Hiltrud Kier
Hiltrud Kier (* 30. Juni 1937 Graz) ist eine Kunsthistorikerin, und ehemalige Kölner Stadtkonservatorin (Denkmalpflegerin) sowie Generaldirektorin der Museen der Stadt Köln. Sie machte die Denkmalpflege weit über die Grenzen der Stadt Köln populär und setzte sich engagiert für die Bauten der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts ein. Der größte Verdienst ist der Erhalt und der Wiederaufbau der großen Romanischen Kirchen in Köln zum Jahr der Romanischen Kirchen 1985.
Leben
Nach einem Studium der Kunstgeschichte in Wien und Köln erfolgte 1968 die Promotion zum Dr. phil. mit der Dissertation Schmuckfußböden in Renaissance und Barock".
Hiltrud Kier war vom 1. August 1978 bis 30. November 1990 Stadtkonservatorin (mit einem Stab von 17 festen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern). Das Stadtkonservatorenamt besteht in Köln bereits seit dem Jahre 1912. Anschließend war sie vom 1. Dezember 1990 bis 1997 Generaldirektorin der Museen der Stadt Köln als Nachfolger von Hugo Borger, Leiterin des Wissenschaftlichen Forschungsreferates der Kölner Museen und zugleich Leiterin der Kölner Bodendenkmalpflege, die aus der Verantwortung des Römisch-Germanischen Museums entlassen wurde.
Hiltrud Kier hat sich vor publicityträchtig vor allem für die romanischen Kirchen der Stadt Köln und deren städtebauliches Umfeld engagiert. Und von ihr wurde eine nachhaltige Rehabilitierung der historischen Spuren des 19. Jahrhunderts, insbesondere der Kölner Neustadt, betrieben.
1985 rief sie zusammen mit dem ehemaligen Diözesanbaumeister Wilhelm Schlombs das "Jahr der Romanischen Kirchen" ins Lebenn, organisierte Rundgänge, veröffentlichte Publikationen und hielt ein umfangreiches Vortrags- und Führungsprogramm ab.
Als Denkmalpflegerin hat sie die Kölner Denkmalliste nach Verabschiedung des Landesdenkmalschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen von der Gründerzeit bis zur Nachkriegszeit fortgeschrieben. Die Diskussion über den Denkmalwert von Bauten der Jahrhundertwende (19./20. Jh.) und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sowie der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts kann durchaus als Pioniertat der deutschen Denkmalpflege bezeichnet werden. Hiltrud Kier rückte dabei den architektonischen und städtebaulichen Rang der bis dato völlig verachlässigten und abbröckelnden Kölner Neustadt in das öffentliche Bewußtsein. Mit ihrem Neustadt-Buch eröffnete sie eine kontroverse Diskussion um eine grundsätzliche Neubewertung gründerzeitlicher Architektur des 19. Jahrhunderts und deren Schutz vor ihrer Zerstörung. So engagierte sie sich für den Schutz von Drei- und Vierfensterhäusern samt ihres Interieurs, für die Erhaltung alter Kölner Villen und Hofgüter und für die Umnutzung funktionslos gewordener Industriebauten aus den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts.
In Köln-Buchforst, einem namengebenden, ehemaligen Waldgebiet zwischen Köln-Mülheim und Köln-Kalk, wurde 1926 ein 180.000 m2 großes Gelände von der Gemeinnützigen Aktiengesellschaft für Wohnungsbau GAG gekauft und als Planstadt unter dem Namen Kalkerfeld aufgebaut. Die beiden Teilprojekte "Blauer Hof" und "Weiße Stadt" wurden 1932 bzw. 1933 von den Architekten Wilhelm Riphahn und C. M. Grod errichtet und 1988 auf Betreiben von Hiltrud Kier als Gruppendenkmal in die Kölner Denkmalliste eingetragen.
1981 führte sie als Stadtkonservatorin ein Patenschaftssystem für Kölns bedeutendsten Friedhof, den Melaten-Friedhof, ein, das inzwischen von vielen Städten übernommen wurde. Paten sorgen nun für die Restaurierung und den Erhalt vieler historischer Grabmale. Der Pate sucht sich ein denkmalgeschütztes Grabmal aus, dessen Nutzungsrechte abgelaufen sind. Als Gegenleistung bekommt der Pate ein Anwartsrecht auf die Grabstelle. Erst wenn der Pate dort beerdigt wird oder beerdigen lässt fallen Nutzungsgebühren an. Bei manchen Grabsteine werden die Namen der zuvor dort Beerdigten auf die Rückseite des Grabsteins eingraviert. Durch dieses einfache System wurden bereits viele historische Grabmale erhalten.
Darüberhinaus setzte Hiltrud Kier die Teilrekonstruktion des südlichen Abschnitts der mittelalterlichen Stadtmauer durch, die nicht unumstrittene Chorausmalung der Basilika St. Aposteln und die Deckenzier von St. Pantaleon.
Intensiv setzte sie sich wissenschaftlich auseinander mit der Innenausstattung und damit verbundener Innenraumwirkung der Kölner Kirchen, insbesondere der romanischen Kirchen. Die Wiederaufstellung der Kölner Sockelheiligen am Rathausturm war ihre Idee sowie deren Aktualisierung der dort aufgestellten Personen.
Hiltrud Kier restaurierte das ehemalige Kölner Gestapogefängnis (EL-DE-Haus) und richtete dort 1981 eine Gedenkstätte/Museum ein, unterstützt von einem lautstarken Echo der Öffentlichkeit.
Der einstige Kölner Oberstadtdirektor Kurt Rossa sprach 1979 über Hiltrud Kier vom "einzigen Mann" in der Kölner Verwaltung.
Einer breiten Öffentlichkeit ist die temperamentvolle Hiltrud Kier noch heute bekannt durch eine Fülle populärwissenschaftlicher Publikationen, anschaulichen Vortragsveranstaltungen und lebendigen, zum Teil mehrstündigen Führungen. Dies führte oft zu einer lebhaften Diskussion über die Stellung der Denkmalpflege in unserer Gesellschaft, und dies weit über Kölns Stadtgrenzen hinaus.
Für Hiltrud Kier war und ist es auch wichtig, dass Denkmalpflege verbal motiviert werden kann und warnte vor berührungsängstlicher Zurückhaltung der Denkmalpflege.
Hiltrud Kier ist Mutter von vier Kindern, protestantischen Glaubens und lebt heute in Zülpich.
Auszeichnungen und Ehrungen
- 1982 - Ehrenplakette des Architekten- und Ingenieur-Vereins AIV Köln für Verdienste um die gebaute Umwelt
- 1988 - Honorarprofessorin an der Rheinische- Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Werke (Auswahl)
In chronologischer Reihenfolge:
- Der mittelalterliche Schmuckfußboden (Die Kunstdenkmäler des Rheinlands Beiheft 14), Düsseldorf 1970
- Bürgerbauten der Gründerzeit in der Kölner Neustadt, Köln 1973
- Die Kölner Neustadt (Arbeitsheft 8 Landeskonservator Rheinland). Bonn 1974
- Schmuckfußböden in Renaissance und Barock, 1976
- (Hrsg.): Die Kunst, unsere Städte zu erhalten, 1976
- Die Kölner Neustadt, Düsseldorf (Beiträge zu den Bau- und Kunstdenkmälern im Rheinland Band 23), Text- und Kartenband, Düsseldorf 1978
- Denkmälerverzeichnis Köln-Altstadt und Deutz (Arbeitshefte des Landeskonservators Rheinland Nr. 12.1), Köln 1979
- (Hrsg.): Reclam-Führer Köln, 1980
- Zusammen mit Ulrich Krings: Der Kranz der romanischen Kirchen in Köln, Köln 1980, 2. Auflage 1982
- Köln entdecken. Die großen romanischen Kirchen, 1983; 5., komplett überarbeitete Auflage 1993
- Zusammen mit Ulrich Krings (Hrsgg.): Die romanischen Kirchen. Von den Anfängen bis zum Zweiten Weltkrieg (Stadtspuren. Denkmäler in Köln Band 1), Köln 1984
- Zusammen mit W. Hagspiel und Ulrich Krings: Köln. Architektur der 50er Jahre, 1986
- Zusammen mit Werner Schäfke: Die Kölner Ringe. Geschichte und Glanz einer Straße, 1987; 2. Auflage 1994
- Zusammen mit C. Körber-Leupold: Köln, 1988 und Sven Schütte (Hrsgg.): Archäologie in Köln. Das archäologische Jahr 1991 (Eine Veröffentlichung des Kölner Amtes für Archäologische Bodendenkmalpflege) (Archäologie in Köln, 1. Band). Greven Verlag, Köln 1992, ISBN 0943-3635
- Architektur der 50er Jahre. Bauten des Gerling-Konzerns in Köln, 1994
- Gotik in Köln, 1997
- (Hrsg.): Architektur der 30er/40er Jahre in Köln, Köln 1999
- Kirchen in Köln, 2000
- Kleine Kunstgeschichte Kölns, 2001
- Zusammen mit Ute Chibidziura, Fotografien von Georg Esch: Romanische Kirchen in Köln und ihr historisches Umfeld, Verlag J. P. Bachem, Köln 2004; Rezension Wolfgang Rosen in: Geschichte in Köln Band 53, Dezember 2006, S. 183-186 "Buchbesprechungen"
- Zusammen mit Marianne Gechter (Hrsgg.): Frauenklöster im Rheinland und in Westfalen, Verlag Schnell & Steiner, Regensburg 2004, ISBN 3-7954-1676-0
- Zusammen mit Hermann-Josef Reither: St. Georg, Köln (Schnell Kunstführer Nr. 2573), Verlag Schnell + Steiner, Regensburg 2005, ISBN 3-7954-6551-6
- St. Maria vom Ferieden, Köln (Schnell Kunstführer Nr. 2601), Verlag Schnell + Steiner, Regensburg 2005, ISBN 3-7954-6567-2.
Quellen
- Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender 2007. Bio-bibliographisches Verzeichnis deutschsprachiger Wissenschaftler der Gegenwart, 21. Ausgabe, Band II: I - Sche, K. G. Saur Verlag, München 2007, ISBN-13: 978-3-598-23616-7, ISBN-10: 3-598-23616-6, S. 1751
- Hiltrud Kier: "Wenn es kritisch wird, zünde ich eine Kerze an". In: Gerd Courts: Kölner Tischgespräche 1976-1989, mit Photoporträts von Alfred Koch, Wienand Verlag, Köln 1989, ISBN 3-87909-235-4, S. 152-159
- Marie Hüllenkremer: Nicht bequem, sondern gut. Kier der einzige Mann in der Verwaltung. In: Kölner Stadt-Anzeiger Nr. 95 Samstag/Sonntag, 23./24. April 1988 Seite 37 "Kultur"
- Werner Strodthoff: "Ich möchte neunzig Jahre alt werden. Dynamische Amtsführung der Konservatorin". In: Kölner Stadt-Anzeiger Nr. 95 Samstag/Sonntag, 23./24. April 1988 Seite 37 "Kultur"
- Werner Strodthoff: Hiltrud Kier verläßt Kölns Denkmalamt. Bald selbst am Rathausturm? Sie machte die Denkmalpflege populär. In: Kölner Stadt-Anzeiger Nr. 281 Samstag/Sonntagm 1./2. Dezember 1990 "Kultur"
Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Kier, Hiltrud |
KURZBESCHREIBUNG | Kunsthistorikerin und ehemalige Kölner Stadtkonservatorin (Denkmalpflegerin) sowie Generaldirektorin der Museen der Stadt Köln. |
GEBURTSDATUM | 30. Juni 1937 |
GEBURTSORT | Graz |