Zum Inhalt springen

Blues-Messe

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 30. April 2007 um 12:23 Uhr durch Jergen (Diskussion | Beiträge) (linkkorr). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Eine Blues-Messe ist ein Gottesdienst mit Blues-Musik. Dieser Gottesdiensttyp spielte eine besondere Rolle im Widerstand Jugendlicher gegen das DDR-Regime. Die Blues-Messen fanden regelmäßig in der Samariter-Kirche in Berlin-Friedrichshain, später zusätzlich in der Auferstehungskirche und schließlich auf dem Grundstück der Erlöserkirche statt. Zur ersten Blues-Messe am 1.06.1979 kamen 250 Teilnehmer. Der überwiegende Teil von ihnen hatte bis dahin noch nie eine Kirche betreten. Die Teilnehmerzahl stieg später auf 7000 (24.06.1983) an und war Ausdruck des Jugendprotestes und der Jugendkultur der DDR. Bis zum Herbst 1986 fanden insgesamt 20 Veranstaltungen statt.

Initiiert wurden die Blues-Messen von Günter „Holly” Holwas, der den Pfarrer der Samariter-Gemeinde Rainer Eppelmann für diese Idee gewann. Eppelmann, der damals Kreisjugendpfarrer in Berlin-Friedrichshain war, bestand jedoch darauf, dass die Veranstaltungen in einen gottesdienstähnlichen Rahmen gestellt wurden. Neben der Musik verlasen Rainer Eppelmann und Pfarrer Heinz-Otto Seidenschnur Bibeltexte und kamen auch kleine Sketche zur Aufführung, die überwiegend politische Inhalte hatten. Die Staatsführung versuchte die Veranstaltungen zu untersagen, da es sich ihrer Meinung nach nicht um Gottesdienste handele und daher eine besondere Genehmigung notwendig sei. Damit konnte sie sich nicht durchsetzen, da der Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR darauf bestand, dass nur Pfarrer entscheiden könnten, was ein Gottesdienst sei. Allerdings versuchte der Bund vor allem unter Werner Krusche den Gottesdienstcharakter zu stärken. Schließlich beendete der Kirchenbund die Veranstaltungsreihe 1986, um den vom Staat in Aussicht gestellten Kirchentag 1987 nicht zu gefährden.

Neben Hollys Bluesband traten Stefan Diestelmann, Freygang, Jonathan Blues Band, Monokel und Tröger-Lied, aber auch kirchliche Gruppen zu den Blues-Messen auf. Die zur Aufführung gebrachte Musik beschränkte sich nicht nur auf Blues, später kamen auch Rock und Punk hinzu. Besonders die aufmüpfige Punk-Kultur war der DDR-Führung und der Kirche ein Dorn im Auge, zumal auch Punks aus West-Berlin anreisten.


Siehe auch


Quelle

  • Bye, Bye Lübben City, Bluesfreaks, Tramp's und Hippies in der DDR, herausgegeben von Michael Rauhut und Thomas Kochan, Schwartzkopf&Schwartzkopf Verlag GmbH, Berlin 2004, ISBN 3-89602-602-X