Digitale Kinokamera
Seit dem Jahr 2000 nutzen zunehmend mehr Kinoproduktionen aus allen Etatgrößen digitale Kameras anstelle der klassischen, filmbasierenden 35 mm Kameras.
Künstler & Pioniere
Der Einsatz von digitaler Produktion wird oft von Kameramännern, Regisseuren und Produzenten vorangetrieben. Bekannte Vertreter, die ihre Filme digital produzieren sind bspw.
- Bryan Singer - Superman Returns,
- Mel Gibson - Apocalypto,
- David Fincher - Zodiac,
- Michael Mann - Miami Vice, Collateral,
- George Lucas - Star Wars Episode II & III,
- Robert Altman - A Prairie Home Companion,
- Robert Rodriguez - Sin City, Grindhouse,
- Lars von Trier - Dogville, Manderlay,
- James Cameron - Ghosts of the Abyss, Aliens of the Deep,
- Michael Moore - Bowling for Columbine,
- Sylvester Stallone - Rocky,
- Peter Jackson - crossing the line,
- Jean-Jacques Annaud - Zwei Brüder,
- David Lynch - Inland Empire.
Diese kleine Auswahl beinhaltet nur Erfolgsregisseure, tatsächlich aber finden sich sehr viele kleinere, unbekannte Regisseure unter den Pionieren der Nutzung von digitalen Kinokameras.
Anbieter & Marktsituation
Arri und Panavision vermieten ihre digitalen Kameras ausschliesslich. Sony und Thomson verkauften. Der Löwenanteil des Marktes ging bisher an die Sony. Auch die Panavision Genesis Kamera ist von Sony entwickelt. Ende 2005 trat ein Startupunternehmen namens Red in den Markt ein, das ab Mai 2007 seine Kameras ausliefern will und eine beachtlich hohe Menge an Vorbestellungen (>1800 Kameras weltweit) sammeln konnte. Dieses stellt eine deutliche Vergrößerung des Marktes da - Arri und Panavision haben jeweils nur dutzende ihrer digitalen Kameras, Sony hat laut eigen Angaben rund 3000 HDCAM-Kameras seit 2007 absetzen können, von denen ein Teil nicht (nur) für Kino, sondern TV-Serien, Dokumentationen und Werbung eingesetzt wird.
Die relevanten digitalen Kinokameras & ihre wichtigsten Eckdaten
Die aufgeführten digitalen Kinokameras stellen über 95% des Marktes dar. Vermutlich nicht mehr zur Serienreife gelangende Kameras (bspw. Kinetta) und Spezialkameras (bspw. Speedcam, highspeedkamera) wurden der Übersicht halber nicht aufgeführt.
Hersteller | Modell | Typus | Sensorformat/größe | Sensorauflösung/MP | Ausgabeauflösung | Bildwiederholraten | Linsenanschluss | Sucheroptionen | Farbtiefe/raum | Gewicht | Größe | seit | Preis Kamerabody/System | Information |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Panavision | Genesis | Kamera
externer Rekorder |
16:9 S35
CMOS |
~ 4600 x 2500, 12.4 MP | 1920x1080 | 1-50p | Panaflex | Elektonisch | 10bitRGB444 | >8kg | 2005 | nur zur Miete, >1.500€ | [[1]] | |
Arri | D20 | Kamera
externer Rekorder |
4:3 35ANSI
CMOS |
3018 x 2200, 4:3, 6.6 MP
2880 x 1620, 16: 9, 4,7 MP |
3018x2200, 4:3
1920x1080 16:9 |
1-60p | Arri PL | Optisch | 10bit RGB444
12bit RAW |
>7kg | 39x19x30 cm | 2005 | nur zur Miete, >1.500€ | [[2]] |
Red | One | Camcorder
oder extern |
16:9 S35
CMOS |
4900 x 2580, 12,6 MP | 4520 x 2540
1920x1080 16:9 |
1-120p | Arri PL, Canon
Nikon, B4 2/3 |
Elektronisch | 10bitRGB444
12bit RAW |
>4.5 kg | 30x13x16 cm | 2007 | ab ~20.000€ | [[3]] |
Sony | 900R | Camcorder
oder extern |
16:9 2/3
3 * CCD |
3 * 2,2, 6,6 MP | 1920 x 1080
1920x1080 16:9 |
24,25,30p
50, 60i, slowshutter |
B4 2/3 | Elektronisch | 10bitYUV422
8bit YUV311 |
>4.5 kg | 2006 | ab ~73.000€ | [[4]] | |
Sony | 750P | Camcorder
oder extern |
16:9 2/3
3 * CCD |
3 * 2,2, 6,6 MP | 1920 x 1080
1920x1080 16:9 |
25p
50i, slowshutter |
B4 2/3 | Elektronisch | 10bitYUV422
8bit YUV311 |
>4.5 kg | 2003 | ab ~65.000€ | [[5]] | |
Sony | F23 | Kamera
externer Rekorder |
16:9 2/3
3 * CCD |
3 * 2,2, 6,6 MP | 1920 x 1080
1920x1080 16:9 |
1-60p | B4 2/3 | Elektronisch | <30p 10bitRGB444
>30p YUV422 |
>5 kg | 2007 | ab ~150.000€
genauer Preis nicht bekannt. |
[[6]] | |
Thomson | Viper | Kamera
externer Rekorder |
16:9 2/3
3 * CCD |
3 * 9,2, 27,6 MP | 1920 x 1080
1920x1080 16:9 |
24,25,30p1080
50,60p720 |
B4 2/3 | Elektronisch
nur schwarz/weiß |
10bitRGB444
10bitYUV422 |
>4.2 kg | 21x13x24 cm | 2007 | ab ~120.000€ | [[7]] |
Gründe für den Einsatz, pro & contra
Auch wenn, insbesondere in Deutschland, noch viel Unsicherheit und kontroverse Diskussionen hinsichtlich der digitalen Kinoproduktion existieren, ist doch das pro & contra leicht zu trennen. Die Bedenken hinsichtlich der Digitalisierung der Kinoproduktion, sind die bei der Transformation von mechanischen/analogen Methoden hin zu digitalen Methoden klassischen Kritiken - ähnlich beispielsweise dem Übergang von filmbasierender Fotografie zur digitalen Fotografie, Mehrspurtonband zu Harddiskrekordern, Bleisatz zu DTP, LP zu CD etc.
Die Hauptgründe für den Einsatz von digitaler Kinoproduktion
- sofortige Kontrolle über das Endergebnis am Set - bei Film kann erst nach der Entwicklung überprüft werden, ob die Aufnahme gelang.
- lautlose und kompakte Kameras - klassische 35mm Kameras verursachen Laufgeräusche, was Tonaufnahmen erschwert
- höhere Produktionssicherheit - Film kann nicht verlustfrei gesichert werden, digitale Daten können sofort am Set als Backup verdoppelt werden
- effizienterer Workflow - es entfallen zahlreiche Zwischenschritte und assistierendes Personal und zuarbeitende Firmen (runner, labor)
- neue Workflows - bspw. kann direkt am Set von der Schnittassistenz das gedrehte Material eingeschnitten werden, bzw. die VisualFX getestet werden.
- massive Senkung der Drehkosten - 35mm Filmmaterial ist sehr teuer, muss entwickelt und gescannt werden, dies kann zu fünf- bis siebenstelligen Kosten pro Film führen. Eine 50 Minuten HDCAM-Kassette hingegen kostet nur run 30 euro.
- längere Laufzeit - Filmrollen sind nach 10 min Aufnahmezeit leer, digital kann bspw. auf Harddisk problemslos 24 Stunden am Stück gedreht werden - dies ist besonders relevant bei allen Arten von Spezialaufnahmen, wie bspw. Unterwasser und Luftaufnahmen, in denen ein Filmmagazinwechsel nicht möglich ist.
- mehr kreative Möglichkeiten am Set - bspw. Serien wie Battlestar Galactica werden vom Kameramann am Set selber farbkorrigiert, während bei Film dieses nicht möglich ist.
Die Hauptgründe gegen den Einsatz von digitaler Kinoproduktion
- Sehr hohe Investitionskosten - 35 mm Kameras sind meistens schon vorhanden
- Qualifikationsbedarf - Sehr viel Fachpersonal hat keine oder geringfügige Kenntnis von digitaler, aber grosse von herkömmlicher Filmproduktion.
Inzwischen hinfällige Argumente gegen digitale Kinoproduktion
- Andere Tiefenschärfe - vor dem Erscheinen von Arri, Red und Panavision hatten alle digitalen Kinokameras 2/3 sensoren, was eine 16mm Tiefenschärfe im Gegensatz zur klassischen 35mm Tiefenschärfe erzeugte.
- kein Zugriff auf klassische Filmoptiken - seit dem Erscheinen der Arri PL und Panavision basierenden Kameras können nun alle Optiken verwendet werden.
derzeitige Verbreitung und Ausblick
Die Verdrängung von konventionellem Film durch digitale Aufzeichnung ist im Kino bei weitem noch nicht soweit fortgeschritten wie in der unbewegten Fotografie. Hintergrund hiervon sind bzw. waren.
- Die extrem hohen Investitionskosten, welche mit Leichtigkeit 150.000-300.000 euro pro System betragen können, da oft neue Linsen, Peripherie etc. notwendig ist.
- Die beiden traditionellen 35mm Kamerahersteller/vermieter Arri und Panasonic bieten erst seit Ende 2005/Anfang 2006 digitale Kameras an.
- Die Vorreiterrolle nahm ab 2000 Sony ein, deren 1080p basierendes HDCAM-Format für den Löwenanteil aller digital produzierten Kinofilme eingesetzt wird, und Sony war in der Kinobranche als Kamerahersteller sehr unbekannt.
- Die Qualifikation von Personal - viele sehr gute 35 mm Kameraleute haben keinerlei Erfahrung mit digitaler Produktion.
- Die ersten digitalen Kinokameras haben 2/3 B4 Optikanschlüsse - dieses entspricht eher S16 Tiefenschärfe und verhinderte die Nutzung der existierenden 35mm Linsen, was sehr hohe Investitionskosten in neue 2/3 B4 Linsen bedingte.