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Friedrich August von Hayek

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Friedrich August von Hayek (* 8. Mai 1899 in Wien; † 23. März 1992 in Freiburg im Breisgau) war ein österreichischer Ökonom. Neben Ludwig von Mises war er im 20. Jahrhundert der wichtigste Vertreter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie und ein Verfechter des freien Marktes.

Kurzbiographie

Datei:Hayek and Oxford students 1985.jpg
Friedrich August von Hayek (2.v.r.) im Gespräch mit (v.l.) Andrew Melnyk, Chandran Kukathas und Hannes Hólmsteinn Gissurarson im Jesus College, Oxford, Frühling 1985. Foto von Marie Gray.

Hayek studierte ab 1918 an der Universität Wien offiziell Rechtswissenschaft, besuchte aber vor allem Kurse in Volkswirtschaftslehre und Psychologie. Mangelnde direkte Berufsmöglichkeiten für Psychologen bewegten ihn dazu, seine ökonomischen Kenntnisse zu vertiefen, insbesondere bei seinem Doktorvater Friedrich von Wieser. Hayek begeisterte sich anfänglich für die planwirtschaftlichen Vorstellungen Walther Rathenaus; infolge der Lektüre des Buches „Die Gemeinwirtschaft“ von Ludwig von Mises wandte er sich von sozialistischen Ideen ab. Er war regelmäßiger Teilnehmer eines Privatseminars von Ludwig von Mises, als dessen Musterschüler er galt. Er promovierte 1923. Ab 1927 leiteten sie gemeinsam das Österreichische Institut für Konjunkturforschung. Hayek forschte, an Mises anschließend, besonders über die Theorie von Konjunkturschwankungen. 1931 wurde er an die London School of Economics berufen, wo er während der 1930er und 1940er Jahre als bedeutendster Vertreter der Österreichischen Schule und Opponent von John Maynard Keynes galt. 1950 wechselte er an die University of Chicago, 1962 nahm er eine Professur an der Universität Freiburg an und wurde kurz darauf Vorstandsmitglied des Walter Eucken Instituts (siehe auch Freiburger Schule). 1967 wurde er emeritiert, lehrte aber weiter bis 1969. 1974 erhielt er den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften (gemeinsam mit dem Schweden Gunnar Myrdal). Nach einer Honorarprofessur an der Universität Salzburg kehrte er 1977 nach Freiburg zurück, wo er bis zu seinem Tod 1992 tätig war. 1991 wurde ihm die Presidential Medal of Freedom, die höchste zivile Auszeichnung der USA, verliehen. Begraben ist er in Wien.

Wichtigste Lehren

Liberalismus

Hayek zählt zu den wichtigsten Denkern des Liberalismus im 20. Jahrhundert. Vertreter des Liberalismus beschäftigen sich kritisch mit seinen Lehren und entwickeln sie weiter.

Anti-Sozialismus

In seiner gesamten Lehre galt Hayeks Aufmerksamkeit der Auseinandersetzung mit jeder Art von Sozialismus. Schon in den 1920er-Jahren argumentierte er, dass in einer arbeitsteiligen Gesellschaft auch das Wissen aufgeteilt sei und einzelne Planer das Gesamtsystem nicht bis ins Detail überblicken könnten, eine Zentralverwaltungswirtschaft also prinzipiell nicht funktionsfähig oder zumindest einer Marktwirtschaft weit unterlegen sei. Seine Theorie erweiterte er später um anthropologische, kulturelle und informationstheoretische Überlegungen (s. unten). Er bezweifelte dabei nicht, dass einige Sozialisten moralisch anspruchsvolle Ziele verfolgten, nur hielt er den vorgeschlagenen Weg, insbesondere jede Art von staatlichen Eingriffen in die Wirtschaft, für gefährlich.

Gegner des Keynesianismus

In den 1930er Jahren war er Gegner des aufkommenden Keynesianismus. Hayeks Konjunkturtheorie zufolge war die Weltwirtschaftskrise nicht, wie Keynes behauptete, Folge von geringer Nachfrage, sondern von Fehlinvestitionen der Unternehmen und Banken, die wiederum Folge verfehlter staatlicher Geld- und Wirtschaftspolitik gewesen seien. Staatliche Interventionen auf dem freien Markt, wie Keynes sie forderte, seien also nicht die Lösung, sondern die Ursache der Wirtschaftskrise. Die Inflationspolitik vor 1929 habe den Zusammenbruch erst heraufbeschworen. Diese Lehren Hayeks fanden jedoch damals keine verbreitete Unterstützung.

„Der Weg zur Knechtschaft“ und die Mont Pèlerin Society

1944 erschien Hayeks The Road to Serfdom (dt. Der Weg zur Knechtschaft) in England. In diesem Werk legte er dar, dass der Nationalsozialismus in Deutschland und der Faschismus in Italien nicht – wie sozialistische Intellektuelle behaupteten – Formen der kapitalistischen Reaktion seien, sondern „Weiterentwicklungen des Sozialismus“. Ziel des Buches war es laut Hayek, die damals gegen den Liberalismus tendierende Mehrheitsmeinung umzukehren und sie für die Gefahren des Sozialismus zu sensibilisieren. Hayeks Hauptargument ist, dass alle Arten von Sozialismus, Kollektivismus und Planwirtschaft zwangsläufig in Widerspruch zu liberalen Individualrechten und rechtsstaatlichen Prinzipien geraten. Die Barbarei und Gewaltherrschaft in den totalitären Staaten – damals neben Deutschland und Italien vor allem die Sowjetunion – sei also nicht Folge von besonderer Bosheit der entsprechenden Völker, sondern die Umsetzung der sozialistischen Lehre einer geplanten Wirtschaft. Diese führe notwendig zu Unterdrückung, selbst wenn dies nicht die ursprüngliche Absicht der Sozialisten war. Später erweiterte er diese Theorie und fügte hinzu, dass selbst staatliche Interventionen, die zunächst die Marktwirtschaft nicht prinzipiell in Frage stellen, langfristig zur Abschaffung der Freiheit führen würden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg sah Hayek die Chance für eine Renaissance des Liberalismus gekommen. 1947 gründete er die Mont Pèlerin Society als Plattform eines neuen Liberalismus. Teilnehmer der ersten Tagung waren neben Hayeks Freunden Mises und Karl Popper auch Ludwig Erhard, Walter Eucken und Wilhelm Röpke, die die Soziale Marktwirtschaft in Westdeutschland vorbereiteten. Die Schule des Ordoliberalismus, damals auch Neoliberalismus genannt, fußte in vielem auf Hayeks Theorien, entwickelte sie aber weiter. Hayek unterstützte anfangs auch die auf ordoliberalen Thesen beruhende Soziale Marktwirtschaft, hielt sie aber spätestens ab Mitte der 1960er Jahre für zu interventionistisch und warnte anlässlich der deutschen Ausgabe des Wegs zur Knechtschaft von 1971 vor sozialistischen Tendenzen in der deutschen Wirtschaftspolitik.

Außer mit ökonomischen Fragen befasste sich Hayek nach dem Krieg vor allem mit informationstheoretischen, kulturtheoretischen und rechtsphilosophischen Problemen.

Die „Anmaßung von Wissen“

Hayek schloss sich der Meinung der liberalen Klassiker Adam Smith und John Locke an, wonach wirtschaftliche Ordnung das unintendierte Resultat menschlichen Handelns ist (Prinzip der „unsichtbaren Hand“). Die Zentralverwaltungswirtschaft sei insbesondere wegen der „Nichtzentralisierung allen relevanten Wissens“ über die Fähigkeiten und Bedürfnisse der Individuen nicht durchführbar, das heißt die planende Stelle kann niemals über die Informationen verfügen, die sie für eine vernünftige Planung benötigen würde. Nur der freie Markt bilde im Preissystem alle relevanten Informationen ab und führe zu sinnvollen Allokationen. Den „Sozialingenieuren“, die eine Gesellschaft auf dem Reißbrett planen wollen, warf er die Anmaßung von Wissen (pretence of knowledge) vor. So sollte später auch seine Rede zum Empfang des Nobelpreises heißen. Er selbst aber schrieb zum 20jährigen Bestehen des Institutes of Economic Affairs im Jahre 1977: „Ich bin stets davon überzeugt gewesen, dass wir, so wir unsere wirtschaftliche und politische Freiheit behalten wollen, unsere Bemühungen auf die Bekehrung der Intellektuellen in ihrer Eigenschaft als Meinungsmacher richten müssen.“

Theorie der kulturellen Evolution, Rolle der Religionen

Hayek erweiterte seine Sozialismuskritik um eine Theorie der kulturellen Evolution und des menschlichen Zusammenlebens in arbeitsteiligen Gesellschaften.

Nach Hayek sind Werte nicht oder nur in geringem Maße Resultat menschlicher Gestaltung und Vernunft. Sie entstammen aus drei Wurzeln: den biologischen "vererbten", den kulturell "erprobten" und erst als dritte und am wenigsten weitreichende, den rational "geplanten". Gewachsene Traditionen seien daher reproduktiv und adaptiv außerordentlich wirksam und würden von Sozialtheoretikern unterschätzt, während die Machbarkeit einer „idealen Gesellschaft“ überschätzt sei. Die Religionen seien insofern entscheidend für die Evolution des Menschen da ihre Selektion, bzw. "natürliche Auswahl" nicht auf Basis rationaler Argumentation erfolge, sondern durch reproduktiven Erfolg als Ergebnis religiösen Glaubens und erfolgreicher Adaption (Anpassung) an die jeweilige Umwelt. Nicht jede Religion gilt von Hayek daher als gleichermaßen erfolgreich (auch den Kommunismus sieht er als bereits wieder absterbende Religion), aber im Wettbewerb würden sich immer wieder jene religiösen Bewegungen durchsetzen, die erfolgreich Fortpflanzung und Wirtschaftsleben förderten. Religionsfreiheit gilt von Hayek daher als eine zentrales Wurzel und ein wichtiges Anliegen des Liberalismus. In ihrem Rahmen könnten vielfältige Mikrogesellschaften in Wettbewerb treten und so den Gesamterfolg der Makrogesellschaft befördern. Monopolistische Religion werde dagegen ebenfalls reaktionär.

Hayek unterscheidet zwei Arten von Ordnungen:

  1. Eine spontane Ordnung („kosmos“), in der die Individuen ihre Ziele mit eigenen Mitteln verfolgen. Sie benötigt nach Hayek allein abstrakte Regeln, die in Form von Verboten formuliert sind und allgemeingültig sein müssen, also keinerlei Privilegien zulassen.
  2. Eine Organisation („taxis“) nennt Hayek dagegen das Resultat bewussten Entwurfes. Hier existieren konkrete Regeln, die in Form von Geboten formuliert sind. Die Verfolgung von individuellen Zielen mit eigenen Mitteln wird hier eingeschränkt, und oft gibt es eine vertikale Hierarchie. In einer Organisation wird Ergebnisgerechtigkeit zu Lasten der Regelgerechtigkeit durch Umverteilung erzeugt. Beispiele hierfür sind Planwirtschaften, aber auch etwa Unternehmen oder das Militär. Hayek weist darauf hin, dass in allen Gesellschaftsformen beide Arten von Ordnung und Regeln vorliegen.

Die Regeln unterliegen nun laut Hayek einer „kulturellen Evolution“. Die gewachsenen (abstrakten) Regeln seien kein Produkt der Vernunft, sondern hätten sich parallel zur Vernunft entwickelt und sich über Generationen bewährt. Diejenigen Gruppen, die abstrakte Regeln einführten, seien erfolgreicher (produktiver) als andere gewesen, insbesondere was die Reproduktion angeht. Andere Gruppen seien dann verdrängt worden oder hätten die erfolgreichen Regeln übernommen. Die besten Regeln hätten sich so immer wieder durch natürliche Evolution durchgesetzt.

Im Wunsch nach umfassenden, sozialen Geboten und Vorgaben nach Maßgabe der Instinkte, die dem Menschen weitgehend aus der vorneolithischen Zeit in Kleingruppen geblieben seien, sieht Hayek eine der größten Gefahren für die Freiheit. In diesem Punkt war Hayek einer Meinung mit seinem langjährigen Kollegen und Freund Karl Popper, der in seinem Buch Die offene Gesellschaft und ihre Feinde ebenfalls die utopische Sozialwissenschaft und ihre Theorien der geplanten Gesellschaften (etwa bei Platon und den Marxisten) verwirft. Kollektivistische Utopien und Entwürfe von „geschlossenen Gesellschaften“ (Popper) müssten in modernen Großgesellschaften an der Realität scheitern oder in Barbarei enden.

Rechtsphilosophie

Eine freie Gesellschaft setzt also für Hayek die Dominanz einer Ordnung der ersten Art und abstrakter Regeln voraus. Er befürwortet demnach eine starke Einschränkung und präzise Definition staatlicher Handlungsmöglichkeiten durch die Verfassung, um die Rechte des Individuums zu schützen. Das Problem sei nicht, wer über wen herrsche, sondern wieviel Herrschaft die Herrschenden überhaupt ausüben dürfen. Reine Demokratie ohne Beschränkungen staatlichen Handelns lehnt er ab, weil diese ebenfalls zu Unterdrückung tendiere („totalitäre Demokratie“). Insofern mag man seine Vorstellung einer Verfassung der Freiheit als Nomokratie bezeichnen. Aufgabe des Staates sei dabei einzig der Schutz des Eigentums und die Durchsetzung privat geschlossener Verträge. Für die Wirtschaftsordnung sei allein ein klar definierter und logischer institutioneller Rahmen nötig, alles weitere könnten die Menschen im Markt selbst organisieren.

Wirkung

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es im Westen nicht grundsätzlich zu einer Rückkehr zum Liberalismus. Überall in den Industriestaaten des Westens wurde auf sozialstaatliche Lösungen gesetzt, die Währungen waren nicht frei konvertibel und immer noch gab es Handelszölle und Kapitalverkehrsbeschränkungen und -kontrollen. Dieese Praktiken erschienen Hayek als zu sehr sozialistisch und als als große Gefahr. Insbesondere der Keynesianismus, gegen den er schon in den 1930er Jahren aufgetreten war, setzte sich weltweit durch. In den 1960ern kam es fast überall zu weiterer Ausdehnung staatlicher Wirtschaftstätigkeit. Eine Wende brachte die Stagflation in der Krisenzeit Ende der 1960er und Anfang der 1970er. Dieses Phänomen konnte die keynesianische Schule nicht erklären, ihre durch Staatsausgaben künstlich erzeugte Nachfrage führte zu hoher Staatsverschuldung, ohne die gewünschten wirtschaftsbelebenden Effekte zu haben. So wuchs das Interesse an der Konjunkturtheorie Hayeks. Gleichzeitig kamen die wirtschaftsliberalen Theorien Milton Friedmans (Chicagoer Schule) auf, die sich in Teilen auf Hayek beriefen, so dass Hayek wieder zu größerer Bekanntheit gelangte. Dies gipfelte in der Verleihung des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften 1974.

Praktische Anwendung fanden Hayeks Erkenntnisse in den 80ern in der Wirtschaftspolitik Ronald Reagans („Reaganomics“) und Margaret Thatchers („Thatcherismus“), mit deren Hauptakteuren er sich je auch persönlich verschiedentlich austauschte. In Deutschland sprach Hayek bereits 1969 auf dem Wirtschaftstag der CDU/CSU, schloss sich jedoch zeitlebens keiner Partei an. Unter den deutschen Politikern, die sich auf ihn beriefen, fanden namentlich Franz-Josef Strauß, Ludwig Erhard und Otto Graf Lambsdorff seine (kritische) Zustimmung. Dass sich Angela Merkel mehrfach würdigend auf von Hayek und sein Freiheitskonzept bezog, trug ihr noch 2005 Kritik aus der SPD ein. [1]

Als deutlichste Bestätigung seines Werks erlebte Hayek den Zusammenbruch des sozialistischen Ostblocks 1989/90.

In jüngster Zeit berufen sich vor allem Befürworter des Technoliberalismus auf seine kritischen Analysen zum Patentsystem, das in der beschleunigten Informationstechnologie als zu starr scheint. Auf neue Aufmerksamkeit stoßen auch seine Überlegungen zur kulturellen Evolution und zum Zusammenhang von Religion und Demografie.

Kritik

Sein Lehrer Ludwig von Mises war zwar stolz auf seinen Schüler, kritisierte aber vor allem in späteren Jahren Hayeks Abweichen vom Rationalismus. Dies betraf weniger Hayeks Ergebnisse als seine Methoden: Mises lehnte empirische Untersuchungen ab, und stritt stattdessen für eine rein logisch-deduktive Wirtschaftstheorie (Praxeologie). Dass Hayek auch irrationale Handlungsweisen berücksichtigte und praktische Bestätigung von Theorien verlangte, war Mises zuwider. Umgekehrt warf Hayek Mises bei aller Wertschätzung ein Übermaß an Dogmatismus vor.

Noch weiter gehen Libertäre und Anarchokapitalisten: Diese lehnen jede staatliche Tätigkeit ab, auch die von Hayek geforderten minimalen. Hayek habe zwar recht, dass staatliche Interventionen zu Gewaltherrschaften tendieren, aber dies gelte auch für den Minimalstaat, den Hayek fordert. Er selbst sei damit zumindest ein halber Kollektivist. Hayek distanzierte sich resolut von diesen Theorien und betonte, nichts habe dem Liberalismus mehr geschadet als die zu weit gehende Theorie des "laissez-faire".

Karl Popper lehnte staatliche Interventionen nicht prinzipiell ab und setzte sich auch für soziale Tätigkeiten des Staates ein, die Hayek als illusionär und gefährlich ablehnte. Vor allem in den 80er Jahren kam es hier zu Differenzen; während etwa Popper die deutsche Regierung Schmidt unterstützte, sah Hayek die Bundesrepublik bereits seit 1970 auf dem Weg in den quasi-sozialistischen Wohlfahrtsstaat.

Speziell zu Hayeks Theorie der kulturellen Evolution wird sein Evolutionsoptimismus kritisiert. Es sei, so Kritiker, keineswegs sicher, dass sich immer die besten Regeln durchsetzen. Zudem wird Hayek vorgeworfen, mit seinem Ansatz prinzipiell konservative Regeln zu bevorzugen. Hayek antwortet auf diese Kritik in dem Aufsatz "Why I am not a Conservative"[2].

Kritisiert wird auch Hayeks Sicht der Demokratie. Hayek sei hier zu pessimistisch und rede mitunter antidemokratischen Vorurteilen das Wort. In seiner Behauptung, die Massen würden sich leicht für den falschen Weg entscheiden, liege selbst eine unliberale Bevormundung. Anhänger Hayeks weisen dagegen auf die Gefahren der Massendemokratie hin, wie sie etwa auch José Ortega y Gasset (Der Aufstand der Massen) beschrieben habe.

Karl Heinz Brodbeck sieht einen Widerspruch in Hayeks Forderung nach Deregulierung. Auch die Beseitigung von Regeln sei ein konstruktivistischer Eingriff in das System. Nach Brodbeck verwickelt sich Hayek an einer zentralen Stelle in einen unauflöslichen Widerspruch: Um beurteilen zu können, welche Regeln für die Bildung einer spontanen Ordnung erforderlich sind, benötige man ein Wissen, über das man Hayek zufolge gar nicht verfügen könne: Man müsse wissen, welche Regeln die »spontane Ordnung« benötigt. Doch gerade dies setze die Kenntnis von Einzelheiten dieser Ordnung voraus. Tatsächlich verwirft Hayek die Idee, daß die "Vernunft, wenn auch in aller Vorsicht und Bescheidenheit und gewissermaßen stückweise, sich mit Untersuchung, Kritik und Ablehnung überlieferter Institutionen und Moralgrundsätze beschäftigen kann", nicht.

Hayek selbst hat die Macht des freien Marktes selbst nie am eigenen Leibe erfahren müssen. Aus einer Beamten- und Professorenfamilie stammend, ist er als Professor sein ganzes Leben davon verschont geblieben, seine Leistungen am Markt verkaufen zu müssen. Erst am Ende seiner akademischen Karriere stand er vor der Frage: "Soll ich an der prestigeträchtigen University of Chicago bleiben? Soll ich doch an die Universität Freiburg wechseln?" Schließlich, so Jerry Muller, soll sich Hayek deshalb für Freiburg entschieden haben, weil Freiburg in einem Wohlfahrtsstaat liegt, wo Professoren Anrecht auf eine Altersrente haben.

Werke

Quellen

  1. Klaus-Uwe Benneter, "Die Freiheit, die wir meinen.", in: FAZ v. 13.02.2005. http://archiv.spd.de/servlet/PB/show/1045067/Die%20Freiheit_KUB_FAS_130205.pdf
  2. http://www.fahayek.org/index.php?article=177

Literatur

  • Reinhard Behlke: Der Neoliberalismus und die Gestaltung der Wirtschaftsverfassung in der Bundesrepublik Deutschland (= Volkswirtschaftliche Schriften, 55). Berlin 1961
  • Hardy Bouillon: Ordnung, Evolution und Erkenntnis: Hayeks Sozialphilosophie und ihre erkenntnistheoretische Grundlage. Tübingen 1991, ISBN 3161457137
  • Eamon Butler: Hayek. His Contribution to the Political and Economic thought of our Time. London 1983
  • Bruce J. Caldwell: Hayek's Challenge: An Intellectual Biography of F.A. Hayek. Chicago 2003
  • Andrew Gamble: Hayek – The Iron Cage of Liberty. 1996, ISBN 0813331250
  • Gerd Habermann: Philosophie der Freiheit. Ein Friedrich-August-von-Hayek-Brevier. Thun 2001
  • Hans Jörg Hennecke: Friedrich August von Hayek. Die Tradition der Freiheit. Bonn 2000
  • Erich Hoppmann (Hrsg.): Friedrich August von Hayek. Vorträge und Ansprachen auf der Festveranstaltung der Freiburger Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät zum 80. Geburtstag von Friedrich A. von Hayek. Baden-Baden 1982
  • Wolfgang Kerber (Hrsg.): Die Anmaßung von Wissen. Neue Freiburger Studien von F.A. von Hayek. Tübingen 1996
  • Ingo Pies: Eucken und von Hayek im Vergleich. Zur Aktualisierung der ordnungspolitischen Konzeption (= Untersuchungen zur Ordnungstheorie und Ordnungspolitik, 43). Tübingen 2001
  • John Raybould: Hayek. A Commemorative Album. London 1998
  • Manfred Streit: Wissen, Wettbewerb und Wirtschaftsordnung – Zum Gedenken an Friedrich August von Hayek. In: Hans-Hermann Funke (Hrsg.): Ökonomischer Individualismus und freiheitliche Verfassung – Gedenkakademie für Friedrich August von Hayek. 1995
  • Christoph Zeitler: Spontane Ordnung, Freiheit und Recht: Zur politischen Philosophie von Friedrich August von Hayek. Frankfurt am Main 1996, ISBN 363130725X

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