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Optimalitätstheorie

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Die Optimalitätstheorie (auch: Optimality Theory, im Weiteren OT) ist ein theoretisches Modell der Linguistik. Im wesentlichen geht es darum, eine Theorie zu beschreiben, in der aus einer (potentiell unendlich mächtigen) Menge von möglichen sprachlichen Realisierungen mit Hilfe von verletzbaren Beschränkungen derjenige Kandidat ausgewählt wird, welcher in einer Sprache als "richtig" empfunden wird. Dieser Kandidat repräsentiert dann einen in einer Sprache grammatischen Ausdruck und ist desshalb optimal.

Grundlagen

Kern der Theorie

Schematische Darstellung der OT. Legende: GEN = Generator, CAND = Candidates, EVAL = Evaluation, C = Constraints

Die Theorie geht zunächst davon aus, dass es einen vorgenerierten Input gibt. Dieser Input enthällt verschiedene Informationen, kodierte Merkmale beispielsweise, die später nötig sind, aus den möglichen (unterschiedlichen) Realisierungen dieser Informationen die optimale auszufiltern. Diese Realisierungen werden "Kandidaten" (CAND) genannt, und werden aus dem Input im so genannten Generator (GEN) gebildet. Potentiell gibt es für einen Input unendlich viele Möglichkeiten, die in ihm kodierten Informationen umzusetzen.

Die Gesamtmenge der Kandidaten eines Inputs wird Output genannt. In einem Prozess, der Evaluation (EVAL) heißt, treten nun die Kandidaten miteinander in einen Wettbewerb. Dabei werden nun die Kandidaten mit einer Reihe von geordneten Beschränkungen (Constraints, C) konfrontiert. Grundidee dabei ist, dass diese Beschränkungen universell, geordnet und verletzbar sind, das heisst, sie gelten für alle betrachteten Systeme, die Reihenfolge wann die Beschwänkungen auf den Output einwirken spielt eine wichtige Rolle und ein Kandidat kann Beschränkungen verletzen und trotzdem optimal sein. Diese Punkte können mit einem graphischen Hilsmittel deutlich gemacht werden.

Tableaus

Ein wichtiges Hilfsmittel bei der optimalitätstheoretischen Analyse natürlichsprachlicher Ausdrücke sind die sogenannten Tableaus, das sind Tabellen, die den Evaluationsprozess graphisch veranschaulichen sollen:

Dabei steht im oberen linken Feld der konkrete Input der Evaluation. In der Kopfzeile daneben sind die Beschränkungen aufgelistet und zwar vom Höchst- zum niedrigstgeranktem. Eine in der Literatur häufig verwendete Schreibweise für das Ranking (die Reihenfolge) der Beschränkungen ist:

C » C » … » C,

wobei C » C bedeutet, dass C höher gerankt ist als C.

In der ersten Spalte des Tableaus stehen die einzelnen Kandidaten, welche aus dem Input in GEN generiert wurden. Verletzt ein Kandidat eine Beschränkung, wird die Verletzung im entsprechenden Feld mit einem Asterisk (*) gekennzeichnet, und zwar für jede Verletzung einen. Wird ein Kandidat suboptimal, das heisst verletzt er eine Beschränkung bevor der nächstbeste Kandidat das erste mal eine verletzt, so wird sein "ausscheiden" mit einem ! hinter dem * gekennzeichnet. Diese Verletzung nennt man "fatal". Wie im folgenden Beispiel zu sehen ist, kann es auch vorkommen, dass alle Kandidaten dieselbe Beschränkung verletzen (Das ist der fall in der Beschränkung C). Da es in diesem Falle keinen optimalen Kandidaten gibt, entscheiden die nächst niedrigeren fatalen Verletzungen. Der optimale Kandidat wird anschliessend mit einem → gekennzeichnet. Die Graufärbung der suboptimalen Kandidaten ist ein zusätzliches visuelles Hilfsmittel um die subpotimalen Kandidaten hervorzuheben.

T T
INPUT C C C C
CAND   * *  
CAND   **! *  
CAND   * * *!
CAND *! *   ***
INPUT C C C C
CAND *! *    
CAND *! **    
CAND *! *   *
CAND   * * ***

Was nun die beiden Tableaus T und T unterscheidet ist allein das Ranking der Beschränkungen C und C. Es wird deutlich, dass durch das Umordnen dieser Beschränkungen der Kandidat CAND optimal wird, obwohl er insgesamt mehr Beschränkungen verletzt als die übrigen Kandidaten.

Ein nichtlinguistisches Beispiel

TODO: Asimov's Roboterethik (link)

Bezug zur Sprachwissenschaft

Arten von Beschränkungen

TODO: Treue- vs. Markiertheitsbeschränkungen

Beispiele

Phonologie

Syntax

Geschichte

Evidenz und Kritik

Evidenz

Kritik

OT als Metatheorie

Manche Sprachwissenschaftler halten die OT für eine Metatheorie: Eine im Rahmen einer Grammatiktheorie entworfene regelbasierte Grammatik lässt sich in eine OT-Grammatik umwandeln und umgekehrt. Der Beweis, dass eine solche Umwandlung immer möglich ist, steht allerdings noch aus.

Literatur und Quellen

Literatur

deutschsprachig

Gereon Müller: Elemente der optimalitätstheoretischen Syntax. Stauffenburg Linguistik, Tübingen 2000, ISBN 3-86057-721-2.

englischsprachig

Diana Archangeli, D. Terence Langendoen (Hrsg.): Optimality Theory - An Overview. 1. Auflage. Blackwell, Oxford 1997, ISBN 0-631-20225-0.

Alan Prince, Paul Smolensky: Optimality Theory. Rutgers Center for Cognitive Science, Rutgers, the State University of New Jersey, New Brunswick, NJ 1993.

Rene Kager: Optimality theory. Cambridge University Press, Cambridge, New York 1999, ISBN 0-521-58019-6.

Quellen


Der Unterschied zwischen traditionellen (regelbasierten) Ansätzen und der OT kann mit folgendem Beispiel illustriert werden: In der Phonologie des Deutschen wird in traditionellen Ansätzen die folgende Regel postuliert: Mache aus auslautenden stimmhaften Plosiven stimmlose! So wird das Wort Lied im Deutschen [li:t] ausgesprochen. In der OT wird hingegen angenommen, dass auch die Aussprache [li:d] eine mögliche Aussprache des Deutschen ist, zumal sie mit der zugrundeliegenden Form /li:d/ identisch ist. Wichtiger als die Identität zwischen zugrundeliegender Form und Aussprache ist aber eine Beschränkung der Aussprachemöglichkeiten für Auslautkonsonanten: Stimmhafte Explosive sind hier zu vermeiden. Da die Identitätsbeschränkung (Treuebeschränkung) im Deutschen weniger wichtig ist als die Beschränkung der Aussprachemöglichkeiten (Markiertheitsbeschränkung), wird die Aussprache [li:t] von Sprechern des Deutschen vorgezogen. Im Englischen ist die Treuebeschränkung wichtiger als die genannte Markiertheitsbeschränkung, also sprechen Engländer das Wort Lied im Englischen [li:d] mit stimmhaftem [d] aus.

In der OT werden für die Darstellung von Analysen sogenannte Tableaus verwendet. Die Verletzungen der Beschränkungen werden durch Sterne markiert (*), fatale Verletzungen, das heißt solche, die einen Kandidaten suboptimal werden lassen, erhalten ein Ausrufezeichen (!) hinter dem Stern. Tabellenzellen, die für die Gesamtentscheidung, welcher Kandidat optimal wird, keine Rolle spielen, werden in der Regel grau hinterlegt oder leicht schraffiert. Das Tableau für dieses Beispiel sieht wie folgt aus:

Input: /li:d/ Markiertheit Identität
[li:t]   *
  [li:d] *!  

OT und Universalien

Die Optimalitätstheorie geht davon aus, dass die Beschränkungen universal sein müssen, das heißt: sie müssen (als Universalien) für alle Sprachen gelten. Die Sprachen unterscheiden sich dann nur noch darin, welches Gewicht den einzelnen Beschränkungen zugemessen wird. Wie das Beispiel zeigt, können Beschränkungen in einer Sprache sehr stark und in der anderen sehr schwach sein und somit in dieser Sprache nicht ins Gewicht fallen. Bisher hat man sich allerdings noch nicht auf eine Liste universaler Beschränkungen geeinigt.