Crossdressing
Cross-Dressing ist, unabhängig vom jeweiligen Beweggrund, das Tragen der spezifischen Bekleidung eines anderen Geschlechts.
Das Wort wurde in den frühen 1970er Jahren in den USA von einer Gruppe von heterosexuellen Cross-Dressern geprägt, um die bestehenden Assoziationen von Transvestitismus zu Schwulen und transvestitischem Fetischismus zu vermeiden. Während der Begriff schnell aufgegriffen wurde, um jedwedes Tragen andersgeschlechtlicher Bekleidung zu bezeichnen, trifft man es auch noch in der ursprünglichen Bedeutung an.
Cross-Dressing, das Ausdruck der Geschlechtsidentität einer Person ist, wird zu Transgender gerechnet, anderes Cross-Dressing nicht.
Allerdings ist es bei historischen Personen nicht mehr nachvollziehbar, inwieweit ihr Cross-Dressing eine Frage der Geschlechtsidenität war. Daher wird solches Cross-Dressing, wenn es über längere Zeit hindurch und nicht nur offensichtlich durch direkte Notwendigkeit (Flucht, Angst vor Vergewaltigung etc.) bedingt war, unter Geschichte des Transvestitismus abgehandelt.
Cross-Dressing als Ausdruck von Geschlechtsidentität
Transgender verspüren, unabhängig von der Ausprägung, auch den Wunsch, ihre Geschlechtsidentität nach Außen auszudrücken, dazu gehört, neben Manierismen und Stimme und Sprache in erster Linie die Bekleidung. Daher praktizieren außer in extremen Umständen (Gefängnis, Verfolgung von Cross-Dressing etc) eigentlich alle Transgender Cross-Dressing; wobei dieses entweder in die Alltagsbekleidung integriert sein kann oder explizit, dann häufig im Verborgenen oder Privaten, durchgeführt werden kann.
Insbesondere "Frauen" (siehe Transmann) haben die Möglichkeit, "männliche" Bekleidungsstücke in die Alltagsbekleidung zu integrieren, was bewusst oder unbewusst geschehen kann. Das Cross-Dressing ist üblicherweise nicht mit sexueller Erregung oder sexuellen Handlungen verbunden. "Weibliche" Cross-Dresser legen im Allgemeinen nicht nur wenig Wert auf frauentypische Kleidung, sondern auch wenig Wert auf frauentypische Berufswahl, oder generell auf als frauentypisch verstandenes Verhalten.
"Männer" (siehe Transfrau) haben diese Möglichkeit umgekehrt weniger, so dass es hier häufiger zu bewusstem Cross-Dressing kommt, dies aber auch wesentlich häufiger Probleme auslösen kann (z.B. wenn eine Ehefrau dies entdeckt). Ebenso kommt es hier gelegentlich zu Kompensation; sprich, während im Alltag oft besonders gut versucht wird, die männliche soziale Rolle auszufüllen, wird das Cross-Dressing "nur" als Transvestitismus oder auch Transvestitischer Fetischismus verstanden, ohne mit der eigenen Geschlechtsidentität zusammenzuhängen. Während dies natürlich auch der Fall sein kann, gibt es nicht nur viele Transfrauen, welche später vollständig die Geschlechtsrolle wechselten, die von entsprechenden Phasen berichten. Immer mehr "männliche" Cross-Dresser versuchen auch, das Empfinden von Weiblichkeit in ihr Leben zu integrieren. Das Cross-Dressing kann, muss aber nicht mit sexueller Erregung oder sexuellen Handlungen verbunden sein.
Daher lässt sich, während Cross-Dressing im Allgemeinen von allen Transgender praktiziert wird, nicht vorhersagen, ob und inwieweit jemand, welcher zur Zeit nur Cross-Dressing betreibt, später permanent die Geschlechtsrolle wechseln wird, und inwieweit diese Person dafür juristische oder medizinische Maßnahmen benötigen würde.
Diese Form des Cross-Dressings wird häufig, wie jeder Ausdruck einer von der Norm abweichenden Geschlechtsidentität, fast immer sanktioniert; die Sanktionen reichen von Ablehnung aus dem sozialen Umfeld bis zur Todesstrafe.
Siehe auch: Heteronormativität
Cross-Dressing als Mittel zum Zweck
(1. Weltkrieg)
Verkleidung
Am bekanntesten dürfte Cross-Dressing als extreme Form der Verkleidung sein, um widrigen Umständen zu entkommen. Dazu gehören unter anderem Frauen, die Männerkleider tragen, um Vergewaltigungen zu entkommen, was besonders häufig in kriegerischen Situationen auftritt. Auch sind etliche Fälle bekannt, wo Gefangene in der Kleidung des anderen Geschlechts flohen. Auch heute noch und in Friedenszeiten sehen sich Frauen zu diesem Schritt genötigt. Über Yeter Tayyar gab es einen Bericht in der Tagesschau.
Cross-Dressing im Theater
Wohl zu den bekanntesten Cross-Dressern der Theaterwelt zählt Sarah Bernhardt, die um eine bestimmte Rolle spielen zu können in Männerkleider schlüpfte. So spielte sie zum Beispiel 1899 den Hamlet in Shakespeares gleichnamiger Tragödie. Freilich war der Begriff hierfür damals noch nicht geprägt. Sie wurde dennoch dafür bewundert und bestaunt.
Zeitgenössische Inszenierungen, insbesondere wenn mit kleinem Budget auf Torunee gegangen werden muss, bedienen sich allgemein gerne dem Mittel der Besetzung von mehreren Rollen mit ein und dem selben Darsteller. Meist handelt es sich um eine Kombination aus Sprechrolle und Statistenrollen. Die Statistenrolle wird dann für den Zuseher zumindest formal durch andere Bekleidung, Accessoirs oder auch künstliche Bärte von der ersten Rolle abgetrennt. Die Auftrittsfolge muss darauf natürlich abgestimmt sein. Hierbei kommt es nicht selten zu Cross-Dressing.
Cross-Dressing als Verkleidung im Film
Cross-Dressing im Film tritt fast ausschließlich in dieser Form auf. Frauen in Männerkleidung waren besonders oft im deutschen Film um 1930 zu sehen (Renate Müller in Viktor und Viktoria, Dolly Haas in Liebeskommando). In der Nachkriegszeit vertauschte Liselotte Pulver in der Rolle einer enführten Grafentochter im Rahmen des Films Das Wirtshaus im Spessart ihre Kleider. Auch in neueren Filmen sind Frauen wiederum in entsprechenden Rollen zu sehen, z.B. Barbra Streisand in Yentl oder Julie Andrews in Victor/Victoria.
Bei neueren Versionen von Cross-Dressing handelt es sich aber in der Mehrzahl um Männer in Frauenkleidern. Diese Männer tun dies im Rahmen der Rolle, um vor etwas zu fliehen (Manche mögen's heiß durch Curtis und Lemmon), aus Gefälligkeit (Charleys Tante durch Chaplin, Rühmann, Alexander und andere, ursprünglich ein Theaterstück) oder um etwas zu erreichen, was sie als Mann nicht erreichen können (Tootsie durch Hoffman).
In der Persiflage Das Leben des Brian werden zahlreiche Aspekte des Cross-Dressings in mehr oder weniger ernster Weise aufgegriffen. So bemüht sich Brian bei der Flucht vor den Römern kurzentschlossen um einen Bart auf dem Markt, der sonst üblicherweise nur von den lokalen Frauen gekauft wird, da diese sich für die Beiwohnung bei Steinigungen verkleiden mussten, an denen sie sich sonst nicht beteiligen dürften. Die Frage "Sind Frauen anwesend?" wird bei solchen Hinrichtungen im Film oftmals mit unüberhörbar weiblichen Stimmen beantwortet ohne dass großes Misstrauen aufkommt. Brians Mutter wurde dagegen von Terry Jones in Frauenkleidern dargestellt und wurde in der deutschen Synchronisation mit hoher Fistelstimme versehen. Das theatertypische Mehrfach-Engagement der Darsteller wurde ebenso praktiziert.
Ein Beispiel für besonders zugespitztes Cross-Dressing ist die österreichische Komödie Zauber der Montur/Wenn Mädchen ins Manöver zieh'n (1958): Hier verkleiden sich notgedrungen Maria Sebaldt und Christine Görner als adelige Offiziere, ihre Freunde Harald Juhnke und Gunther Philipp aber als deren Frauen. Alle vier müssen sich schließlich mit einem falschen Oberst (Grethe Weiser) auseinandersetzen.
Charakteristisch für dieses Genre ist, dass an der wahren geschlechtlichen Identität der cross-dressenden Protagonisten nicht die geringsten Zweifel geweckt werden (dürfen), üblicherweise behält der cross-dressende Mann daher "männliche" Verhaltensweisen (was zu mehr oder weniger komischen Situationen führt) und verliebt sich in eine Frau. Am Ende wird die Verkleidung entdeckt oder abgelegt, so dass auch hier kein Zweifel am wirklichen Geschlecht der Protagonisten aufkommen kann.
Ausnahmen von dieser Regel gibt es nur sehr wenige, nahezu ausschließlich in Independent-Filmen, selten auch in Fernseh-Filmen. Häufig handelt es sich dann um biographische oder pseudo-biographische Filme.
Cross-Dressing als politische Aussage
Cross-Dressing kann auch für eine politische und/oder soziale Aussage benutzt werden, am bekanntesten dürfte dies aus der Lesben- und Schwulenbewegung sein, wobei sich dies hier gelegentlich mit einem Cross-Dressing als Ausdruck von Geschlechtsidentität überschnitt. Als politische Aussage allerdings ist es hier aus der Öffentlichkeit seit den 1980er Jahren weitestgehend verschwunden. Es lebt allerdings weiterhin auf der Bühne und als Drag zu den CSDs; allerdings ist hier die politische Aussage weitestgehend geschwunden, und es handelt sich nur noch um einen mehr oder weniger akzeptierten Ausdruck der entsprechenden Subkultur.
Gelegentlich wird Cross-Dressing auch ohne jeden Zusammenhang mit Lesben, Schwulen und/oder Transgendern benutzt, um Aufmerksamkeit für eine politische Aussage zu erregen; denn insbesondere ein Mann in Frauenkleidern kann sich dieser sicher sein. So zogen beispielsweise einige Mitglieder der Kommune 1 zu einigen Aktionen Frauenkleider an.
Cross-Dressing als rituelle oder kulturelle Handlung
Cross-Dressing kommt auch bei rituellen und/oder kulturellen Handlungen und Traditionen vor, wovon in westlichen Kulturen allerdings nicht viel übriggeblieben ist; allenfalls noch das Männerballett zu Karneval.
Bemerkenswert ist dazu, dass beispielsweise das Funkenmariechen des Kölner Karnevals ursprünglich ein Mann in Frauenkleidern gewesen ist, was erst im Dritten Reich- zusammen mit dem Wechsel der traditionell männlichen Besetzung der Jungfrau des sogenannten Kölner Dreigestirns durch eine Frau – geändert wurde, um homosexuelle Anspielungen auszuschließen. (Jedoch wurde nach dem Krieg die "Jungfrau" wieder männlich).
Ebenso wurden im Theater Frauen seit der Antike von Männern dargestellt. Erst in der Neuzeit wurden Frauenrollen mit wirklichen Frauen besetzt.
In anderen Kulturen hat oder hatte Cross-Dressing allerdings oft einen wichtigen Stellenwert. So gehört der sexuelle Rollentausch, augenscheinlich repräsentiert durch den Tausch der Kleidung, auf den pazifischen Inseln zu einem wichtigen Gegenstand nunmehr christlicher Feste.