Geilenkirchener Kreisbahn
Die Geilenkirchener Kreisbahn war eine 38 km lange Schmalspurbahn, deren betrieblicher Mittelpunkt der Geilenkirchener Kreisbahnhof war. Von dort erschlossen zwei Äste den strukturschwachen, ländlich geprägten Selfkant und den nördlichen Teil des Alsdorfer Kohlereviers. Der Betrieb wurde bereits ab 1953 reduziert und 1971 ganz eingestellt. Ein erhaltenes Reststück von 6 km Länge wird heute unter dem Namen Selfkantbahn als Museumseisenbahn betrieben.
Die Eigentümergesellschaft der Bahn ist aufgegangen in der WestEnergie und Verkehr GmbH, deren Geschäftstätigkeit hauptsächlich im Betrieb von Überlandbuslinien besteht und deren Eisenbahnaktivitäten sich nunmehr auf die Infrastrukturunterhaltung der musealen Selfkantbahn-Strecke und den Güterumschlag am regelspurigen Geilenkirchener Güterbahnhof beschränken.
Geilenkircher Kreisbahn | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
|
Geschichte
Die Geilenkirchener Kreisbahn (GKB) war ein Eigenbetrieb des früheren Kreises Geilenkirchen in der preußischen Rheinprovinz, der 1932 mit dem Nachbarkreis zum Selfkantkreis Geilenkirchen-Heinsberg vereinigt wurde. Zusammen mit dem früheren Kreis Erkelenz entstand daraus 1972 der Kreis Heinsberg. Der Kreis finanzierte den Bau der Bahn, den die Stettiner Firma Lenz & Co ausführte. Ihre Tochter, die Westdeutsche Eisenbahn-Gesellschaft, seit 1928 die Vereinigten Kleinbahnen AG in Frankfurt am Main, übernahm die Betriebsführung, bis 1951 die Kreiswerke Geilenkirchen-Heinsberg GmbH sich selbst damit befassten.
Aufbau des Schienennetzes
Von dem um 1900 geplanten Kleinbahnnetz in Meterspur, das sich einerseits über die niederländische Grenze hinaus und andererseits bis ins Brohltal erstrecken sollte, wurden nur die Bergheimer Kreisbahnen, Brohltalbahn, Cöln-Bonner Kleinbahnen, Euskirchener Kreisbahnen, Geilenkirchener Kreisbahn und die Kleinbahn Mödrath-Liblar-Brühl realisiert.
Die Strecke der Geilenkirchener Kreisbahn verlief von Alsdorf bis Tüddern. Die 37,8 km lange Strecke, die das Aachener Steinkohlenrevier mit der ländlich geprägten Region des Selfkants verband, wurde von der Westdeutschen Eisenbahn-Gesellschaft in Köln, ein Tochterunternehmen der Stettiner Firma Lenz & Co., erbaut. Die ursprünglich geplante Verlängerung von Tüddern in das benachbarte niederländische Sittard wurde aus politischen Gründen nicht genehmigt.
Das meterspurige Kleinbahnnetz wurde am 7. April 1900 in Betrieb genommen. Ausgangspunkt war der Kleinbahnhof (später Kreisbahnhof) der Kreisstadt Geilenkirchen, ein Kopfbahnhof, der nahe dem Staatsbahnhof der Strecke Aachen–Mönchengladbach lag. Eine 17 km lange Strecke führte in südöstlicher Richtung nach Puffendorf, wo Anschluss an die Jülicher Kreisbahn bestand, und weiter nach Alsdorf Kleinbahnhof im nördlichen Teil des Aachener Kohlenreviers. Hier bestand eine Umsteigemöglichkeit in die Straßenbahnlinie über Mariadorf nach Eschweiler. Der Staatsbahnhof Alsdorf lag 800 m entfernt an der Strecke Herzogenrath–Stolberg.
Die andere Strecke erschloss das Selfkantgebiet, die Westspitze des Kreises, über Gillrath – Langbroich-Schierwaldenrath – Gangelt bis zu ihrem Endpunkt Tüddern (22 km). Allerdings war das letzte Teilstück ab Süsterseel für die – nie gebaute – „Selfkantbahn“ des Kreises Heinsberg vorgesehen und ging erst 1905 in das Eigentum des Kreises Geilenkirchen über.
Niedergang der Schmalspurbahn und Aufbau des Überlandbusnetzes
Die finanzielle Lage der Kreisbahn wechselte im Laufe der Jahrzehnte mehrmals, je nachdem wie sich die allgemeine Wirtschaftslage entwickelt hatte.
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die Kreisbahn ihren Betrieb trotz der erlittenen erheblichen Schäden wieder auf: die Alsdorfer Strecke am 1. Februar 1946, die Tüdderner Strecke – nach zweijähriger Unterbrechung – am 6. September 1946. Allerdings fehlte auch dann noch die Wurmbrücke bei Geilenkirchen, so dass die Züge vor dem 11. Januar 1947 nur von und bis Bauchem verkehren konnten. Als die Niederlande in den Jahren 1949 bis 1963 das Selfkantgebiet verwalteten, wurde der Endpunkt nach Gangelt verlegt und der Gesamtbetrieb auf dem Reststück von 7 km Länge auch später nicht wieder aufgenommen.
Seit Beginn der 1950er Jahre wurde der Betrieb der Geilenkirchener Kreisbahn etappenweise beendet. Der Personenverkehr blieb auf der Strecke Geilenkirchen–Alsdorf bis zum 17. Mai 1953 und Geilenkirchen–Gangelt bis zum 1. Oktober 1960 erhalten.
Der Motorisierungsgrad der Bauern stieg in den 1970er Jahren deutlich an. Mit neuen, leistungsfähigen Traktoren oder LKWs war man nun in der Lage, das Erntegut direkt vom Hof bis zur Weiterverarbeitung (Genossenschaft oder auch Zuckerfabrik) zu transportieren. So endete auch der Güterverkehr auf dem südlichen Ast ab Puffendorf bis Alsdorf am 17. Mai 1953, ab Jakobshäuschen am 22. Dezember 1963 und ab Geilenkirchen am 30. November 1966. Auf dem westlichen Ast kam er ab Langenbroich am 4. Dezember 1969 und ab Geilenkirchen am 1. Juli 1971 zur Einstellung.
Kreiswerke Heinsberg
Den Personenverkehr übernahm der bahneigene Kraftverkehr, der schon seit dem 4. Dezember 1949 immer mehr Linien eröffnete, mit Autobussen. Man reagierte damit auf der einen Seite auf das gestiegene Komfortbedürfnis der Fahrgäste, denn der schlechte Oberbau der Bahnstrecke ließ einen störungsfreien Betrieb kaum mehr zu, auf der anderen Seite waren Busse flexibler einsetzbar und im Betrieb preiswerter.
So konnte man beispielsweise die langersehnte grenzüberschreitende Verlängerung der Verbindung Geilenkirchen - Gangelt - Tüddern ins niederländische Sittard in Form einer Buslinie schon 1953 eröffnen (heutiger Schnellbus 3).
Parallel zur Entwicklung des GKB-Kraftverkehrs entstand im Erkelenzer Land schon 1934 die Verkehrsgesellschaft Erkelenz GmbH (kurz auch nur Verkehrsgesellschaft genannt), welche schon 1938 über 11 Omnibusse auf 7 Linien verfügte. 1965 entstand ein eigener Betriebshof in Erkelenz.
Der Kraftverkehr der GKB wurde zum 1. Januar 1975 mit dem Kraftverkehr Erkelenz in einem Betrieb unter der Firma Kreiswerke Heinsberg GmbH zusammengefasst.
Gegenwart
WestEnergie und Verkehr GmbH
Die WestEnergie und Verkehr GmbH entstand im Jahr 2003 aus dem Zusammenschluss der KWH (Kreiswerke Heinsberg) und der Westdeutschen Licht- und Kraftwerke (WLK). Unternehmensintern ist der Ausdruck "Kreisbahn" allerdings noch ein griffiger und gängiger Ausdruck.
Die "west" versorgt mit rund 120 Bussen ein 689 km großes Liniennetz im Heinsberger Land. Hauptsächlich ist der Verkehr auf den Transport von Schülern ausgerichtet, deshalb folgen bis auf einige wenige Schnellbusverbindungen die Buslinien keinem einheitlichen Takt. Während der Verkehr werktags oftmals schon nach 19 Uhr endet, kommt dieser am Wochenende nahezu ganz zum Erliegen. Um dennoch Verkehrsleistungen in Schwachzeiten anbieten zu können setzt man daher auf ein Rufbus-System, den sogenannten "Multi-Bus".
Die Eisenbahnaktivitäten der "west" beschränken sich nunmehr lediglich auf die Infrastrukturunterhaltung der musealen Selfkantbahn-Strecke und den Güterumschlag am regelspurigen Geilenkirchener Güterbahnhof.
Museumsbahn „Selfkantbahn“
Unter dem Namen Selfkantbahn ist das übrig gebliebene Teilstück der ehemaligen Geilenkirchener Kreisbahn bekannt. Die nicht ganz 6 km lange Strecke ist die letzte erhaltene 1000 mm-Kleinbahn in Nordrhein-Westfalen. Der heutige Betreiber ist der Verein Interessengemeinschaft Historischer Schienenverkehr e.V. (IHS).
1969 begann auf dem Abschnitt Geilenkirchen - Gillrath - Schierwaldenrath - Gangelt ein erster historischer Schienenverkehr, aus dem schließlich die heutige Selfkantbahn hervorging. Der ursprüngliche Plan der Museumsbahn-Aktivisten, die Strecke zu elektrifizieren und hier Fahrzeuge der bald darauf stillgelegten Aachener Straßenbahn einzusetzen, scheiterte an den hohen Kosten.
Seit 1973 wird allerdings nur noch auf dem ca. 5,5 km langen Teilstück zwischen Geilenkirchen-Gillrath und Langbroich-Schierwaldenrath ein Museumsbetrieb mit regelmäßigen Dampflokomotiveinsätzen durchgeführt. Der Grund für diese Verlagerung weg vom ehemaligem Betriebsmittelpunkt Geilenkirchen lag darin, dass der Oberbau der Strecke zwischen Geilenkirchen und Gillrath zu schlecht war, um mit Schienenfahrzeugen noch regelmäßig befahren werden zu können. Außerdem wollte man bei der Modernisierung von Straßen im Selfkantgebiet Kosten für die Neuerrichtung von Bahnübergängen sparen.
Dennoch plant die IHS, die Strecke westlich bis Gangelt und östlich bis zur Ortsumgehung von Geilenkirchen zu verlängern. Damit soll eine größere touristische Attraktivität erreicht werden. Aus finanziellen Gründen sind diese Pläne zur Zeit nicht zu realisieren.
- Fahrplan und Betrieb
Der museale Bahnverkehr findet sonn- und feiertäglich jeweils zwischen Ostern (Saisonbeginn) bis Ende September/ Anfang Oktober (Saisonende) und in der Vorweihnachtszeit statt.
Die in der Vorweihnachtszeit durchgeführten Fahrten mit dampfbespannten "Nikolauszügen" erfreuen sich ebenfalls großer Beliebtheit.
Der Betriebsmittelpunkt mit Werkstätten, Bekohlungsvorrichtung (im echten Handbetrieb) und umfangreichen Abstellmöglichkeiten für Lokomotiven und Wagen befindet sich in Schierwaldenrath.
- Zielsetzung
Die IHS versucht, ein möglichst originalgetreues Abbild des ländlichen Schienenverkehrs in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts darzustellen. Das war die Zeit, als viele ländliche Regionen Deutschlands durch mittlerweile stillgelegte Kleinbahnen, welche oft den jeweiligen Landkreisen gehörten, erschlossen waren.
Das Kleinbahnmuseum der Selfkantbahn hat zwischenzeitlich einen Bestand von über 60 Fahrzeugen, die teilweise im Museumsverkehr eingesetzt werden. Die restlichen Fahrzeuge sind in der großen Wagenhalle museal aufgestellt und durch Hinweistafeln erläutert. Zwischenzeitlich ist hier eine beträchtliche Anzahl Fahrzeuge der ehemaligen MEG (Mittelbadischen Eisenbahnen AG) untergestellt, so dass sogar stilechte MEG-Zuggarnituren gebildet werden können. Das gesamte Areal (mit Werkstätten, Wagenhalle und Lokschuppen) kann kostenlos besichtigt werden.
Fuhrpark
Eisenbahn
Die Triebfahrzeuge der GKB waren anfangs vier zweiachsige Dampflokomotiven des Lenz-Typs "h", die kurz später von vierachsigen Malletloks abgelöst wurden (Typen "lm" und "mm").
1936 begann die Ablösung der Dampflokomotiven durch Dieseltriebfahrzeuge mit einem Wismarer-Leichttriebwagen Typ Frankfurt, der als VT 100 eingereiht wurde.
1955 wurden zwei Diesellokomotiven von Klöckner-Humboldt-Deutz AG in Betrieb genommen (Betriebsnummern V 10 und V 11). Diese Lokomotiven wurden 1973 nach Togo verkauft. Die V 11 kam am 12. Januar 2001 wieder zur Selfkantbahn zurück, nachdem 1999 ein Mitarbeiter der Selfkantbahn die Lokomotive im Bahnhof der Hauptstadt Lomé in nicht betriebsbereitem Zustand zufällig entdeckte und sehr günstig zurückkaufen konnte. Die Maschine befindet sich in Aufarbeitung. Eine Wiederinbetriebnahme ist für das Jahr 2007 vorgesehen.
Omnibusse
Die "west" verfügt über rund 120 Omnibusse der Marken "Mercedes-Benz-Bus" und MAN. Der Fuhrpark ist auf die beiden Betriebshöfe Geilenkirchen und Erkelenz und die Außenstellen Gangelt und Heinsberg verteilt. Der Umwelt zuliebe lässt die "west" ihre Busse mit Biodiesel (aus Rapsöl aus der Region) fahren.
Literatur
- Henning Wall: Die Geilenkirchener Kreisbahn. Schweers + Wall, Aachen 1997. ISBN 3-921679-70-2
- Gerd Wolff: Deutsche Klein- und Privatbahnen, Band 4: Nordrhein-Westfalen – Südlicher Teil. EK-Verlag, Freiburg 1997. ISBN 3-88255-660-9
Siehe auch
Weblinks
- http://www.west-euv.de/
- http://www.selfkantbahn.de/
- http://www.selfkantbahn-impressionen.de/
- Fahrplan der Geilenkirchener Kleinbahn von 1944
Vorlage:Navigationsleiste Bahnen und Strecken in der Region Aachen