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Stabkirche Borgund

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Stabkirche von Borgund

Die Stabkirche Borgund ist eine Stabkirche in der Kommune Lærdal in der norwegischen Provinz Sogn og Fjordane. Sie gehört zu den herausragensten Beispielen der norwegischen Stabbaukunst, ist eines der ältesten Holzgebäude Europas und ein touristischer Anziehungspunkt.

Lage und Bedeutung

Lage von Borgund

Der Kirche befindet sich an der E16 zwischen Fagernes und Sogndal im Lærdal am Fluss Lærdalselva auf 345m ü. NN. etwa dreißig Kilometer östlich des Ortes Lærdalsøyri. Sie liegt wie einst die Heiligtümer der Germanen abseits von Siedlungen und war Sammelpunkt für die Bauern aus einer weiten Umgebung.

Von den über 1000 Stabkirchen in Norwegen sind heute nur noch 28 erhalten. Die Kirche Borgund gilt neben der von Heddal als besterhaltene Stabkirche und sie ist in den meisten Teilen im Original erhalten. Daher hat sie in vielen Fällen als Vorbild für Restaurierungen anderer Stabkirchen gedient. Sie wurde nach 1181 erbaut und zählt zu den ältesten Holzbauten Europas. Sie ist dem Apostel Andreas geweiht[1].

Datierung

Die Stabkirche wurde erstmals 1342 in schriftlichen Quellen erwähnt, wahrscheinlich stammt sie aber aus der Zeit zwischen 1150 und 1200. Dendrochronologische Untersuchungen haben ergeben, dass das Holz, mit dem die Kirche gebaut wurde, im Winter 1180/81 gefällt wurde. Auch Runeninschriften auf dem Bauholz geben Aufschluss über die Entstehungszeit [2]. Eine dieser Inschriften lautet: „Ich ritt hier vorbei am St. Olavstag. Die Nornen taten mir viel Böses, als ich vorbeiritt.“[3]. Eine andere Inschrift lautet: "Gott helfe jedem, der mir zur Reise verhilft."[4].

Archäologische Untersuchungen wurden 1969 und 1985 durchgeführt. Unter dem Boden der Kirche fand man Spuren eines älteren Gebäudes, das an dieser Stelle stand.

Architektur

Grundriss

Grundriss der Kirche

Die besondere Gestaltung der Kirche führte dazu, dass eine ganze Gruppe von Stabkirchen, die nach diesem Muster gebaut wurden, zum sogenannten Borgund-Typ gezählt werden.

Die Kirche ist eine Zwölfmastkirche. Das Satteldach des erhöhten Hauptschiffs wird also durch zwölf Masten getragen. Im Osten schließt sich ein Chorraum an, der eine halbrunde Apsis besitzt. Um das Hauptschiff herum gibt es ein Seitenschiff. Anders als bei einer klassischen Aufteilung eines Kirchenraumes in Haupt- und Seitenschiff muss dieser Gesamtraum aber als Zentralbau angesehen werden, denn nur in den Seitenschiffen standen früher Bänke und der Chorraum ist innerlich wie äußerlich deutlich vom Zentralbau abgetrennt.

Um die Kirche (einschließlich Chorraum) verläuft der so genannte Svalgang, ein überdachter Umgang, in denen sich die Menschen nach den Gottesdiensten versammeln konnten und in dem auch in früheren Zeiten die Waffen vor Betreten der Kirche niedergelegt wurden. Den Svalgang sowie die Seitenschiffe überdecken Pultdächer.

Aufbau

Westportal mit Geisterschwelle

Die Stabkirche hat einen sechsstufigen Aufbau. Das Hauptschiff sowie der rechteckige Chorraum werden von Giebeldächern bedeckt. Über dem Dach des Hauptschiffes sitzen drei weitere kleinere Giebeldächer, die in einem spitzen Türmchen mit Wetterfahne enden. An den Giebelecken dieser Dächer recken sich Drachenköpfe gegen den Himmel, die (in heidnischer Tradition) der Kirche symbolisch Schutz verleihen.

1738 wurden Teile des Dachfirstes, die Drachenköpfe und andere Teile der Dachdekoration ausgetauscht. Ein originaler Drachenkopf aus dem Mittelalter wurde allerdings aufgehoben. Die Giebelecken der Seitenschiffe und die kleinen Giebel des Svalgangs zieren dagegen Kreuze, die in ihrer Vielzahl auch als magische Schutzzeichen angesehen werden können.

Die Dächer sind mit Holzschindeln bedeckt, die mit Holznägeln befestigt sind. Wahrscheinlich stammen einige Holzschindeln noch aus dem Mittelalter. Metall wurde aus Rohstoffmangel nur bei den Türen (Schlösser und Scharniere) verwendet.

Es gibt ein westliches und ein südliches Portal, die beide mit Archivolten eingefasst, von Halbsäulen flankiert und mit Tierornamenten und Blattranken geschmückt sind. Das südliche Portal, das etwas bescheidender als das westliche geschmückt ist, hat geschnitzte Löwen auf den Kapitellen. Das Westportal zeigt neben Rankenmotiven kämpfende, drachenähnliche Tiere. Der Eingang zur Kirche am Westportal hat eine so genannte Geisterschwelle: eine Stufe über die man gehen muss, welche verhindern soll, dass böse Geister die Kirche betreten. Der Eingang ist sehr schmal – eine weitere Schutzfunktion.

Das Westportal zeigt gewisse Einflüsse der Steinarchitektur jener Zeit, denn die Pfeiler rechts und links neben dem Portal haben die Formen von Säulen mit Basis und Kapitell. Das Portal mit seinem Rundbogen ist reich verziert. Der Chorraum besitzt ebenfalls ein Portal nach Süden, das jedoch leider stark beschädigt ist. Das Dach des Chorraumes ist kegelförmig und hat einen kurze Turm mit einem kegelförmigen Dach und einem Kreuz (analog zu den Portalen).

Zeichnung von G. A. Bull
Dachkonstruktion mit Andreaskreuzen

Innenraum

Der mittelalterliche Innenraum ist gut erhalten und unberührt. Die mittelalterliche Chorschranke ist jedoch nach der Reformation entfernt worden. Der mittelalterliche Holzfußboden und die Sitzbänke entlang der Wände sind teilweise bewahrt. Auch der mittelalterliche Steinaltar und ein Taufbecken aus Speckstein sind erhalten.

Die Kanzel ist aus der Zeit von 1550-1570, die Altartafel von 1654, während der Rahmen um das Altarbild aus dem Jahr 1620 stammt. Die Malerei auf dem Bild zeigt in der Mitte die Kreuzigung, flankiert von der Jungfrau Maria und Johannes dem Täufer. Im Tympanonfeld schwebt eine weiße Taube auf blauem Grund. Unter dem Bild gibt es eine goldene Inschrift auf schwarzem Grund.

Des weiteren gibt es in der Kirche einen Tabernakel aus der Zeit von 1550-1570. An der Südwand im Kirchenschiff befinden sich noch die Einweihungskreuze (Konsekrationskreuze) an der Innenseite. Die Innenseiten des Chores tragen eingeritzte Figuren und Runen, die vermutlich aus dem Mittelalter stammen.

Die Dachkonstruktion wird durch Holzsäulen getragen, die untereinander durch Andreaskreuze abgestützt werden. An den Säulenenden befinden sich geschnitzte Masken von Menschen und Fabelwesen.

Als Fenster dienten früher runde Gucklöcher in den Wandbrettern der erhöhten Mittelräume; nachträglich eingebaute größere Fenster wurden bei der Restaurierung wieder entfernt.

Glockenturm

Südlich des Kirchhofes steht ein Glockenturm. Mit Ausnahme einer kleinen Glocke, die im Dachreiter hing, sind dort die Glocken der Kirche aufgehängt. Die Turmkonstruktion ist mittelalterlich. Man nimmt an, dass er zur gleichen Zeit wie die Kirche entstanden ist.[5] Zum Schutz des Turmes sind Teile davon heute verbrettert.

Kirche heute

Alte und neue Kirche samt Glockenturm

Die Stabkirche war in regulärem Gebrauch, bis 1868 100m weiter westlich eine neue Kirche gebaut wurde, die dann die Funktion der Gemeindekirche übernahm. Der Friedhof wurde danach aber weiterhin genutzt. 1877 wurde die Kirche von der Fortidsminneforeningen, einem Verein zur Erhaltung der Kirche, gekauft und wurde schnell ein Touristenziel. Bereits 1898 ist ein Führer mit norwegischem und englischem Text erschienen. Bis heute ist die Kirche ein Museum, in der keine Gottesdienste mehr stattfinden.

Durch den Tourismus gibt es allerdings in den letzten Jahren Abnutzungserscheinungen. 1973 wurde zum Schutz des Originalbodens ein Holzfußboden in die Kirche gelegt. Der Svalgang wurde für Besucher geschlossen. Auch die Runeninschriften wurden durch Kunststoffabdeckungen geschützt. Trotz dieser Maßnahmen ist die Abnutzung durch die große Menge der Besucher in jedem Jahr sehr groß.

Die Stabkirche von Borgund ist von Anfang Mai bis Ende September zur Besichtigung geöffnet. Am 2. Mai 2005 wurde ein Ausstellungscenter in der Nähe der Stabkirche eröffnet. Dort ist eine Ausstellung zur Geschichte der Stabkirchen, sowie zur Religion im Mittelalter zu finden.[1]

Die Kirchengemeinde Borgund ist Teil der Evangelisch-Lutherischen Kirche Norwegens und gehört zusammen mit Tønjum und Hauge zur Großgemeinde Lærdal, die wiederum zum Bistum Bjørgvin (Bergen) gehört.

Nachbauten und weitere Stabkirchen

Zweimal war die Borgunder Kirche bereits Vorbild für einen Nachbau: In Rapid City (South Dakota) befindet sich seit 1969 eine originalgetreue Replik der Stabkirche Borgund mit dem Namen Chapel in the Hills[6]; die 1908 geweihte Gustav-Adolf-Stabkirche im Harz ist ein freierer Nachbau der Stabkirche Borgund.

Die Liste der Stabkirchen in Norwegen gibt eine Übersicht über die noch erhaltenen Stabkirchen in Norwegen.

Literatur

  • Erich Burger: Norwegische Stabkirchen: Geschichte, Bauweise, Schmuck. Köln, DuMont 1978. ISBN 3-7701-1080-3
  • Ola Storsletten / Yasuo Sakuma: Die Stabkirchen Norwegens: Meisterwerke nordischer Baukunst. Luzern, Motovun 1993. ISBN 3-86047-239-9

Quellen

  1. a b Bericht über die Eröffnung des Ausstellungszentrums (Zugriff: 02.04.2007)
  2. http://www.arild-hauge.com/innskrifter3.htm
  3. Erich Burger: Norwegische Stabkirchen: Geschichte, Bauweise, Schmuck. Köln, DuMont 1978. ISBN 3-7701-1080-3
  4. Ola Storsletten / Yasuo Sakuma: Die Stabkirchen Norwegens: Meisterwerke nordischer Baukunst. Luzern, Motovun 1993. ISBN 3-86047-239-9
  5. http://www.etojm.com/Tysk/Norwegen/Kultur/Kirchen/BorgundStavkirke.htm
  6. Website des Kirchennachbaus (englisch)