Die zwölf Geschworenen (1957)
Film | |
Titel | Die 12 Geschworenen |
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Originaltitel | 12 Angry Men |
Produktionsland | USA |
Originalsprache | Englisch |
Erscheinungsjahr | 1957 |
Länge | 92 Minuten |
Stab | |
Regie | Sidney Lumet |
Drehbuch | Reginald Rose (Buch und Drehbuch) |
Produktion | Henry Fonda und Reginald Rose |
Musik | Kenyon Hopkins |
Kamera | Boris Kaufman |
Schnitt | Carl Lerner |
Besetzung | |
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Die 12 Geschworenen ist das Spielfilmdebüt des US-amerikanischen Regisseurs Sidney Lumet aus dem Jahr 1957 und wurde von der Produktionsfirma Orion-Nova Productions für den Filmverleih United Artists produziert. Das kammerspielartige Justizdrama ist eine Kinoadaption des gleichnamigen Fernsehspiels von Reginald Rose, das am 20. September 1954 ebenfalls unter der Regie Lumets im Rahmen der Fernsehserie Studio One ausgestrahlt wurde.
Der Film in seiner Original-Kinofassung von 1957 gilt bei Soziologen und Psychologen bis heute als ein Musterbeispiel zur Anschauung von Rollenverhalten, Gruppenverhalten und gruppendynamischen Prozessen. Siehe auch Weitere Fassungen.
Handlung
Sechs Tage nach Beginn eines Mordprozesses, in dem ein 19-jähriger Puertoricaner aus den Slums des kaltblütigen Mordes an seinem Vater beschuldigt wird, ziehen sich die zwölf Geschworenen in das Geschworenenzimmer (engl. jury room) des Gerichts zurück, um über das Urteil zu beraten. Der Prozess scheint durch zwei Zeugenaussagen eindeutig gegen den Beklagten entschieden zu werden, doch im ersten Wahlgang enthält sich der Geschworene Nr. 8 als einziger der zwölf Geschworenen der Stimme, während die anderen elf den Jungen für schuldig erklären. Geschworener Nr. 8, im wahren Leben Architekt und Vater dreier Kinder, kann nicht sagen, ob der Angeklagte unschuldig ist, kann aber auch nicht eine eindeutige Schuld bei dem vermeintlichen Mörder erkennen, der seinen Tod auf dem elektrischen Stuhl finden wird, sollte es zu einem einstimmigen Schuldspruch kommen. Im Verlauf des Films rekonstruiert Geschworener Nr. 8 – unterstützt von denjenigen, die sich bereits auf seiner Seite befinden – den angeblichen Tathergang und deckt Ungereimtheiten in der Beweisführung der Staatsanwaltschaft auf. Es gelingt ihm in hitzigen Auseinandersetzungen nach und nach, die Argumente und Vorurteile der Mitgeschworenen zu entkräften und sie vom Schuldspruch abzubringen. Als Geschworener Nr. 8 auch die zwei belastenden Zeugenaussagen erfolgreich in Zweifel gezogen hat, steht das Votum elf zu eins für „unschuldig“ und nur der aufbrausende und befangene Geschworene Nr. 3, der unter der langjährigen Trennung von seinem eigenen 18-jährigen Sohn leidet und seinen Hass auf den gleichaltrigen Angeklagten projiziert, ist von der Schuld des Angeklagten überzeugt. Er bricht jedoch in der letzten Szene unter dem Druck der anderen elf Geschworenen zusammen und schließt sich dem Freispruch des Angeklagten an.
Entstehungsgeschichte
Die 12 Geschworenen basiert auf dem gleichnamigen Fernsehspiel von Reginald Rose, das am 20. September 1954 im Rahmen der Fernsehserie Studio One ausgestrahlt wurde. Von der ursprünglichen Besetzung die aus Norman Fell, John Beal, Franchot Tone, Walter Abel, Lee Philips, Bart Burns, Paul Hartman, Robert Cummings, Joseph Sweeney, Edward Arnold, George Voskovec und Will West bestand, gehörten nur Joseph Sweeney (Geschworener Nr. 9) als zerbrechlich wirkender alter Mann und George Voskovec (Geschworener Nr. 11) als eingewanderter Uhrmacher zur Besetzung der Kinoadaption. Um eine klaustrophobische Stimmung zu erzeugen, verwendete Regisseur Sidney Lumet für die Filmkameras Linsen mit einer längeren fokalen Brennweite, so dass aus der Sicht des Zuschauers die Darsteller mit dem Bildhintergrund verschmelzen. Weil die intensiven Proben für den Film ganze zwei Wochen verschlangen, wurde Die 12 Geschworenen in nur 21 Tagen abgedreht.
Rezeption
Das von Hauptdarsteller Henry Fonda und Drehbuchautor Reginald Rose produzierte Justizdrama gewann zwar die Gunst der Kritiker und zahlreiche Filmpreise, doch an den Kinokassen war Sidney Lumets Debütfilm kein Erfolg beschieden. Der auf 340.000 US-Dollar geschätzte Film spielte noch nicht einmal die Produktionskosten wieder ein. Die 12 Geschworenen gilt heute als Filmklassiker und begründete Sidney Lumets erfolgreiche Regiekarriere, die er mit Werken wie der Krimiadaption Mord im Orient-Express (1974) oder der Mediensatire Network (1976) untermauerte.
Anmerkungen
- Über viele Jahre war nur der Verbleib der Filmrollen über die erste Hälfte des Fernsehspiels bekannt, das als Vorlage für den Spielfilm diente und im Rahmen der Serie Studio One ausgestrahlt wurde. Sie befanden sich seit 1976 im Besitz des Museum of Television and Radio. Im Jahre 2003 wurde eine komplette 16-mm-Filmfassung des Fernsehspiels entdeckt, die sich im Besitz von Samuel Liebowitz, einem ehemaligen Staatsanwalt und Richter befand. Heute befinden sich diese komplette Fassung ebenfalls im Besitz des Museum of Television and Radio.
- Nicht eine Frau fand sich in der Schauspielbesetzung von Die 12 Geschworenen wieder, und nur eine, die spätere Kurzfilm-Regisseurin Faith Hubley, wirkte als Script Supervisor bei der Produktion mit.
- Henry Fonda wurde vom Filmstudio United Artists gefragt, ob er Interesse an dem Film hätte. Im Nachhinein übernahm Henry Fonda neben der Rolle als Schauspieler auch den Produzentenposten, eine Position, die ihn sehr frustrierte, und er schlüpfte, abgesehen von der zwei Jahre später entstandenen Fernsehserie The Deputy, nie wieder in die Produzentenrolle.
- Henry Fonda mochte es nicht, einen Film anzusehen, bei dem er mitwirkte. So sah er sich im Schnittraum nicht den gesamten Film an, entgegnete aber Sidney Lumet, als er den Raum verließ: „Sidney, er ist großartig“ („Sidney, it's magnificent.“).
- Im Geschworenenzimmer werden die Charaktere nur durch ihre Nummern identifiziert, in deren Reihenfolge sie um den Tisch sitzen. Nur zwei Charaktere geben ihren Familiennamen preis. In einem Epilog treffen sich Henry Fonda (Geschworener Nr. 8) und Joseph Sweeney (Geschworener Nr. 9) an den Stufen des Gerichtsgebäudes und verlieren ihre Anonymität, indem sich Sweeney als McCardle und Fonda als Davis vorstellen.
Auszeichnungen
Die 12 Geschworenen wurde bei der Academy Award-Verleihung 1958 für drei Oscars nominiert, darunter für den besten Film und die beste Regie, konnte sich aber seinerzeit nicht gegen David Leans Kriegsdrama Die Brücke am Kwai durchsetzen, das in sieben Kategorien ausgezeichnet wurde, u. a. auch als bester Film des Jahres und David Lean als bester Regisseur. Henry Fonda wurde mit dem britischen Filmpreis BAFTA im gleichen Jahr als bester ausländischer Darsteller geehrt. Sidney Lumet gewann 1957 auf der Berlinale u. a. den Goldenen Bären für den besten Film.
Nominiert in den Kategorien
- Bester Film
- Beste Regie
- Bestes adaptiertes Drehbuch
BAFTA-Award 1958
- Bester ausländischer Darsteller (Henry Fonda)
- nominiert als bester Film
Golden Globe 1958
Nominiert in den Kategorien
- Bester Film – Drama
- Beste Regie
- Bester Hauptdarsteller – Drama (Henry Fonda)
- Bester Nebendarsteller (Lee J. Cobb)
Weitere
- Goldener Bär als bester Film
- OCIC-Preis
Blue Ribbon Awards 1960
- Bester ausländischer Film
Bodil 1960
- Bester amerikanischer Film
Directors Guild of America 1958
- nominiert für die beste Regie
- Bester Film
Étoile de Cristal 1958
- Prix International als bester ausländischer Film
Italian National Syndicate of Film Journalists 1958
- Bester Regisseur für einen ausländischen Film
Jussi 1958
- Beste ausländischer Darsteller (Henry Fonda)
Kinema Junpo Awards 1960
- Bester ausländischer Film
Internationales Filmfestival von Locarno 1957
- Spezialpreis
- PGA Hall of Fame – Motion Pictures
- Bestes geschriebenes amerikanisches Drama
Kritiken
- „Spannender, humorvoller, vom ersten bis zum letzten Meter von hohem menschlichen Verantwortungsbewußtsein getragener Film.“ – Filmbeobachter
- „Klaustrophobische Atmosphäre, glänzende Akteure, geschickte Kameraführung und Schnitt.“ (Wertung: 3 Sterne = sehr gut) – Adolf Heinzlmeier und Berndt Schulz in Lexikon „Filme im Fernsehen“ (Erweiterte Neuausgabe). Rasch und Röhring, Hamburg 1990, ISBN 3-89136-392-3, S. 971
Weitere Fassungen
1963 entstand ein westdeutscher Fernsehfilm unter dem Titel Die Zwölf Geschworenen unter der Regie von Günter Gräwert. Es spielten Mario Adorf (Nr. 7), Lukas Ammann (Nr. 12), Herbert Bötticher (Nr. 2), Ernst Fritz Fürbringer (Nr. 4), Heini Göbel (Nr. 1), Robert Graf (Nr. 8), Siegfried Lowitz (Nr. 3), Walter Rilla (Nr. 9), Karl-Georg Saebisch (Nr. 10), Josef Schaper (Nr. 11), Wolfgang Weiser (Nr. 5) und Ralf Wolter (Nr. 6).
1997 drehte William Friedkin mit Die 12 Geschworenen eine weitere Fernsehfassung. Hier sind Jack Lemmon und George C. Scott in den Rollen von Henry Fonda und Lee J. Cobb zu sehen.
Literatur
- Rose, Reginald: Twelve angry men : a play in three acts; stage version by Sherman L. Sergel ; adapted from the television show of the same name initially presented on Studio One, CBS-TV. Chicago, Dramatic Pub. Co., 1955. (engl. Ausgabe)