Martin Luther
Martin Luther (eigentlich Martin Luder;* 10. November 1483 in Eisleben; † 18. Februar 1546 in Eisleben) ist der geistige Vater der protestantischen Reformation. Als Augustiner-Mönch wurde er Theologe und Professor und wollte notwendige Reformen zunächst ohne Kirchenspaltung erreichen. Durch seine sprachliche und schriftstellerische Gabe entfaltete er breite Wirkungen; seine Lutherbibel zählt bis heute zu den wichtigsten Bibelübersetzungen.

Leben und Wirken
Herkunft
Als Sohn des Bergmanns und späteren Ratsherrn Hans Luder (* 1459, † 1530) und dessen Ehefrau Margarethe, geb. Lindemann (* 1459, † 1531) wurde Martin Luther am 10. November 1483 in Eisleben (im Süden Sachsen-Anhalts) geboren. Einen Tag später, am Martinstag, wurde er auf den Namen des Tagesheiligen getauft. Aufgewachsen ist Martin Luther in Mansfeld, einer Stadt nahe Eisleben, wo es der Vater als Hüttenmeister im Kupferschieferbergbau zu bescheidenem Wohlstand brachte. Beide "Lutherstädte" liegen im Landkreis Mansfelder Land und hatten damals einige tausend Einwohner.
Studium und "reformatorische Wende"
Von 1501 bis 1505 studierte Luther an der Universität Erfurt in Thüringen und erhielt den "Magister Artium" der philosophischen Fakultät.
Im Jahr 1505 wurde Luther auf seinem Heimweg von einem schweren Gewitter überrascht, hatte Todesangst und rief zur Schutzpatronin: "Heilige Anna, hilf! Lässt Du mich leben, so will ich ein Mönch werden." Aufgrund dieses Gelübdes trat er gegen den Willen seines Vaters dann dem Augustinerorden bei.
Hier kam er in Kontakt mit Johann von Staupitz, dem Generalvikar der Kongregation. Die Freundschaft zu ihm hielt bis zu Staupitz' Tod 1524 an.
Bis 1511 lebte und predigte Luther in Erfurt, studierte die Kirchenväter und lernte antike Sprachen. 1512 wurde er als Nachfolger von Staupitz Doktor der Theologie und Professor in Wittenberg. Dort hielt er Vorlesungen über die Psalmen und Paulusbriefe.
1517 änderte er seinen Nachnamen Luder in Luther (in Anspielung auf das griech. Wort ελευθερος, eleutheros für "Befreiter, frei"). Das weist auf die "reformatorische Wende" seines Denkens hin. Denn in dieses Jahr fiel seine Entdeckung der Bibelstelle Römer 1, 17, die er später als "Schlüsselerlebnis" beschrieb: Hier habe er erfahren, dass sein ganzer bisheriger Glaube Lüge war, weil Gottes Gerechtigkeit nicht aus Werken, sondern aus dem Geschenk des Glaubens kommt.
Luther hatte schon auf einer Romreise Ablass- und Bußpraktiken kennengelernt, die er innerlich ablehnte. Doch nun bekam er die vom Bischof von Mainz und Brandenburg verfasste "Instructio Summarium", eine Anweisung für die im Land umherreisenden Ablassprediger, in die Hände. Dieser Bischof versuchte, einen Teil der für Rom bestimmten Einnahmen aus dem Ablass für sich abzuzweigen, um sich so ein Kurfürstenamt zu erkaufen. Er gewann den Ablassprediger Tetzel für diesen Plan und sandte ihn auch nach Sachsen. Der Ablass war ein Mittel der katholischen Kirche, Spenden für den Bau des Petersdoms in Rom zu gewinnen. Man gab den Gläubigen dafür "Ablassbriefe", die einen dem Geldbetrag entsprechenden Sündenerlass für sie oder für bereits gestorbene Angehörige bescheinigen sollten.
Daraufhin verfasste Luther 95 Thesen, um einen öffentlichen Disput über diese Praxis in Gang zu bringen. Diese Thesen schlug er aber, entgegen der Legende, nicht am Kirchentor in Wittenberg an, sondern publizierte sie in einigen Exemplaren für seine Dozenten-Kollegen. Darin protestierte er gegen damalige Missstände in der katholischen Kirche, von denen der Ablasshandel nur eines war. Dieser war für Luther der äußere Anlass, eine grundlegende Reform der ganzen Kirche "an Haupt und Gliedern" zu fordern.
Für die breitere Bevölkerung verfasste Luther 1518 den "Sermon vom Ablass", in dem er die Thematik und seine Meinung dazu in einfacher, verständlicher Weise darstellte.

Die 95 Thesen auf wikisource.org
Der römische Prozess
Im Juni 1518 wird ein Prozess gegen Luther wegen der Veröffentlichung seiner 95 Thesen eröffnet. Es bestehe die Gefahr der Ketzerei, was in dem Verfahren untersucht werden soll. In den Vorlesungen, die Luther als Dozent in Wittenberg hält, notieren Spitzel seine negativen Äußerungen über die Exkommunizierung. Danach wird im August 1518 der Prozess auf notorische Ketzerei geändert.
Luther wird nach Rom vorgeladen, um dort seine Aussagen zu widerrufen. Er wehrt sich aus gesundheitlichen Gründen gegen diese Vorladung und wünscht eine Anhörung auf deutschem Gebiet. Dabei beruft er sich auf die Gravamina deutscher Nation. Seinem Einwand wird stattgegeben und er wird zum Verhör durch Kardinal Cajetan am Augsburger Reichstag geladen.
Am 12.-14. Oktober 1518 spricht Luther bei Cajetan vor. Der Aufforderung, seine Irrtümer zu widerrufen, kommt er aber nicht nach. Von römischer Seite ist der Fall damit geklärt: Luther ist offenbar ein Ketzer. Doch kommt es wegen des Todes von Kaiser Maximilian I. (Januar 1519) zu einer zweijährigen Pause des Verfahrens gegen ihn.
Maximilian hatte für die anstehende Kaiserwahl Karl V. (HRR) vorgesehen. Wegen Karls Besitztümern in Italien befürchtet der Renaissancepapst Leo X. eine Umklammerung des Kirchenstaats und bemüht sich, die Kurfürsten von Karl abzubringen. Die Beschützerrolle Friedrichs des Weisen für Luther führt dazu, dass Rom Karl von Miltiz beauftragt, den Sachsenfürsten für eine friedliche Lösung der Sache zu gewinnen.
Nach Karls Wahl zum König (26. Juni 1519), wird der Prozess gegen Luther wieder langsam aufgenommen. Luther wurde zunächst zu einem Verhör vor Kardinal Caetan eingeladen. Als er dort seine ablehnende haltung bekräftigte, musste der Kardinal in Rom darüber Bericht erstatten. Daraufhin erließ Papst Leo X. am 15. Juni 1520 die Bulle "Exsurge Domine". Diese verurteilt 41 Schriften Luthers und droht ihm den Kirchenbann an, also die Exkommunikation.
Luther verbrennt im Dezember 1520 diese Bannandrohungsbulle zusammen mit einigen Schriften der Scholastik und des kanonischen Rechts vor dem Wittenberger Alstertor. Da er nicht widerruft, wird er am 3. Januar 1521 durch die Bulle "Decet Romanum Pontificem" exkommuniziert.
Doch der Kurfürst Friedrich der Weise erreicht durch seinen persönlichen Einfluss auf den Kaiser, dass Luther seine Position vor dem nächsten Reichstag nochmals erläutern und verteidigen darf. Das lässt die bestehende Differenz zwischen Papsttum und weltlichem König/Kaiser erkennen. Karl war der letzte König, der vom Papst (nach einer Aussöhnung) zum Kaiser gekrönt wird.
Am 17. April 1521 steht Luther vor dem Reichstag in Worms und wird verhört. Hier wird ihm letztmals die Möglichkeit zum Widerruf eingeräumt. Da er diesen nach einem Tag Bedenkzeit verweigert, wird am 8. Mai 1521 die Reichsacht über ihn verhängt. Das erlassene "Wormser Edikt" verbietet es im gesamten Reich, Luther zu unterstützen oder zu beherbergen, seine Schriften zu lesen oder zu drucken.
Luther bekommt trotz des Edikts freies Geleit nach Wittenberg, da sich zuvor sein Kurfürst für ihn eingesetzt hat. Karl V. hat später immer bereut, dass er Luther hier nicht gefangennahm und hinrichten ließ, weil die Reformation danach die Einheit seines Reiches zerstörte. - Auf dem Rückweg lässt ihn Friedrich auf die Eisenacher Wartburg entführen, um ihn vor möglicher Gefangennahme durch katholische Truppen zu schützen und zu verstecken. Denn Acht und Bann bedeuteten damals völlige Entrechtung und Vogelfreiheit, so dass jeder Luther hätte töten können, ohne dafür belangt zu werden.
Die Bibelübersetzung
Auf der Wartburg bleibt Luther bis zum 1. März 1522 incognito als "Junker Jörg". In dieser Zeit übersetzt er 1521 das Neue Testament in nur wenigen Wochen ins Deutsche: Diese Übersetzung wurde später in großer Auflage verbreitet und dann mit dem Alten Testament (übersetzt 1534) zur bekannten Lutherbibel.
Damit machte Luther theologische Inhalte auch dem einfachen Volk zugänglich und setzte Maßstäbe für die deutsche Sprache. Als Grundlage diente ihm die griechische Bibel des Erasmus von Rotterdam. Unterstützung bei der Übersetzung der biblischen Texte aus dem Griechischen, Lateinischen und Hebräischen erhielt Luther von Philipp Melanchthon.
Luthers Bibelübersetzung war nicht die erste Übertragung ins Deutsche. Schon um 360 entstand die gotische Wulfilabibel. Im 14. Jahrhundert war die Bibel aus der Vulgata ins Deutsche übersetzt und bis 1518 14mal hochdeutsch, bzw. 4x niederdeutsch gedruckt worden. Luthers Übersetzung, die auf Anregung und Betreiben Philipp Melanchthons entstand, zeichnet sich jedoch durch eine kräftige, bilderreiche Sprache aus. Er übersetzte weniger wörtlich, sondern versuchte, die biblischen Aussagen sinngemäß in Deutsch wiederzugeben.
Die zu seiner Zeit verbreiteten Bibelübersetzungen fußten auf der Vulgata, der lateinischen Bibel von Hieronymus (Altes Testament). Die aramäischen und hebräischen Urtexte des A.T. hatten also bisher bis zum Deutschen (mindestens) zwei Übersetzungsschritte hinter sich. Luther bemühte sich um direktere Übersetzungen aus dem Hebräischen bzw. Griechischen. Dabei bediente er sich einer volkstümlichen und verständlichen Sprache, die neben künftigen Bibelübersetzungen auch die Entwicklung des Deutschen beeinflusste.
Die Lutherbibel ist bei den Protestanten mit mehreren Varianten bis heute in Verwendung und eine wichtige Grundlage der Kirchenmusik. Die zunehmend verwendete Einheitsübersetzung entstand hingegen in Kooperation von katholischen und evangelischen Fachleuten aus mehreren Bereichen.
Die Reformation in Wittenberg
In Wittenberg wirkt derweil Karlstadt. Dieser löst mit eigenmächtigen Schritten zu Gottesdienstreformen Tumulte aus. Daraufhin entschließt sich Luther, sein Versteck aufzugeben und kehrt nach Wittenberg zurück. In 6 Predigten kann er die Bürger überzeugen, sich zu mäßigen und maßvolle Reformen einleiten. Karlstadt muss die Stadt verlassen.

In seinen Predigten und Schriften bedient sich Luther einer klaren, kräftigen und volkstümlichen Sprache, wobei er auch vulgäre Ausdrücke nicht verschmähte. Bekannt wurden viele, teilweise deftige Zitate wie: "Wenn ich hier einen Furz lasse, dann riecht man das in Rom."
Reformatorische Hauptschriften
In drei reformatorischen Hauptschriften des Jahres 1520 entfaltet Luther seine Theologie. Mit diesen Werken findet sie weite Verbreitung.
A) "An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung". Mit der Adelsschrift wendet sich Luther auf deutsch an die weltlichen Fürsten, denen er die Durchführung der reformatorischen Maßnahmen übertragen will, da die Bischöfe darin nach seiner Meinung versagt haben. Luther argumentiert, dass sich die Romanisten vor der Reformation hinter drei Mauern verstecken: 1. Sie stellen die kirchliche Obrigkeit über die weltliche. 2. Wenn die Reformation mit Hilfe der Bibel begründet wird, verweisen sie darauf, dass nur der Papst das Recht hat, die Bibel endgültig auszulegen. 3. Soll zu Auslegungszwecken oder Reformationsbemühungen ein Konzil einberufen werden, wird darauf verwiesen, dass nur der Papst das Recht dazu besitze. Damit stehe der Papst über dem Konzil.
Außerdem schlägt Luther in der Schrift ein politisches Reformprogramm vor. So soll Bildung allen zugänglich sein, nicht nur dem Klerus. Der Zölibat und der Kirchenstaat sollen abgeschafft, der Frühkapitalismus eingeschränkt und das Betteln verboten werden. Dafür soll es eine geregelte Armenfürsorge geben.
B) "De captivitate Babylonica ecclesiae" (Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche) behandelt die Sakramente und richtet sich in Latein an Gelehrte. Luther reduziert die Sakramente unter Berufung auf die Einsetzungsworte Jesu von sieben auf drei - Taufe, Abendmahl und Buße. Da er bei letzterem unsicher ist, spricht er von einem Sakrament und drei sakramentalen Zeichen. Doch nicht die Reduktion auf 2-3 Sakramente ist das Bahnbrechende, sondern die neue Auffassung, sie dem Wort unterzuordnen. Luther sieht im Sakrament nicht mehr göttliches Gnadenmittel, sondern das sichtbare Zeichen der göttlichen Verheißung.
C) "Von der Freiheit eines Christenmenschen": die Schrift stellt das christliche Leben und den freien Menschen dar, der zugleich aber dienstbarer Knecht ist und das von Gott empfangene Heil an seine Mitmenschen weitergibt (1. Kor. 9,19). Der um eine Verständigung im Ablassstreit bemühte Georg Miltiz rät Luther, diese Schrift Papst Leo zu widmen, um die endgültige Exkommunikation noch abzuwenden. Diese Hoffnung wird aber hinfällig, denn Luther setzt noch im selben Jahr das Amt des Papstes mit dem "Antichristen" gleich.
Die Ausbreitung der Reformation
Diese Schriften machen Luther nun im ganzen Reich bekannt. In vielen Ländern beginnen ähnliche Refombestrebungen sich zu regen. Diese Reformationsbewegung führte im Ergebnis zu einer Kirchenspaltung und Gründung der lutherischen Kirche. Diese lag Luther fern, da er die katholische (= allumfassende) Kirche insgesamt reformieren wollte.
Als die katholischen Stände 1529 auf dem zweiten Reichstag zu Speyer die Aufhebung der bisherigen partiellen Duldung der Evangelischen durchsetzten, legten die evangelischen Stände (5 Fürstentümer und 14 Städte aus Oberdeutschland) die Protestation zu Speyer ein. Seitdem spricht man von Protestanten.
Heirat
Luther heiratete 1525 die ehemalige Nonne Katharina von Bora, die 1523 aus ihrem Kloster geflohen war und seitdem in Wittenberg lebte. Die Eheschließung war für Luther eine logische Konsequenz seiner Lehren, da er das Zölibat ablehnte, die Auflösung der Klöster verlangte und die Eheschließung nicht mehr als sakrales Sakrament verstand. Damit stieß er viele vor den Kopf. Doch Katharina war ihm in seinen Schwierigkeiten und den Depressionen eine große Hilfe. Durch Beherbergung von Studenten - die zahlreiche Aussprüche Luthers aufschrieben - beugte sie wirtschaftlichen Nöten vor. Luther hatte mit ihr mehrere (?) Kinder.
Luthers Wappen (Lutherrose)
In einem Brief vom 8. Juli 1530 beschreibt Martin Luther sein Wappen (Bild): "Das erste sollte ein Kreuz sein - schwarz - im Herzen, das seine natürliche Farbe hätte. Denn so man von Herzen glaubt, wird man gerecht ... Solch Herz soll mitten in einer weißen Rose stehen, anzeigen, dass der Glaube Freude, Trost und Friede gibt ... darum soll die Rose weiß und nicht rot sein; denn weiße Farbe ist der Geister und aller Engel Farbe. Solche Rose steht im himmelfarbenen Feld, dass solche Freude im Geist und Glauben ein Anfang ist der himmlische Freude zukünftig .... Und um solch ein Feld einen goldenen Ring, dass solche Seligkeit im Himmel ewig währt und kein Ende hat und auch köstlich über alle Freude und Güter, wie das Gold das edelste köstlichste Erz ist ..."
Der Bauernkrieg
Die Durchsetzung der Reformation
Der Abendmahlsstreit
Luthers Einstellung zum Judentum
Luthers starke Ablehnung des Judentums wird heute stärker als früher ins Blickfeld gerückt und hinsichtlich ihrer Wirkungen - besonders der im "3. Reich" - kontrovers diskutiert.
Sicher ist: Diese Ablehnung entstand erst allmählich. In seiner Schrift Dass Jesus ein Geborner Jude Sei (1523) betonte Luther, dass Jesus selber ja ein Jude war und Israel Gottes Volk sei. Er schloss auch Gewalt gegen Juden aus und sah ihre Isolierung nicht als gerechte Strafe an, sondern als Hindernis, sie "zu bessern", d.h. zum wahren Glauben zu bringen.
Luther erwartete, dass die Juden sich nach erfolgreicher Reformation der Kirche eher zu Christen bekehren ließen. Doch darin wurde er enttäuscht. Danach wandelte sich seine Einstellung, und er wurde zu einem regelrechten Judenhasser. Dabei ist umstritten, wieweit er nur dem allgemeinen Zeitgeist folgte oder wieweit dieser Judenhass in seiner Theologie angelegt war.
In seinen Spätschriften kommt seine Ablehnung sehr deutlich zum Vorschein: Brief wider die Sabbather an einen guten Freund (1538), Von den Juden und ihren Lügen (1543) und Vom Schem Hamphoras und vom Geschlecht Christi (1544).
Darin erklärte Luther die Juden zum ärgsten Feind des Christentums gleich nach dem Teufel, wobei er sich auch - zu Recht oder Unrecht, ist eine weitere Streitfrage - auf antijüdische Aussagen des Neuen Testaments bezog. So schrieb er 1543 u.a. in "Von den jüden und iren lügen":
- "Ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes, durchteufeltes Ding ist’s um diese Juden, so diese 1400 Jahre unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen sind und noch sind. Summa, wir haben rechte Teufel an ihnen. Das ist nichts anderes."
- "Wenn ich könnte, wo würde ich ihn (den Juden) niederstrecken und in meinem Zorn mit dem Schwert durchbohren."
- "Jawohl, sie halten uns Christen in unserem eigenen Land gefangen, sie lassen uns arbeiten in Nasenschweiß, Geld und Gut gewinnen, sitzen sie dieweil hinter dem Ofen, faulenzen, pompen und braten Birnen, fressen, sauffen, leben sanft und wohl von unserm erarbeiteten Gut, haben uns und unsere Güter gefangen durch ihren verfluchten Wucher, spotten dazu und speien uns an, das wir arbeiten und sie faule Juncker lassen sein (...) sind also unsere Herren, wir ihre Knechte."
Darauf folgte Luthers 7-Punkte-Plan zum Umgang mit den Juden:
1. "Erstlich, das man jre Synagoga oder Schule mit feur anstecke und, was nicht verbrennen will, mit erden überheufe und beschütte, das kein Mensch ein stein oder schlacke davon sehe ewiglich Und solches sol man thun, unserm Herrn und der Christenheit zu ehren damit Gott sehe, das wir Christen seien."
2. "Zum anderen, das man auch jre Heuser des gleichen zerbreche und zerstöre, Denn sie treiben eben dasselbige drinnen, das sie in jren Schülen treiben Dafur mag man sie etwa unter ein Dach oder Stall thun, wie die Zigeuner, auff das sie wissen, sie seien nicht Herren in unserem Lande."
3. "Zum dritten, das man jnen nehme all jre Betbüchlein und Thalmudisten, darin solche Abgötterey, lügen, fluch und lesterung geleret wird."
4. "Zum vierten, das man jren Rabinen bey leib und leben verbiete, hinfurt zu leren."
5. "Zum fünften, das man die Jüden das Geleid und Straße gantz und gar auffhebe."
6. "Zum sechsten, das man jnen den Wucher verbiete und neme jnen alle barschafft und kleinot an Silber und Gold, und lege es beiseit zu verwaren."
7. "Zum siebenden, das man den jungen, starcken Jüden und Jüdin in die Hand gebe flegel, axt, karst, spaten, rocken, spindel und lasse sie jr brot verdienen im schweis der nasen."
Auch die Vertreibung der Juden verlangte und begrüßte Luther. Diese Aussagen wirken heute wie ein Aufruf zu den Maßnahmen, die der später aufkeimende Nationalsozialismus dann in die Tat umsetzte. Daher ist zu fragen, welches Ziel Luther damit erreichen wollte.
Historiker weisen darauf hin, dass seine Schrift an evangelische Fürsten, nicht an die Bevölkerung allgemein gerichtet war und Luther selber betonte, er wolle nur die Lügen der Juden, nicht diese selbst angreifen. Aber sein Ziel war offenbar, dass diese "Lügen" - der jüdische Glaube - nicht mehr verbreitet werden konnten, und dazu verlangte er rigorose Gewalt und letztlich Vertreibung der Juden aus allen evangelischen Territorien. Doch dem schenkten die evangelischen Fürsten - anders als im Bauernkrieg - kaum Beachtung. Der Antijudaismus war damals der theologische Normalfall, und judenfeindliche Schriften gab es zahlreich. So kann man fragen, welches Gewicht Luthers Aussagen damals überhaupt hatten.
Spätere antisemitische Strömungen haben sich jedenfalls gerade auf diese Ansichten Luthers berufen (vgl. z.B. Alfred Rosenberg). Sie eigneten sich offenbar hervorragend als Rechtfertigung für Nazis und ihnen nahestehende Christen, um die Judenverfolgung propagandistisch einzuleiten.
Choräle
Luther schrieb zahlreiche Choräle, da für ihn die aktive Beteiligung der Gemeinde im Gottesdienst durch den Gesang sehr wichtig war. Lieder in deutscher Sprache wurden zu einer Säule der reformatorischen Gottesdienstordnungen.
Folgende Kirchenlieder gehen zumindest in Teilen auf ihn zurück:
- Ach Gott vom Himmel, sieh darein
- Aus tiefer Noth schrei' ich zu dir
- Christ lag in Todesbanden
- Christ, unser Herr, zum Jordan kam
- Christum wir sollen loben schon
- Der du bist drei in Einigkeit
- Die Mutter muß gar seyn alleuin
- Dies sind die heil'gen Zehn Gebot
- Ein feste Burg ist unser Gott
- Ein neues Lied wir heben an
- Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort
- Es spricht der Unweisen Mund wohl
- Es woll' uns Gott genädig sein
- Gelobet seist du, Jesu Christ
- Gott der Vater wohn' uns bei
- Gott sei gelobet und gebenedeiet
- Jessia, dem Propheten, das geschah
- Jesus Christus unser Heiland (1)
- Jesus Christus unser Heiland (2)
- Komm, Gott Schöpfer, heiliger Geist
- Komm, Heiliger Geist, Herre Gott
- Mensch, willt du leben seliglich
- Mit Fried' und Freud' ich fahr' dahin
- Mitten wir im Leben sind
- Nun bitten wir den Heiligen Geist
- Nun freut euch, liebe Christen g'mein
- Nun komm, der Heiden Heiland
- Sie ist mir lieb, die werthe Magd
- Vater unser im Himmelreich
- Verleih' uns Frieden gnädiglich
- Vom Himmel hoch, da komm ich her
- Vom Himmel kam der Engel Schar
- Wär' Gott nicht mit uns diese Zeit
- Was fürcht'st du, Feind Herodes, sehr?
- Wir glauben all' an einen Gott
- Wohl dem, der in Gottesfurcht steht
Literatur
- Martin Brecht,Martin Luther. Bd. 1: Sein Weg zur Reformation 1483-1521. Stuttgart 1981; Bd. 2: Ordnung und Abgrenzung der Reformation 1521-1532. Stuttgart 1981 und 1986; Bd. 3: Die Erhaltung der Kirche 1532-1546. Stuttgart 1987.
- Heinrich Fausel, D. Martin Luther. Sein Leben und Werk, 2 Bände, Bd. 1: 1483-1521, Bd. 2: 1522-1546, 1996 ISBN 3-7751-2440-3 (aus Luther-Sicht)
- Film "Martin Luther", Anfang 2004 (vom Ordenseintritt 1505 bis zum Wormser Reichstag 1521, und geraffter Überblick bis 1530; in den historischen Details unzuverlässig).
Weblinks
- Luther beim Projekt Gutenberg2000.DE
- Luther-Texte im WWW
- Nachweis lateinischer Werke im WWW
- zahlreiche digitalisierte Lutherdrucke
- http://www.luther.de/
- http://www.martinluther.de/
- Eric Till: Luther (Kinofilm)
- http://www.heiligenlexikon.de/index.htm?Literatur/Martin_Luther-95Thesen.html
- http://www.wittenberg.de/seiten/personen/luther.html
- http://www.luther.enet.de/ - Predigttexte Luthers
- http://ursulahomann.de/MartinLutherUndDieJuden/inhalt.html - Martin Luther und die Juden
- http://www.jewishencyclopedia.com/view.jsp?artid=631&letter=L
- http://www.glaubensstimme.de/reformatoren/luther/index.html (Sammlung von ca. 300 Luthertexten)
- http://www.acronet.net/~robokopp/luther.html
- http://www.mlg-esa.de/ - Das Martin Luther Gymnasium Eisenach
- http://www.luther-der-film.de/ - Luther, der Film