Unternehmen Merkur
Vorlage:Schlacht Die Luftlandeschlacht um Kreta, "Unternehmen Merkur", war eine Schlacht im Zweiten Weltkrieg und zugleich die erste große Luftlandeoperation der Geschichte. Nach der Einnahme Griechenlands im Verlauf des Balkanfeldzuges 1941 wurde das von alliierten Truppen verteidigte Kreta duch die deutsche Wehrmacht erobert und bis 1945 besetzt.
Vorgeschichte
Nachdem Italien 1939 Albanien nach kurzem Kampf besetzt und annektiert hatte, erklärte es am 28. Oktober 1940 Griechenland den Krieg, weil sich die griechische Regierung weigerte, ultimative italienische Gebietsforderungen zu erfüllen. Doch die schlecht vorbereitete italienische Offensive lief sich unter hohen Verlusten fest. Im Gegenzuge eroberten die auf das britische Bündnis vertrauenden und selbstbewußt auftretenden griechischen Streitkräfte sogar Teile von Albanien. Den Achsenmächten drohte eine peinliche Niederlage auf dem Balkan. Die Situation verschlechterte sich weiter nach dem Militärputsch vom März 1941 gegen die amtierende jugoslawische Regierung, die der Achse hatte beitreten wollen, zu Gunsten einer pro-englischen.
Die unsichere Lage auf dem Balkan erschwerte deshalb den durch Hitler-Deutschland geplanten Russlandfeldzug, da Deutschland ständig Kräfte gegen einen möglichen britischen Angriff von Griechenland aus bereithalten müsste. Die kriegswichtigen rumänischen Erdölfelder waren einer dauernden Bedrohung, namentlich durch mögliche Bombenangriffe der RAF, ausgesetzt. Eine Intervention auf dem Balkan bot dagegen die Möglichkeit, die britische Position im östlichen Mittelmeer zu beeinträchtigen und nachhaltig zu stören
Am 6. April begann der Balkanfeldzug. Die deutschen Verbände stießen schnell durch Jugoslawien vor und am 17. April rief die jugoslawische Regierung die Kapitulation aus. Auch die an der Albanien-Front gegen Italien kämpfende griechische Armee wurde in kurzer Zeit durch die Wehrmacht abgeschnitten und besiegt. Die langsam eintreffenden britischen Verstärkungen waren zu schwach, um ein Vordringen der Wehrmacht aufzuhalten, so dass zwischen dem 24. April und 29. April Griechenland in der Operation Demon von den Briten geräumt wurde. Dazu wurde unter Vize-Admiral Sommerville das gesamte Alexandria-Geschwader Force H eingesetzt, welches aus 19 Zerstörern, allen leichten Einheiten und 6 Kreuzern bestand. Es konnte unter Zurücklassung allen schweren Gerätes ca. 50.000 Mann in 5 Nächten einschiffen und nach Ägypten und Kreta verbringen, wobei durch die deutsche Luftwaffe 2 Zerstörer und 4 Truppentransporter versenkt wurden[1].
Bis zum 30. April wurden das griechische Festland und die Ägäis-Inseln von den Achsenmächten besetzt. Nur Kreta wurde noch von britischen Truppen und etwa 10.000 griechischen Soldaten verteidigt. Außerdem befand sich der griechische König und Teile der Regierung auf der Insel.
Bereits am 15. April 1941 hatte General Alexander Löhr im Führerhauptquartier am Semmering Hermann Göring die Idee einer Eroberung Kretas durch Luftlandetruppen vorgeschlagen. Er erhielt nun den Auftrag, mit Luftlandetruppen, Fallschirmjägerverbänden und der Unterstützung der 5. Gebirgsdivision das Unternehmen Merkur durchzuführen.
Kreta stellte weiterhin eine ernste Gefahr für die Achsenmächte dar, und die Ziele des Balkanfeldzuges wären ohne eine Eroberung der Insel nicht erreicht worden. So lagen die rumänischen Erdölgebiete immer noch in der Reichweite alliierter Bomber, die Royal Navy verfügte immer noch über Häfen für Operationen im östlichen Mittelmeer und es drohte ständig die Gefahr einer erneuten Invasion von Kreta aus.
Militärische Lage und Planung vor dem Angriff
Deutscher Angriffsplan
Göring beauftragte die Luftflotte 4 in Wien mit der Durchführung. Dem General der Flieger Löhr wurde dazu das XI. Fliegerkorps unter Student mit seinen Luftlande- und Fallschirmjägerverbänden unterstellt. Die Jagd- und Bomberstaffeln des VIII. Fliegerkorps unter Richthofen sollten ihren Schutz übernehmen. Außerdem sollte die 12.Armee in Griechenland Teile der 5. Gebirgsdivision zur Verstärkung des XI. Fliegerkorps abstellen. Weil der Wehrmachtsführung im Mittelmeerraum keine nenneswerten Marineverbände zur Verfügung standen, wurde Italien um Unterstützung gebeten.
Löhrs Plan sah vor, zunächst die Hauptstadt Chania und den größten Flugplatz Kretas, Maleme, mit Luftlande- und Fallschirmtruppen zu erobern, und danach nach Osten vorzustoßen. Student und sein Stab wollten dagegen alle wichtigen Punkte der Insel gleichzeitig aus der Luft angreifen und danach auf den eroberten Flugfeldern Heeresverbände landen lassen, die den Rest der Insel besetzen sollten. Richthofens Jagdverbände reichten aber für die Sicherung einer größeren Zahl von Absetzorten nicht aus. Deswegen sah der endgültige Plan vor, nur 4 Punkte aus der Luft zeitlich gestaffelt anzugreifen. Im ersten Anflug in den Morgenstunden des Angriffs sollte wie in Löhrs Plan das Gebiet von Chania und Maleme angegriffen werden, im zweiten Anflug am Nachmittag Rethymnon und Heraklion.
Angesichts der britischen Überlegenheit auf See entschloss sich das XI. Fliegerkorps, den größten Teil der Soldaten auf dem Luftweg zu transportieren, zumal dem Admiral Südost Schuster nur zwei Schiffsstaffeln mit zusammen etwa 60 Motorseglern zur Verfügung standen. Die Italiener übernahmen den Schutz dieser improvisierten Flotte von Griechenland über die Insel Milos nach Kreta.
Man sah einen schnellen und kontrollierten Schlag von "Elitetruppen" in Form von Gebirgs- und Fallschirmjägern vor. Diese waren sehr gut ausgebildet und besaßen auf Grund ihrer ausschließlich leichten Ausrüstung zwar nur eine geringe absolute Feuerkraft, bedingt durch ihre hohe Mobilität und Motivation, sowie ihren großen Korps- und Kampfgeist einen hohen Einsatzwert. Die Fallschirmjäger sollten möglichst schnell ein Flugfeld auf Kreta besetzen, so dass weitere Verstärkung hätte eingeflogen werden können. Erst nachdem Brückenköpfe errichtet und Anlandungsstellen gesichert worden waren, plante man das Anlanden von "normalen" Wehrmachtseinheiten, um die Fallschirm- und Gebirgsjäger zu entlasten und wieder für andere Aufgaben verfügbar zu machen.
Für die Überführung dieser Kräfte nach Kreta war GenMaj. Konrad verantwortlich, der hierfür zehn Luftlandegeschwader mit 493 Transportmaschinen Ju 52 sowie rund 100 Lastensegler zur Verfügung hatte. Außerdem setzte die Luftwaffe 430 Bomber und 180 Jäger zur Unterstützung ein. Zur See war die Kriegsmarine unter Leitung des Admirals "Südost" (Adm. Schuster) mit 2 Dampferstaffeln und 2 Motorseglerstaffeln beteiligt. Die Sicherung erfolgte durch die italienische Marine (Kpt.z.S. Peccori-Giraldi) mit 2 Zerstörern und 12 Torpedobooten, mehreren U-Booten, Schnellbooten und Minensuchern.
Die Deutschen verfügten über 15.000 Fallschirmjäger der 7. Flieger-Division, die nach der Eroberung eines Flugfeldes von etwa 14.000 Gebirgsjägern durch Lufttransporte unterstützt werden sollten. Weitere Verstärkung sollte dann auch über See angelandet werden.
Der deutsche Militär-Nachrichtendienst Abwehr unterschätze erheblich die tatsächliche Anzahl feindlicher Soldaten auf Kreta und war der Ansicht, auf der Insel seien maximal 15.000 britische Soldaten und nur wenige griechische Truppen stationiert. Die Bevölkerung Kretas sei den Deutschen wohlgesonnen. Dort befänden sich viele antimonarchische Kräfte, welche die alte griechische Regierung abgelehnt hätten. Die Aufklärung der 12. Armee ging zwar von mehr Truppen aus, unterschätzte aber die tatsächlichen Zahlen ebenfalls.
Bewaffnung der deutschen Soldaten
Die Fallschirmjäger besaßen beim Absprung nur Handwaffen, da Maschinengewehre und ähnliches Gerät in besonderen Behältern abgeworfen wurde. Das sollte den Absprung aus dem Flugzeug erleichtern. Die Fallschirme der Waffenbehälter waren farbig markiert. Die Deutschen setzten auf Kreta mit dem Leicht-Geschütz 40 (LG40) eine neue Panzerabwehrwaffe ein, die leichter war als die bisherigen Waffen. Rund 25 % der Truppen hatte man mit MP40-Maschinenpistolen ausgerüstet, für alle 8 bis 12 Soldaten war ein MG34-Maschinengewehr vorgesehen. Schwere Waffen wie Feldkanonen oder gar Haubitzen standen den luftgelandeten "Leichten Infanterieverbänden" nicht zu Verfügung.
Alliierte Truppen
Es befanden sich etwa 9.000 griechische Soldaten der 5. Kreta-Division auf der Insel, die bei der deutschen Invasion nicht aufs Festland verlegt worden waren. Daneben waren noch Reste aufgeriebener Divisionen vorhanden, die von den Briten nach dem Verlust des Festlands auf die Insel evakuiert worden waren. Unterstützt wurden diese noch von der Kreta-Gendarmerie. Zusammen befanden sich so etwa 10.000 griechische Soldaten auf Kreta. Viele der griechischen Truppen gehörten aber rückwärtigen Diensten an, und die Gendarmerie-Kräfte waren auch nicht für militärische Operationen geeignet.
Die griechischen Soldaten waren schlecht ausgerüstet, da zu Beginn des Balkankrieges alle neueren und schweren Waffen aufs Festland geschafft worden waren. Die meisten Gewehre waren deutscher und österreichischer Herkunft (im Rahmen des Versailler Vertrags beschlagnahmt). Weiter waren veraltete Maschinengewehre unterschiedlicher Fabrikate und Kaliber vorhanden. Außerdem herrschte Munitionsmangel, die Briten hatten für viele griechische Waffen keine entsprechende Munition in ihren Beständen.

Die alliierte Garnison bestand aus der 2. neuseeländischen Division, der 19. australischen Brigadegruppe und der 14. britischen Brigade.
Am 30. April war der neuseeländische General Bernard Freyberg zum Oberkommandierenden der Insel ernannt worden.
Großbritannien und das Empire hatten neben der britischen Garnison weitere 25.000 Soldaten zur Verfügung, die zuvor ebenfalls vom griechischen Festland evakuiert worden waren. Durch die Evakuierung waren die britischen Einheiten auf der Insel stark vermischt und mussten neu geordnet werden. Es mangelte zudem an schweren Waffen, nur 85 Artillerie-Geschütze konnten aus eroberten italienischen Beständen aufgeboten werden. Zur Flugabwehr konnte die britische Armee 50 Flak-Geschütze und 24 Scheinwerfer einsetzen. An gepanzerten Fahrzeugen verfügten die Verteidiger nur über 16 veraltete Cruiser Mk I-, neun Matilda- und 16 leichte Mk VI-Panzer. Für die Panzer stand aber hauptsächlich panzerbrechende Munition zur Verfügung, deren Einsatz gegen Infanterie wenig sinnvoll ist. Auch gab es kaum Ersatzteile für die Panzer und das Gelände erschwerte ihren Einsatz. So wurden einige Panzer in befestigte Stellungen eingebaut. Der bei Fallschirmjäger-Anlandungen angezeigte bewegliche Einsatz von Panzerkräften wurde dadurch zusätzlich behindert.
Insgesamt befanden sich 41.840 alliierte Soldaten auf der Insel.
Die Royal Air Force hatte 36 Jäger auf Kreta, wobei nur die Hälfte einsatzbereit waren. Diese Flugzeuge wurden einen Tag vor dem deutschen Angriff nach Ägypten verlegt, um sie der Vernichtung zu entziehen und für andere Einsätze zu erhalten[2]. Die Royal Navy kontrollierte weiterhin die See um Kreta, die Lufthoheit hatten jedoch die Achsenmächte.
Alliierter Verteidigungsplan
Die Bodenbeschaffenheit Kretas machte eine Verteidigung problematisch. Von der Südküste führten nach Norden nur für Motorfahrzeuge ungeeignete Eselskarrenwege durch felsiges Gelände, während sich an der einzigen an der Nordküste entlanglaufenden Straße, sich alle neuralgischen Punkte aufreihten. Sollte diese Straße dauerhaft unterbrochen werden, wäre ein Verschieben von motorisierten Reserven praktisch unmöglich. Außerdem verfügte General Freyberg über zu wenig Panzer und Artillerie und tagsüber beherrschten deutsche Flieger den Himmel. Trotzdem entstanden zahlreiche im Gelände verstreute und gut getarnte Widerstandsnester.
Ab der 2. Maiwoche wurde durch die deutsche Luftwaffe der Schiffsverkehr an der Nordseite Kretas, wo die wichtigsten Häfen lagen, praktisch blockiert. Von rund 27.000 Tonnen eingeschifften wichtigen Nachschubes konnte nur ca. 3.000 Tonnen gelandet werden, während der Rest umkehren musste.
Jedoch konnten die Briten die deutsche Verschlüsselungsmaschine Enigma auslesen und waren deshalb über die Angriffspläne in allen Einzelheiten informiert. Abgehört wurden fast alle Funksprüche zwischen dem Oberkommando der Luftwaffe und den in Griechenland mit der Vorbereitung und Planung befassten militärischen Stäbe, so dass die Alliierten gezielte Abwehrmaßnahmen einleiten konnten und General Freyberg daraufhin die Verteidigung der Flugfelder verstärken ließ . Er musste jedoch einsehen, dass die schlechte Ausbildung von Teilen und die schlechte Ausstattung aller seiner Truppen eine effektive Verteidigung erschwerten.
Freyberg plante daher, die Flugfelder so zu beschädigen, dass diese unbenutzbar geworden wären. Doch wurde ihm dies vom Middle East Command der Alliierten untersagt. Das Middle East Command ging davon aus, dass allein das Wissen über den Angriffsplan reichen würde, um den Angriff abzuwehren, und eine Zerstörung der Flugfelder nur eine schnelle Ausstattung der Insel mit eigenen Flugzeugen verhindert hätte. Bis heute ist diese Entscheidung umstritten; sie gilt als ein Grund für den deutschen Sieg. Die deutschen Transportflieger nahmen allerdings teilweise bewusste Bruchlandungen auf Stränden und Feldern in Kauf. Einige Historiker glauben, dass für die deutsche Führung der Verlust einer beträchtlichen Anzahl von Flugzeugen nachrangig war beziehungsweise einkalkuliert wurde. Im Vordergrund hätte allein der Erfolg des Angriffs gestanden, der somit auch ohne die Eroberung von Flugfeldern gelungen wäre.
Operationsverlauf
1. Tag: 20. Mai

Am Dienstag dem 20. Mai gegen 07:15 Uhr begann Unternehmen Merkur mit der Bombardierung der vorgesehenen Absetzzonen durch die deutsche Luftwaffe. Die deutschen Kräfte wurden in drei Formationen gegliedert: Die Gruppe West (GenMaj. Meindl) wurde bei Malemes, die Gruppe Mitte (GenLt. Süßmann) bei Chania und an der Sudabucht und schließlich die Gruppe Ost (GenMaj. Ringel) im Raume Iraklion angesetzt. Das Absetzen der ersten Welle gelang fast ohne Schwierigkeiten und nur sieben der fast 500 aufgestiegenen Ju 52 gingen verloren[3]. Doch beim Niederschweben sind die Fallschirmjäger bereits einem unerwartet hohem Sperrfeuer ausgesetzt. Viele Fallschirmjäger wurden bereits in der Luft verwundet oder getötet. Selbst wenn sie es schafften zu landen, mussten sie sich, nur leicht bewaffnet, erst zu den Waffenbehältern durchkämpfen. Während bei Malemes die britische Flugabwehr praktisch sofort außer Gefecht war und das Bombardement noch im Gange war, begannen bereits westlich des Flugplatzes Gleiter, die unmittelbar nach der Landung mit Granatwerfern beschossen wurden, in echter oder in Bruchlandung niederzugehen[4]. Jedoch mußten die angelandeten Soldaten sofort zur Verteidigung übergehen, so dass die Ziele einer sofortigen Eroberung eines Flughafen scheiterten.
Durch zeitliche Verzögerungen, -zum einen mußten die zu ihren Stützpunkten zurückgekehrten Transportmaschinen z.T. mühsam mit Handpumpen aus Fässern aufgetankt werden, zum anderen war eine größere Ansammlung von Flugzeugen in der Luft wegen der enormen Staubentwicklung beim Start nicht möglich-, erwies sich das geplante Zusammengehen von Bomber- und Transportverbände als undurchführbar. So wurde die zweite Welle gegen 16:15 Uhr bei Réthymnon und um 17:30 Uhr bei Iráklion verspätet abgesetzt, nachdem der vorausgangende Bombenangriff schon einige Zeit vorher stattfand und die entstandenen Schäden notdürftig beseitigt worden waren.
Die zweite Welle der deutschen Luftlandeverbände erlitt deshalb ebenfalls schwere personelle Ausfälle im Abwehrfeuer. Gegen Ende des Tages hatten die Deutschen keines ihrer Ziele erreicht. Dennoch zeichneten sich auf britischer Seite erste Probleme ab. Es mangelte an Fahrzeugen, hauptsächlich an sachgemäß bewaffneten Panzern, aber vor allem an Kommunikationsmitteln, um wenigstens die vorhandenen Fahrzeuge gegen die einzelnen deutschen Widerstandsnester zum Einsatz zu bringen. Dadurch konnten die deutschen Fallschirmjäger ihre fieberhaft und nur andeutungsweise errichteten Stellungssysteme behaupten.
Aber auch die deutschen Landungstruppen hatten ihre Probleme mit der Kommunikation; so gingen die vorgesehenen 200-Watt-Funksender beim Aufprall der Lastensegler zu Bruch und die Gruppe West und Mitte hatte keine Verbindung zum fernen Gefechtsstand in Athen. So hatte der kommandierende General des XI. Fliegerkorps keine Kenntnis darüber, dass der Angriff auf den Flugplatz Malemes gescheitert war, der Kommandeur der 7. Fliegerdivision Kreta gar nicht errreichte, weil er über der Insel Ägina abstürzte und dass manche der Landeeinheiten nur noch über ein Bruchteil ihrer Kampfstärke verfügten[5].
Die einzelnen Einheiten der Fallschirmjäger waren teilweise weit verstreut und wurden durch die große Anzahl feindlicher Truppen und das mörderische Abwehrfeuer überrascht, da die Aufklärung weit geringeren Widerstand prognostiziert hatte, während die britischen Truppen wegen der schonungslosen und draufgängerischen Art und Weise der Landung sowie der Kampfstärke der Landetruppen überrascht waren.
Die Einnahme des Flugfeldes Maleme konnten die Neuseeländer im Nahkampf verhindern. Auch wurden viele Fallschirmjäger vom Wind weit von ihren Landezielen abgebracht und landeten in der Landschaft verteilt. Sie konnten sich dann am Boden neu gruppieren und einzelne Verteidigungsstellungen ausheben.
Als General Student in der Nacht vom 20. zum 21. Mai über die Lage auf Kreta unterrichtet wurde, befahl er, alle zur Verfügung stehenden Kräfte vordringlich auf die Einnahme des Flugplatzes bei Malemes zu konzentrieren.
2. Tag: 21. Mai

Am 2. Tag begingen die neuseeländischen Truppen, die das Flugfeld bei Maleme kontrollierten, den Fehler, der für den deutschen Sieg verantwortlich gemacht wird. Das Flugfeld bei Maleme lag neben einem Hügel (Hill 107), von dem es einsehbar war. Wegen eines Kommunikationsfehlers zogen sich die neuseeländischen Einheiten aber von diesem Hügel in der Nacht zum 21. Mai zurück. Als am Morgen die Deutschen begannen, den Hügel anzugreifen, stellten sie fest, dass dieser unbesetzt war. Aus dieser Position aus konnten die deutschen Truppen dann das Flugfeld von Maleme einnehmen.
Alliierte Artillerie nahm das Flugfeld daraufhin unter Feuer. Unterdessen landeten die ersten deutschen Transportflugzeuge, die Gebirgsjäger einflogen. Die Soldaten wurden direkt aus den Flugzeugen in den Kampf geschickt. Der Beschuss beschädigte zwar einige Flugzeuge und tötete zahlreiche Jäger, aber dennoch konnten die Deutschen das Flugfeld sichern.
Die Royal Navy fing in der Nacht einen Konvoi der Deutschen ab, der weitere Soldaten hätte anlanden sollen.
3. Tag: 22. Mai

In der Nacht zum 22. Mai sollten zwei neuseeländische Bataillone das Flugfeld zurück erobern. Aber die deutschen Truppen hatten es mittlerweile so stark gesichert, dass der Angriff abgewehrt werden konnte. Im Gegenzug schafften es die deutschen Truppen, unterstützt von Sturzkampfbombern (Stukas), aus dem geschaffenen Brückenkopf auszubrechen. Die Alliierten mussten sich daraufhin immer weiter in die östlichen Teile der Insel zurückziehen, um einem möglichen Flankenangriff zu entgehen, der ihre rasche Einkesselung und Vernichtung bedeutet hätte.
Evakuierung der Alliierten vom 28. Mai bis zum 1. Juni


Am 28. Mai beschloss die Londoner Regierung, Kreta aufzugeben. Von Sfakia aus, einer bergigen Region im Südosten, sollte die Royal Navy möglichst viele Truppen nach Ägypten bringen. Bis zum 1. Juni wurden mehr als 16.000 Soldaten nach Ägypten evakuiert.
Die deutschen und mittlerweile angelandete italienische Truppen versuchten, den fliehenden alliierten Truppen den Weg abzuschneiden. Gebirgsjäger und Kradschützen konnten sich wesentlich schneller in dem gebirgigen Gelände bewegen. Die erbitterte Gegenwehr der Alliierten verhinderte allerdings größere Einkreisungen, so dass nur Teile der Layforce eingekesselt werden konnten. Der britische Schriftsteller Evelyn Waugh, der sich als Brigade-Major der Layforce unter den eingekreisten Soldaten befand, konnte zusammen mit dem Kommandanten der Truppe Robert Laycock in einem Panzer die deutschen Linien durchbrechen und die Insel verlassen. Die übrigen Soldaten starben entweder im Kampf oder wurden gefangen genommen. Insgesamt gerieten etwa 5000 Soldaten in deutsche Kriegsgefangenschaft.
Die deutsche Luftwaffe griff die an der Evakuierung beteiligten Schiffe der Royal Navy an und versenkte neun Kreuzer und Zerstörer. Als Generale der Armee daraufhin die Befürchtung äußerten, dass die Royal Navy die Evakuierung stoppen würde, um die Schiffe zu retten, widersprach der britische Admiral Sir Andrew Browne Cunningham: „It takes three years to build a ship, it takes three centuries to build a tradition.“ (dt. Es braucht drei Jahre um ein Schiff zu bauen, es braucht drei Jahrhunderte um eine Tradition aufzubauen).
Da die schweren Waffen fast vollständig zerstört oder bereits aufgegeben waren, wurde die Munition an Partisanen verteilt. Etwa 500 Commonwealth-Soldaten zogen sich in die umliegenden Bergen zurück, nachdem der Hafen Chora Sfakion von den Deutschen erobert und die Evakuierung abgebrochen worden war. Teile der Landbevölkerung leisteten ihnen und den griechischen Soldaten Beistand.
Die Deutschen hatten nach offiziellen Angaben Verluste von 6.200 Soldaten zu beklagen, darunter 3.714 Gefallene und 2.494 Verwundete. 1945 schätzte jedoch die australische Kriegsgräberkommission die deutschen Verluste auf etwa 17.000 Mann.
Militärische Bewertung der Operation

Nach dieser verlustreichen Luftlandeoperation untersagte Hitler weitere größere Luftlandeeinsätze, so dass auch die Vorbereitungen zur Einnahme Maltas (→ Unternehmen Herkules) gestoppt wurden. Die Vorbereitung der Einnahme Maltas und die damit mögliche Bedrohung der britischen Besitztümer und Protektorate im Nahen Osten und in Ägypten war immerhin ein wesentlicher Grund für die Besetzung Kretas gewesen. Hauptmotiv für den Verzicht auf eine Invasion Maltas war aber wohl der bevorstehende Russlandfeldzug (Unternehmen Barbarossa). So blieben die Befürchtungen der Alliierten, dass Deutschland nach dem Balkanfeldzug eine Entscheidung im Mittelmeerraum und in Afrika anstreben würde, grundlos.
Der Verzicht auf weitere Luftlandeoperationen, vor allem im Russlandfeldzug, wird von vielen Militärhistorikern als Fehler angesehen. Besonders in Russland mit seinen tiefen Operationsgebieten wären solche Einsätze wohl erfolgversprechend gewesen. Die Fallschirmjäger wurden aber nur noch als Elite-Infanterie eingesetzt.
Der Sieg auf Kreta 1941, trotz hoher eigener Verluste über einen zahlenmäßig überlegenen Verteidiger errungen, bewies den außergewöhnlich hohen Kampfwert der deutschen Fallschirmtruppe.
Die Westalliierten waren von der Schlagkraft der deutschen Fallschirmjäger beeindruckt. Sir Winston Churchill befahl darauf den Aufbau von britischen Luftlandeeinheiten. Die Alliierten unternahmen im Verlaufe des Krieges große Luftlandungen während der Landung auf Sizilien, der Landung in der Normandie, der Luftlandung während der Operation Market Garden, mit der größten Luftlandung während der Operation Varsity 1945.
Partisanenkämpfe

Während der Kämpfe hatten sich auch Teile der Bevölkerung Kretas bewaffnet und gelandete Fallschirmjäger getötet, gefoltert und verstümmelt. Der Widerstand gegen die Besatzung war entgegen den deutschen Vermutungen hoch. Nach der Eroberung befanden sich noch zahlreiche griechische Militärangehörige, die sich ihrer Uniformen entledigt hatten und in Zivil Widerstand leisteten, auf der Insel.
Das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) meldete am 30. Mai
- „Bei den Kämpfen auf Kreta sind deutsche Soldaten nach ihrer Verwundung in so tierischer Weise verstümmelt worden, wie es im Verlaufe dieses Krieges bisher nur im Feldzug gegen Polen vorgekommen ist. Die deutsche Wehrmacht wird mit allen Mitteln dafür Sorge tragen, dass die Anständigkeit und Ritterlichkeit des Kampfes gewahrt bleibt. Mit dem härtesten Strafgericht wird sie daher die für diese barbarischen Verstümmelungen verantwortliche Truppe oder die schuldigen Einwohner treffen.“
Student erließ am 31. Mai folgenden Befehl:
- „Es kommt nun darauf an, alle Maßnahmen mit größter Beschleunigung durchzuführen, unter Beiseitelassung aller Formalien und unter bewußter Ausschaltung von besonderen Gerichten. Bei der ganzen Sachlage ist dies Sache der Truppe und nicht von ordentlichen Gerichten. Sie kommen für Bestien und Mörder nicht in Frage.“
Bereits nach der Besetzung der Insel wurden daher am 2. Juni auf Anordnung von General Kurt Student eine unbekannte Anzahl von Zivilisten erschossen. Noch während der Kampfhandlungen erging, wie ihr Kommandeur am 4. Juni 1941 berichtet, für die 5. Gebirgsdivision der Befehl, für jeden deutschen Verwundeten oder Gefallenen 10 Kreter zu erschießen, Gehöfte und Dörfer, in denen deutsche Truppen beschossen werden, niederzubrennen und in allen Orten Geiseln für "Sühnemaßnahmen" zu nehmen.
Wegen des Widerstandes der Partisanen während der Invasion wurden zwei Sonderunternehmen durchgeführt. In Zusammenhaupt mit dem Reichssicherheitshauptamt, das die Fahndungslisten und die standesgerichtlichen Urteile erstellte, wurden eine Anzahl von Personen gefangengenommen. Beim Sonderunternehmen Völkerbund, das von der 5. Gebirgsdivision geführt wurde, wurden 110 Männer zum Tode verurteilt und erschossen, weitere 39 Zivilisten bei bewaffnetem Widerstand oder „auf der Flucht“.
Unter anderem wegen des Widerstandes der Landbevölkerung wurden in der Folge bis zu 50.000 Mann deutsche Besatzungstruppen auf Kreta stationiert. Alleine in den folgenden drei Monaten fielen weitere 2.000 Kreter den Maßnahmen der deutschen Truppen zum Opfer.
Prominente Teilnehmer an der Schlacht
Unter den deutschen Truppen befanden sich auch als Fallschirmjäger der Boxweltmeister Max Schmeling und der spätere Politikwissenschaftler und einzige Brigadegeneral der Reserve der Bundeswehr, Friedrich August Freiherr von der Heydte. Beide überstanden die Landung und den Krieg, Schmeling wurde allerdings verletzt.
Drei Nachkommen des berühmten preußischen Generalfeldmarschalls Gebhard Leberecht von Blücher die Brüder Wolfgang, Lebrecht und Hans-Joachim von Blücher wurden während der ersten zwei Tage der Landungsoperation getötet.
Auf britischer Seite nahm der Autor Evelyn Waugh an den Kämpfen teil.
Siehe auch
Quellen
- ↑ J. Piekalkiewicz: Der Zweite Weltkrieg Band 2, Seite 460
- ↑ W. Churchill: Der Zweite Weltkrieg Seite 493
- ↑ Janusz Piekalkiewicz Der Zweite Weltkrieg, Band 2, Seite 462
- ↑ Winston Churchill: Der Zweite Weltkrieg Seite 494
- ↑ J. Piekalkiewicz: Der Zweite Weltkrieg, Seite 463
Literatur
- Peter Antill: Crete 1941: Germany's Lightning Airborne Assault, Osprey Publishing, Oxford 2005, ISBN 1-8417-6844-8
- G. C. Kiriakopoulos: The Nazi Occupation of Crete 1941-1945, Praeger, London 1995, ISBN 0-275-95277-0
- Alan Clarke: The Fall of Crete. – Weidenfeld Military, November 2000 – ISBN 0304352268
- Bundesarchiv (Hrsg.): Europa unterm Hakenkreuz, Die Okkupationspolitik des deutschen Faschismus in Jugoslawien, Griechenland, Albanien, Italien und Ungarn (1941-1945), Band 6. Hüthig Verlagsgemeinschaft, Berlin, Heidelberg 1992, ISBN 3-8226-1892-6
- Buckley, Christopher. Greece and Crete 1941, London, 1952. Greek pbk edition (in English): P. Efstathiadis & Sons S.A., 1984. Pbk ISBN 960-226-041-6
- Beevor, Antony. Crete: The Battle and the Resistance, John Murray Ltd, 1991. Penguin Books, 1992. Pbk ISBN 0-14-016787-0 Boulder : Westview Press, 1994. LCCN 93047914
- Christian Zentner: Der Zweite Weltkrieg - Ein Lexikon-
- Janusz Piekalkiewicz: Der Zweite Weltkrieg 1941-1942
- Winston Churchill: Der Zweite Weltkrieg
Fernsehdokumentation
- Andrew Thompson, BBC, Hitler, Churchill und die Fallschirmjäger (Weblink)