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Übergewicht

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Als Übergewicht wird ein zu hohes Körpergewicht in Relation zur Körpergröße bezeichnet. Im engeren Sinne ist damit nur die sogenannte Präadipositas gemeint, im Gegensatz zum schweren Übergewicht, der Fettleibigkeit oder Adipositas.

Definitionen, Grenzwerte

Körperindices

BMI Die Relevanz des BMI als Indikator für normales Körpergewicht besteht in seiner leichten Erfassbarkeit und der einfachen Vergleichbarkeit, da in relevanten Studien fast immer der BMI angegeben ist.

Der BMI beruht auf einer einfachen Formel: Körpergewicht in kg / Quadrat der Körpergröße in m, die Einheit beträgt also kg/m².

Historisch wurde der BMI nicht von Ärzten entwickelt, sondern von Lebensversicherungen in USA, die in den 1960er Jahren erstmals mit elektronischen Rechenhilfen verschiedene Körperdaten ihrer relativ früh verstorbenen ehemals Versicherten in Bezug setzten und dabei auf obige Formel als die mathematisch einfachste Bezuggröße kamen.

Die Festlegung der BMI-Grenzwerte für Erwachsene sollte den Empfehlungen der WHO folgen, wonach BMI-Werte > 25,0 kg/m² das Vorliegen eines Übergewichtes bedeuten.

Nach der Definition der WHO ist Übergewicht ein Körpergewicht, das einem Körpermasseindex (Body-Mass-Index, BMI) von 25 kg/m² und darüber entspricht. Es lässt sich weiter unterteilen in:

BMI
Präadipositas (Übergewicht im engeren Sinne) 25 - 29.9
Adipositas Grad I 30 - 34.9
Adipositas Grad II 35 - 39.9
Adipositas Grad III > 40

Exakte Grenzwerte für Übergewicht sind umstritten. Nicht jedoch, dass ab einer bestimmten noch verträglichen Bandbreite mit Folgeschäden zu rechnen ist. Nach einer israelischen Langzeitstudie haben Männer mit leichtem Übergewicht (BMI von 25 bis 27) deutlich bessere Aussichten auf Langlebigkeit als stark Übergewichtige(BMI über 27) oder Schlanke. Aus dieser Beobachtung an 10 000 Männern über 40 Jahre ziehen die Forscher die Schlussfolgerung, dass der bisherige Grenzwert für Übergewicht, der Körpermasseindex (BMI), evtl. etwas nach oben korrigiert werden muss.[1]

Broca-Index Historisch wurde Übergewicht über den Broca-Index ermittelt. Dabei wurde anhand der Körpergröße ein Normal- bzw. Idealgewicht errechnet und anhand der Abweichung davon Über- bzw. Untergewicht diagnostiziert.

Taillenumfang / Taille-Hüft-Verhältnis Das Taille-Hüft-Verhältnis (Waist-Hip-Ratio) und der Taillenumfang werden in der Medizin zunehmend als aussagekräftiger betrachtet. Die derzeit in der Praxis nach Ansicht von Ernährungsmedizinern aussagekräftigste Methode zur Feststellung des gesundheitlichen Risikos durch Übergewicht stellt die Messung des Taillenumfangs dar.

Vergleich der Indices

Entscheidend ist nicht das „Gewicht“ an und für sich, sondern das Fettgewebe, also der Fettanteil in Bezug zur Körpergröße. Dies berücksichtigt der BMI, jedoch kann hier nicht zwischen Muskel- und Fettmasse unterschieden werden, sodass Athleten als Übergewichtige erscheinen. Die BIA kann die Fettverteilung sehr gut bestimmen, ist aber sehr anfällig für Messfehler und daher für Vergleiche ungeeignet. Zusätzliche Bedeutung kommt der Körperfettverteilung zu. Diese wird durch den Taillenumfang sehr einfach und ausreichend gut dargestellt. Aufgrund ihrer Einfachheit ist die Messung des Taillenumfanges daher heute die unter Ärzten favorisierte Methode. Ihr Manko besteht jedoch darin, dass frühere Untersuchungen fast nur auf dem BMI basieren. Außerdem definiert die WHO nach wie vor Übergewicht mit Blick auf den BMI, sodass die Angabe des BMI in Bezug auf eine Feststellung von Übergewicht weiterhin obligat ist.

Diagnosekosten

Die Messung der Körperzusammensetzung ist keine Pflichtleistung der Krankenkassen, lediglich bei der präoperativen Abklärung einer chirurgischen Adipositastherapie, beispielsweise vor Magenbanding oder Dünndarmbypass.

Diagnosemethoden zur Bestimmung des Körperfetts

siehe unter Körperfettanteil

Ursachen

Wesentliche Ursachen sind:

Selbstverständlich wirken immer genetische und andere Faktoren lebenslang gleichzeitig, sie stellen keinesfalls alternative Wirkweisen dar.

Zur Erläuterung:

  • Für den Einfluss genetischer Faktoren spricht, dass getrennt aufgewachsene Zwillinge sich eher wie ihre natürlichen Eltern in Bezug auf Übergewicht entwickelten und weniger wie ihre Adoptiveltern. Genetische Besonderheiten sind - nach sehr vagen Schätzungen - bei etwa 80 % der Adipositasfälle beteiligt.
  • Für den Einfluss der Lebensverhältnisse spricht, dass der Anteil und das Ausmaß des Übergewichtes in verschiedenen Bevölkerungen mit der Verfügbarkeit von Nahrung enorm zunahmen, ohne dass entsprechende genetische Veränderungen in diesem Zeitraum möglich waren. Ein Einfluss der Lebensverhältnisse kann in jedem Fall von Adipositas gefunden werden.

Für die Ausbreitung des Phänomens "Übergewicht" sind im Wesentlichen 2 Veränderungen in unseren Lebensumständen verantwortlich:

  1. Sehr wesentlich ist die billige Allzeitverfügbarkeit von Nahrungsmitteln, insbesondere hochkalorischer. In früheren Zeiten und insbesondere in ärmeren Regionen herrschte (teilweise bedauerlicherweise noch heute) kein steter Überfluss. Schon früher waren Reiche mitunter dickbäuchig, aber die rasche Ausweitung eines geringen Luxus hat viele unterprivilegierte Bevölkerungsteile erreicht, die sich historisch nicht daran gewöhnen konnten, mit dieser Fülle umzugehen. Daher zählen viele der besonders Übergewichtigen heute gerade zu diesen Bevölkerungsteilen, auch und besonders in den Schwellenländern, in denen vereinzelt Übergewicht gar noch als Schönheitsideal gelten mag.
  2. Prinzipiell ist der verringerte körperliche Aufwand (couchpotato, Bildschirmarbeit) verantwortlich dafür, dass wir einen geringeren Energieverbrauch (bei erhöhter Produktivität) haben. Die Auswirkungen gelten natürlich für jedes Individuum in unterschiedlichem Maß, global betrifft es aber besonders die jetzt heranwachsende Jugend "PC statt Fußball". Die enorm ansteigende Fettleibigkeit der Jugend ist weniger ein Resultat der guten Ernährung (bei Adipositas praktisch immer), als vielmehr einer Bewegungsarmut.

Vorkommen (Prävalenz) von Übergewicht

Übergewicht tritt gehäuft in industrialisierten Ländern auf, wo nur noch wenige Menschen harte körperliche Arbeit verrichten und Nahrung im Überfluss vorhanden ist.

In den Industriestaaten ist Übergewicht weit verbreitet und wird dabei aufgrund des modernen Schlankheitsideals als unästhetisch empfunden.

Die höchsten Zuwachsraten Übergewichtiger an der Gesamtbevölkerung, insbesondere jugendlicher Übergewichtiger in der Altersgruppe, werden jedoch nicht in den gewachsenen Industrienationen erreicht, sondern in den Schwellenländern. Demzufolge ist zu vermuten, dass die globale Übergewichtsexplosion erst noch der nächsten Generation vorbehalten ist.

% Anteil Übergewichtige an der Bevölkerung in Europa

Anteil in Prozent mit einem BMI über 25 kg/m² der erwachsenen Bevölkerung, für Männer und Frauen

Land Männer Frauen
Frankreich 47,4 36,3
Griechenland 73,0 46,0
Großbritannien 66,6 58,5
Deutschland 75,4 58,9
Italien 51,4 34,5
Malta 69,4 51,2
Niederlande 53,9 38,6
Österreich 65,6 53,2
Polen 56,4 47,6
Spanien 58,4 48,0
Tschechien 73,2 57,6
Zypern 72,6 58,0

Stand: April 2007 [2] [3]

Übergewicht bei Kindern

Von den Kinderärzten und in den Schulen werden immer mehr übergewichtige Kinder festgestellt. Zu viel und falsche Ernährung, verbunden mit Bewegungsmangel führt zu einem besorgniserregenden Teufelskreis. Oft werden die Kinder von ihren Eltern vernachlässigt und sich selbst überlassen (Fernsehen, Computer, Spiele-Konsolen) und ernähren sich von Fast-Food. Die Eltern sind diesbezüglich oft selbst ein schlechtes Vorbild und ernähren sich schlecht und bewegen sich selten. In der Kindheit falsch eingeübte Lebensweisen sind im Erwachsenenalter oft nur unter großen Schwierigkeiten veränderbar. Unverändert führt dies oft zu starker Überernährung (Adipositas), mit all ihren katastrophalen Folgen.

Obwohl Krankenkassen und Schulen vermehrt Programme anbieten, wie Familien ihren Lebenswandel umstellen können: regelmäßige gemeinsame Mahlzeiten mit Obst, Gemüse, Ballaststoffen (ohne Fett und Zucker), viel gemeinsame Bewegung und Sport... nimmt die Anzahl der übergewichtigen Kinder/Jugendlichen zu, wie erst jüngst die aktuelle Studie des Robert-Koch-Instituts aufgezeugt hat.

Bedeutung der Körperfettverteilung

Apfel- und Birnentyp

In wissenschaftlichen Studien konnte gezeigt werden, dass das „Innere Bauchfett“ (= Fett im Bauchraum) im direkten Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen steht. Eine Messung des Taillenumfangs gilt als einfachste Möglichkeit, um die Menge des Fettes im Bauchraum zu bestimmen. Ein Taillenumfang über 88 cm bei Frauen bzw. über 102 cm bei Männern weist auf ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen hin.

Medizinische Folgeerkrankungen

Übergewicht ist nicht direkt schädigend, außer durch Belastung der Gelenke, aber das ist mehr eine philosophische Darstellung, denn Adipositas ist eindeutig Wegbereiter für Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck, Arthrose und Herzleiden. Dabei ist jedoch umstritten, ob bereits Präadipositas ein ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko darstellt oder erst echte Adipositas (BMI von 30 und darüber).

Daher wird Übergewicht meistens, Adipositas eigentlich immer von Ärzten als Krankheit eingestuft. Von den Krankenkassen in Deutschland wird aber Übergewicht nicht selbstverständlich gleichermaßen als Krankheit eingestuft und also die Behandlungskosten übernommen.

Außerdem ist bekannt, dass nicht nur das Ausmaß des Übergewichts, sondern auch die Verteilung des Fettgewebes (Waist-Hip-Ratio) das Risiko für Herz- und Kreislauferkrankungen beeinflusst. So hat die International Diabetes Federation im Jahr 2005 einen erhöhten Bauchumfang als eines der Kriterien für die Diagnostizierung des Metabolischen Syndroms festgelegt.[4]

Außerdem können bei starkem Übergewicht auch schon aufgrund der mechanischen Belastung Gelenkschäden auftreten, insbesondere des Knies.

Übergewicht wie erhöhter Fettkonsum stehen mit verschiedenen Krebserkrankungen in Verbindung, wie Dickdarmkrebs oder Brustkrebs.

Übergewicht mindert die Zeugungsfähigkeit. 9 kg Gewichtszunahme erhöht die Wahrscheinlichkeit von Unfruchtbarkeit um 10%. [5]

Übergewicht kann nicht nur psychologisch verursacht sein, sondern kann auch psycho-soziale Folgeerkrankungen nach sich ziehen: vielfach fühlen sich Betroffene ausgegrenzt, oder sie grenzen sich sozial aus. Es ist ein Teufelskreis: um sich nicht mit Fettleibigkeit in der Badehose zu präsentieren, wird weniger Sport getrieben.

Für die meisten Betroffenen stellt Übergewicht jedoch primär ein kosmetisches Problem dar: In unserer Gesellschaft verringert Fettleibigkeit die Chancen bei der Partnerwahl. Sei's drum, für die meisten stellt dies die wichtigste Motivation dar, ihr Übergewicht reduzieren zu wollen.

Bekämpfung von Übergewicht

Unzählige Bücher, Zeitschriften, Fernsehsendungen und Websites sind mit dem Thema, wie Übergewicht am effizientesten bekämpft werden kann, befasst, wobei die Qualifikation der Autoren nicht kontrolliert wird. Häufige Ratschläge sind intensive sportliche Betätigung sowie eine Umstellung der Ernährung (Diät). Die Ansichten darüber, welche Ernährung die richtige sei, unterschieden sich allerdings von Autor zu Autor stark. Kritiker bemängeln hierzu jedoch, dass - besonders bei ausgefallenen Diäten (Atkins-Diät, Rohkost) - eine ohne ärztliche Aufsicht durchgeführte Diät ein größeres Gesundheitsrisiko birgt als unbehandeltes leichtes Übergewicht.

Hauptsächlich bei schwerem Übergewicht eingesetzt werden Medikamente, die die Fettaufnahme verhindern sollen oder chirurgische Eingriffe, bei denen das Körperfett entfernt oder der Magen verkleinert wird. Insbesondere in der Pop- und Modebranche, wo besonders für Frauen das Aussehen eine wichtige Rolle spielt, wird die „ästhetische Chirurgie“ jedoch immer häufiger auch bei leichtem Übergewicht und als zu schwer empfundenem Normalgewicht eingesetzt.

Falls das Übergewicht auf ein krankhaft gestörtes Essverhalten (z. B. Binge Eating) zurückzuführen ist, haben medizinische Maßnahmen gegen Übergewicht als reine Symptombekämpfung wenig Sinn, wenn nicht gleichzeitig die Essstörung auf psychologischem Weg therapiert wird. Eine gute Anlaufstelle sind die OA-Selbsthilfegruppen.

Quellenangaben

  1. Forscher des Hadassah-Krankenhauses in Jerusalem nach einer dpa-Meldung vom 4. Januar 2007 - dpa
  2. SZ 20.4.07
  3. International Association for the Study of Obesity
  4. Definition des metabolischen Syndroms
  5. National Institute of Environmental Health Sciences, USA

Literatur

  • Horst Klier: Leben ohne Diät - Abnehmen durch Bio-Lebensmittel. BoD GmbH, Norderstedt 2005. ISBN 3-8334-3658-1. Das komplette Buch ist hier online unter Creative-Commons Lizenz verfügbar
  • Bayer Klaus H.: Was wirklich dick macht. Ultrus Verlag www.ultrus.de . ISBN 3-927059-27-7.
Wiktionary: Übergewicht – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen