Schweizer Minarettstreit
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Die Kontroverse um den Bau von Minaretten in der Schweiz, in den Schweizer Medien meist Minarettstreit und oft Streit ums Minarett genannt, ist eine derzeitige politische und gesellschaftliche Debatte in der Schweiz. Die Kontroverse begann damit, dass Anfang 2006 in diversen Schweizer Gemeinden, darunter die kleineren Siedlungen Wangen SO, Langenthal BE und Wil SG, teilweise bis heute hängige Baugesuche für Minarettbauten auf bestehenden muslimischen Gebetsräumlichkeiten eingereicht wurden. In der Schweiz stehen bis heute lediglich zwei Minarette: je eines in Zürich und Genf.
Chronologie
Die Pläne der lokalen muslimischen Vereinigungen stiessen insbesondere in konservativen Kreisen auf heftigen Widerstand. Besonders der Fall in Wangen erregte Aufmerksamkeit: Für zusätzlichen Zündstoff sorgten dort angebliche Verbindungen des gesuchstellenden Türkisch-kulturellen Vereins mit der rechtsextremen Gruppierung Graue Wölfe[1]. Das Gesuch wurde schliesslich aus baurechtlichen Gründen abgelehnt, worauf der Türkisch-kulturelle Verein Olten Rekurs gegen den Entscheid einlegte[2]. Darauf begannen konservative Lokalpolitiker mit einer Unterschriftensammlung gegen den Minarettbau. Der Rekurs des türkischen Vereins wiederum wurde vom kantonalen Verwaltungsgericht am 14. Juli 2006 gutgeheissen.[3]
Die Kontroverse hatte zu diesem Zeitpunkt längst die nationale Politik und Medien erreicht. Die Schweizerische Volkspartei (SVP) teilte schon früh ihre Skepsis gegenüber Minaretten in der Schweiz mit. Am 6. September 2006 hielt die SVP schliesslich eine Konferenz ab, die den Widerstand gegen die Minarette koordinieren sollte. An der selben Konferenz zog man die Lancierung einer Minarettverbots-Volksinitiative in Erwägung[4]
Das Vorhaben wurde schliesslich am 3. Mai 2007 konkret: Politiker der Schweizerischen Volkspartei (SVP) und der christlich-konservativen Eidgenössisch-Demokratischen Union (EDU) lancierten die Volksinitiative "Gegen den Bau von Minaretten". Dem Komitee gehören unter der Führung der Nationalräte Ulrich Schlüer (SVP), Walter Wobmann (SVP) und Christian Waber (EDU) 35 der 55 SVP-Nationalräte, ein SVP-Ständerat und die beiden Nationalräte der EDU an. Das Komitee hat bis zum 1. November 2008 Zeit, die nötigen 100'000 Unterschriften beizubringen.[5]
Für neue Diskussionen sorgte der Plan für den Bau eines muslimischen Zentrums in Bern, das ursprünglich als multireligiöses Haus der Religionen vorgesehen war, nun aber zum grössten Zentrum für die Muslime in Europa werden soll.[6].
Argumente
Argumente für ein Bauverbot von Minaretten in der Schweiz
- Symbol der Islamisierung eines Landes: Minarette werden von manchen als Symbole der Islamisierung eines Landes angesehen. Sie argumentieren, ein Minarett sei kein zwingender Bestandteil einer Moschee.[7] Geprägt vom Streit um den Minarettbau ist auch die Befürchtung, in Zukunft seien in der Schweiz Muezzinrufe zu hören. Ein Teil der Bevölkerung befürchtet eine "islamische Parallelgesellschaft". Die Gegner beziehen sich u.a. auf ein Zitat des türkischen Dichters Ziya Gökalp, das der heutige Türkische Premierminister Recep Tayyip Erdoğan bei einer Wahlveranstaltung 1998 wie folgt verwendete: Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten.[8] Erdoğan wurde deswegen zu vier Monaten Haft verurteilt.
- Rechte von Christen in islamischen Mehrheitsgesellschaften: Nach Ansicht von Barbara Steinemann, jüngste Abgeordnete der nationalkonservativen SVP im Zürcher Kantonsrat, illustriere das Minarett den Anspruch des Islams, als einzig wahre Religion die anderen religiösen Bauten zu überragen und gelte als Symbol für die Eroberung eines Gebietes.[9] Viele fragen sich weshalb es Minarette geben darf, wenn doch in muslimischen Ländern keine Kirchen stehen dürfen.[10]
Argumente gegen ein Bauverbot von Minaretten in der Schweiz
- Völkerrechtliche Bedenken: Das Bauverbot für Minarette verletze die Religionsfreiheit und somit die Europäische Menschenrechtskonvention, und damit Völkerrecht. (Argument von Giusep Nay, ehemaliger Bundesgerichtspräsident der Schweiz. In einem Interview mit der Schweizer "Mittelland Zeitung" empfiehlt Nay deshalb dem Schweizer Parlament, die oben genannte Initiative dereinst für ungültig zu erklären.)
- Keine Wirkung: Es nütze wenig, gegen den Bau eines Minaretts zu kämpfen, ohne zu wissen, welche Aktivitäten in der Moschee angeboten würden. Wichtiger als das Minarett sei darum die Kontrolle der Aktivitäten in einer Moschee.[11]
- Dialogverhindernd: Ein Bauverbot von Minaretten behindert den Dialog mit Muslimen: Ein Minarett sei für die Muslime ein Zeichen der Identität. Es liege im Interesse der Religionsfreiheit, Muslimen Moscheen mit Minaretten zuzugestehen. (Argument unter anderem von Kurt Koch, Basler Bischof und heutiger Präsident der Schweizer Bischofskonferenz.)
- Manche deuten die diesbezüglichen politischen Tendenzen in der Schweiz als wachsende Islamophobie.
Situation im Übrigen Europa
Ein Berliner Imam bemerkte in der Zeit: „ich habe inzwischen gelernt, dass in Deutschland niemand eine Moschee in seiner Nachbarschaft haben will, genauso wie niemand ein Gefängnis will, eine Mülldeponie […]. Egal, wo wir bauen: Wir werden nicht mit Blumen empfangen.“ [12]
Siehe auch
- Minarettstreit in Wangen bei Olten (Schweiz)
- Minarettstreit in Telfs (Österreich)
- Minarett
- Islamophobie
- Multikulturalismus
Quellen
- ↑ Inforel.ch: Minarett und "Graue Wölfe" in Wangen
- ↑ http://www.nzz.ch/2006/02/08/il/newzzEJF9HLRA-12.html NZZ, 8. Februar 2006
- ↑ Reformierte Nachrichten: Minarett in Wangen darf doch gebaut werden 14. Juli 2006
- ↑ Schweizerische Volkspartei (Homepage): Minarett-Gegner koordinieren Anstrengungen
- ↑ Volksinitiative für Minarettverbot
- ↑ [1]Bericht Swissinfo.org
- ↑ Kath.net: Pierre Bürcher, Weihbischof von Lausanne, Genf und Freiburg und Präsident der „Arbeitsgruppe Islam“ der Schweizer Bischofskonferenz 3. Mai 2007
- ↑ Die Welt: Reformer oder Wolf im Schafspelz? 22. September 2004
- ↑ Tagesanzeiger: SVP bläst zum Sturm auf Minarette 20. Februar 2007
- ↑ Radio Vatikan: Schweiz: Bischöfe gegen generelles Minarett-Verbot 3. Mai 2007
- ↑ Bericht Swissinfo.org
- ↑ Die Zeit, 11. Januar 2007: Dialog der Kulturen