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Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Das Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom (ADHS), in der Schweiz auch Psychoorganisches Syndrom (POS), früher bekannt als Hyperkinetisches Syndrom (HKS) oder Minimale Cerebrale Dysfunktion (MCD), , entwickelt sich neben Grippe und Masern zu einer der bei Kindern am häufigsten als Krankheit diagnostizierten Verhaltensauffälligkeiten. Die häufigen, jedoch ungenauen und widersprüchlichen Presseberichte zu diesem Thema mystifizieren ADHS eher, als die Öffentlichkeit darüber aufzuklären. Doch auch auf dem wissenschaftlichen und politischen Sektor werden zur Zeit hitzige Diskussionen bezüglich ADHS geführt.

ADHS betrifft ca. 3-5% aller Kinder in Deutschland. Rein rechnerisch bedeutet das, dass in jedem Klassenzimmer mindestens ein bis drei betroffene Kinder sitzen. Und nach neuesten Erkenntnissen geht man davon aus, dass ADHS bei ca. 80% der Betroffenen auch noch im Erwachsenenalter auftritt.


A. Überblick

Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft ist ADHS ein erbliches Ungleichgewicht im Dopaminstoffwechsel vorwiegend in der frontostriatalen Gehirnregion des menschlichen Gehirns. Neuesten Studien zufolge kann nicht mehr ausgeschlossen werden, dass auch Besonderheiten im Norepinephrinstoffwechsel bei ADHS eine Rolle spielen. (vgl. Krause, Dresel, Krause in psycho 26/2000 S.199ff. m. weit. Nachw.)

1. Symptome

  • Im Kindesalter zeigt sich die Störung durch vermehrte Unaufmerksamkeit, deutlich erhöhte Impulsivität und motorische Unruhe.
  • Bei Erwachsenen steht die Desorganisiertheit im Vordergrund. Die Betroffenen können zumeist ihren Alltag nicht angemessen planen und haben Probleme mit Strukturierung und Durchführung täglicher, oft einfachster Aufgaben. Unaufmerksamkeit und motorische Unruhe, nicht aber Impulsivität, sind also meist sekundäre Probleme der Betroffenen.

2. Was es bedeutet, mit ADHS zu leben

soll nachgereicht werden


B. Medizinische Sicht

1. Anerkannte Krankheit oder Modediagnose ?

Während bei einer funktionellen Kernspintomographie an ADHS-Patienten eine verringerte Aktivierung im rechtsseitigen präfrontalen System sowie eine erhöhte frontale und verringerte striatale Aktivierung bei go/no-Aufgaben festgestellt wurden, liefern normale nicht-studiengebundene Methoden wie Computertomographie (CT) und (normale) Kernspintomographie (MRT) keinen Anhaltspunkt für das Vorliegen von ADHS bei einem Betroffenen.
Bei der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) wurde ein um 8,1 % verminderter Glucoseumsatz im linken Frontallappen und bei der Single Photon Emissionscomputertomografie (SPECT) eine geringe Durchblutung des Frontallappens und des Striatums sowie eine erhöhte Dopamintransporter-Konzentration im Striatum festgestellt.(Dougherty et al. in Lancet 354 (1999) 2132-2133 ; Dresel et al. in Eur.J.Nucl.Med. 25 (1998) 31-39).

Aus den Ergebnissen unzähliger Zwillingsstudien kann zudem geschlossen werden, dass ADHS erblich ist und im familiären Verband selten einmalig auftritt.


2. Die Behandlung von ADHS

Wenn jemand die Diagnose AD(H)S bekommen hat, stellt sich natürlich die Frage, was nun weiter zu tun ist. Denn schließlich ist dem Betroffenen mit der Diagnose allein nicht sehr viel geholfen. Im Allgemeinen sollte die Behandlung "multimodial" erfolgen, das heißt, es sollten parallel mehrere Behandlungsschritte durchgeführt werden. In den meisten Fällen dürfte eine dreiteilige Behandlung ausreichend aber auch notwendig sein.

a) Information

Bei der Diagnose wird der Patient mit der Aussage "Tja, Sie haben nun mal AD(H)S." überfahren. Viele Patienten wissen zuerst gar nicht, was AD(H)S überhaupt ist. Deshalb ist es wichtig, dass der Arzt seinem Patienten erklärt, was denn AD(H)S ist und was es für den Patienten bedeutet, AD(H)S zu haben. Doch auch der Patient selbst muss sich eingehend über AD(H)S informieren. Denn nicht der Arzt sondern der Patient muss ja schließlich damit leben. Besonders wichtig ist dieser Punkt bei Kindern. Häufig werden Kinder mit Phrasen abgespeist, die nur wenig mehr Aussage haben als "Du bist krank im Kopf." Mit diesem Wissensstand kann ein Kind natürlich nicht dazu beitragen, dass die Behandlung erfolgreich ist. Und deshalb hier ein Aufruf an alle Eltern: Haben Sie keine Angst Ihrem Kind AD(H)S zu erklären, unsere Kinder verstehen oft mehr, als wir ihnen zutrauen!

b) Das Medikament

Meistens werden bei AD(H)S Stimulanzien eingesetzt. Über die Medikamente, die in Frage kommen, können Sie sich hier informieren. Hier soll uns vielmehr die Frage beschäftigen, wozu das Medikament gut ist. Durch das Medikament soll der Betroffene sein Umfeld klarer erkennen, seine eigenen Probleme besser sehen und für den nächsten Schritt, die Therapie zugänglich gemacht werden.

c) Therapie

AD(H)S ist bekanntlich nicht heilbar. AD(H)S tut auch nicht weh, wenn man damit umzugehen weiß. Man fragt sich also, weshalb man mit AD(H)S überhaupt zum Psychologen/Therapeuten laufen muss. Naja, zuerst mal nicht wegen AD(H)S. Aber ein Betroffener hat ja sein AD(H)S nicht erst seit gestern, er hat es schon sein Leben lang. Und nie hat ihm jemand gezeigt, wie man damit umgeht. Wer also eine Diagnose AD(H)S bekommt, hat deswegen schon viele Rückschläge, viel Ablehnung, viele Misserfolge erlebt. So etwas kratzt natürlich auch beim Stärksten am Selbstwertgefühl. Und bei vielen ergibt sich daraus sogar eine handfeste Persönlichkeitsstörung. Ziel der Therapie ist also nicht, AD(H)S "wegzutherapieren", sondern die schädlichen Folgen, die sich dadurch ergeben haben, zu beseitigen. Danach kann der Patient beginnen zu lernen, wie er sein AD(H)S positiv für sich nutzen kann. Welche Therapieform dazu sinnvoll ist, kann man folglich nicht klar sagen. Denn das ist von Fall zu Fall verschieden. Wir planen jedoch in nächster Zeit eine Übersicht zu den in Frage kommenden Therapieformen für Sie bereitzustellen.



Aus Sicht der Entwicklungspsychologie ist es als unwahrscheinlich anzusehen, dass die entsprechenden Symptome ausschließlich neurologisch erklärbar sind, vielmehr müssen mitunter auch frühkindliche lebensgeschichtliche Faktoren mit einbezogen werden.

"Wirksame Therapieformen sind beziehungsorientierte kinderpsychiatrische Therapien (entwicklungsfördernde, übende, strukturierende, lösungsorientierte, systemisch und tiefenpsychologisch orientierte Methoden) sowie anerkannte Psychotherapien (Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte und analytische Therapie). Psychopharmakotherapie ist wirksam und sollte ggf. unterstützend eingesetzt werden."

zit: Stefan Kette: Diagnostik und Therapie bei Aufmerksamkeitsstörung aus tiefenpsychologischer Sicht, vorgetragen auf der Konsensus-Konferenz des BKJPP, Würzburg 2001

Weblink: http://www.kinderpsychiater.org/forum/for201/adhd.htm.

D. Diskussion

1. ADHS - eine Gabe?

ADHS wird offiziell als ernstzunehmende Störung eingestuft, doch sind viele (auch Betroffene) anderer Ansicht. Sie betrachten ADHS als Gabe. In seinem Buch 'Eine andere Art die Welt zu sehen' hat Thom Hartmann die Theorie aufgestellt, dass die Betroffenen des ADHS aus genetischer Sicht "nur" die Nachfahren der steinzeitlichen Jäger und Sammler (Hartmann nennt sie daher "Hunter") seien.

Die Vertreter dieser Ansicht finden angebliche Hinweise auf ein Vorliegen von ADHS in der Lebensgeschichte vieler berühmter Persönlichkeiten der Weltgeschichte. Beispiele sind Hans Christian Andersen, Ludwig van Beethoven, Winston Spencer Churchill, Walt Disney, Thomas Edison, Benjamin Franklin, Robert und John F. Kennedy, Theodore Roosevelt, Jules Verne und die Gebrüder Wright. Allerdings sind solche post mortem-Diagnosen natürlich "mit Vorsicht zu genießen".

Eine Störung wie ADHS als Gabe zu betrachten mag dem Leser suspekt erscheinen, jedoch ist es ein Aspekt den man bei der Diskussion um ADHS nicht aus den Augen verlieren sollte.

2. Die kritische Position zu ADHS als Diagnose

noch nicht aus der englischsprachigen Wikipedia übersetzt


Literatur

  • Hallowell und Ratey, Zwanghaft zerstreut. Die Unfähigkeit aufmerksam zu sein. ISBN: 3499607735
  • Paul Wender, Aufmerksamkeits- und Aktivitätsstörungen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, ISBN: 317017097X
  • Sari Solden, Die Chaos-Prinzessin ISBN 3933067022 - Spezifisch über ADHD bei Frauen
  • Thom Hartmann, Eine andere Art, die Welt zu sehen. ISBN: 3795007356
  • Lynn Weiss, Eins nach dem anderen... Das ADD- Praxisbuch für Erwachsene ISBN: 387067833X


Siehe auch