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Heinz Erhardt

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Heinz Erhardt (* 20. Februar 1909 in Riga; † 5. Juni 1979 in Hamburg) war ein deutscher Komiker, Musiker, Entertainer, Schauspieler und Dichter.

Leben

Kindheit

Heinz Erhardt war der Sohn des deutsch-baltischen Kapellmeisters Gustl Erhardt. Erhardt wuchs größtenteils bei seinen Großeltern in der lettischen Hauptstadt Riga auf, wo sein Großvater Paul Nelder ein Musikhaus führte. In der Zeit von 1919 bis 1924 lebte er in Hannover und in der Wennigser Mark. Über seinen Großvater kam Heinz Erhardt auch zum Klavierspiel. Erhardts Jugendtraum, Pianist zu werden, wurde aber von den Großeltern nicht unterstützt. Sein Großvater wollte, dass Erhardt eine kaufmännische Ausbildung erhält, und stellte seinen Enkelsohn als Lehrling in seinem Musikhaus ein.

Ehe

1935 heiratete Heinz Erhardt die Konsulstochter Gilda Zanetti, die er, wie er schreibt, in einem Fahrstuhl kennengelernt hatte. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor: Grit (1936), Verena (1940), Gero (1943) und Marita (1944). Gero Erhardt wurde Kameramann und Regisseur. Enkel Marek Erhardt ist Schauspieler.

Karriere

1938 holte Willy Schaeffers Heinz Erhardt in Berlin an das Kabarett der Komiker. Im Zweiten Weltkrieg wurde auch Erhardt als Soldat einberufen. Bei zwei Musterungen wurde er wieder nach Hause geschickt, bei der dritten kam er – als Nichtschwimmer und Brillenträger – zur Marine nach Stralsund, die für ihr Orchester einen Klavierspieler suchte. In der Folgezeit war er an verschiedenen Orten in der Truppenbetreuung tätig und hat – abgesehen von der Grundausbildung – nie mehr eine Waffe in der Hand gehabt. Nach dem Krieg ließ sich Erhardt mit seiner Familie in Hamburg-Wellingsbüttel nieder und begann seine Karriere als Radiomoderator beim NWDR fortzuführen, der 1948 auch den Komponisten Erhardt mit seiner 10-Pfennig-Oper ins Programm nahm.

Humor

Sein Humor baut in erster Linie auf Wortspielen und verdrehten Redewendungen auf. In vielen seiner Filmrollen spielt er eine Art netten, aber etwas verwirrten und schüchternen Familienvater oder Onkel, der gerne Unsinn erzählt. Gleichzeitig versuchte er in seinen Filmen meist, den typischen Deutschen aus der Zeit des Wirtschaftswunders darzustellen. Unter anderem diente er Otto Waalkes und Willy Astor als Vorbild. Berühmt ist Heinz Erhardt auch für seine zahlreichen witzigen Gedichte. Seine Darbietungen schlossen Klavierspiel, Intonierung und Tanz, meist im kleinen Format, mit ein, was sein Profil als Alleinunterhalter gut abrundete. Dennoch kamen auch etliche Partner-Nummern, so etwa im Film mit Hans-Joachim Kulenkampff oder Peter Alexander, und auf der Bühne mit Rudi Carrell oder Udo Jürgens zustande.

Eigenheiten

Auffallend an Erhardt war, dass er an einem sehr ausgeprägten Lampenfieber litt. Für seine Bühnenauftritte hatte er sich deshalb eine Brille mit Fensterglas zugelegt. Er war auf der Bühne also mehr oder minder fast blind, musste aber auch sein Publikum nicht sehen. Zudem nahm Erhardt vor Auftritten unter dem Vorwand, hinsichtlich der Bühnenbeleuchtung noch etwas klären zu müssen, oft einen „doppelten Doornkaat“ (ein Kornbrand, von ihm kurz als „Dodo“ bezeichnet) zu sich. Mit dem vorgeschobenen Grund wollte Erhardt diese Angewohnheit vor seiner Frau verbergen.

Seit 1960 war Horst Klemmer sein Manager.

Ehrungen, Krankheit und Tod

Am 11. Dezember 1971 erlitt Erhardt einen Schlaganfall, bei dem das Sprachzentrum in seinem Gehirn in Mitleidenschaft gezogen wurde, sodass er zwar lesen und verstehen, aber nicht mehr sprechen und schreiben konnte. Bedingt durch diese Aphasie zog er sich weitgehend ins Privatleben zurück.

1978/79 arbeitete er mit seinem Sohn Gero Erhardt an der Fernsehfassung der komischen Oper „Noch 'ne Oper“, die Heinz Erhardt bereits in den 30er Jahren geschrieben hatte. 1979, im Todesjahr von Heinz Erhardt, wird diese Fernsehfassung vom ZDF ausgestrahlt, mit dabei sind viele berühmte Kollegen wie Paul Kuhn, Hans-Joachim Kulenkampff, Rudolf Schock, Ilse Werner und Helga Feddersen. Heinz Erhardts Stimme wird aus früheren Rundfunkaufnahmen hinzugemischt, Sohn Gero steht hinter der Kamera.

Heinz Erhardt starb am 5. Juni 1979, vier Tage nachdem er das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland nachträglich zum 70. Geburtstag verliehen bekam. Zuvor hatte Erhardt nur eine Auszeichnung bekommen: Von der 1972 veröffentlichten LPWas bin ich wieder für ein Schelm“ waren bis 1978 über 200.000 Exemplare verkauft worden. Die Plattenfirma TELDEC und der Verlag Klemner und Müller überreichten Heinz Erhardt dafür am 31. Mai 1978 „Das Goldene Gedicht“, eine kilogrammschwere Tafel mit Erhardts Gedicht vom „Blähboy“.

Im Nachlass von Heinz Erhardt fanden sich eine Reihe von Klavier-Kompositionen, die er zwischen 1925 und 1931 geschrieben hat, und von denen 23 Stücke 1994 auf CD veröffentlicht wurden.

Er wurde auf dem Hauptfriedhof Ohlsdorf in Hamburg beigesetzt, Grabstelle BI66 (605–606).

Heinz Erhardt ist ein Stern im Walk of Fame des Kabaretts gewidmet.

Im Jahr 2007 wurde Heinz Erhardt bei der Wahl zum besten Komiker in der ZDF-Sendung "Unsere Besten - Komiker & Co." auf den zweiten Platz hinter Loriot gewählt.

Werke

Gedichte (Auswahl)

  • Die Weihnachtsgans
  • Anhänglichkeit
  • Die Made
  • Ein Naßhorn
  • Ritter Fips von Fipsenstein (Gedichtzyklus)
  • Eßt mehr Fisch (Das Meer reicht bis zum Strande...)
  • König Erl
  • Der Berg
  • Die Katze
  • Der Schauspieler
  • Der Geiger
  • Die Tänzerin
  • Der Apfelschuss
  • Der Muselmann
  • Die Glocke
  • Archimedes
  • Der Tauchenichts
  • Vom alten Fritz
  • Warum die Zitronen sauer wurden
  • Der Wahlredner
  • Dat Blümsche (schrieb er mit 4 Jahren)
  • Der Einsame
  • An meine Brille
  • Die Turmuhr
  • Der Unfall des Mathematiker
  • Das Echo
  • Das Unwetter
  • Drei Bären
  • Die polyglotte Katze
  • Das Lama
  • Gänseblümchen
  • Heißer Mai
  • Die Eule
  • Zitronen
  • Schicksal
  • Trinklied

Musiktitel

  • Ach, wenn ich doch im Lotto mal sechs Richt'ge hätt'
  • Agamemnon
  • Annemie
  • Blaß' mal auf dem Kamm
  • Das Ding
  • Fährt der alte Lord fort
  • Immer wenn ich traurig bin
  • Immer noch 'nen Groschen für die Musikbox
  • Linkes Auge blau
  • Skatpolka
  • Striptease Susi
  • Wir wollen uns wieder vertragen

Filme

Fernsehen

  • 1948 Fräulein Mabel
  • 1953 Schlager-Expreß
  • 1956 Programm gefällig?: Heinz Erhardt setzt sich durch
  • 1960 Der Vogelhändler
  • 1961 Abenteuer in Norfolk
  • 1961 Musik aus aller Welt
  • 1962 Willi Winzig
  • 1962 Der Kurpfuscher
  • 1962 Eine gewisse Marietta
  • 1962 Der Fachmann
  • 1962 Nachlese 62
  • 1963 Das wissen die Götter (serie)
  • 1963 Ein ruhiges Stündchen
  • 1963 Die Reise auf den Mond
  • 1964 Frau Luna
  • 1964 Musikauktion (serie bis 1966)
  • 1964 Doddy und die Musketiere
  • 1965 Hotel Victoria
  • 1966 Der nächte Urlaub kommt bestimmt
  • 1966 Gut gefragt ist halb gewonnen
  • 1967 Aktien und Lorbeer
  • 1967 Witzakademie
  • 1968 Die Landstreicher
  • 1968 März ist Trumpf
  • 1968 Die Rudi Carrell Show
  • 1969 Narren nach Noten
  • 1969 Das Sonntagskonzert
  • 1969 Die Drehscheibe
  • 1971 Das hat man nun davon
  • 1971 Was bin ich?
  • 1971 Der Opernball
  • 1971 Tanz Café
  • 1971 3 x 9
  • 1971 Glückspilze
  • 1971 Baden-Badener Roulette
  • 1971 Unsere kleine Show
  • 1979 Noch `ne Oper (Darsteller/Buch/Musik)



Theaterstücke

  • 1967 Aktien und Lorbeer
  • 1969 Das hat man nun davon (Nach dem Lustspiel „Wem Gott ein Amt gibt“ von Wilhelm Lichtenberg, ZDF, 1. Januar 1971)

Musik

  • Die Zehnpfennigoper (1948), herausgegeben 1979 bei Haer, Hamburg, Nr. 200279
  • Noch 'ne Oper (ZDF, 1979), Regie: Claus Peter Witt
  • Heinz Erhardt: Klavierkompositionen, Eurostar GmbH

Diskografie

  • Heinz Erhardt - wie er leibt und lebt, 1969 (LP)
  • Heinz Erhardt - heute wieder ein Schelm, 1972 (LP)
  • Heinz Erhardt - was bin ich wieder für ein Schelm, 1972 (2 LPs)
  • Heinz Erhardt - das große Lachen, 1977 (2 LPs)
  • Noch'n Lied - Unvergessener Heinz Erhardt, 1979 (LP)
  • Heinz Erhardt als „Willi Winzig“ in „Das hat man nun davon“, 1979 (2 LPs)
  • Portrait Heinz Erhardt, 1981 (2 LPs)
  • Profile: Heinz Erhardt, (LP)
  • Heinz Erhardt - noch'n Gedicht, 1983 (4 LPs)
  • Heinz Erhardt - Humor ist Trumpf, 1984 (2 LPs)
  • Heinz Erhardt - Da gibt´s gar nichts zu lachen, 1993 (2CDs)

Literatur

Von Heinz Erhardt

  • Heinz Erhardt: Noch'n Gedicht. ISBN 3830330472
  • Heinz Erhardt: Das große Heinz-Erhardt-Buch. ISBN 3442066786
  • Heinz Erhardt: Von der Pampelmuse geküßt. Gedichte, Prosa, Szenen. Hrsg. von Heinrich Detering. Stuttgart 2002/2005. ISBN 3-15-018332-4

Über Heinz Erhardt

  • Grit Berthold, Verena Haaker, Marita Malicke: Heinz Erhardt privat. ISBN 3830330510, geschrieben von den Töchtern Heinz Erhardts.
  • Manfred Hobsch, Michael Petzel: Heinz Erhardt: mopsfidel im Wirtschaftswunderland. ISBN 3-89602-498-1, ein hervorragender Bildband über die schönsten Filme Heinz Erhardts aus den fünfziger und sechziger Jahren, erschienen bei Schwarzkopf & Schwarzkopf.
  • Rolf Thissen: Heinz Erhardt und seine Filme. München. ISBN 3-453-86089-6
  • Unvergeßlicher Heinz Erhardt. Reinbek ca. 1985. ISBN 3-499-14245-7