Jugendgerichtsgesetz (Deutschland)
Das Jugendgerichtsgesetz (JGG) ist das Gesetz, das mehrheitlich das formelle Jugendstrafrecht regelt. Das Jugendgerichtsgesetz ist auf alle strafmündigen (§ 19 StGB: mindestens 14 Jahre) Jugendlichen anwendbar. Heranwachsende (18 bis unter 21-jährige) können in den Bereich des Gesetzes nach § 105 JGG einbezogen werden, soweit sie nach Reifegesichtspunkten noch nicht die nötige Einsichts- und Verwantwortungsfähigkeit aufweisen. Im Zweifel ist das Jugendgericht gehalten, Jugendstrafrecht anzuwenden. Im übrigen ist das Jugendgerichtsgesetz lex specialis zum materiellen und formellen Strafrecht, wo keine besonderen Regeln des JGG greifen, ist das Strafgesetzbuch oder die Strafprozessordnung anwendbar.
Geschichte
Das erste Jugendgerichtsgesetz (RJGG) wurde am 16. Februar 1923 erlassen, dessen Entwurf durch Gustav Radbruch erfolgte. Es trug bereits die Grundzüge des heutigen Jugendgerichtsgesetzes und verwirklichte Ideen des Strafrechtlers Franz von Liszt. Eine Erweichung des Erziehungsgedankens wurde durch die Neufassung des Reichsjugendgerichtsgesetzes am 6. November 1943 verordnet. Nicht nur wurde die Altersgrenze auf 12 Jahre herabgesetzt, wenn "der Schutz des Volkes wegen der Schwere der Verfehlung eine strafrechtliche Ahndung fordert". Zuvor war bereits die Verordnung zum Schutz gegen jugendliche Schwerverbrecher (4. Oktober 1939) ergangen. Die Ungültigkeit der Vorschriften (damals § 20 Abs. 2 a.F. JGG) wurde durch eine Neufassung des Jugendgerichtsgesetzes am 4. August 1953 beseitigt.
Inhalt
Der sachliche Regelungsbereich ist vor allem das formelle Strafrecht. Tatbestände finden sich nicht im JGG, sie sind durch das StGB und das Nebenstrafrecht geregelt.
- Anwendungsbereich: Enthält die Definitionen des Begriffes Jugendlicher und Heranwachsender sowie den Subsidiaritätsgrundsatzes des übrigen Rechts.
- Jugendliche
- Verfehlungen Jugendlicher und ihre Folgen: In diesem Abschnitt werden materiell-rechtlich auch die besonderen Rechtsfolgen des Jugendstrafrechts geschildert: Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel und die Jugendstrafe.
- Jugendgerichtsverfassung und Jugendstrafverfahren: Hier treten diese Vorschriften anstelle der Strafprozessordnung. Die Jugendgerichtsverfassung ist insofern von der üblichen Gerichtsverfassung zu unterscheiden, als dass man vom Jugendstaatsanwalt (statt Staatsanwalt), vom Jugendgericht, Jugendrichter, Jugendschöffengericht und Jugendkammer spricht. Die Zuordnung zum Amts- oder Landgericht bestimmt sich nach den allgemeinen Regeln.
- Vollstreckung und Vollzug: Die Rechtsfolgen der Straftaten von Jugendlichen werden in eigenen Anstalten (Jugendstrafe, Jugendarrest) vollstreckt. Eine gesetzliche Vorlage existiert nicht (dabei ist umstritten, ob dies nicht verfassungswidrig ist).
- Weitere Abschnitte beschäftigen sich mit der beseitigung des Strafmakels und den Jugendlichen vor Gerichten in allgemeinen Strafsachen.
- Heranwachsende: Dieser Abschnitt erklärt die vorhergehenden Vorschriften für anwendbar, sofern die Voraussetzungen des § 105 JGG vorliegen.
- Sondervorschriften für Soldaten der Bundeswehr: Für die Jugendlichen und Heranwachsenden bei der Bundeswehr, die üblicherweise nach dem Wehrstrafgesetz abgeurteilt und verurteilt, sind Sondervorschriften erlassen worden.
- Schluss- und Übergangsvorschriften: Diese Vorschriften ermöglichen die Bestellung eines Bewährungshelfers und die Ermächtigungsvorschrift für Verordnungen zum Vollzug.
DVJJ
Die Deutsche Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen e.V. ist die Einrichtung, die am stärksten auf das JGG und auf das Jugendstrafrecht im allgemeinen Einfluss ausübt.
Weblinks
Das Jugendgerichtsgesetz in der aktuell gültigen Fassung
Literatur
- Heribert Ostendorf, Jugendgerichtsgesetz, 6. Auflage Köln 2003, ISBN 3452246485
- Ulrich Eisenberg, Jugendgerichtsgesetz, 10. Auflage München 2003, ISBN 3406484476
- Rudolf Brunner, Dieter Dölling, Jugendgerichtsgesetz, 14. Auflage Berlin 2002, ISBN 3110168162
Siehe auch: Straftat, Strafverfahren, Kriminalität, Kriminologie, Jugendgerichtshilfe