Antwort finden - Robert Spaemann über die Frage nach Gott 5. Mai 2007
  3. Konrad Adam: Robert Spaemann: ein konsequent unabhängiger Denker, in: DIE WELT vom 30. Mai 2001
  4. Robert Spaemann: Sterbehilfe ist nur ein anderes Wort für Töten, in: Stuttgarter Zeitung vom 26.10.2005
  5. Die Welt: Der Gottesbeweis 26. März 2005