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Rote Armee Fraktion

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Das Logo der RAF: ein Roter Stern und eine Heckler & Koch MP5

Die Rote Armee Fraktion (RAF) war eine linksextremistische Terrororganisation in der Bundesrepublik Deutschland. Sie wurde 1970 von Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Horst Mahler, Ulrike Meinhof und weiteren Personen gegründet. In ihrem Selbstverständnis betrachtete sich die Gruppe als kommunistische, antiimperialistische Stadtguerilla nach südamerikanischem Vorbild ähnlich den Tupamaros in Uruguay. Sie war verantwortlich für 34 Morde, zahlreiche Banküberfälle und Sprengstoffattentate. 1998 erfolgte ihre Selbstauflösung.

Hintergründe

In den 1960er Jahren wuchs in der Bundesrepublik eine Generation heran, die das Verhalten ihrer Eltern während des Nationalsozialismus kritisch betrachtete. Der Kapitalismus, das parlamentarische System und die bürgerlichen Lebensformen wurden in Frage gestellt [1]. Verstärkt durch die amerikanische Bürgerrechtsbewegung und den Vietnamkrieg entstand in Teilen der Gesellschaft eine ablehnende Haltung gegenüber der Politik der USA. In den großen Universitätsstädten Westeuropas kam es zu großen antiamerikanischen Demonstrationen der Studenten. In der Bundesrepublik entstand die außerparlamentarische Opposition, die Einfluss auf den Sozialistischen Deutschen Studentenbund nahm.

Die RAF verstand sich als radikale Avantgarde dieser Opposition und als Wegbereiter einer kommunistischen Weltrevolution. Betrachtet man die Entwicklung der RAF, so lassen sich mehrere Generationen unterscheiden, zwischen denen jeweils keine oder nur geringe personelle Kontinuität vorhanden war. Die im wesentlichen drei Generationen unterscheiden sich zudem durch Organisationsstrukturen und Veränderungen in Theorie und Praxis.

Dem Selbstverständnis der RAF zufolge musste der Kampf gegen den so genannten „US-Imperialismus” auch in Westeuropa bewaffnet geführt werden. Nur die erste Generation konnte mit dieser Definition auf Verständnis einer Minderheit der Gesellschaft hoffen. Diese Haltung äußerte sich in Unterstützungsaktionen und einer weitverzweigten, halblegalen Unterstützer-Logistik, vor allem durch die Rote Hilfe. Auch die Liste prominenter Verteidiger der ersten Generation ist ein Indiz dafür. Die zweite Generation hatte aufgrund ihrer Terrorakte diese Basis vollständig verloren und operierte als militante Gruppierung noch ferner von der Gesellschaft.

Die RAF war eine relativ kleine Gruppe. Die Anzahl der direkt im Untergrund aktiven Mitglieder des sogenannten Harten Kerns aller drei Generationen betrug zwischen den 1970er und 1990er Jahren zusammengefasst zwischen 60 und 80 Personen. Zu den aktiven Unterstützern wurden in dem gesamten Zeitraum etwa 300 Personen gezählt.

Die 1977 bis 1979 in Reaktion auf die RAF-Verbrechen im Deutschen Herbst verabschiedeten Anti-Terror-Gesetze griffen in die Persönlichkeitsrechte aller Bundesbürger ein, wurden aber überwiegend als den rechtsstaatlichen Prinzipien genügend akzeptiert.

Bei terroristischen Anschlägen oder Geiselnahmen wurden 34 Menschen von RAF-Mitgliedern ermordet und es gab zahlreiche Verletzte. Außerdem starben 20 Mitglieder der RAF.

In den Medien wurde die RAF anfangs oft als „Baader-Meinhof-Bande“ oder als „Baader-Meinhof-Gruppe“ bezeichnet. Gebräuchlich ist seit etwa Mitte der 1970er Jahre jedoch ihr selbst gewählter, an die Rote Armee der Sowjetunion angelehnter Name „Rote Armee Fraktion“. Statt der phonetischen Aussprache der Abkürzung RAF als „Err-A-Eff“ hört man häufig auch die Sprechweise „Raff“.

Chronik zur RAF

Vorgeschichte

Ulrike Meinhof als junge Journalistin 1964

Vorgeschichte und Geschichte der RAF reichen von den Studentenunruhen 1968 bis hin zur selbsterklärten Auflösung 1998. Als bei einer Demonstration in Berlin am 2. Juni 1967 der Student Benno Ohnesorg von einem Polizisten erschossen wurde, stellte dies einen Wendepunkt dar. Vertuschungsversuche der Behörden nach dem Vorfall trugen zur weiteren Eskalation der bereits angespannten Situation bei[2][3]. In der Protestbewegung gewann die Interpretation an Gewicht, dass der Staat nun mit allen, auch illegalen gewaltsamen Mitteln gegen die Studenten vorging. Als überspitzt, aber bezeichnend für eine weitverbreitete Stimmung unter den Studenten wird folgende Aussage angesehen:

Dieser faschistische Staat ist darauf aus, uns alle zu töten. Wir müssen Widerstand organisieren. Gewalt kann nur mit Gewalt beantwortet werden. Dies ist die Generation von Auschwitz - mit denen kann man nicht argumentieren!

Gudrun Ensslin [4]

Die Ereignisse trugen dazu bei, dass der militante Teil der außerparlamentarischen Opposition an Einfluss gewann, aus dem sich dann die terroristische erste Generation der RAF und später die Bewegung 2. Juni (1972), die Revolutionären Zellen (1973) und Rote Zora (spätestens 1977) entwickelten.[5]

Nach den in der Studentenbewegung geführten Strategiediskussionen um die Legitimation von „Gewalt gegen Sachen“ hatten Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Thorwald Proll und Horst Söhnlein am 2. April 1968 mit Hilfe von Zeitzündern Brände in zwei Frankfurter Kaufhäusern gelegt, um gegen den Krieg der USA in Vietnam zu protestieren. Die Brände verursachten einen Schaden von insgesamt 700.000 Mark. Die Brandstifter wurden schon am 4. April gefasst und in Folge zu je drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Der Prozess war schon damals umstritten und die Strafen ungewöhnlich hoch.

Nachdem die Revision des Urteils durch den Bundesgerichtshof beantragt worden war, kamen die Verurteilten zunächst auf freien Fuß. Nach Ablehnung des Antrags tauchten Baader und Ensslin unter und beschlossen zusammen mit ihrem Anwalt Horst Mahler die Gründung einer Stadtguerilla nach lateinamerikanischem Vorbild.[6] Dieser Plan wurde jedoch durch die Verhaftung Andreas Baaders, des führenden Mitglieds der Gruppe, durchkreuzt. Er war nach einem Hinweis des V-Manns Peter Urbach bei einer fingierten Verkehrskontrolle verhaftet worden.

Die erste Generation

Auch wenn in der Literatur teilweise die Brände in zwei Frankfurter Kaufhäusern als Beginn der Rote Armee Fraktion diskutiert werden, wird zumeist die Baader-Befreiung als eigentlicher Gründungszeitpunkt der Gruppe angenommen. Dies entspricht auch dem Selbstverständnis der RAF. Die Befreiung fand am 14. Mai 1970 statt. Andreas Baader war in das Deutsche Zentralinstitut für Soziale Fragen in Berlin ausgeführt worden, weil die Journalistin Ulrike Meinhof als Vorwand angegeben hatte, mit ihm ein Buch über Heimzöglinge verfassen zu wollen. Bei dieser Gelegenheit wurde er unter Anwendung von Waffengewalt befreit. Dabei wurde der Institutsangestellte Georg Linke durch einen Schuss schwer verletzt.

Am 5. Juni 1970 erschien in der Zeitschrift Agit 883 als erste öffentliche programmatische Erklärung der RAF der Text Die Rote Armee aufbauen! [7]

Von Juni bis August 1970 hielten Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof, Horst Mahler, Peter Homann, Brigitte Asdonk und etwa ein Dutzend weitere Personen sich in einem Camp der Al-Fatah in Jordanien auf und erhielten dort eine militärische Ausbildung.

In der Aufbauphase zog die Gruppe die Aufmerksamkeit des Staates zunächst durch mehrere Banküberfälle, Fahrzeug- und Dokumentendiebstähle auf sich, die vor allem das Ziel hatten, das Leben im Untergrund aufrecht zuhalten. So wurden beispielsweise am 29. September 1970 beim so genannten „Dreierschlag“ mit mindesten 16 Tatbeteiligten gleich drei Banken auf einmal überfallen und dabei über 200.000 DM erbeutet. Doch bereits am 9. Oktober 1970 wurden Horst Mahler, Irene Goergens, Ingrid Schubert, Brigitte Asdonk und Monika Berberich in der Knesebeckstraße 89 in Berlin verhaftet.

Im April 1971 trat die RAF mit dem Strategiepapier Das Konzept Stadtguerilla [8] an die Öffentlichkeit. Kurz darauf wurde eine bundesweite Fahndung nach den mittlerweile etwa fünfzig Gruppenmitgliedern gestartet. Der harte Kern der „ersten Generation“ bestand aus Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Holger Meins, Ulrike Meinhof und Jan-Carl Raspe.

Die verschärften Fahndungsmaßnahmen der Polizei und der bereits in den Strategiepapieren angekündigte bewaffnete Widerstand der RAF-Mitglieder gegen Festnahmen [9] forderten bald Todesopfer. Am 15. Juli 1971 wurde Petra Schelm erschossen, am 22. Oktober und 22. Dezember des Jahres die Polizisten Norbert Schmid und Herbert Schoner. Am 1. März 1972 kam in diesem Zusammenhang erstmals eine Person durch die Polizei ums Leben, die mit der RAF nichts zu tun hatte, der siebzehnjährige Lehrling Richard Epple.

1972 ging die Gruppe dazu über, auch Bombenanschläge gegen US-Militäreinrichtungen oder staatlichen Einrichtungen zu verüben, bei denen insgesamt vier Menschen getötet und über 30 verletzt wurden. Im Juni 1972 wurden die wesentlichen Protagonisten der ersten Generation verhaftet.

Im Gefängnis bezeichneten die Terroristen ihre Haftbedingungen als „Isolationsfolter“ und forderten unter anderem deren Aufhebung und den Status von Kriegsgefangenen. Zur Untermauerung ihrer Forderungen traten sie insgesamt zehn Mal in den Hungerstreik, an dessen Folgen Holger Meins am 9. November 1974 in der Haftanstalt Wittlich starb. amnesty international kritisierte die Haftbedingungen als Isolationshaft und beschwerte sich offiziell bei Bundesjustizminister Hans-Jochen Vogel (SPD), der die Vorwürfe jedoch zurückwies. [10]

Auch durch die Schilderungen des Vollzugsbeamten Horst Bubeck sowie die mit einer geschmuggelten Kamera gegenseitig aufgenommen Fotos der Gefangenen, die während einer Phase angeblicher Isolation entstanden, wurden die Behauptungen von Isolationsfolter stark relativiert.

Die Aktivitäten der Inhaftierten bewirkten, mit Hilfe ihrer Verteidiger wie beispielsweise der später selbst angeklagten Rechtsanwälte Klaus Croissant und Siegfried Haag auch breitere Resonanz in der linken Szene. Zu den renommierten Anwälten der ersten RAF-Generation gehörten auch die späteren Politiker Otto Schily, Hans-Christian Ströbele und Rupert von Plottnitz, sowie der angesehene Jurist Hans Heinz Heldmann.

Es kam auch zur öffentlichkeitswirksamen Intervention des französischen Philosophen Jean-Paul Sartre, der in der Auseinandersetzung um die RAF-Gefangenen zu vermitteln versuchte. Am 4. Dezember 1974 besuchte Sartre Baader in Stammheim. Allerdings bezeichnete er nach dem Treffen in einer privaten Äußerung Baader als „Arschloch“.[11]

Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim

Im Mai 1975 wurden die Festgenommenen angeklagt und im April 1977 nach 192 Prozesstagen unter anderem wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Ulrike Meinhof war bereits am 29. November 1974 zu acht Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Führende Mitglieder der ersten Generation starben zwischen 1976 und 1977 im Hochsicherheitstrakt der JVA Stuttgart-Stammheim durch Suizid. Am 9. Mai 1976 nahm sich Ulrike Meinhof das Leben. Sie hatte sich mit einem in Streifen gerissenen und verknoteten Handtuch selbst am Zellenfenster erhängt. Nach dem Scheitern des Versuchs der zweiten RAF-Generation, die verbliebenen Gefangenen im sogenannten Deutschen Herbst freizupressen, begingen Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe in der sogenannten Todesnacht von Stammheim am 18. Oktober 1977 Suizid. Raspe und Baader erschossen sich mit Waffen, die von Rechtsanwalt Arndt Müller eingeschmuggelt worden waren. [12] Ensslin erhängte sich mittels eines Kabels. Irmgard Möller fügte sich mit dem anstaltseigenen Besteckmesser acht Stichverletzungen in der Herzgegend zu, die jedoch nicht tödlich waren. Wenige Wochen später, am 12. November 1977, erhängte sich auch RAF-Gründungsmitglied Ingrid Schubert in ihrer Zelle in der JVA München-Stadelheim.

Die zweite Generation

Die zweite Generation bildete sich nach der Festnahme des größten Teils der ersten Generation, die vom Gefängnis aus eine große propagandistische Wirkung erzielte. Viele der Mitglieder der zweiten Generation entstammten dem am 12. Februar 1970 gegründeten Sozialistischen Patientenkollektiv (SPK) oder wurden von den Rechtsanwälten der ersten Generation Siegfried Haag und Klaus Croissant, die später selbst in den Untergrund gingen, rekrutiert. Die Gruppe um Siegfried Haag wurde in den Medien als „Haag-Mayer-Bande“ bezeichnet.

Am 27. Februar 1975, drei Tage vor der Wahl des Berliner Abgeordnetenhauses, wurde der Spitzenkandidat der Berliner CDU Peter Lorenz von Mitgliedern der Bewegung 2. Juni entführt. Die Entführer forderten die Freilassung inhaftierter Terroristen. Die Bundesregierung ging zum einzigen Mal auf einen derartigen Freipressungsversuch ein. Verena Becker, Gabriele Kröcher-Tiedemann, Ingrid Siepmann, Rolf Heißler und Rolf Pohle wurden nach Aden im Jemen ausgeflogen, im Gegenzug wurde Lorenz am 4. März 1975 freigelassen. Die Tatsache, dass einige der freigelassenen Gefangenen später wieder terroristisch aktiv wurden, bestärkte die Bundesregierungen, sich nicht wieder auf Verhandlungen mit Terroristen einzulassen.

Nach dieser Erfahrung wurde für die zweite Generation der RAF die Befreiung der inhaftierten ersten Generation zum wichtigsten Ziel. Am 24. April 1975 kam es zur Geiselnahme von Stockholm. Sechs deutsche Terroristen besetzten Teile der deutschen Botschaft in Stockholm und forderten die Freilassung der inhaftierten RAF-Spitze. Nach der Ermordung zweier Diplomaten endete die Geiselnahme blutig, weil ein Sprengsatz, den die Terroristen zur Drohung im Gebäude anbringen wollten, versehentlich detonierte und das gesamte Gebäude in Brand setzte. Die Terroristen Ulrich Wessel und Siegfried Hausner starben durch die Explosion. Während des Brandes wurden die übrigen Geiseln befreit und die Täter verhaftet. Beteiligt waren Hanna Krabbe, Karl-Heinz Dellwo, Lutz Taufer und Bernhard Rössner, die von Siegfried Haag angeworben waren, der selbst nicht an der Aktion teilnahm, aber wegen der Planung später als Mittäter verurteilt wurde.

Am 30. November 1976 wird ein Führungsmitglied der zweiten Generation, Andreas Baaders Anwalt Siegfried Haag, verhaftet. Die sogenannten „Haag-Mayer-Papiere“ werden gefunden. Die Papiere enthalten Planungen für die Anschlagsserie des Jahres 1977. Den Ermittlern gelingt es jedoch nicht, die kodierten Papiere rechtzeitig zu entschlüsseln. Nach Haags Verhaftung übernimmt die gerade aus der Haft entlassene Brigitte Mohnhaupt die Führung der zweiten Generation der RAF.

Am 7. April 1977 wurden Generalbundesanwalt Siegfried Buback, sein Fahrer Wolfgang Göbel und der Leiter der Fahrbereitschaft der Bundesanwaltschaft Georg Wurster ermordet. Auf dem Weg zur Arbeit war sein Mercedes von einem Motorrad aus mit fünfzehn Schüssen aus einer Maschinenpistole angegriffen worden. Wer auf dem Motorrad saß und wer die Todesschüsse abgab, ist aufgrund neuer Aussagen des RAF-Aussteigers Peter-Jürgen Boock zurzeit in der öffentlichen Diskussion.

Am 30. Juli 1977 wurde der Vorstandssprecher der Dresdner Bank AG Jürgen Ponto ermordet. Das RAF-Mitglied Susanne Albrecht war mit dem Bankier persönlich bekannt, so dass dieser sie in seinem Privathaus in der Oberhöchstädter Straße in Oberursel empfing. Susanne Albrecht, Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar erschienen in Pontos Villa, um ihn zu entführen. Als dieser sich wehrte, schoss Klar. Daraufhin feuerte auch Mohnhaupt fünf Mal auf Ponto und traf ihn tödlich. Danach flohen Mohnhaupt, Klar und Albrecht mit dem von Peter-Jürgen Boock gesteuerten Auto. Das RAF-Kommando „Aktion Roter Morgen“ bekannte sich am nächsten Tag zu der Tat.

Bundeskanzler Helmut Schmidt (1977)

Im sogenannten Deutschen Herbst erreichte der deutsche Terrorismus im September und Oktober 1977 seinen Höhepunkt. Am 5. September 1977 kam es zur Schleyer-Entführung, der Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer wurde in Köln entführt und bis zum 18. Oktober 1977 gefangen gehalten. Die vier Begleiter Schleyers wurden erschossen. Die Entführer forderten die Freilassung der ersten Generation der RAF. Der Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) berief daraufhin den sogenannten Großen Krisenstab ein, dem Mitglieder aller Fraktionen des Bundestages angehörten und der faktisch bis zum Ende der Krise die Regierung übernahm. Im Oktober 1977 passierte das Kontaktsperregesetz den Bundestag, das die Möglichkeit zum Verbot von Gesprächen zwischen Inhaftierten und ihren Anwälten ermöglicht. Außerdem wurde im Schnellverfahren die Strafprozessordnung dahingehend geändert, dass ein Angeklagter in einem Strafverfahren höchstens drei Rechtsanwälte benennen darf. Baader und andere hatten sich zuvor von bis zu 15 Wahlverteidigern gleichzeitig vertreten lassen. Beide Gesetze wurden bereits im Oktober 1977 gegen die RAF-Häftlinge angewandt.

Die Bundesregierung entschied sich, nicht auf die Forderungen der Entführer einzugehen. Am 13. Oktober 1977 kam es zur Landshut-Flugzeugentführung. Um den Druck auf die Bundesregierung zu verstärken, entführte eine Gruppe palästinensischer Terroristen das Lufthansa-Passagierflugzeug Landshut nach Mogadischu in Somalia und nahm dessen 86 Passagiere als Geiseln. Die Geiselnahme wurde am 18. Oktober 1977 gegen 1 Uhr durch die GSG 9 gewaltsam beendet und alle Geiseln befreit.

Wenige Stunden nach der Befreiungsaktion begingen Baader, Ensslin und Raspe in der sogenannten Todesnacht von Stammheim kollektiven Selbstmord. Sie wurden am nächsten Morgen in ihren Zellen in Stammheim aufgefunden. Hanns-Martin Schleyer wurde erschossen, als seine Entführer vom Tod der RAF-Spitze erfuhren. Seine Leiche wurde am 19. Oktober 1977 in Mülhausen (Frankreich) aufgefunden. Die Identität des Mörders wird von den Beteiligten der Entführung bis heute geheim gehalten.

Die Bilanz der RAF der Jahre 1978 bis 1982 ist geprägt vom Leben im Untergrund und vom Fahndungsdruck. Viele Gruppenmitglieder hielten sich zwischenzeitlich im Nahen Osten auf. Die ständig konspirativ im Untergrund lebenden Mitglieder fanden kaum noch Quartiere in der Bundesrepublik und wurden bis 1982 nach und nach verhaftet. Nach der Verhaftung von Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar im November 1982 konstatierte BKA-Chef Horst Herold Die alte RAF ist zu Ende gegangen und ging in den Ruhestand.

Mitglieder der zweiten Generation erfuhren in dieser Zeit organisatorische und finanzielle Hilfe aus der DDR. Es gelang zehn Mitgliedern der RAF mit Hilfe der Staatssicherheit in der DDR unterzutauchen. Nach der Wiedervereinigung wurde ihre dortige neue Identität aufgedeckt. Susanne Albrecht, Werner Lotze, Monika Helbing, Silke Maier-Witt, Henning Beer, Inge Viett, Sigrid Sternebeck und Ralf-Baptist Friedrich wurden mittlerweile für die von ihnen begangenen Straftaten verurteilt, die Ekkehard Freiherr von Seckendorff-Gudent und Christine Dümlein vorgeworfenen Straftaten waren in der Zwischenzeit verjährt, sie erhielten aufgrund ihrer Aussagebereitschaft den Status von Kronzeugen. Ihre damaligen Betreuer in der DDR wurden strafrechtlich nicht belangt.

1978 gab es ein Ereignis, welches nachweislich von staatlicher Seite inszeniert worden war: Das so genannte Celler Loch. Der niedersächsische Verfassungsschutz sprengte am 25. Juli 1978 ein Loch in die Außenmauer der JVA Celle, was einen Befreiungsversuch vortäuschen sollte, und schob dem einsitzenden, mutmaßlichen RAF-Mitglied Sigurd Debus Ausbruchswerkzeug unter. Angeblich sollten so V-Männer in die RAF eingeschleust werden. Die Aktion war von der Bundesregierung genehmigt.

Die dritte Generation

Die dritte Generation, nach Informationen des Verfassungsschutzes ein Zusammenschluss von bis zu 250 Personen [13], wird für die Ausführung von Sabotageakten und für mehrere Mordanschläge verantwortlich gemacht, denen Persönlichkeiten der bundesdeutschen Politik und Wirtschaft zum Opfer fielen. Der harte Kern soll etwa 15–20 Personen umfasst haben. In einer im Mai 1982 veröffentlichten Schrift (Mai-Papier) kündigte die RAF eine Änderung ihrer Zielsetzung an. Dabei stand nicht mehr der Begriff „Big Raushole“ im Vordergrund, also die Befreiung der inhaftierten Mitglieder der ersten Generation, sondern präzise geplante Angriffe und Kooperationen mit anderen westeuropäischen Terrorgruppen des linken Spektrums, wie der Action Directe in Frankreich, den Brigate Rosse in Italien oder den Cellules Communistes Combattantes in Belgien.

Am Morgen des 1. Februar 1985 wird Dr. Ernst Zimmermann, Chef des Rüstungskonzerns MTU in seinem Haus erschossen. Die Täter sind bis heute unbekannt.

Am 8. August 1985 wurde der US-Soldat Edward Pimental von Birgit Hogefeld oder Eva Haule mit einem Schuss in den Hinterkopf getötet, um in den Besitz seiner Identification Card zu kommen. Daraufhin kam es am 9. August 1985 zum Sprengstoffanschlag auf die Rhein-Main Air Base. Bei dem Anschlag kamen zwei Menschen ums Leben und elf wurden verletzt. Die Bekennerschreiben trugen die Embleme der RAF und der französischen Terrororganisation Action Directe. Der Mord an Pimental wurde in der linken Szene heftig kritisiert, weil er als einfacher Soldat, der lediglich wegen seiner Zutrittsberechtigung zur Luftwaffenbasis ins Visier der Terroristen geraten war, nicht dem herkömmlichen Feindbild entsprach. Später bezeichnete die RAF den Mord als politischen Fehler. [14]

Am 9. Juli 1986 wurde der Siemens-Manager Karl Heinz Beckurts zusammen mit seinem Chauffeur Eckhard Groppler in Straßlach durch einen Bombenanschlag des „Kommandos Mara Cagol“ der RAF getötet. Der einzige Verdächtige für diese Tat war der 1999 von der Polizei in Wien erschossene Horst Ludwig Meyer.

Am 10. Oktober 1986 wurde der Diplomat im auswärtigen Amt Gerold von Braunmühl vor seinem Wohnsitz in Bonn-Ippendorf von zwei Personen erschossen. Die Täter konnten bis dato nicht identifiziert werden.

Am 30. November 1989 wurde der Chef der Deutschen Bank Alfred Herrhausen in Bad Homburg auf Höhe des Seedammweges vor einem Parkhaus durch eine Bombe, die sich auf einem präparierten Fahrrad am Straßenrand befand, getötet. Sein Chauffeur wurde nur leicht verletzt. Die Täter sind bis heute unbekannt.

Am 1. April 1991 wurde Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder ermordet. Seine Ehefrau wurde verletzt. Der oder die Täter konnten bis heute nicht ermittelt werden. Zehn Jahre später meldete das Bundeskriminalamt, dass durch DNA-Analyse von am Tatort gefundenen Haaren Wolfgang Grams als Beteiligter in Frage komme. Der Wert der Analyse geriet allerdings in die Kritik.

In der Nacht vom 26. auf den 27. März 1993 kam es zu dem Sprengstoffanschlag gegen die JVA Weiterstadt. Über 200 Kilogramm Sprengstoff wurden verwendet. Drei Unterkunftsgebäude und der Verwaltungstrakt wurden zerstört, der Rest der über drei Quadratkilometer großen Anlage schwer beschädigt. Der materielle Schaden betrug 100 bis 120 Millionen DM. Die JVA konnte erst 1997 in Betrieb genommen werden. Der Tatbeteiligung verdächtigt wurden Wolfgang Grams und Birgit Hogefeld.[15]

Am 27. Juni 1993 fand ein GSG-9-Einsatz in Bad Kleinen statt, um die RAF-Mitglieder Wolfgang Grams und Birgit Hogefeld festzunehmen. Bei der Aktion starben der 26-jährige GSG-9-Beamte Michael Newrzella und Grams, wobei die Umstände des Todes von Grams umstritten sind.

Am 15. September 1999 wurden Andrea Klump und Horst Ludwig Meyer von der österreichischen Polizei aufgegriffen. Bei einem Schusswechsel kam Meyer ums Leben. Ihm wurde vorgeworfen, an der Ermordung Beckurts' teilgenommen zu haben – aufgrund seines Todes kam es jedoch nicht zu einem Prozess.

Bereits 1992 präsentierten die Journalisten Gerhard Wisnewski, Wolfgang Landgraeber und Ekkehard Sieker unter anderem in einem Fernsehbeitrag der ARD-Sendung Monitor die kontroverse These vom RAF-Phantom. Demnach habe die dritte Generation der RAF nicht existiert, und die ihr zugeschriebenen Morde seien vielmehr von Geheimdiensten durchgeführt worden.

Auflösung der RAF

Am 20. April 1998 ging beim BKA in Wiesbaden ein achtseitiges, als authentisch eingestuftes Schreiben ein, in dem die RAF ihre Selbstauflösung verkündete. Darin heißt es:

Vor fast 28 Jahren, am 14. Mai 1970, entstand in einer Befreiungsaktion die RAF. Heute beenden wir dieses Projekt. Die Stadtguerilla in Form der RAF ist nun Geschichte.[16]

Die Erklärung endet mit dem Gedenken an die Toten aus den eigenen Reihen, einer Liste von 26 Namen aus der Bewegung 2. Juni, der Revolutionären Zellen und der RAF selbst. Die 34 Opfer der RAF werden nicht erwähnt. Den Schlusspunkt bildet ein Zitat von Rosa Luxemburg:

Die Revolution sagt:
ich war
ich bin
ich werde sein

Die RAF-Schriften

In den Schriften der RAF, vor allem in denen von Horst Mahler und Ulrike Meinhof lassen sich maoistische Tendenzen nachweisen. Die Mitglieder der RAF setzten sich stark mit dem Neomarxismus der Frankfurter Schule auseinander, obgleich die Vertreter dieser Richtung sich entschieden vom Terrorismus distanzierten. Sie wurden daher auch als terroristische Neomarxisten [17] bezeichnet.

Die RAF-Vertreter waren von einem tiefem Hass gegenüber dem als System bezeichneten Staatsapparat der Bundesrepublik Deutschland erfüllt. Sie unterstellte den westlich-europäischen Gesellschaften, wie schon die studentische APO vor ihr, faschistoide Tendenzen und klagte insbesondere die angeblich nicht aufgearbeitete und immer noch wirkende nationalsozialistische Vergangenheit Deutschlands an.

Die erste Generation und darin vor allem die frühere Journalistin Ulrike Meinhof entwickelten für ihre Radikalität eine Theorie, die sie in mehreren Schriften thematisierte. Aus der RAF gibt es eine ganze Reihe schriftlicher Erklärungen, darunter befinden sich vier Kampfschriften, die nach einer langen Gruppendiskussion entstanden sind.

Am 5. Juni 1970 erschien in der Zeitschrift Agit 883 als erste öffentliche programmatische Erklärung der RAF der Text „Die Rote Armee aufbauen!“

Am gleichen Tag trafen sich Ulrike Meinhof, Horst Mahler, Andreas Baader und Gudrun Ensslin in Berlin konspirativ mit der französischen Journalistin Michèle Ray. Die Gruppe rechtfertigt die Baader-Befreiung und die Schüsse auf die Vollzugsbeamten. Auf einem Tonband, dessen Wortlaut der SPIEGEL später in „unredigierten Auszügen“ abdruckte[18], sagt Meinhof wörtlich:

Wir sagen natürlich, die Bullen sind Schweine, wir sagen der Typ in Uniform ist ein Schwein, das ist kein Mensch, und so haben wir uns mit ihm auseinanderzusetzen. Das heißt, wir haben nicht mit ihm zu reden, und es ist falsch, überhaupt mit diesen Leuten zu reden, und natürlich kann geschossen werden.

Ulrike Meinhof

Meinhof rechterfertigt die Befreiung Baaders und die Aufnahme des bewaffneten Kampfes und setzt sich mit den kritischen Reaktionen innerhalb der Linken auseinander. Sie stellt fest: Die intellektuelle Linke hat die Aktion im großen und ganzen abgelehnt. Sie meint, diese Kritik ignorieren zu können, weil man zu einer politischen Zusammenarbeit kommen muß (...) mit dem Teil des Proletariats, der keine Gratifikation dafür erhält (...) daß er sich ausbeuten läßt. Meinhof stellt die These auf:

... die Linken [haben] begriffen, daß die Revolution nicht von ihnen gemacht werden wird sondern vom Proletariat, daß man also in die Fabriken zu gehen hat und in die Stadtteile und daß die Organisierung stattzufinden hat. Nur sind wir der Auffassung, daß die Organisierung des Proletariats ein Popanz dann ist, wenn man nicht gleichzeitig anfängt, das zu tun, was wir jetzt tun, nämlich die Rote Armee aufzubauen.

Damit ist der Name genannt unter dem die Gruppe fortan agiert. Das Wort Fraktion wird kurze Zeit später hinzugefügt. Die RAF erkennt allerdings in Das Konzept Stadtguerilla das Tonband-Interview nicht als Stellungnahme der gesamten Gruppe an.

Das Konzept Stadtguerilla – Mitte 1971

Die erste RAF-Schrift wird Ulrike Meinhof zugeschrieben, zumindest war sie federführend daran beteiligt. Mitte 1971, zwei Monate vor ihrem ersten Bombenanschlag, der das Hauptquartier der US-amerikanischen Armee in Frankfurt traf, formulierte die RAF Das Konzept Stadtguerilla.[8] Die vierzehnseitige Schrift wurde an linke Gruppen und Einzelpersonen verschickt. Es ist die umfassende Begründung der Aufnahme des bewaffneten Kampfes. Die Schrift ist in sechs Abschnitte unterteilt.

Im ersten Abschnitt Konkrete Antworten auf konkrete Fragen wird die bewaffnete Baader-Befreiung gerechtfertigt. Es wird erklärt, dass die Zeit zum bewaffneten Kampf nun reif sei. Wörtlich heißt es:

Wir behaupten, daß die Organisierung von bewaffneten Widerstandsgruppen zu diesem Zeitpunkt in der Bundesrepublik und Westberlin richtig ist, möglich ist, gerechtfertigt ist. Daß es richtig, möglich und gerechtfertigt ist, hier und jetzt Stadtguerilla zu machen. Daß der bewaffnete Kampf als ‚die höchste Form des Marxismus-Leninismus‘ (Mao) jetzt begonnen werden kann und muß, daß es ohne das keinen antiimperialistischen Kampf in den Metropolen gibt.

Außerdem wird auf den Fahndungsdruck hingewiesen, dem die Gruppe seitdem ausgesetzt ist. Die Schießereien bei Verhaftungsversuchen, denen RAF-Mitfglied Petra Schelm und mehrere Polizisten zum Opfer fielen, werden thematisiert:

Am 14. Mai, ebenso wie in Frankfurt, wo zwei von uns abgehauen sind, als sie verhaftet werden sollten, weil wir uns nicht einfach verhaften lassen - haben die Bullen zuerst geschossen. Die Bullen haben jedesmal gezielte Schüsse abgegeben. Wir haben z.T. überhaupt nicht geschossen, und wenn, dann nicht gezielt: in Berlin, in Nürnberg, in Frankfurt. Das ist nachweisbar, weil es wahr ist. Wir machen nicht ‚rücksichtslos von der Waffe Gebrauch‘. Der Bulle (...) befindet sich nicht im Befehlsnotstand. Wir schießen, wenn auf uns geschossen wird. Den Bullen, der uns laufen läßt, lassen wir auch laufen.[8]

Im zweiten Abschnitt Metropole Bundesrepublik heißt es, die sozial-liberale Koalition absorbiere die Unzufriedenheit der außerparlamentarischen Opposition. Es wird behauptet, durch Entwicklungs- und Militärhilfe an US-Kriegen beteiligt, profitiere die Bundesrepublik von der Ausbeutung der Dritten Welt.

Im dritten Abschnitt Studentenrevolte erklärt die RAF die Studentenbewegung zu ihrer Vorgeschichte. Diese sei zerfallen, weil es ihr nicht gelungen sei, eine ihren Zielen angemessene Praxis zu entwickeln, heißt es.

Im vierten Abschnitt Primat der Praxis wird von einer die Arbeiterklasse vereinenden Strategie gesprochen. Voraussetzung für den Vereinheitlichungsprozess sei die revolutionäre Initiative und die praktische revolutionäre Intervention der Avantgarde. Des Weiteren wird der proletarische Internationalismus benannt und die Diktatur des Proletariats angekündigt. Fazit dieses Abschnittes ist die Einschätzung, dass es nun Zeit für den bewaffneten Kampf sei.

Im fünften Abschnitt Stadtguerilla wird auf südamerikanische Guerillakämpfer, insbesondere die Tupamaros in Uruguay verwiesen. Schwache revolutionäre Kräfte seien wie in Südamerika nur zu einer Guerillataktik in der Lage. Wörtlich heißt es, das Konzept Stadtguerilla ziele darauf ab, den staatlichen Herrschaftsapparat an einzelnen Punkten zu destruieren, stellenweise außer Kraft zu setzen, den Mythos von der Allgegenwart des Systems und seiner Unverletzbarkeit zu zerstören.

Im sechsten Abschnitt Legalität und Illegalität setzt sich Ulrike Meinhof mit der damals populären These Macht kaputt, was euch kaputt macht auseinander. Sie warnt vor blindem Aktionismus und vor vorschneller Aufgabe der Legalität. Im weiteren beschreibt sie die RAF als Bindeglied zwischen legalen und illegalen Kräften und zwischen Widerstandsgruppen aus allen anderen Ländern. Die RAF sei die sofortige revolutionäre Intervention, als Beitrag zur kommunistischen Weltrevolution. Wörtlich heißt es:

Die Pflicht eines Revolutionärs ist, immer zu kämpfen, trotzdem zu kämpfen, bis zum Tod zu kämpfen - Es gibt keinen revolutionären Kampf und hat noch keinen gegeben, dessen Moral nicht diese gewesen wäre: Rußland, China, Kuba, Algerien, Palästina, Vietnam. (...) Von bewaffneter Propaganda werden wir nicht reden, sondern wir werden sie machen.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass in der ersten RAF-Schrift die klare Abtrennung vom Feind, also vom Staat, im Vordergrund steht. Der bewaffnete Kampf aus dem Untergrund wird gerechtfertigt und ideologisch untermauert. Die RAF sieht sich als Vorreiter einer internationalen kommunistischen Bewegung. Es heißt:

...weil wir Kommunisten sind und es davon, ob die Kommunisten sich organisieren und kämpfen, abhängt, ob Terror und Repression nur Angst und Resignation bewirken oder Widerstand und Klassenhaß und Solidarität provozieren, ob das hier alles so glatt im Sinn des Imperialismus über die Bühne geht oder nicht.

Zwei Monate nach dem Konzept Stadtguerilla erscheint im Juni 1971 in Berlin das Papier Die Lücken der revolutionären Theorie schließen – Die Rote Armee aufbauen. Das 65-Seiten-Papier wurde von Horst Mahler in der Haft verfasst. In der Schrift bezeichnet Mahler den bewaffneten Kampf als höchste Form des Klassenkampfes, denn die besitzenden Klassen hätten sich den bestimmenden Einfluss auf die staatlichen Machthebel gesichert. Der Rechtsanwalt erklärt, Voraussetzung für die Revolution der Massen, sei die Entwöhnung vom Gehorsam gegenüber der bürgerlichen Rechtsordnung. Nach dem Ausschluss Mahlers aus der RAF im Juni 1974 wird dieser Text von der Gruppe nicht mehr als eine ihrer theoretischen Äußerungen anerkannt.

Stadtguerilla und Klassenkampf – April 1972

18 Monate später, im April 1972, wird das sechzigseitige Papier Rote Armee Fraktion - Stadtguerilla und Klassenkampf im Bundesgebiet verschickt. Verfasserin ist Ulrike Meinhof.

Im Vorwort glorifiziert Meinhof den Heldentod im Klassenkampf. Es wird Bezug auf die im Zusammenhang mit der RAF-Fahndung erschossenen Gruppenmitglieder und Unterstützer Petra Schelm, Georg von Rauch und Thomas Weisbecker genommen. Wörtlich heißt es:

Petra, Georg und Thomas starben im Kampf gegen das Sterben im Dienst der Ausbeuter. Sie wurden ermordet, damit das Kapital ungestört weitermorden kann und damit die Leute weiterhin denken müssen, dass man nichts dagegen machen kann. Aber der Kampf hat erst begonnen!

Meinhof versucht in drei Kapiteln die Verknüpfung von Ausbeutung und Politik zu beweisen. In allen Kapiteln wird behauptet, immer mehr Menschen seien mit dem kapitalistischen System unzufrieden, was sich in immer größeren Widerstandsaktionen äußere. Immer wieder kommt Meinhof auf die Bedeutung der Praxis, also des bewaffneten Kampfes, zu sprechen. Wörtlich heißt es:

Im gegenwärtigen Stadium der Geschichte kann niemand mehr bestreiten, dass eine bewaffnete gruppe, so klein sie auch sein mag, bessere Aussichten hat, sich in eine grosse Volksarmee zu verwandeln, als eine Gruppe, die sich darauf beschränkt, revolutionäre Lehrsätze zu verkünden.

Im vierten Abschnitt Über aktuelle Einzelfragen wird das Thema Verrat angesprochen. Verräter seien von der Revolution auszuschließen, auch wenn sie arme Schweine seien. Was genau damit gemeint ist, bleibt offen. Im weiteren werden die Banküberfälle der RAF gerechtfertigt und als Enteignungsaktionen bezeichnet. In den Schlußsätzen entschuldigt sich Meinhof bei den Sympathisanten, dass die RAF sich bisher mit logistischem Aufbau befasse und keine populären Aktionen starte. Dies sei nur eine Frage der Zeit, kündigt sie an. Die Schrift endet mit einigen Parolen, wie Dem Volke dienen!, Der revolutionäre Guerilla aufbauen! und Sieg dem Volkskrieg!

Die sogenannte zweite RAF-Kampfschrift ist vom Leben im Untergrund geprägt. Verrat ist zum Thema geworden. Karl-Heinz Ruhland und Peter Homann hatten die Gruppe verlassen und umfangreich ausgesagt. Meinhofs Solidaritätsappell ist ein eindeutiges Zeichen, dass es für die Gruppe 1972 immer schwieriger wird, Quartiere zu finden. Ihre Rechtfertigung der Banküberfälle ist eine Art Antwort auf in der Linken aufkommende Kritik an diesen Aktionen. Die Sympathisanten, die nun endlich populäre Aktionen sehen wollen, werden zur Geduld ermahnt.

Die Aktion des Schwarzen September in München – November 1972

Ein halbes Jahr später, im November 1972, erscheint die dritte RAF-Schrift Rote Armee Fraktion – Die Aktion des Schwarzen September in München – Zur Strategie des antiimperialistischen Kampfes. Verfasserin ist wieder Ulrike Meinhof. Sie kommentiert die am 5. September 1972 erfolgte Geiselnahme von München, bei der elf Geiseln starben:

Die Aktion des Schwarzen September hat das Wesen imperialistischer Herrschaft und des antiimperialistischen Kampfes auf eine Weise durchschaubar und erkennbar gemacht wie noch keine revolutionäre Aktion in Westdeutschland oder Westberlin. Sie war gleichzeitig antiimperialistisch, antifaschistisch und internationalistisch.

Die westdeutsche Linke könne angesichts dieser Aktion ihre politische Identität wiederfinden, behauptet Meinhof.

Die Schrift ist in vier Abschnitte unterteilt. Imperialismus, Opportunismus, Faschismus und Die antiimperialistische Aktion. Meinhof prangert die multinationalen Konzerne an, die Kriege gegen die Dritte Welt unterstützten. Meinhof setzt sich im zweiten Teil mit Marx-Forschung auseinander und nennt den linken Professor Oskar Negt einen Opportunisten. Dieser hatte zuvor die RAF-Aktionen als unpolitisch kritisiert. Immer wieder lobt Meinhof in dieser Schrift die Morde von München. Die Schrift endet mit dem Satz:

Die Aktion des Schwarzen September wird aus dem Gedächtnis des antiimperialistischen Kampfes nicht mehr zu verdrängen sein.

Der gesamte Text spiegelt Meinhofs Resignation und Wut wider. Sie schrieb ihn kurz nach ihrer Verhaftung im September und Oktober 1972 in der Zelle in Köln. Jemand schmuggelte ihn nach draußen. Es taucht erstmalig der Gedanke auf, verhaftete Genossen durch Terrorakte freizupressen. Die palästinensischen Terroristen hatten in München die Entlassung in Israel inhaftierter Komplizen gefordert. Dieser Ansatz wird von Meinhof übernommen und ideologisch märtyrisiert. Im Umgang mit der bundesdeutschen Linken, speziell mit der Sympathisantenszene, stellt die sogenannte dritte RAF-Schrift einen Wandel dar. War in der ersten noch die Rede von einer kommunistischen Weltbewegung und in der zweiten von einem liebevollen Umgang miteinander, so enthält diese Schrift einige Thesen, die denen der westdeutschen Linken fundamental widersprechen. Nicht nur, dass die Morde an Israelis von München bejubelt werden, sie sollen sogar der Identitätsfindung dienen. Zusammenfassend spiegelt diese Entwicklung die Realität wider. Ende 1972 ist die RAF isoliert, im Abseits des linken Spektrums. Nur noch vereinzelt sind Sympathisanten bereit, RAF-Mitgliedern Unterschlupf zu gewähren. Immer häufiger „verraten“ die Unterschlupfgeber die Terroristen. Ulrike Meinhof wird 1972 verhaftet, weil ein Lehrer, der Kontakte zur linken Szene unterhielt, sie erst aufnahm und dann die Polizei informierte. Meinhofs Verbitterung darüber ist der gesamten Schrift anzumerken. Sie scheint nicht zu verstehen, warum die linke Szene den radikalen Weg der RAF nicht billigt. Einige Analysten bewerten die düsteren Teile dieser sehr theoretisch gehaltenen Schrift als Ankündigung Meinhofs, sich das Leben zu nehmen. Diese Deutung der Schrift ist umstritten, wird aber übergreifend als möglich eingestuft.

1977 erscheint offiziell das 600-Seiten-Buch Texte: RAF. Eine Zusammenstellung aus Schriften, Selbstbezichtigungsschreiben und Prozesserklärungen.

Guerilla, Widerstand und antiimperialistische Front – Mai 1982

Im Mai 1982 taucht eine zwanzigseitige Grundsatzschrift mit dem Titel Guerilla, Widerstand und antiimperialistische Front, auch Mai-Papier genannt, auf, später wird es von der taz abgedruckt. Dies war die erste Grundsatzschrift nach zehn Jahren und bis heute die letzte. Die Gruppe behauptet von sich durch die Wirkung, die die Konfrontation entwickelt hat, stärker als vorher hervorgekommen zu sein. Es werden Fehler in den Aktionen des Jahres 1977 eingeräumt und eine neue Formel entworfen, die lautete Guerilla und Widerstand. Eine Front. Die Autoren entwerfen das Bild einer noch zu organisierenden antiimperialistischen Front in Westeuropa, die eng bei koordinierten militanten Projekten zusammenarbeitet. Die RAF behauptet, dass es weltweit eine Einheit der imperialistischen Reaktion gebe. Es heißt weiterhin: Die Entwicklung in Westeuropa ist zu einem Angelpunkt in der weltweiten Auseinandersetzung geworden. Die Schrift ist voll von militärischen Ausdrücken wie Front, Offensive und Mobilisierung. Die RAF versucht mit dieser Schrift, Zustimmung zu ernten und neue Anhänger zu gewinnen. Vor allem die Autonomen werden zur Zusammenarbeit aufgefordert.[19] Die Schrift enthält die Erkenntnis, dass eine Gruppe von zwanzig Vorkämpfern alleine keine revolutionäre Situation herstellen könne und auf Unterstützung aus dem sogenannten Widerstand angewiesen sei. Die Schrift kündigt die Zusammenarbeit mit anderen westeuropäischen Terrorgruppen, wie der Action Directe in Frankreich, den Brigate Rosse in Italien oder den Cellules Communistes Combattantes in Belgien an.

Das Papier enthält viele Sätze wie:

wenn der Kampf der Guerilla die eigene Sache ist, kann die Verwirklichung davon nur sein, sich selbst – auf welcher Ebene auch immer politisch und praktisch in den Zusammenhang der Strategie der Guerilla stellen.

und wird auch von Linken als schwerfällig und inhaltslos verurteilt. Die taz schrieb in ihrem Kommentar, das Papier vertusche

wortgewaltig die eigene Perspektivlosigkeit. Mit Nachdruck verwehrt man sich gegen die Bevormundung durch ein paar Polit-Intellektuelle, die sich besonders revolutionär vorkommen, weil sie ein Maschinengewehr im Schrank haben. RAF - verpißt euch!

taz Kommentar [20]

Der SPIEGEL schreibt später:

Die Autoren zeigen sich außerstande, konkret zu argumentieren. Sie sülzen abstrakt daher. Das Papier ist stilistisch eine Zumutung, es fehlt an klarer Gedankenführung und wimmelt von Wiederholungen.

Der SPIEGEL[21]

Die auch Widerstandspapier genannte Schrift fand keinen Anklang in der linken Szene und sorgte für Ablehnung.

Aus der dritten Generation der RAF gibt es keine Grundsatzschrift und keine belegte theoretische Äußerung, die als Standpunkt der Gruppe zu werten wäre. Bis auf kurze Bekennerschreiben existieren kaum Aufzeichnungen seit 1982.

Reaktionen auf die RAF-Schriften

Die RAF-Schriften wurden in der breiten Öffentlichkeit nicht diskutiert. Dies galt zum Teil auch für viele kritische Meinungsäußerungen wie beispielsweise den Brief des Göttinger Mescalero über das Buback-Attentat oder ein Fernsehinterview Daniel Cohn-Bendits in der ARD zum Tod Schleyers. Diese wurden in der öffentlichen Diskussion kaum differenziert von den Schriften der RAF behandelt und zuweilen als Positionen von „Sympathisanten“ der Terroristen diskreditiert.

Theorie und Praxis der RAF wurden von maßgeblichen Intellektuellen der damaligen Zeit verurteilt. In seinen Tagebüchern sprach beispielsweise Rudi Dutschke von RAF-Dummheit und sagte:

Die negativen Auswirkungen der RAF-Scheiße sind vielerorts erkennbar, CDU/CSU im besonderen, Regierung im allgemeinen und RAF-Kacke im einzelnen scheinen verheiratet zu sein: um den politischen Klassenkampf zu hemmen!

Rudi Dutschke

Nach dem Überfall der RAF auf die bundesdeutsche Botschaft in Stockholm sagte Herbert Marcuse, dessen Schriften die Studentenbewegung stark beeinflusst hatten, in einem Interview der ARD auf die Fragen, ob sich die RAF nicht auf ihn berufen könne, und ob die Terroristen politische Überzeugungstäter seien:

Ich betrachte mich immer noch als Marxisten. Der Marximus lehnt den Terror...individuellen Terror und Terror kleiner Gruppen ohne Massenbasis als revolutionäre Waffe ab... Subjektiv ist anzunehmen, daß sie ihre Aktion für eine politische Aktion halten und gehalten haben. Objektiv ist das nicht der Fall. Wenn politische Aktion willentlich zum Opfer von Unschuldigen führt, dann ist das genau der Punkt, wo politische Aktion, subjektiv politische Aktion, in Verbrechen umschlägt.

Herbert Marcuse [22]

Inhaftierungen

Mit Eva Haule (seit 1986), Birgit Hogefeld (1993) und Christian Klar (1982) sind heute noch drei der ehemaligen RAF-Angehörigen in deutschen Gefängnissen inhaftiert. Brigitte Mohnhaupt (ebenfalls seit 1982 inhaftiert) wurde nach 24 Jahren am 25. März 2007 entlassen. Hanna Krabbe war von 1975 bis 1996 inhaftiert. Rolf Clemens Wagner, der vornehmlich in den 1970ern für die RAF aktiv war, wurde am 9. Dezember 2003 nach 24 Jahren aus der Haft entlassen. Adelheid Schulz, die unter anderem wegen ihrer Beteiligung an der Schleyer-Entführung zu lebenslanger Haft verurteilt worden war, wurde am 1. Februar 2002 vom damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau begnadigt. Schulz genoss zuvor schon seit Oktober 1998 wegen ihres Gesundheitszustandes Haftunterbrechung. Im Oktober 2001 wurde die Haftstrafe Rolf Heißlers zur Bewährung ausgesetzt, er war 1982 zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Ex-Terroristin Andrea Klump sitzt seit 2001 ebenfalls eine Haftstrafe ab, der Vorwurf der RAF-Zugehörigkeit wird jedoch von Klump bestritten und ist mittlerweile von einem Gericht fallen gelassen worden.

Siehe auch

Listen

Ereignisse

Allgemein

Filme

Literatur

Bibliographien

Umfassende Darstellungen

Sammlungen von Schriften der RAF

  • Martin Hoffmann (Hrsg.) Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF. ID-Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-89408-065-5. Download als PDF
  • Christiane Schneider (Hrsg.): Ausgewählte Dokumente der Zeitgeschichte: Bundesrepublik Deutschland (BRD) – Rote Armee Fraktion (RAF). Verlagsgesellschaft Politische Berichte, Köln 1987, ISBN 3-926922-00-1.Online-Ausgabe

Berichte und Erinnerungen aus der RAF

  • Margrit Schiller, Jens Mecklenburg: Es war ein harter Kampf um meine Erinnerung. Ein Lebensbericht aus der RAF. Piper, München 2001, ISBN 3-492-23304-X.
  • Oliver Tolmein: RAF, das war für uns Befreiung. Ein Gespräch mit Irmgard Möller über bewaffneten Kampf, Knast und Linke. Konkret-Literatur-Verlag, Hamburg 2002, ISBN 3-89458-217-3
  • Stefan Wisniewski u. a.: „Wir waren so unheimlich konsequent…“ Ein Gespräch zur Geschichte der RAF mit Stefan Wisniewski. ID-Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-89408-074-4
  • Angelika Holderberg u. a.: Nach dem bewaffneten Kampf. Ehemalige Mitglieder der RAF und Bewegung 2.Juni sprechen mit Therapeuten über ihre Vergangenheit, Psychosozial-Verlag, Gießen 2007, ISBN 978-3-89806-588-X

Zu einzelnen Aspekten

Sonstiges

Die RAF in der bildenden Kunst

Quellen

  1. [Wolfgang Kraushaar: Denkmodelle der 68er-Bewegung, Aus Politik und Geistesgeschichte 2001]
  2. Mager, Spinnarke: Was wollen die Studenten? S. 112, Fischer-Verlag, November 1967. zitiert aus www.glasnost.de
  3. DIE ZEIT. Sonderdruck aus Nr. 23/67, 9. Juni 1967
  4. Stefan Aust Der Baader-Meinhof-Komplex. Goldmann, München 1998, S. 60, ISBN 3442129532
  5. Zur Situation 1969 bis Anfang 1970 siehe auch: rotaprint 25 (Hg.): agit 883. Bewegung Revolte Untergrund in Westberlin 1969-1972. Assoziation A, Hamburg und Berlin 2006, ISBN 3-035936-53-8, (insbesondere die Artikel von Hanno Balz und Michael Hahn). Sowie: Ralf Reinders, Ronald Fritzsch: Die Bewegung 2. Juni. Gespräche über Haschrebellen, Lozenzentführung, Knast. Edition ID-Archiv, Berlin und Amsterdam 1995, ISBN 3-89408-052-3
  6. Minihandbuch des Stadtguerilleros. von Carlos Marighella sowie die Fokustheorie von Che Guevara und Régis Debray
  7. Rote Armee aufbauen:   nadir.org,   ID-Verlag, Download als PDF,   extremismus.com   
  8. a b c Das Konzept Stadtguerilla + Anmerkungen
  9. Im Konzept Stadtguerilla heißt es:„Wir schießen, wenn auf uns geschossen wird. Den Bullen, der uns laufen läßt, lassen wir auch laufen.“
  10. :In Amnesty Internationals Arbeit zu den Haftbedingungen in der Bundesrepublik Deutschland für Personen, die politisch motivierter Verbrechen verdächtigt werden oder wegen solcher Verbrechen verurteilt sind: Isolation und Isolationshaft. amnesty international publications, Bonn 1980, S. 5ff, heißt es: Bereits 1974, als sich viele weitere Mitglieder dieser Organisation [d.i. Rote Armee Fraktion] in Haft befanden, waren Behauptungen über Folter und Isolationshaft und die Anwendung von Techniken sensorischer Deprivation weiterverbreitet. Die Nachprüfung solcher Behauptungen ergab, dass eine immer grössere Zahl dieser Häftlinge während langer Zeiträume in Isolation gehalten wurde, sowohl vor wie auch nach ihrer rechtskräftigen Verurteilung. 1976/77 war es gewiss, dass sie in vielen Fällen bereits vier, fünf oder gar sechs Jahre unter unterschiedlichen Isolationsbedingungen inhaftiert waren, die von totaler Isolation und Isolationshaft bis zu Kleingruppen-Isolation reichten. Gegen Ende des Jahres 1977 [gab das] Internationale Exekutiv-Komitee der Organisation [d.i. amnesty international] eine Untersuchung in dieser Sache in Auftrag. Im Dezember 1978 wurde der endgültige Bericht dieser Untersuchung vorgelegt. Die Haftbedingungen der Häftlinge, deren Fälle im Verlauf dieser Untersuchung geprüft wurden, kamen schweren Formen der Isolation gleich. Anhand des herangezogenen Materials kam die Untersuchung zu dem Ergebnis, dass viele Häftlinge deutliche Symptome aufwiesen, die dem oben beschriebenen allgemeinen Muster entsprechen, jedoch äußerst ausgeprägt waren und in einigen Fällen an die Auswirkungen sensorischer Deprivation in experimentellen Situationen erinnerten.
  11. Film Sartre par lui-même, 1976
  12. Butz Peters: RAF, Terrorismus in Deutschland. S. 268/9; ISBN 3-426-80019-5
  13. Quellen für die Zahl 250: Verfassungsschutzbericht 2005; Stefan Aust, Der Baader-Meinhof-Komplex, S. 256; Butz Peters: RAF, Terrorismus in Deutschland. S. 335, genauere Angaben gibt es nicht
  14. Rote Armee Fraktion: An die, die mit uns kämpfen. Erklärung vom Januar 1986. in: Martin Hoffmann (Hrsg.) Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF. ID-Verlag, Berlin 1997, S. 348.
  15. Hogefeld über die Rote Armee Fraktion: „Wir waren sehr deutsch“. Der Spiegel, Nr. 42, 13. Oktober 1997, S. 169
  16. Auflösungserklärung der RAF bei extremismus.com
  17. Der SPIEGEL bezeichnete die Baader-Meinhof-Gruppe mehrfach als Gruppe terroristischer Neomarxisten, z.B. in der Ausgabe 20/1977 auf S.24
  18. „Natürlich kann geschossen werden.“ Ulrike Meinhof über die Baader-Aktion. in: Der SPIEGEL Nr. 25 vom 15. Juni 1970, S. 74f.
  19. Anm.: das Kapitel Widerstand des Mai-Papiers spricht direkt die Hausbesetzerszene in Frankfurt, Hamburg und Berlin an und fordert zu größeren Aktionen auf
  20. taz Kommentar vom 26. Mai 1982, zitiert nach Peters, Butz, RAF-Terrorismus in Deutschland, S. 297, ISBN 3-426-80019-5
  21. Der SPIEGEL, Ausgabe 20/1982, S. 14
  22. Interview abgedruckt in: diskus, Frankfurter Studentenzeitung, Heft 1, 2. Juni 1975, S. 14

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