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William Murdoch

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William Murdoch, Portrait

William Murdoch - gelegendlich auch Murdock - (* 21. August 1754 in Bello Mill Cottage, Lugar, in der Grafschaft Ayrshire (Schottland), † 15. November 1834 in Handsworth bei Birmingham) war ein schottischer Ingenieur und Erfinder in der frühindustriellen Phase Großbritanniens. Er war ein Schüler James Watts und erdachte eine Reihe von wichtigen Anwendungen der Dampfmaschine wie das Lokomobil (1784) und eine Weiterentwicklung des Raddampfers. Besonderen Ruhm erwarb er durch die Erfindung der Gasbeleuchtung mittels Stadtgas (1792).

Leben und Werk

Murdoch wurde als Drittes von sieben Kindern des Mühlenpächters und ehemaligen Infanteristen John Murdoch in der Gemeinde Cumnoch geboren. Seine ersten Schuljahre verbrachte er in der Dorfschule und wechselte im zehnten Lebensjahr an die Auchinleck school, wo sein Lehrer, Autor eines damals verbreiteten Rechenlehrbuchs, sein besonderes mathematisches Talent entdeckte und förderte.

Zugleich unterstützte auch sein Vater dieses Talent und sein Wissen um mechanische Zusammenhänge und die Verarbeitung von Holz und Metall. So baute er zum Beispiel 1763 zusammen mit seinem Vater ein "hölzernes Pferd" (ein dreirädriges Fahrrad mit Pedalen, die mit den Händen bewegt wurden), was damals einiges Aufsehen erregte. Außerdem half er offenbar häufig seinem Vater auf den diversen Brückenbaustellen, die John Murdoch in der Grafschaft leitete. Die in diesem Zusammenhang zu hörende Behauptung, der junge William hätte eine dieser Brückenbauten selbst geleitet und wäre für die Konstruktion verantwortlich gewesen ist aber unbelegt und dürfte als Legendenbildung gelten.

Frühe Jahre als Ingenieur

1777, mit 23 Jahren, wanderte Murdoch die etwa 500 Kilometer von seinem Heimatort nach Birmingham, dem Zentrum der damals beginnenden industriellen Revolution, um bei dem berühmten James Watt eine Arbeitsstelle zu finden. Der hatte nur zwei Jahre zuvor die Firma Boulton & Watt gegründet, um die große Nachfrage an Dampfmaschinen zu befriedigen, und brauchte fähige Mitarbeiter. Watts Partner Boulton war von den Arbeiten des jungen Murdoch so beeindruckt, dass er ihm eine Stelle als Konstrukteur von Maschinenteilen gab. Schon ein Jahr später galt Murdoch für Boulton und Watt als unersetzlich. So verbesserte er zum Beispiel bei seinem ersten Auftrag, bei dem er auf sich allein gestellt war, bei der Aufstellung einer Standard-Dampfmaschine der Firma in einer Bleimine, die Anordnung von Zahnrädern so, dass ein Dampfauslassventil vom Kolben gesteuert wurde.

Ab 1779 war Murdoch der leitende Ingenieur, der im Auftrag von Boulton & Watt für die Grundwasserabsenkung einer Zinnmine in Cornwall verantwortlich war. Dies war seinerzeit ein übliches Vorgehen; Dampfmaschinen wurden nicht einfach verkauft, sondern von der Herstellerfirma auch betrieben und gewartet. Selbst die Bezahlung der Maschinen war anders geregelt: die Herstellerfirma bekam ein Entgeld entsprechend der Effizienz, mit der die Maschinen arbeiteten. Durch Murdochs Ideen und Neukonstruktionen wurde die Effizienz, mit der die Maschinen areiteten, so stark erhöht, dass die Zinnmine für Boulton & Watt zu einer Goldgrube wurde. Bis 1797 war Murdoch in den Minen Cornwalls als Ingenieur tätig und verbesserte dabei nicht nur ständig die Effektivität der Maschinen, sondern ersann auch völlig neue Mechanismen wie das Planetengetriebe, das erstmals eine gleichmäßige Rotation von Maschinenteilen aus der linearen Bewegung des Kolbens ermöglichte. Allerdings enthielt Murdochs Konstruktion noch nicht das heute übliche Hohlrad. 1784 entwickelte er eine Dampfmaschine, die auf einer Bodenplatte lag und ihre eigenen Räder antrieb: das erste Lokomobil, Urmodell der Dampfeisenbahn und der Kraftfahrzeuge. Während Murdoch 1784 noch mit einem funktionsfähigen Modell arbeitete hatte er bis zum Herbst 1795 eine patentreife Version einer Lokomotive auf der Basis dieses Steam cars entwickelt, die er aber auf Betreiben Boultons nicht zum Patent anmeldete. 1801 fuhr das erste Lokomobil über Großbritanniens Straßen, das Passagiere transportieren konnte. Es stammte aus Murdochs Werkstatt.

Chemische Beobachtungen

Während seiner Tätigkeit als Ingenieur kam Murdoch zwangsläufig auch mit chemischen Reaktionen in Kontakt, zum Beispiel bei der Erstellung von Zementfundamenten für seine Dampfmaschinen. Durch aufmerksame Beobachtung konnte er bei diesen Gelegenheiten Vorgänge entdecken und nützliche Anwendungen für sie finden, die von anderen Ingenieuren nicht gesehen worden waren.

Ein klassisches Beispiel für diese Vorgehensweise ist seine Entdeckung des Eisenzements, von dem erstmals 1784 Augenzeugenberichte vorliegen. Es handelt sich dabei um eine Mischung aus Ammoniak (NH4Cl) und Eisenfeilspänen, die besonders fest aushärtet. Murdoch entdeckte die Mischung angeblich, als in einem Sack diese beiden Komponenten versehentlich vermischt wurden und zu einem sehr festen Block aushärteten. Dieses Material wurde dann von Murdoch erfolgreich eingesetzt, um an kritischen Stellen seiner Dampfmaschinen (Rohrverbindungen, Ventilansätze etc.) feste und sichere Verbindungen zu schaffen. Die damaligen Materialien ließen Schweißverbindungen noch nicht zu.

Zielgerichtet war dagegen seine Entwicklung eines Ersatzstoffes für Isinglass (Hausenblase), eine kollagene Substanz, die vor Allem aus der Schwimmblase von Stören gewonnen und bei britischen Bierbrauern gebraucht wurde, um Schwebstoffe aus dem Bier zu filtern. Da Isinglass aus dem fernen Russland importiert werden musste war es sehr teuer. Murdochs Ersatz wurde aus dem sehr viel billigeren Kabeljau gewonnen, der zudem in den eigenen Gewässern gefangen werden konnte. Die Untersuchungen nahmhafter britischer Autoritäten, allen Voran des Chemikers Sir Humphry Davy, bestätigten die erfolgreiche Synthese. Murdoch wurde daraufhin vom Verband der britischen Bierbrauer eine Summe von 2.000 Pfund Sterling als Anerkennung für die Entwicklung des wesentlich billigeren British Isinglass ausgezahlt.


Siehe auch

Literatur

Commons: William Murdoch – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise