Wiener Neustädter Kanal
Der Wiener Neustädter Kanal ist ein im Kaiserreich Österreich ab 1797 errichteter ursprünglich 63 km langer künstlicher Wasserlauf, auf dem vor allem Holz, Ziegel und Kohle aus dem Raum südlich der Donau nach Wien transportiert wurden. Die Kanalschifffahrt wurde ab 1803 betrieben und ging ab 1879 stetig zurück, nicht zuletzt weil neue Eigentümer vorrangig Bahnprojekte verfolgten und wichtige Teile des Wasserweges als Bahntrasse umwidmeten. In der Zwischenkriegszeit verhinderten die Nutzungsberechtigten am Kanalwasser die geplante Stilllegung des Wasserlaufes, bis nach dem Zweiten Weltkrieg das Land Niederösterreich den Großteil des auf 36 km verkürzten Wasserlaufes übernahm und dem Kanal als Erholungslandschaft und Industriedenkmal eine neue Funktion gab.

Die Geschichte des Wasserweges
Die Vorgeschichte



Im Jahr 1761 wurde in Nordwest-England der 23 Kilometer lange Bridgewaterkanal eröffnet, der die Kohlengrube des Sir Francis Egerton mit Manchester verband. Es dauerte nicht lange bis dort der Kohlepreis um fast zwei Drittel sank, was die örtliche industrielle Entwicklung derart beflügelte, dass die Stadt nicht zuletzt deshalb jene Beispielfunktion erhielt, die im "Manchesterliberalismus" auch ihre Schattenseiten zeigen sollte.
In dem von permanenten Kriegen erschütterten Kaiserreich Österreich ließ eine ähnliche Revolution noch auf sich warten. Man hatte gerade erst begonnen, den Verlust der im Siebenjährigen Krieg an Preußen gefallenen schlesischen Industriegebiete durch Industrieförderung im südlichen Niederösterreich zu kompensieren. Erst 1812 wird der Schriftsteller Gottlob Heinrich Heinse 1812 feststellen,
- „dass in dem österreichischen Kreise Unter-Wiener-Wald mehr Fabriken und Industrie zu treffen ist, als in irgendeinem Flächenraum von gleicher Größe auf dem ganzen festen Lande in Europa.“[1]
Die Kehrseite dieser Entwicklung zum historischen wie aktuellen Industrieviertel war der hohe Energiebedarf, der auch noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts neben der Wasserkraft fast ausschließlich durch Holz bzw. durch Holzkohle gedeckt wurde. Dies trieb einerseits die Preise insbesondere in Wien in die Höhe, anderseits führte die lukrative Bedarfsdeckung zum Raubbau an den Wäldern, dem anfänglich noch keine gesetzlichen Schranken gesetzt waren. So schrieb 1803 der Reiseschriftsteller Joseph August Schultes in einem seiner Wanderberichte über die vor ihm liegende Hügelkette im Voralpenbereich:
- „Abgeholzt sind sie vom Gipfel bis zum Fuß, kein Stamm blieb von der mörderischen Axt unverschont, um dem Wald Gelegenheit zu geben sich selbst zu verjüngen. Welch ein Forstskandal, Berge ganz abzutreiben... Diese traurige Perspektive in die Zukunft findet man beinahe durchaus in allen Gebirgen Unterösterreichs in herrschaftlichen Wäldern.“[2]
Die Versuche, dem britischen Beispiel folgend die Mineralkohle als Hauptenergieträger zu etablieren, blieben zunächst erfolglos. Die Wiener bemängelten den Schwefelgeruch, den notwendigen Umbau von Heizanlagen und den geringen Preisvorteil. Von der Zukunft der Kohle dennoch überzeugt, gründeten Anton David Steiger gemeinsam mit dem Bürgermeister von Wiener Neustadt, Michael Joseph de Roy, und drei Magistratsräten der Statutarstadt im Oktober 1791 die „Wiener Neustädter Steinkohlengewerkschaft“. Man pachtete die im Besitz der königlichen-ungarischen Freistadt Ödenburg befindliche Kohlengrube am Brennberg bei Ödenburg unter desaströsen Bedingungen (faktisch unbegrenzte Kohlenieferungen an die Stadt zu Preisen, die sich als nicht kostendeckend erweisen sollten) und begann mit dem Abbau, der mangels erfahrener Bergleute und zunächst mangelndem Absatz nur schleppend voranging. Mehr Dynamik kam in das Unternehmen, als Bernhard von Tschoffen, Joseph Reitter und Graf Apponyi der Gesellschaft beitraten und sie wenig später auch übernahmen. Sie erwarben ab 1792 zusätzliche Schürfrechte für Steinkohle im Schwöllgraben bei Dreistetten, bei Bad Fischau-Starhemberg sowie in der Gegend von Klingfurth. 1793 kam noch die Kohlengrube auf der Schauerleithen bei Walpersbach dazu. Man fand zwar Abnehmer im lokalen Bereich, angesichts der hohen Kosten des Transports durch Pferdefuhrwerke auf der schlechten, überlasteten Triester Reichsstraße (heute Wiener Neustädter Straße, B17) konnte man in Wien auch weiterhin keine nennenswerten Verkaufserfolge erzielen.
Tschoffen brachte nun intern den Vorschlag, den Transport nach englischem Vorbild durch die Errichtung eines Schifffahrtkanales rationeller zu gestalten. Er führte gemeinsam mit einem Wasserbauingenieur Erkundungen durch und legte am 29.11.1794 Kaiser Franz II. im Namen der „Gewerkschaft“ ein noch sehr allgemein gehaltenes Kanalkonzept vor. Er konnte damit an jene Denkschrift anknüpfen, die der belgische Ingenieur Jean-Joseph LeMaire bereits 1786 KaiserJoseph II. präsentiert hatte. In ihr hatte LeMaire Wien als Mittelpunkt eines Kanalsystems vorgeschlagen, das zu allen Meeren führen sollte. Kaiser Franz II. zeigte sich interessiert und schickte einen seiner Genie-(Pionier)Offiziere, den Ingenieur-Oberstlieutenant Sebastian von Maillard, der bereits ein kleines Kanalprojekt im Schlosspark von Laxenburg realisiert hatte, im Frühjahr zu einer Detailerkundung. Als dieser im Juni einen positiven Bericht vorlegte sendete ihn der Kaiser gemeinsam mit Tschoffen und drei weiteren Begleitern nach England um dort das Kanalwesen zu studieren. Die Kommission legte dem Kaiser einen positiven Bericht vor, in dem vor allem die Tatsache Interesse weckte, dass die nur von einem Pferd gezogenen britischen Narrowboats in der Lage waren bis zu 30 Tonnen Güter zu befördern, während auf der Strasse zwei Pferde lediglich zwei Tonnen bewegen konnten. Dieser rationelle Transport hätte die auf Kanälen beförderten Güter beträchtlich verbilligt und den Absatz gesteigert. Der Kaiser erteilte daraufhin im Juli 1796 per Hofdekret die Genehmigung zur Errichtung eines Schifffahrtkanals bis zur Adria. In ihm waren mehrere Privilegen enthalten, von denen vor allem die Möglichkeit notfalls auch Grundenteignungen zu beantragen, die Schutz vor Konkurrenz und Duldungspflichten der Anrainer von Bedeutung waren. [3]
Es kam nun zur Gründung der „k.k. privilegierten Steinkohlen-& Canalbau A.G.“, die sich zunächst aber nur den Ausbau des Kanals bis Ödenburg bzw. Raab zum Ziel setzte. Die für die Errichtung des Kanals und den Aufbau der Infrastruktur veranschlagten 2 Millionen Gulden wurden zu je einem Viertel von den „Gewerkschaften“ und dem Kaiser in die Gesellschaft eingebracht, der Rest konnte durch Aktienverkäufe aufgebracht werden. Die Gesellschaft ernannte nun Maillard zum „Direktor der hydraulischen Unternehmung“ und beauftragte ihn mit der Erstellung der Pläne und der Bauleitung. Als wichtigste Mitarbeiter standen ihm Hauptmann Swoboda, Professor an der Theresianischen Militärakademie, und Ingenieur Josef Schemerl, damals Landesbaudirektor für Krain zur Seite. Während Swoboda die Strecke nach Ödenburg trassierte, widmete sich Maillard mit Schemerl der Trassierungsarbeit bis Laibach. 1797 konnte man mit den eigentlichen Bauarbeiten beginnen.
Der Bau des Kanals (1797 – 1803)




Nach der Trassierung, den Grundstücksankäufen, der Pacht von Steinbrüchen, Ziegel- und Kalkbrennereien im Raum Guntramsdorf und Mannersdorf sowie einer Eisenschmelze in Pitten begannen am 19. Juni 1797 48 Landarbeiter, die man in Kroatien für die Ziegelei angeworben hatte, mit Aushubarbeiten. Mit Guntramsdorf hatte man für den Spatenstich die Mitte des Kanals gewählt, was zwar den Vorteil hatte nach beiden Richtungen arbeiten zu können und bezüglich der Baumaterialen unmittelbar an der Quelle zu sitzen, aber auch den gewichtigen Nachteil, dass erst nach Fertigstellung des Gesamtkanals ausreichend Wasser zur Verfügung stehen würde um auch nur Teile des Wasserweges zu prüfen und zumindest für den Transport von Baumaterial zu nutzen. Man war deshalb bis zum Eröffnungsjahr auf den teuren Transport mittels Pferdefuhrwerk angewiesen.
Als die angeworbenen Kroaten erkannten, dass es zunächst nur Erdarbeiten zu verrichten gab, verließen sie die Arbeitsstätte. Sie wurden am 8.Juli durch 100, später 200 Soldaten ersetzt. Als der Kaiser am 26. Oktober den Bau inspizierte, zeigte er sich mit dem Baufortschritt unzufrieden und sagte der Bauleitung für das Folgejahr mehr Arbeitskräfte zu. 1798 konnte man tatsächlich über 1.260 Soldaten disponieren. Doch viel von dem, was sie in den ersten vier Monaten ihrer Tätigkeit erstellt hatten wurde durch das Unwetter vom 20. August 1798 wieder zerstört. Wassermassen strömten in den unfertigen Kanal und verwüstete mehrere Baustellen. Die Behebung der Schäden erwies sich als zeitraubend und kostenintensiv. Unter solchen Umständen, die noch dazu durch permanente Kriegsgefahr verschärft wurden, fanden die archäologischen Funde beim Kanalaushub nur wenig Beachtung. Dazu Franz Anton de Paula Gaheis:
- „Um der österreichischen Altertumskunde willen ist zu bedauern, dass nicht jemand alles gesammelt und beschrieben hat, was man bei der Grabung des Kanals entdeckte. Man stieß auf Gemäuer und Grundfesten, die ihre Existenz gewiß aus den älteren Zeiten herleiten. Ja, es sind Gewölbe mit Gängen und Eisengittern und Türen, Aschenkrüge und Urnen, Münzen, Stücke von Statuen und Säulen, welche das graueste Altertum verraten, gefunden worden.“[4]
Als die Soldaten 1799 im Zuge eines weiteren Feldzugs gegen Napoleon abgezogen wurden, ersetzte man sie durch Sträflinge, die auf den Baustellen teilweise in Ketten tätig waren. Da es einigen dieser Kettensträflinge -durchwegs Schwerverbrecher- dennoch gelang zu entfliehen und Anwohner in Mitleidenschaft gezogen wurden, beschränkte man ihren Einsatz auf die Steinbrüche. Der permanente Mangel an Arbeitskräften und deren hohe Fluktuation, Unwetterschäden, die inflationäre Entwicklung bei den Baukosten und Finanzierungsengpässe führten zu teilweise chaotischen Zuständen auf den Baustellen. Die Kanalgesellschaft, die 1799 mit der „Innerberger Stahl- und Eisenhauptgewerkschaft“ zur „k.k. privilegierten Hauptgewerkschaft“ fusionierte, führte diese unzukömmlichkeiten nicht zuletzt auf Fehlleistungen der Bauleitung zurück. Man warf ihr mangelnde Kooperation, fehlende Weitsicht beim Erwerb der Grundstücke und einen fehlenden Generalplan vor, trennte sich vom Bauleiter und verweigerte ihm eine Abfertigung. Wie Maillards Buch über Kanalbau indirekt zu entnehmen ist, führte dieser seine Entlassung vor allem auf Intrigen seines leitenden Ingenieurs Schemerl zurück. Die Tatsache, dass Maillard als Ersatz für die entgangene Abfertigung vom Kaiser 8000 Gulden (für seine Kinder) erhielt und nachher noch von diesem als Leiter der kaiserlichn Genie(Pionier-)truppen bis zum Feldmarschall befördert wurde, mag als Beweis dafür dienen, dass zumindest sein Ansehen bei Hof nicht gelitten hatte.
Am 1. Oktober 1799 wurde Josef Schemerl als Bauleiter nominiert. Mangels anderer Arbeitskräfte musste er im Jahr 1800 erneut Sträflinge akzeptieren, was zu weiteren Zwischenfällen führte. Bauhemmend wirkten sich in diesem Jahr auch die Einsprüche der Barone Braun und Moser aus, die sich in Schönau an der Triesting zunächst weigerten Land für den Kanalbau abzutreten und Trassenänderungen durchsetzen konnten.
1801 übernahm Graf Rottenhan die Kanalkommission der Hofkammer. Er inspizierte gemeinsam mit dem neuen Bauleiter die bislang fertiggestellten Bauabschnitte und ordnete die Beseitigung der vorgefundenen Mängel an. So wurden im Bereich Biedermannsdorf, Leopoldsdorf Begradigungen der Trasse durchgeführt und das einsturzgefährdete Liesingaquädukt erneuert. Für die Sanierung und den Weiterbau konnte Rottenhan ab 1. Mai 1801 einige hundert Pioniere zur Verfügung stellen, mit denen die Arbeit unter der Leitung von vier zusätzlichen Ingenieuren erstmals zügig voranging. Da für die Kosten dieser Sanierungsarbeiten erneut die Hofkammer allein aufkommen musste, war Rottenhan bestrebt, den Kanal zur Gänze in deren Eigentum zu übernehmen. Es gelang ihm die Differenzen innerhalb der „Hauptgewerkschaft“ dazu zu nutzen, die 1799 beschlossene Fusion wieder rückgängig zu machen und -nach zähen Verhandlungen- die Gesellschafter der Kanalgesellschaft Tschoffen, Graf Apponyi und Reitter auszubezahlen, was am 13. April 1802 besiegelt wurde.
Als man 1801 -noch immer ohne Kanalwasser- Wiener Neustadt erreicht hatte, wollte Schemerl mit der Prüfung des Kanals nicht länger warten und leitete Wasser aus der Piesting ein. Dies konnte jedoch nur für jeweils 24 Stunden erfolgen, da vom Piestingwasser das kriegswichtige Stuck(Geschütz)bohrwerk in Ebergassing abhängig war. Das Probewasser gelangte Richtung Norden immerhin bis mit Kledering und damit zum Stadtrand von Wien. Bei einem Versuch Richtung Süden kam man allerdings nur die wenigen Kilometer bis Lichtenwörth bei Wiener Neustadt. Um die Dichtheit des Gerinnes zu erhöhen, ließ Schemerl im Bereich der wasserdurchlässigen Kieselschichten des Steinfeldes das Kanalbett „podeln“. Dabei wurde nach dem Aufackern der Kanalsohle ein Gemisch von einem Drittel feinem Kiesel und zwei Drittel Erde eingebracht und durch Verdichten mit Hilfe zahlreicher Pferde tatsächlich ein Verminderung der "Durchseihung" (Versickerung) erreicht. Dieses vom Briten Brindley entwickelte Verfahren hatte den Vorteil, dass dieses Dichtmaterial um vieles billiger und einfacher zu handhaben war als Lehm.
1802 wurde der Kanal von Wiener Neustadt Richtung Pöttsching bis über die Leitha geführte, um endlich ausreichend Wasser zur Kanalbefüllung zu erhalten. Das dafür vorgesehene Leithawasser wurde im damals ungarischen Neudörfl abgeleitet und über die „Neudörfler Rigole“ in den Kanal eingespeist (siehe Skizze 8). In der Zwischenzeit hatte man auch noch weitere, aber weniger bedeutsame Wasserrechte erworben. 1802 wurde auch der 400 m langen Stichkanal von der Teichschleuse in Guntramsdorf zum Ziegelofen am Fuß des Eichkogels angelegt.
Die probeweisen Füllungen von 1802 bis zum Frühjahr 1803 zeigten weitere Mängel auf, [5] von denen diesmal nicht nur das Bauwerk selbst, sondern auch die Anrainer betroffen waren. Wasser aus Dammbrüchen und undichten Kanalteilen versumpfte Felder und Wiesen, verunreinigte Ortsbrunnen, drang in Keller ein und zwang zu Hausräumungen wegen Einsturzgefahr. In der Gruft der Franziskaner in Maria Lanzendorf schwammen die Särge.[6] Dazu kam am 29. Juli 1803 ein weiteres schlimmes Unwetter, bei dem die Schwarza die Peischinger Wehr wegriss und den Kehrbach sowie die „Neudörfler Rigole“ mit Schotter und Schlamm füllte. Die Schäden durch Kanalwasser und Unwetter verzögerten nicht nur die Fertigstellung, sondern führten zu langwierigen und kostspieligen Gerichtsverfahren, die dazu beitrugen, dass die von Maillard errechneten Baukosten von zwei Millionen letztendlich auf über 11 Millionen Gulden ansteigen sollten.
Da die Probleme mit der Abdichtung des Kanals auch zum Zeitpunkt der Aufnahme des regulären Schifffahrtsbetriebes zwischen Wien und Wr. Neustadt im Jahre 1803 noch nicht als behoben gelten konnten, wurde der Kanal zur Verminderung des Wasserdruckes zunächst mit weniger Wasser als vorgesehen gefüllt, wobei der geringeren Wassertiefe wegen die Kähne nur mit 20 statt mit 30 Tonnen beladen werden konnten. Das generelle Dichtheitsproblem konnte letztendlich erst der eingebrachte Schlamm lösen, wozu drei bis vier Jahre nötig waren.
Der Betrieb bis zur offiziellen Einstellung des Schifffahrtsbetriebes (1803 – 1879)








Der Kanalbetrieb unter staatlicher Verwaltung (1803-1822)
Anfang März 1803 begann man mit der langsamen Füllung des Kanals. Bis 15. März waren die "Haltungen" (Kanalabschnitte zwischen den Schleusen) bis Lanzendorf „gespannt“ (schiffbar), am 29.März wurde die Kirchhofschleuse bei St.Marx am Wiener Linienwall geöffnet. Bevor jedoch noch erstes Wasser bis zum Wiener Hafen gelangen konnte brach bei Simmering ein Damm, dessen Reparatur sechs Woche in Anspruch nahm. Die „Kanalbau - Hofkommission“ konnte deshalb ihre für Mitte April geplante erste offizielle Befahrung erst bei der Kirchhofschleuse im Süden Wiens beginnen. Die Fahrt dauerte vom 18. bis zum Abend des 21. April und wurde in der Presse als „Wasserschneckenfahrt“ bezeichnet. Am geringen Tempo war vor allem die Begeisterung der Bevölkerung und die Begrüßungsadressen der Honoratioren der anliegenden Gemeinden verantwortlich.
Was die verwendeten Wasserfahrzeuge betrifft, so waren diese genormt. Sie hatten eine Länge von 22,8 m und eine Breite von 2,05 m. Die Kähne wurden in Wiener Neustadt (Werft siehe Skizze 8) und Passau hergestellt. Sie waren Nachbauten der britischen Narrowboats. Durch ihre symetrische Konstruktion mussten sie am Zielpunkt nicht gewendet werden; es wurde lediglich das Ruder und die Stange für den Seilzug umgesteckt. Die Mannschaft eines Schleppzuges bestand aus drei Mann, die sich in ihren Funktionen abwechselten. Das vom Steuermann gelenkte Boot wurde von einem Pferd gezogen, das vom Pferdeführer („Treidler“) entlang des Treidel- oder Treppelweges geführt wurde, der entlang des Ostufers und unterhalb der Brücken verlief. Getreidelt wurde im Gegenverkehr mit knapp vier Kilometer pro Stunde, auszuweichen hatte das leere bzw. das bergab fahrende Schiff. Bei den Schleusen hatte aus wasserökonomischen Gründen jenes Schiff den Vorrang, das ein offenes Schleusentor vorfand. Aufgrund der geringen Strömung innerhalb der Haltungen mussten die Fuhren in beiden Richtungen gezogen werden. Für die Strecke von Wien bis Wiener Neustadt benötigte man im Schnitt eineinhalb Tage. Bei Nacht ruhte der Kanalbetrieb, den Schiffern standen in den „Canalhäusern“ entsprechende einfache Unterkünfte zur Verfügung.
Der Frachtbetrieb lief am 12. Mai 1803 an, er konnte wegen Lieferverzögerungen bei den Kähnen jedoch nicht wie geplant mit 16, sondern nur mit 4 Schiffen anlaufen. Bei der erstmaligen Befüllung der Haltungen zwischen der Kirchhofschleuse und dem Hafen Wien traten erneut die schon hinlänglich bekannten Dichtheitsprobleme auf, die ebenfalls nur mit sorfältigem „Podeln“ zu beheben waren. Da Schemerl 1903 als reines Probejahr veranschlagt hatte, war er mit 400 Frachtfahrten zufrieden. Im Frühjahr 1804 konnte der Transport zwar mit 55 Schiffen anlaufen, es kam jedoch zu einem weiteren Dammbruch bei der Kirchhofschleuse und gleich nachher zu einer Kanalsperre wegen Unterspülung einiger Gebäude beim Linienamt und der Verseuchung von Brunnen, wodurch der Verkehr zwischen dem Krottenbach und dem Hafen Wien für sechs Wochen zum Erliegen kam. Die Bilanz des zweiten Betriebsjahres belief sich auf 1713 Schiffsladungen, davon waren die Hälfte aber nur Fuhren zwischen Guntramsdorf und Wien bei denen vor allem Ziegel befördert wurden.
Das Betriebsjahr 1805 begann mit der dritten Unwetterkatastrophe. Plötzliches Tauwetter ließ die Flüsse und Bäche stark anschwellen. Fischa und Piesting vereinten sich im Steinfeld und zerrissen den Kanaldamm zwischen Lichtenwörth und der Untereggendorfer Brücke, gleichzeitig brachte der Kehrbach erneut große Schlammmengen bis in den Neustädter Hafen ein. Auf andere Weise verheerend wirkte sich der Krieg gegen Napoleon aus. Am 14. August 1805 wurden die erfahrenen Schiffsknechte aus Norddeutschland so rasch in die Schlacht geworfen, dass nicht einmal Zeit vorhanden war die Kähne an ihren Bestimmungsort zu bringen. Um Haftungsansprüche der Kunden zu vermeiden wurde rasch notdürftig geschulter Ersatz zum Einsatz gebracht, der zwar manchen Schaden anrichtete, mit deren Hilfe die Jahresbilanz dieses Katastrophenjahres aber doch auf 2.103 Fahrten und 42.000 Tonnen Fracht gesteigert werden konnte. Der Fahrbetrieb lag auch noch 1806 in der Hand dieser Kräfte, was sich aber weniger nachteilig auswirkte als der schlechte Zustand der Schleusen. Die billigen Ziegelschleusen zerfielen regelrecht, man musste sich deshalb dazu entschließen zunächst die Schleusen 1 bis 18 so bald als möglich in der teuren, aber dauerhaften Steinquaderbauweise neu zu errichten. 1807 gelang es zwar wieder erfahrene „Pontonniers“ an den Kanal zu bekommen, doch 1809 mussten auch diese wieder zu den Waffen greifen. Da die napoleonischen Truppen bei diesem Feldzug nicht nur über das Donautal, sondern auch über Süden vorrückten, war der Kanalbetrieb diesmal unmittelbar betroffen. Nach Plünderung der Schiffsladungen, Zerstörung der Lager und Beschlagnahme der Schiffe kam der Kanalbetrieb während der ersten Monate gänzlich zum Erliegen.

1810 bekam der „Canalfonds“ die Mittel für den Weiterbau der Strecke vom Neudörfler Speisekanal bis zum Pöttschinger Sattel. Dieser 3,8 km lange Streckenabschnitt wurde von 500 Soldaten zwischen dem 1.August und 15.Dezember 1810 errichtet und ging im Frühjahr 1811 in Betrieb. Die für die Rentabilität des Kanals so wichtige Verlängerung bis zu den Kohlengruben bei Ödenburg scheiterte am Widerstand der ungarischen Großgrundbesitzer, den auch eine persönliche Intervention des Kaisers nicht brechen konnte. Die Magnaten fürchteten einerseits Absatzeinbußen bei ihren Pferdezuchten (immerhin waren täglich 40.000 Pferde zwischen Wien und Triest unterwegs), anderseits sah man den Absatz der eigenen landwirtschaftlichen Produkte durch Billigimporte nach Ungarn gefährdet. Damit waren auch die Pläne einer Fortsetzung des Kanals über Ödenburg bis Raab und Triest als gescheitert zu betrachten. Immerhin hatte Maillard gemeinsam mit dem Baudirektor des Herzogtums Krain [7] die Strecke bis Oberlaibach (Vrhnika) bereits „nivelliert“ (vermessen). Bezüglich einer Fortsetzung bis zur Adria merkte Maillard an: [8]
- „Da endlich auf dem übrigen Wege von Oberlaubach nach Triest nichts als kahle, poröse und aus vielen Höhlungen bestehende Felsen angetroffen worden sind, so ist auf dieser Strecke kein Canal ausführbar.“
Die von Maillard und Schemerl berechneten 850 Schleusen führten zu Suche nach Alternativen.
1815 geriet die staatliche Betriebsgesellschaft nach drei ausgeglichenen Jahren erneut in die Verlustzone. Der Bergbau war aufgrund der ungünstigen Verträge, gegen die man vergebens Sturm lief, ein Verlustgeschäft, dringende Reparaturen an den Schleusen zehrten am Gewinn, da sie sie nebenbei auch noch für viele Wochen den Betrieb lahm legten. Dazu kam noch die schlechte Bewirtschaftung, die durch Betrugshandlungen von kaiserlichen Beamten wesentlich verschärft wurde. Am 11. Mai 1819 brachte daher Minister Graf Stadion den Vorschlag ein, die Hofkammer möge sich auf die Erhaltung des Bauwerkes und eine eventuelle Fortsetzung der Trasse beschränken, den Schifffahrtsbetrieb selbst aber verpachten.
Der Kanal unter der Pacht des Bankhauses Fries, unter Matthias Feldmüller und Georg von Sina (1822 bis 1846)
Als das Bankhaus Fries 1822 der Hofkammer von sich aus das Angebot machte, den Kanal in Pacht zu übernehmen und sich überdies aus freien Stücken bereit erklärte, die Fortsetzung des Kanals bis an die Adria als Hauptzweck des Unternehmens zu betrachten, wurde man relativ rasch handelseins. Der am 14. Mai 1822 abgeschlossene Vertrag hatte eine Laufzeit von 12 Jahren, der jährlicher Pachtzins wurde mit 6000 Gulden angesetzt, er sollte erst nach Verlängerung des Kanals bis Ödenburg auf 12.000 Gulden hinaufgesetzt werden. Der Pächter musste sich darüber hinaus verpflichten, nicht nur für die Kosten aller anfallenden Reparaturarbeiten aufzukommen, sondern auch noch jährlich zwei große Objekte (Schleusen, Aquädukte) neu zu errichten, was sich auf ein Mehrfaches des Pachtzinses addierte. Weiters sah sich Fries genötigt in die langfristigen Verträge mit dem Grafen Hoyos (Holztransport auf eigene Regie), dem Fuhrwerksunternehmer Neilreich, dem Ziegelofenpächter Gansterer und dem Schiffsbaupächter Ledl einzusteigen. Angesicht der hohen Bonitiät von Moriz Graf Fries (er galt als reichster Österreicher) nahm der Hof von der Gestellung einer Kaution Abstand. Der erste Jahresbericht, den Graf Stadion Ende 1923 über die Gebarung der „Niederösterreichische Schiffahrtskanal-Pachtungsgesellschaft“ vorlegte, war überaus positiv. Die Gesellschaft hatte 1822 insgesamt 27.000 Gulden für die Sanierung des Wasserweges aufgewendet. Damit hatte man neben den laufenden Reparaturen mehrere größere Objekte hergestellt und die seit 9 Jahren nicht mehr benutzte Strecke von Wiener Neustadt zum Pöttschinger Sattel wieder in Betrieb genommen. Die Verhandlungen bezüglich Weiterbau des Wasserweges in Richtung Ödenburg, die Fries mit dem Fürsten Esterhazy und dem Ödenburger Obergespan (Leiter der Komitatsverwaltung) geführt hatte, waren allerdings erfolglos geblieben. Fries fürchtete nun die Pachtung dadurch zu verlieren, dass er den vertraglich mit sechs Jahren befristeten Baubeginn nicht einhalten konnte und suchte um Friststreckung an. Sie wurde ebenso abgelehnt wie die Anrechnung der Schiffbarmachung des „Pöttschinger Astes“ als „großes Objekt“, was sich neben der wochenlangen Betriebseinstellung wegen Einbau eines Geschützbohrwerkes bei der Rabengassenschleuse in Wien zu nicht unbeträchtlichen Verlusten für den Pächter summierte. Die finanziellen Schwierigkeiten in die das Bankhauses Fries ab 1822 geraten war beruhten allerdings nur zum kleinen Teil auf der Kanalpacht, sie hingen mit anderen Fehlinvestitionen zusammen. Fries wird schließlich vor dem drohenden Konkurs in die Schweiz fliehen und 1925 verarmt in Paris sterben.
Da die Konkursmasseverwaltung ab 1. März 1827 Matthias Feldmüller als Unterpächter gewinnen konnte, war sie in der Lage die Pachtraten weiterhin zu überwiesen und den Antrag der Hofkammer auf Rückstellung des Kanals abzuweisen. Feldmüller war ein auch bei Hof hoch angesehender Unternehmer, der sein Vermögen während der Türkenkriege als Transportunternehmer auf der Donau erworben hatte und zum Zeitpunkt der Pachtübernahme 1.225 Donauschiffe betrieb. Als die Frist für den Weiterbau des Kanals wie erwartet ohne Baubeginn verstrichen war kündigte die Hofkammer am 1. November 1828 den Vertrag mit Wirkung vom 1. Mai 1829 und schrieb die Pachtung neu aus. Den Zuschlag erhielt Feldmüller für die Dauer vom 1. Jänner 1829 bis 31. Dezember 1834. Der Pachtschilling blieb bei 6000 Gulden, neben den laufenden Reparaturen war nur mehr ein großes Objekt jährlich neu zu erstellen, auch die Verpflichtung zum Weiterbau des Wasserweges war nicht mehr enthalten. Sollte sich allerdings ein Unternehmer oder eine Gesellschaft zur Fortsetzung des Kanals durch einen Kanal oder eine Eisenbahn finden, so durfte der Pächter "kein Hindernis bilden". Obwohl auch Feldmüller viel in den Kanal investierte, was diesen in einen besseren Zustand als je zuvor versetzte, war er doch der erste Unternehmer, der dauerhaft Gewinne aus dem Unternehmen ziehen konnte.
Bei der Versteigerung der Pacht am 17. September 1834 erhielt Baron Georg Freiherr von Sina, der Besitzer eines renommierten Bankhauses, den Zuschlag bis ins Jahr 1846 für 13.085 Gulden jährlich bei einer Kaution von 12.000 Gulden. Obwohl Sina den Kanal keineswegs vernachlässigte, ging sein Interesse über den Kanalbetrieb hinaus. Da er die Zukunft des Transportes eher auf der Eisenbahn sah, erwartete er sich von der Kanalpacht vor allem eine bessere Ausgangslage für seine Bahnprojekte von Wien Richtung Süden und Osten. Am 16. Februar 1839 gelang es Sina die Konzession für die Bahn Wien - Wiener Neustadt - Gloggnitz zu erhalten. Zur Errichtung und Betreibung gründete er die „k.k.privilegierte Südbahngesellschaft“ , die den Betrieb Wien - Gloggnitz am 5.Mai 1842 aufnehmen konnte. Am 6.Juni 1840 gelang es auch die Konzession für die Strecke Wiener Neustadt - Ödenburg zu erlangen, die 1847 in Betrieb ging. Beide Bahnbauten wurden von Matthias Schönerer geleitet, der für Sina und Konsorten teilweise gemeinsam mit Franz Anton Gerstner bereits die Pferdeeisenbahn Budweis–Linz–Gmunden gebaut hatte, die 1832 in Betrieb genommen worden war. Auch Sina sah sich mit Problemen konfrontiert. Zunächst wurde ihm im Hafen Wien der Kohlenlagerplatz zum Bau des Münzamtes entzogen, was die Manipulation der Waren auf dem nun sehr beengten Hafengelände wesentlich erschwerte. Noch mehr Probleme bereitete ihm allerdings die Kohlenförderung am Brennberg, die noch immer unter den ungünstigen Verträgen litt. Das Probleme mit der Kohle löste er durch Unterverpachtung der Kohlengruben der Gesellschaft an Alois Miesbach, dem „Ziegelbaron“, der bestrebt war, den Brennstoffbedarf für seine Ziegelöfen kostengünstig zu decken. Auch er und seine Nachfolge waren nicht in der Lage, die Pachtfrage am Brennberg einer befriedigenden Lösung zuzuführen, weil sie sich zu einem ungarischen Politikum ausgeweitet hatte. Sina hatte überdies die neuen, um 35 cm breiteren Boote (nun 7 Fuß 4 Zoll = 2,3 m) allein zu finanzieren, deren Einsatz durch die nun weit fortgeschrittene Schleusenverbreiterungen möglich wurden, die im Zuge der jährlichen Sanierungen durchgeführt worden waren. Auch Sina gelang es positiv zu bilanzieren.
Der Kanal unter der Pacht der „Ziegelbarone“ Miesbach und Drasche (1846 bis 1871)
Als bei der mündlichen Versteigerung der Kanalpacht am 9.November 1846 zum Ausrufungspreis von 10.975 Gulden kein mündliches Anbot gelegt wurde, erhielt Alois Miesbach, der schriftliches Anbot von 15.551 Gulden vorgelegt hatte den Zuschlag. Auch Miesbach zählte zu den Größen der österreichischen Wirtschaft. Er hatte 1819 mit einer Ziegelei und der Landwirtschaft Meidling begonnen und 1826 auch noch die Herrschaft Inzersdorf erworben, die über reiche Tonvorkommen verfügte. Daraus wurde ein Baustoffunternehmen, das 30 Bergwerke, eine Terrakottafabrik und 9 Ziegeleien umfasste, womit der Grundstein für den heute weltweit agierenden Baustoffkonzern Wienerberger gelegt wurde. Miesbach war bei seinen Ziegelöfenn frühzeitig auf Kohlefeuerung umgestiegen und hatte bereits seit 1835 die Kohlengruben der Kanalgesellschaft von Sina in Unterpacht genommen, was von der Hofkammer genehmigt worden war. Er war es dann auch, der in die schwersten Auseinandersetzungen mit der Stadt Ödenburg verwickelt war. In Ödenburg hatten sich Spekulationsunternehmen niedergelassen, die Anspruch auf die billige Kohle für Ödenburger Bürger stellten und vor den ungarischen Gerichten recht bekamen. Als sich Miesbach weigerte, an solche Unternehmen Kohle zu liefern, wurde Exekution erwirkt, die jedoch durch die Hofkammer verhindert werden konnte. Auch am anderen Ende der Kanalgeschäfte, in Wien, gab es viel Ärger. Dort hatte die unter Leitung von Dr. Ghega stehende Gesellschaft zur Errichtung einer Verbindungsbahn zwischen den einzelnen Wiener Bahnhöfen ihr Auge auf den in staatlichem Eigentum befindlichen Kanal geworfen. Tatsächlich wurde ihr das gesamte Hafengelände und die Kanal bis über den Rennweg hinaus zugesprochen. Am 24. Mai 1848 begann man mit den Bauarbeiten für den neuen Kanalhafen (siehe Skizze 4) und dem Zuleitungsgerinne für die im Vertragsverhältnis mit der Kanalgesellschaft stehenden Werksbesitzer. Am 24. April 1849 wurden die Haltungen unterhalb der stillgelegten Rennwegschleuse abgelassen und das Kanalbett zum Bahnkörper umgestaltet. Ab 11. Juni erhielten die Werksbesitzer und die anderen Nutzer wieder Kanalwasser.
Miesbach war durch die Verkürzung gleich mehrfach geschädigt. Er erhob jedoch keine Klage, da ihm eine Pachtminderung auf 6000 Gulden zuerkannt und die Pacht verlängert wurde. Mit dem Bau eines Stichkanals zum Biedermannsdorfer Ziegelofen konnte er seine Konkurrenzsituation verbessern, er musste allerdings hinnehmen, dass er 1855 mit dem Grafen Hoyos einen wichtigen Kanalkunden verlor, der eine von der Hofkammer verfügte Erhöhung seiner Nutzungsgebühren nicht akzeptieren wollte.
Als Miesbach im Jahr 1857 starb übernahm dessen Neffe Heinrich Drasche, später Heinrich von Drasche-Wartinberg dessen Betrieb. Er stammte aus Brünn und war 1826 in den Betrieb seines Onkels eingetreten. Ab 1826 war er als technischer und kommerzieller Direktor des Unternehmens bereits die Seele des Konzerns.
Nachdem die Schleusen im Zuge der jährlichen Reparaturen zwischen 1820 und 1850 erneuert und um einen Fuß (32 cm) verbreitert worden waren und die Verfestigung der Dämme eine Anhebung des Wasserspiegels gestattete, konnten die Kähne entsprechend verbreitert und die Beladekapazität auf 52 Tonnen gesteigert werden. Bei Holztransporten wird man aufgrund des großen Volumens und der aus Stabilitätsgründen beschränkten Ladehöhe allerdings nie über 30 Tonnen hinauskommen.
Der Verkauf des Kanals und die Einstellung des Schifffahrtsbetriebes (1871 bis 1879)
Der verlorene Krieg des Jahres 1866 hatte den Staat in finanzielle Schwierigkeiten gebracht, die man nicht zuletzt durch den Verkauf staatlichen Eigentums zu beheben trachtete. Dabei wurde auch der Kanal zur Disposition gestellt. Bei der Berechnung der Verkaufssumme wurde der Wert der errichteten Objekte, der Wert der Schifffahrtspacht, die Einnahmen aus der Eisgewinnung, aus der Gestellung von Werks- und Nutzwasser, sowie Servitutsrechten, dem Verkauf „überstämmiger“ Bäume, den Ertragsmöglichkeiten aus noch ungenützten Gefällen sowie der vertragsmäßig gesicherten Speisewässer (Leitharigole, Kehrbach, Guntramsdorfer Fabrikswasser). Davon wurden Grundsteuer, Erbpachten, Erhaltungs- und Personalkosten abgezogen, worauf man auf eine Kapitalswert von 279.855 Gulden kam. Am 16.Februar 1869 wurde mit der „k.k.privilegierten österreichischen Vereinsbank“ ein Vorvertag abgeschlossen, der zur Gründung der „Ersten Österreichischen Schiffahrts Kanal A.G.“ führte, die den Kaufpreis von 350.000 Gulden erlegte und den Kanalpächter vom Besitzerwechsel verständigte. Da dieser Verkauf nicht in Einklang mit dem Pachtvertrag stand, strengte der überrumpelte Drasche einen Prozess gegen die Hofkammer an, der zu einem Vergleich und dem Ausstieg Drasches aus dem Vertrag führte. Der rechtsgültige Besitzerwechsel erfolgte am 15. Mai 1871.
Obwohl der Kanal den neuen Eigentümern auch noch in den Folgejahren Reingewinne brachte (1872: 15.560 Gulden, 1872 über 30.000 Gulden) war der Blick der Kanalgesellschaft schon längst auf den Eisenbahnbau fixiert. Am 19. Oktober 1872 erhielt man die beantragte Befugnis nicht nur Kanäle, sondern auch Eisenbahnlinien zu errichten und zu betreiben. Die Gesellschaft dachte dabei vor allem an die Errichtung einer Bahn die von Wien bis Novi Sad führen sollte, wo man Anschluss an die seit 1873 bestehende Linie Saloniki - Mitrovica finden und damit eine Verbindung Saloniki - Wien zu knüpfen hoffte. 1874 wurde die Bewilligung für Vorarbeiten für die Strecke Wien - Aspang - Friedberg - Radkersburg erteilt, 1876 suchte die Gesellschaft um die Konzession des Baues bis Aspang an und erhielt sie auch. Zur Finanzierung setzte man sich mit der belgischen „Société belge de chemin de fer“, der staatlichen belgischen Eisenbahngesellschaft, in Verbindung, die nun das Ruder übernahm. Zunächst wurde die „Erste Österreichischen Schiffahrts Kanal A.G.“ in die „Austro-Belgische Eisenbahngesellschaft“ (kurz „Austro-Belgische“) umbenannt. Dann gründete die „Société belge de chemin de fer“ eine Aktiengesellschaft mit dem Namen „k.k. privilegierte Eisenbahn Wien -Aspang“, der man nicht nur alle den Bahnbau betreffenden Konzessionen und Rechte der „Austro-Belgischen“ übertrug, sondern auch das Hafengelände und die 7 km lange Kanalstrecke bis Kledering einschließlich des Liesingaquäduktes. Die gerade in „Eisenbahngesellschaft“ umgetaufte „Austro-Belgische“ wurde dadurch wieder eine reine Kanalgesellschaft, die weiterhin für die Wasserversorgung der Vertragspartner verantwortlich war. Dadurch blieb der Kanal (bis 1930) wasserführend, mußte sich jedoch das Bett mit der eingleisigen Bahnstrecke teilen. Verschiedene Straßen wurden mit Siphonen unterquert. Als man nach diesen Adaptierungen im Mai 1881 den Kanal unterhalb von Kledering wieder anließ, kam es zu Problemen wie in den Anfangszeiten des Betriebes. Undichte bzw. geborstene Wasserführungen zwangen mehrfach zur Trockenlegung des Kanals ab dem Krottenbach.
Der Kanal nach Einstellung des offiziellen Schifffahrtsbetriebes (1879 -2000)



Der lange Abschied vom Schiffsverkehr (1879-1914)
Obwohl nach den Umbauarbeiten der Schifffahrtsbetrieb nicht mehr offiziell aufgenommen wurde, kam er auch nach dieser zweiten Verkürzung des Kanals und der Fertigstellung der Aspangbahn, die bereits 1881 den Betrieb bis Pitten aufnahm, keineswegs zu einem Ende. Einem Schreiben des Direktors der „Austro-Belgischen“ Tunkler von Treuimfeld aus dem Jahre 1887 (!) ist zu entnehmen, dass
- „der Schiffahrtsbetrieb zum Zwecke des Transportes fremder Lasten ... von der Zentrale fallweise angeordnet...wird.“
Da bei diesem „fallweisen“ Betrieb weiterhin bei 8 Ladestationen Güter übernommen und von Personal der Gesellschaft transportiert wurden, scheint dies keineswegs selten gewesen zu sein. Einzige Einschränkung: Bei nicht regelmäßigen Transporten stellte die Gesellschaft lediglich den Kahn, das Zuggeschirr und bei Neukunden einen Lotsen.
Mit diesem „fallweisen“ Betrieb ließ sich allerdings der Kanal nicht mehr kostendeckend führen, zumal sich die Konkurrenz durch Süd- und Aspangbahn in Form von sinkenden Frachttarifen immer stärker bemerkbar machte. Der Verfall des Kanals mangels Geld schritt voran und schränkte den Schiffsverkehr immer mehr ein. Die verminderte Aufsicht und Wartung wirkte sich auch auf die Servitutsberechtigten aus, die über verminderte Wassermengen durch Lecks und unbefugte Entnahmen klagten und auch die zunehmende Verkrautung des Kanals beanstandeten.
Der 1.Weltkrieg und die Kehrbachumlegung (1914-1918)
Da die Hauptwasserversorgung des Kanals weiterhin über die „Leitha-Rigole“ und den Pöttschinger Ast erfolgen mußte (siehe Skizze 10) kam eine Trockenlegung dieser Strecke zunächst nicht in Frage. 1903 scheiterte der Versuch die bereits desolate Holzkonstruktion des Leithaaquäduktes durch ein Stahltragwerk mit Betonfundamenten zu ersetzen. Als 1905 ein Hochwasser die unfertigen Fundamente zerstörte, sanierte man lediglich die Holzkonstruktion und verwendete das verkürzte eiserne Tragwerk beim Umbau des Schwechataquäduktes bei Baden. [9] Nach der „Kehrbachumlegung“ konnte der Pöttschinger Astes am 18. April 1916 trocken gelegt werden. Die Dämme und Brücken in den Flurbereichen wurden erst 1964 beseitigt, wobei 20 Hektar Ackerland gewonnen wurde. [10] Mit dem Zuschütten des Hafens und der Hafenzufahrt in Wiener Neustadt in den Jahren 1926/1927 wurde der Kanal um weitere 600 m verkürzt und endete nun am Nordostrand von Wr. Neustadt an der Einspeisestelle des Kehrbaches beim Kraftwerk Ungarfeld.
Der Niedergang des Kanals (1918-1956)
Während des 1. Weltkrieges war die „Austro-Belgische“ aufgrund der Beteiligung von Angehörigen eines ,Feindstaates' unter staatliche Aufsicht gestellt worden. Da die Masse des Betriebspersonals zum Kriegsdienst eingezogen wurde und man auch mehrere Pferde beschlagnahmte, wurde die Wartung immer schwieriger. Dies führte vermehrt zu Klagen der Werksbesitzer über ungenügende Wassermengen und verlängerte Reparaturzeiten. Da diese Klagen wegen der Rüstungsaufträge dieser Firmen von den Behörden ernst zu nehmen waren, forcierte man nun die Kehrbachumlegung, die durch eine erhöhte Wassermenge ab 1916 Besserung brachte.
Das Kriegsende, die Inflation und der Niedergang vieler Betriebe am Kanal verschärften die Finanzlage der Gesellschaft, die sich ab 15.April „Austro-Belgische Eisenbahn- und Industrie A.G“, nannte. Die fehlenden Gelder für Wartung führte zur immer schwereren Mängel in der Wasserversorgung, worauf die Werksbesitzer weitere Zahlungen verweigerten, was zu vertragslosen Zuständen führte. Riebe: [11]
- „Schließlich geriet das Gerinne in völlige Verwahrlosung. Der Kanal war versumpft, versandet und meterhoch mit Schilf bedeckt. 1926 war es so arg, dass der Betrieb der Werke kaum mehr aufrecht zu halten war.“
Die „Austro-Belgische“ entschloss sich nun den Kanal aufzulassen und zu verschütten. Sie fand dabei Unterstützung bei den Anrainergemeinden und vor allem auch von der Gemeinde Wien, die Interesse an den grundstücken hatten. Da die Nutzer des Kanals aber dagegen waren und auf ihre Verträge pochten, griff das Land Niederösterreich ein. und ließ ein Gutachten erstellen. Gemäß dieses Gutachtens vom 18.Juni 1928 wurde der Kanal von Wien bis zum Krottenbach trocken gelegt und das verbleibende Gerinne mit mit Unterstützung des Landes und der Werkksbesitzer saniert. Diese Arbeiten waren 1930 abgeschlossen. Die Verhandlungen mit der Gemeinde Wien und den Bezugsberechtigten in Wien zogen sich noch länger hin. 1933 einigte man sich darauf, dass die Gemeinde alle Verbindlichkeiten der Kanalgesellschaft übernahm, dafür im Gegenzug die restlichen Grundstücke der Gesellschaft im Bereich der Stadt erhielt.
Ab 1931 präsentierte sich die „Austro-Belgische“ unter neuer Führung. Leo Grünberg bemühte sich den Betrieb des nun sanierten Kanals auf eine solidere finanzielle Basis zu stellen. Es gelang ihm im Zuge des Regierungsprogramms zur Arbeitsbeschaffung Gelder für die Errichtung von 13 Kleinkraftwerken aufzutreiben. Diese Anlagen wurden in den Jahren 1935 und 1936 bei den Schleusen der Nummern 18 bis 33 (zwischen Baden und Kottingbrunn) errichtet, wobei die Schleusen 26, 30 und 31 ausfielen, da ihre Gefälle bereits einer anderen Nutzung zugeführt worden waren. Der Strom wurde in das Netz von Wien eingespeist.
Im zweiten Weltkrieg erlitt der Kanal schwere Schäden. Aufgrund der Tatsache, dass die „Alpen- und Donaureichsgaue“ (Österreich) bis Mitte 1943 von Luftangriffen verschont blieben, wurden mehrere Industriebetriebe aus dem „Altreich“ hierher ausgelagert, wobei die Kanalnähe vor allem aufgrund des Löschwasserangebotes gesucht wurde. Der größte Industriebetrieb am Kanal, die Flugmotorenwerke Ostmark, deren Areal mit dem heutigen Industriezentrum Niederösterreich Süd identisch ist, hatte bereits 1942 ein Teilstück des Kanals und zwar jenes zwischen dem Krottenbach und dem Kanalstück 300 m südlich des Haidbachablasses erworben. Am 13.August 1943 begann aber mit einem schweren Luftangriff auf Wiener Neustadt der Bombenkrieg auch über Österreich, der 1944 mit voller Wucht zunächst die Luftfahrtindustrie traf und damit auch eine Reihe von Betrieben in unmittelbarer Nähe des Kanals. Auch der Kanal wurde dabei mehrmals getroffen und immer wieder trocken gelegt. Weitere Zerstörungen brachten die Erdkämpfe in den ersten Apriltagen 1945 zwischen Teilen der deutschen 6. Panzerarmee und der sowjetischen 3. Ukrainischen Front. Dabei wurden mehrere Brücken gesprengt, Schleusenanlagen und Kleinkraftwerke zerstört und Industriebetriebe mit Kanalbezug devastiert.
Als man im August 1945 nach ersten Reparaturen wieder Wasser zuführte, versickerte es zunächst. Da die erforderliche Generalsanierung in keiner Relation zu den möglichen Einnahmen und den verfügbaren Mitteln stand, entschloss sich die „Austro-Belgische“ den Kanal erneut still zu legen und zuzuschütten.
Neue Eigentümer und neue Funktionen
Knapp vor Umsetzung der Schließungspläne griff die Niederösterreichische Handelskammer ein und erwarb im Sinne mehrere Kammermitglieder die Kanalanteile samt allen Verbindlichkeiten, konnte aber die mit der Erhaltung verbundenen Lasten auf die Dauer auch nicht tragen. 1956 übernahm dann das Land Niederösterreich den Südteil des Kanals, der Kaufvertrag wurde am 12. Juli 1956 abgeschlossen.
Jenes Teilstück, das sich im Besitz der Flugmotorenwerke befand, lag auch nach der Teilsanierung des südlichen Kanalabschnittes weitgehend trocken, da das Kanalwasser im Bereich der Gemeindegrenze Guntramsdorf - Laxenburg beim sogenannten „Haidbachablass“ in den hier nahen Haidbach (Badener Mühlbach) umgeleitet wurde. Nachdem die Eigentumsrechte am Grundbesitz der Flugmotorenwerke an die „Industriezentrum Niederösterreich Süd GmbH“ übergegangen waren, wurde die im ursprünglichen Kaufvertrag verankerte Verpflichtung zur Erhaltung des Kanals eingemahnt. Angesichts der massiven Zerstörungen vor allem im Nordteil kam es nach längeren Verhandlungen zu einem Kompromiss. Der Kanalteil bis zum Mödlingbach wurde Anfang der 1970er Jahre saniert, der Abschnitt bis zum Krottenbach jedoch endgültig stillgelegt. [12] Der „Haidbachablass“ blieb (mit einer Schleuse versehen) erhalten. 2007 befindet sich der Kanalteil des „IZ-Süd“ im Besitz der „ECO-Plus Betriebsführungsgesellschaften“.
Die Funktionen des Kanals
Der Kanal hatte im Zuge seiner Existenz verschiedene Funktionen, die teilweise wegfielen, dazu kamen bzw. andere Gewichtungen erhielten. Stand bis 1879 die Güterbeförderung im Vordergrund, so war dies bis in die 1970er Jahre die Nutzung als Energie- und Wasserliferant, während später der Erholungswert in den Vordergrund trat.
Güterbeförderung
Die Kohle
Trotz der Intentionen der Wiener Neustädter Steinkohlengewerkschaft wurde Kohle keineswegs zum dominanten Transportgut. Das Produkt vom Ödenburger Brennberg blieb aufgrund der ungünstigen Verträge und mangels Kanalanbindung weiterhin zu teuer und die im Raum Wiener Neustadt gepachteten Vorkommen erwiesen sich bald als unergiebig. Damit blieb der Beitrag der Kanalbetreiber zum Siegeszug dieses Energieträgers in Österreich gering. Sein steiler Aufstieg begann auch erst mit dem Eisenbahnboom in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wobei die Bahn daran gleich mehrfach beteiligt war. Durch den Eigenbedarf regte sie selbst die Kohleförderung an, sie machte Dampfmaschinen generell populär und schaffte den gemeinsamen Energieträger auch gleich selbst herbei. Hohe, rauchende Fabriksschlote wurden zum Markenzeichen für Fortschritt und Erfolg. Als 1870 der Kohleverbrauch der Wiener von 50.000 Tonnen auf 200.000 Tonnen stieg, so kam diese Kohle vorwiegend aus Böhmen, Mähren und Schlesien. [13]
Das Holz
Statt Kohle stand Holz und zwar vorwiegend Scheiterholz ganz oben auf der Transportliste. Dieses Produkt stammte vor allem aus den Wäldern der Region um Rax und Schneeberg, die sich teilweise in kaiserlichem, vorwiegend jedoch im Besitz der Grafen von Hoyos befanden. Zunächst war man an den technischen Schwierigkeiten gescheitert, das Holz dieser Gebirgsgegenden zu den Abnehmern zu schaffen. Mit Georg Huebmer fand sich jedoch 1805 ein genialer Schwemmmeister, der dem Grafen Hoyos vertraglich zusicherte ab 1807 jährlich 10.000 Kubikklafter (ca. 70.000 Raummeter) Scheiterholz nach Wiener Neustadt bzw. Wien zu schaffen. Während Hubmer die Holzrückung (-bringung) vorbereitete, gelang es dem Grafen Vorkehrungen zur Erleichterung des Holztransportes zu schließen. Er erwarb das Schwemmprivileg auf der Schwarza, die Genehmigung zur Adaptierung des Kehrbaches als Schwemmkanal, die Erlaubnis innerhalb des Parkes der Theresianischen Militärakademie einen Holzlagerplatz zu errichten, das Holz in der Nähe der Hohen- oder Schemerlbrücke auf einem eigenen Stichkanal und auf eines der 30 eigenen Schiffe zu verladen und zum Pauschalpreis von 20 Gulden je Kahn (Hin- und Rückfahrt) mit eigenem Personal nach Wien zu transportieren.
Da der Jahresschnitt der zwischen 1808 und 1827 auf dem Kanal nach Wien gelieferten Holzmenge 28.000 Kubikklafter betrug wird klar, dass Hoyos allein die Hälfte dieser Menge beisteuerte. Es gelang ihm mit Hilfe Hubmers diese Menge nicht nur zu halten, sondern noch beträchtlich zu steigern. So liefert er zwischen 1840 und 1852 in Summe 240.519 Kubikklafter in die Haupt- und Residenzstadt, was einer jährlichen Fördermenge von über 20.000 Kubikklafter (oder 140.000 Raummeter) entsprach. Auf dem Kanal waren die Hubmerschen Schiffsknechte nicht sehr beliebt. Da sie im Akkord arbeiteten, luden sie im Schnitt um zwei Kubikklafter mehr Scheiter auf ihre Kähne [14] und sahen auch keinen Grund die Schleusen zu schonen. Als nun Anfang der 1850er Jahre der Kanal durchgehend für die breiteren Schiffe befahrbar war, wollte die Hofkammer von Hoyos mehr Geld für den Transport nach Wien und erstmals auch eine Gebühr für eine eventuelle Rückfracht. Als Hoyos daraufhin ankündigte aus dem Vertrag auszusteigen, dachte man bei Hof an einen taktischen Schachzug und blieb bei den Forderungen. Doch Hoyos, der unter dem Preisverfall des Scheiterholzes aufgrund der Umrüstung der Ziegelöfen auf Kohle, unter steigenden Verlusten durch Diebstahl und hohen Rückungs (Bringungs-) kosten zu leiden hatte, kündigte den Vertrag tatsächlich mit 14. Februar 1856, was wenig Schaden für die Hofkammer, aber einen beträchtlichen Schaden für den damaligen Pächter Alois Miesbach bedeutete.
Nicht unerhebliche Mengen Holz kamen auch aus dem Einzugsgebiet der Schwechat. Dieses Holz wurde zunächst mittels der Klause in Klausenleopoldsdorf an den Westrand von Baden und dort über die Klause beim Urtelstein weiter zum Holzrechen in Möllersdorf an der Reichsstraße geschwemmt, von wo es mittels Fuhrwerk nach Wien gelangte. Dabei ging vor allem zwischen Baden und Möllersdorf viel Holz verloren. Zeitgenossen berichten, dass die „Bachstätte von Baden bis Möllersdorf voll Scheite lag“ [15]. Die k.k. privilegierte Hauptgewerkschaft bemühte sich sehr früh, dieses Holz über den Kanal nach Wien zu bekommen und erwirkte auch ein entsprechendes Privileg. Man errichtete dafür einen neuen Holzrechen in Baden im Bereich des heutigen Aquäduktes der 1. Wiener Hochquellenwasserleitung und transportierte von dort am 7.Juli 1804 die ersten Scheiter mittels Fuhrwerk nach Leesdorf, wo sie bei der Ladestation an der Schleuse 12 des Kanals auf Kähne verladen wurden.
Andere Transportgüter
Nach dem Holz waren Ziegel das wichtigste Transportgut. Sie wurden von den Ziegelöfen zwischen Guntramsdorf und dem Stadtrand Wiens zum Wiener Hafen transportiert. Neben Mauerziegeln wurden auch Dachziegel, Kalk und Roheisen sowie Harze und Tonwaren Richtung Wien befördert. In die Gegenrichtung fuhr man mit Eisenwaren, Tonerde, Graphit, Schwerspat, Salz, Zucker, Wein und Mauthausener Granit, mit dem die Straßen von Wr. Neustadt gepflastert wurden.
Neben Gütern wurden auch Personen transportiert. So verkehrte dreimal in der Woche ein „Lustschiff“ von Wien nach Laxenburg, das bis zu 80 Personen transportieren konnte. In Laxenburg befand sich die Franzensburg des Kaisers und ein großer Park. Ab 1805 wurde die Kanalschifffahrt auch für Private möglich. Für die einmalige Benutzung der Kanalstrecke Wien-Wiener Neustadt waren 24 Gulden zu entrichten.
Frachtkosten
Die Frachtpreise waren nach Gewicht und Ladegut und Distanz gestaffelt. 1868 hatte man beispielsweise für den Transport einer Schiffsladung Brennholz von der Ladestation Siebenhaus (Schleuse Nr. 34) bis nach Wien 24 Gulden zu bezahlen. Für einen Zentner (ca. 56 kg) heikler Fracht waren auf der gleichen Strecke 7 Kreuzer (1 Gulden = 100 Kreuzer) zu erlegen, was bei einer Schiffsladung (30 Tonnen) 38 Gulden bedeutete.
Der Kanal als Energie- und Wasserquelle
Das Interesse am Kanal als Energie- und Wasserspender war von Anbeginn an groß, immerhin konnte man mit diesem Wasser unter Nutzung der „Gefälle“ (Schleusenstufen) relativ preiswert Mühlen, Sägen und Bohrmaschinen betreiben ohne auf teure Brennmaterialen angewiesen zu sein. Nachteilig war lediglich das Faktum, dass man den Bewerber keine gleichmäßige Wasserversorgung garantieren konnte, der Kunde im Falle von Schäden und Sanierungsarbeiten am Gerinne vielmehr damit rechnen musste wochen- ja monatelang ohne diese Energiequelle auskommen zu müssen ohne Ersatzansprüche stellen zu können. Wasser war auch beliebt um Fischteiche zu füllen, Gärten zu bewässern sowie den Wasserbedarf von Papierfabriken zu decken.
Nicht zu unterschätzen war auch die Funktion des Kanals als Eislieferant. Im Winter war der Kanal auf Grund seiner geringen Tiefe ein idealer Platz um Eisblöcke zu schneiden, die bei Gastwirten und den Brauerein als einzig mögliche Kältespender von großer Bedeutung waren. In den Städten wurde es auch zum Berieseln der Straßen, Bewässerung von Gärten und Spülen der Unratkanäle geschätzt.
Da der Kanaleigner trotz der Einschränkungen vor allem in Wien nicht in der Lage war alle diese Wünsche zu erfüllen, wurden jenen Bewerben Prioritäten zugeordnet, die durch den Bau bzw. den Betrieb des Wasserweges geschädigt worden waren. Da die Bewerber beträchtliche Einstiegskosten zu tragen hatten, wurden die Verträge langfristig abgeschlossen, was sich bei der Auflassung von Kanalteilen als schwere Hypothek erweisen sollte. Es kam insgesamt zur Ansiedelung von 19 Betrieben, die vorrangig am Kanalwasser selbst interessiert waren. Unter wechselnden Besitzern und bei wechselnder Produktpalette reichte das Spektrum von Mühlen über Holz- und Metallverarbeitung bis zur Chemie- und Lebensmittelbranche.
Ende der 1850er Jahre wurde die Trinkwasserversorgung der rasant wachsenden Metropole Wien zu einem immer größeren Problem. Nachdem man den Kanal als Trinkwasserquelle wegen unzureichender Mengen und hygienischer Fragwürdigkeit ausgeschlossen hatte, schrieb die Gemeinde Wien Ende 1861 einen Wettbewerb zur Lösung dieses Problemes aus. Am 7. Juli 1864 wurde jenes siegreiche Projekt beschlossen, das unter anderem die dann vom Kaiser gespendete Quelle in Kaiserbrunn bei Hirschwang an der Rax und jene später von Hoyos gespendete in Stixenstein nach Wien leiten sollte. Da diese Wässer letztendlich der Schwarza entzogen wurden, protestierte neben anderen Betroffenen auch der Kanalfonds gegen die Ableitung. Man verlangte als Kompensation des Wasserverlustes eine Einleitung des Wassers der Pitten in den Kehrbach, was (damals noch) aufgrund der hohen Kosten abgewiesen wurde. In Anbetracht der vorrangigen Interessen der Haupt- und Residenzstadt hatten sie die Kanaleigner mit einer einmaligen Entschädigung von 100.000 Gulden abzufinden.[16]
Der Kanal im Detail
Der Verlauf im Wandel der Zeit


Der Kanal war im Zuge seiner Geschichte zahlreichen Änderungen unterworfen, die zumeist eine Verkürzung der Verlaufes bedeuteten.
- 1803: Hafen Wien -Landstraße bis Wiener Neustadt, Pötschinger Ast bis zur Einmündung der Neudörfler Rigole (siehe Skizze 8)
- 1810: Hafen Wien - Landstraße bis zum Kanalhaus auf der Pöttschinger Höhe (siehe Skizze 9)
- 1849: Verlegung des Hafens in den Bereich der späteren Aspangbahnhofes
- 1879: Auflassung des Hafens und Verlegung des Endes des schiffbaren Kanals nach Kledering
- 1916: Kehrbachumlegung mit Auflassung des Pöttschinger Astes und der Neudörfler Rigole
- 1926: Bis zu diesem Jahr wurden Hafen und Hafenzufahrt (600 m) zugeschüttet
- 1930: Trockenlegung des Abschnittes Krottenbachschleuse - Wien
- Errichtung eines Dammes über den Winterhafen, Zuschütten des Winterhafens
- 1945: Durch Kriegseinflüsse Kanalende beim Haidbachablass an der Gemeindegrenze Laxenburg-Guntramsdorf
- 1970: Kanalende Mödlingbach


Die Länge des Kanals (wasserführend) betrug/beträgt:
- 1803: 56 Kilometer (Hafen Wien bis Hafen Wr. Neustadt)
Der Höhenunterschied betrug 100 Meter, der 46 „Haltungen“ (Strecken zwischen den Schleusen) beinhaltete. - 1811: 63 Kilometer (Hafen Wien bis zur ungarischen Grenze bei Pöttsching)
Der Höhenunterschied betrug 100 Meter. - 2007: 36 Kilometer (Biedermannsdorf - Wiener Neustadt Nordost)
Der Höhenunterschied beträgt 86 Meter, die Anzahl der Schleusen 38.
Der Kanal führte 1803 über die Gemeindegebiete folgender Orte: Wien, Simmering, Kledering, Rannersdorf, Lanzendorf, Biedermannsdorf, Laxenburg, Guntramsdorf, Gumpoldskirchen, Pfaffstätten, Tribuswinkel, Bad Vöslau, Kottingbrunn, Leobersdorf, Schönau an der Triesting, Sollenau, Theresienfeld, Wiener Neustadt und Lichtenwörth.
Heute sind die Gemeindegebiete von Wien, Simmering, Kledering, Rannersdorf und Lanzendorf weggefallen.
Der Kanal wird heute vom „Triangel“ (Y-förmige Abzweigung des heute zugeschütteten Pöttschinger Astes) am Nordostrand von Wiener Neustadt bis zur Kreuzung mit der Pottendorferstraße in einem Damm und danach in einer schwachen Aufdämmung bis zur Kreuzung mit der Bahnlinie Wien-Pottendorf geführt. Ab dort verläuft der Kanal entweder in schwachen Einschnitten oder in einem normalen Graben.
Der Kanal wird durch Schleusen in Abschnitte unterteilt, die „Haltungen“ genannt werden. „Haltungen“ weisen nur ein minimales Gefälle auf. Der Schifffahrtsbetrieb lief von Anfang April bis Ende Oktober. Die verbleibende frostfreie Zeit wurde für Wartungs- und Reparaturarbeiten genützt. Zu diesem Zweck wird der Kanal zur Kanalabkehr auch heute noch im Herbst kurzfristig weitgehend trocken gelegt.
Zur Zeit der Inbetriebnahme führten 54 Brücken über den Kanal.
Der höchste Punkt des Kanals lag und liegt auf Ebene der Haltung der Schleuse 36 (Schleuse 36 beim Piestingaquädukt). Die Spiegelbreite des Kanals (Breite am Wasserspiegel gemessen) betrug bis zu 11 m, die Sohlenbreite durchschnittlich 5,7 m. Wegen des geringen Tiefgangs der Kähne reichte eine Wassertiefe von 1,6 – 1,9 m aus.
Der am rechten Ufer geführte Treppelweg hatte eine Breite von 2,5 Metern.
Wassereinspeisung


Die jahreszeitlich stark schwankende Wassermenge der Oberflächenwässer im Wiener Becken machte die ausreichenden Befüllung des Kanals zu einem der Hauptprobleme des Projektes, zumal man zusätzlich mit dem Verlust von 2/5 der Wassermenge aufgrund von Verdunstung und „Durchseihung“ zu rechnen hatte. Maillard plante deshalb einen „ökonomischen“ Kanal, worunter er vor allem schmale Schleusenkammern verstand, die den Wasserverlust bei der Durchschleusung gering halten sollten. Trotz dieser Vorkehrungen wurde ein komplexes Einspeisungssystem unerlässlich, wozu auch Teiche gehörte, die wie bei der Dreifachschleuse in Guntramsdorf den Spitzenwasserbedarf abzudecken hatten.
Einspeisung 1802
Da Maillard mit den Bauarbeiten in Guntramsdorf begann und man von dort sowohl bergab Richtung Wien, als auch bergauf in Richtung Wiener Neustadt arbeitete, könnte mit der Befüllung des Kanals erst begonnen werden, nachdem man die oberste Schleuse (jene bei Sollenau) fertig gestellt hatte. Für diese Probebefüllung wurde zunächst nur Wasser der Piesting eingespeist, das aber wegen Dichtheitsproblemen nicht bis Wiener Neustadt reichte.
Einspeisung 1803 - 1916


Bei den letzten Probefüllungen und auch nach Aufnahme des Schifffahrtsbetriebes wurde die Leitha als Hauptwasserquelle herangezogen. Die Leitha hat mit der aus dem Rax-Schneeberggebiet kommenden Schwarza und der aus dem Wechselgebiet stammenden Pitten zwei Quellflüsse, die bei Haderswörth, dem „Leitha-Ursprung“, zusammenfließen. Das Leithawasser für den Kanal wurde bei Neudörfl vom Neudörfler Leithamühlbach nach der Mühle abgeleitet und über die 3 km lange „Neudörfler Rigole“ nach Osten ins Heutal geführt (siehe Skizze „Einspeisung 1803 bis 1916“). Hier traf es auf das vorläufige Ende des Pöttschinger Astes des Schifffahrtskanals, der erst 1810 bis zur ungarischen Grenze bei Pöttsching weitergebaut wurde. Das Wasser floss im Kanal über das mächtige Leithaaquädukt zurück Richtung Wiener Neustadt, wo es ab dem „Triangel“ auch den Wiener Ast des Kanals befüllte (siehe Skizze 8). Um auch im mittleren und nördlichen Kanalteil eine permanente Wasserversorgung sicher zu stellen wurde zur Zeit des Schifffahrtsbetriebes auch noch Wasser aus der Triesting, der Piesting, dem Kalten Gang und der Hirm entnommen. Was das Kehrbachwassers betrifft, so legte die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen am 15.Mai 1876 fest, dass dieses nur im Fall der ungenügender Wasserführung der Leitha zur Kanalspeisung herangezogen werden durfte.
Einspeisung ab 1916
Da die „Neudörfler Rigole“ teilweise über ungarisches Gebiet führte, was immer wieder Probleme bereitete, einigte sich der „Leitha-Fischa-Wasserwerksverein“, eine Vereinigung von 37 Werksbesitzern an Kehrbach, Fischa und Leitha, zu denen auch die Austro-Belgische als Kanaleigner zählte, auf das „Neudörfler Projekt“. Nicht mehr die Leitha, sondern der Kehrbach sollte die Mehrzahl der Vereinsmitglieder mit Wasser beliefern.(siehe Skizzen 10 und 11). Zur Sicherstellung einer auch in Trockenzeiten ausreichenden Wassermenge sollte überdies der „Katzelsdorfer Mühlbach“ nicht mehr wie vorher am Ortsende in die Leitha rückgeführt, sondern über das „Katzelsdorfer Zuleitungsgerinne“ durch den Park der Theresianischen Militärakademie in den Kehrbach geleitet werden. Dieses Projekt bot der Kanalgesellschaft neben der besseren Wasserversorgung auch die Möglichkeit, die zuletzt nur mehr für die Wasserspeisung benötigten Reste des Pöttschinger Kanalastes mit seinem kostspieligem Leithaaquädukt trocken zu legen. Das Projekt wurde 1907 eingereicht und nach Kriegsausbruch beschleunigt, da die Werksbesitzer zunehmend über Wassermangel klagten und die Erfüllung kriegswichtiger Aufträge gefährdet war. Die neue Einspeisung trat 1916 zunächst ohne ,Kollaudierung' in Kraft.
Heute führt der Kehrbach auf seinem 16 km langen Lauf von Peisching zum Nordostrand von Wiener Neustadt bis zu 7.000 Liter/sec Wasser, das der Schwarza entnommen wird. Das Gefälle von über 90 Meter wird zum Betrieb von fünf Kraftwerken genutzt. Vor dem Kraftwerk Ungarfeld werden über das „Katzelsdorfer Zuleitungsgerinne“ im Jahresschnitt weitere 3.000 Liter/sec in den Kehrbach eingeleitet, die vor allem von der Pitten stammen. Beim Kraftwerk Ungarfeld werden vom Kehrbach mindestens 1.000 bis maximal 1.440 Liter in der Sekunde in den Wiener Neustädter Kanal geleitet. Diese Wasserentnahme führt dazu, dass die Schwarza von der Schneeschmelze und Hochwässern abgesehen ab Peisching kein Wasser mehr führt. Durch die Ableitung der Pitten liegt auch das Leithabett vom ,Leithaursprung' bis zur Vereinigung mit der Warmen Fischa bei Pottendorf zumeist trocken.
Die Schleusen




Der Höhenunterschied zwischen der Haltung 36, die von der Schleuse 36 beim Piestingaquädukt bis Wiener Neustadt und Pöttsching reichte, und der untersten Haltung unterhalb der Landstraßer Schleuse beim Hafen Wien betrug 100 Meter. Er wurde mittels 50 Schleusen überwunden, die eine Schleusenhöhe von ca. 6 Fuß (1,9 m) aufwiesen. Lediglich bei der Schleuse 34 war das Gefälle 7 Fuß 3 Zoll (3 m) hoch. Grundsätzlich handelte es sich um Einfachschleusen mit einer Schleusenkammer. Die Kammer verfügte über ein zweiflügeliges unteres Tor, das als Stemmtor ausgefertigt war, wobei die leicht bergauf weisenden Torflügel durch den Wasserdruck gegeneinander gepresst wurden; weiters über ein um zwei Meter kürzeres oberes Tor, das einflügelig war. Lediglich drei Schleusen (Rabengassenschleuse, Grasgassenschleuse und Rennwegschleuse) waren Doppelschleusen, bei denen sich die Schleusenkammern unmittelbar hintereinander befanden, wobei man mit insgesamt 3 Schleusentoren auskam. Bei Guntramsdorf gab es die einzige Dreifachschleuse, die über 4 Schleusentore verfügte. Die Schleusen wurden bis Guntramsdorf mit Namen versehen, ab Guntramsdorf wurden sie von 1 bis 36 durchnummeriert. Die Kammern der mit Namen versehenen Schleusen wurden von Anbeginn an in Steinquaderbauweise gemauert, der Rest in gemischter Bauweise. Bei der gemischten Ausführung wurde der Einfahrts- bzw. Ausfahrtsbereich und der Bereich der Tore und Kammerzuläufe ebenfalls in Quaderbauweise ausgeführt, die langen Seitenwände hatte man in billiger Ziegelbauweise erstellt. Da sich der jedoch der damals verwendete Mörtel als nicht ausreichend wasserfest erwies, waren in relativ kurzen Zeitabschnitten umfangreiche Reparaturen erforderlich was dazu führte, dass man sich mit Beginn der Verpachtung entschloss, die Pächter im Zuge der allgemeinen Schleusenverbreiterung zu verpflichten zumindest ein Objekt pro Jahr in Quaderbauweise zu errichten. Dies wurde aber lediglich bis Schleuse 26 durchgezogen, von den Schleusen 27 bis 36 blieben einige weiterhin in gemischter Bauweise erhalten. Sofern deren Ziegelmauern nicht im Zuge der Aussstattung mit Kleinkraftwerken mittels Beton saniert wurden, so ist, wie dies bei den Schleusen 30 und 31 zu sehen ist, jeweils eine Schleusenmauer eingestürzt.
War das obere Schleusentor geschlossen, so floss das Wasser über einen Umlaufkanal in die darunter liegende Haltung. Dieser Umlaufkanal konnte auch einem Nebennutzen (Mühlenbetrieb etc.) dienen, wenn dafür nicht eine eigene Ableitung angelegt wurde. Dieser Umlaufkanal war mit einem Schütz zur Regelung der Durchlaufmenge versehen. Die Füllung der Schleusenkammer erfolgte bei geschlossenem oberen und unterem Schleusentor über halbrunde Öffnungen, die sich die links wie rechts knapp unter der Wasseroberfläche in den „Einziehungen“ der Kammerwände (Ausnehmungen für die Schleusentore) befanden. Durch diese Öffnungen floss das Wasser in Schächte, von denen es über kreisrunde Ausläufe nahe des Kammerbodens in die Schleusenkammer gelangte. Diese kreisrunden Ausläufe waren mit einem Schütz versehen, mit der die Kammerfüllung gesteuert wurde.(siehe Bild). Da diese aufwändigen und reparaturanfälligen Kammerzuläufe nach der endgültigen Einstellung des Schifffahrtsbetriebes ihre Funktion weitgehend verloren hatten, wurde sie bei Defekten nicht mehr saniert, sondern zugemauert bzw. zubetoniert. Geleert wurden gefüllte Schleusenkammern nicht wie bei Maillard dargestellt durch Auslaufkanäle, sondern generell durch Schützen in den beiden unteren Torflügeln.
- Die Schleusung
Aus wasserökonomischen Gründen hatte bei der Schleusung im Zweifel jenes Schiff Vorrang, dessen Schleusentor geöffnet war. Fand ein bergauffahrender Schleppzug ein geöffnetes unteres Schleusentor vor, so wurde der Kahn vom Zugpferd in die Schleusenkammer gezogen, wobei der Steuermann und sein Gehilfe dafür sorgten, dass das Schiff die Schleusenwände und das obere Schleusentor nicht unsanft berührten und auch das Zugsseil keinen Schaden anrichtete. Anschließend schloss man das untere Schleusentor. Dann wurden die beiden Schützen an den Schützensäulen bei den Kammerzuläufen mittels mitgeführter Kurbeln geöffnet. Die Füllung dauerte im Regelfall nicht länger als zwei bis drei Minuten. Dann konnte das obere Schleusentor geöffnet werden, der Kahn wurde aus der Schleuse gezogen.
Gewässerquerungen



Kleinere Gerinne werden mit Durchlässen (1803 waren es 26) unter dem Kanal durchgeführt. Größere Wasserläufe überquert der Kanal mit Hilfe von Aquädukten. Von diesen 16 Bauwerken der Endausbaustufe 1911 sind noch sieben erhalten und in Betrieb. Es sind dies die Aquädukte über den Kehrbach, die Warme Fischa, die Piesting, die Triesting, den Triestinger Hochwassergraben (auch Schleiferbach genannt), die Schwechat (früher Aubach ) und den Badener Mühlbach (im Unterlauf Haidbach). Das Wasser floss in Trögen aus Holz, die meist durch Betontröge ersetzt wurden. Die Liesing und die Fischa wurden in Brücken aus Ziegelmauerwerk überquert.
Brücken
Die Brücken über den Kanal wurden meist als Ziegelgewölbebrücken ausgebaut, es gibt jedoch auch solche komplett aus Stein. Da sie nur für die Belastung mit Pferdefuhrwerken ausgelegt waren, wurden sie im Zuge der Motorisierung meist durch tragfähigere Konstruktionen aus anderen Baumaterialen ersetzt. Somit blieben die alten Brückenkonstruktionen nur vereinzelt im Feldwegbereich erhalten und wurden bzw. werden in einem kostenaufwändigen Verfahren unter Wahrung des Denkmalcharakters durch Einziehen einer Stahlbetonplatte den aktuellen Verkehrserfordernissen angepasst. Von der Schleuse 22 bergauf wurde die Spannweite der Übergänge um fast einen Meter erhöht (siehe Skizze 15).
Häfen, Verladestellen, Unterkünfte, Schleusenwärterhäuser
Der Hafen am Wiener Ende lag zunächst nahe der Einmündung des Wienflusses in den heutigen Donaukanal (heute Bahnhof Wien Mitte), wurde aber 1849 knappe zwei Kilometer nach Süden an jene Stelle verlegt, wo später der Aspangbahnhof errichtet wurde. In Wiener Neustadt lag der Hafen an der Ungargasse gegenüber der Neuklosterkirche, woran eine Gedenktafel erinnert. In der Winterzeit wurden die Kähne in der Schiffswerft (siehe Skizze 8) untergebracht, die gleichzeitig als Winterhafen diente.
Entlang des Kanals gab es bis zu zehn weitere Verladestationen, die teilweise über Unterkünfte für die Schiffsmannschaften und das Betriebspersonal sowie Stallungen und Futterstellen für die Zugpferde verfügten. Die wichtigsten dieser Verladestellen waren Leopoldsdorf (Stichkanal zu Ziegelwerk), Biedermannsdorf (Stichkanal zu Ziegelwerk), Guntramsdorf (Stichkanal zu Ziegelwerk), Leesdorf (Schleuse 15 mit Stichkanal für zwei Boote), Siebenhaus (Schleuse 34) und Sollenau (Schleuse 36). Die Bedeutung von Pöttsching blieb gering. „Canalhäuser“, die offensichtlich ebenfalls der Unterbringung der Schiffsmannschaften dienten, gab es in regelmäßigen Abständen auch zwischen den Ladestationen.Die geringe Anzahl der Schleusenwärterhäuser lässt darauf schließen, dass es nicht für alle Schleusen einen eigenen Wärter gab, deren Aufgabe es auch nicht vordringlich war die Schleusen zu bedienen, sondern den Schleusenbetrieb bei einer gewissen Anzahl dieser Anlagen zu überwachen und bei Gebrechen unverzüglich einzugreifen.
Einnahmen und Ausgaben
Zur Illustration der Kostenfaktoren mag jene Aufstellung dienen, die von der Kameralgefällenverwaltung (Abteilung des ,Finanzministeriums') am 11. März 1846 zur Ermittlung der Durchschnittsjahresbilanz des Kanalbetriebes erstellt worden war: [17]
- Einnahmen
- Miet und Pacht von Gebäuden und Liegenschaften (ohne Bergwerke): 11.000 fl (Gulden)
- Pacht der Bergwerke Brennberg, Klingenfurth und Maiersdorf: 5.500 fl
- Wasserzinsen: 1.100 fl
- Sonstige Einnahmen: 1.100 fl
- Schifffahrtsertrag: 73.000 fl
- Summe: 91.700 fl
- Ausgaben
- Steuer, Erbpacht, andere Abgaben: 1.931 fl
- Besoldung, Löhne, Quartiergelder, Diäten, Reisekosten: 17.868 fl
- Kanzleiausgaben: 450 fl
- Reparaturen- und Neubau von Schleusen etc.: 6812 fl
- Kosten des Pferdezuges am Kanal: 19.775 fl
- Summe: 81.204 fl
Der Kanal im 21. Jahrhundert
Die Funktionen des Kanals




- Ökologische Funktion
Der Kanal prägt mit seinen Pappelreihen (bei Baden als Naturdenkmal ausgewiesen) und Kunstbauten die Landschaft. Obwohl die Kanalböschungen regelmäßig gemäht werden, so stellt der Kanalbereich dennoch ein Refugium für nicht wenige teilweise seltene und bedrohte Pflanzen- und Tierarten dar. [18] Der Kanalbereich steht auch im Biotopenverbund mit den angrenzenden Lebensräumen, unter denen sich vor allem im Bereich Kottingbrunn einige interessante Nassbereiche und bei Gross-Mittel ausgedehnte Trockenbereiche befinden. An Bäumen sind Pappeln vorherrschend, die Weide ist seltener. Sträucher sind vor allem mit Hartriegelarten (Cornus sanguinea und Cornus mas), dem Schlehdorn, dem Pfaffenkäppchen, dem Weißdorn und der Heckenrose vertreten. Sie werden öfters von der Waldrebe (meist Clematia vitalba) umrankt. Bei den kleineren Pflanzen sind in Wassernähe die Sumpfdotterblume, die attraktive Wasserschwertlilie sowie Schilf, der Fluss-Ampfer, die Pestwurz (siehe Bild), das Bandgras, das Wasser-Süßgras mit seinen großen Rispen und das Rohrglanzgras zu nennen. Auch Sumpf-Segge, Blutweiderich, Mädesüß und Beinwell sind nicht selten. In den höheren Böschungs-,Damm- und Uferwegbereichen herrschen Pflanzenarten der Trockenwiesen vor. Zu nennen sind u.a. Wiesenbocksbart,Wundklee und andere Kleesorten, Salbei, Thymian, Sonnenröschen, Ackersteinsame und die Aufrechte Trespe. Mit der Brennessel, dem Löwenzahn und dem Beifuß sind auch Mitglieder der Ruderalgesellschaft vertreten.
An Tierarten sind neben den Fischen vor allem Wasservögel wie die stets präsente Stockente zu nennen.
- Wasserwirtschaftliche Funktionen
Dem Kanal wird Wasser zur Bewässerung, für Fischteicheinspeisungen (Schönau an der Triesting, Guntramsdorf) sowie für industrielle Zwecke entnommen. Die Funktion als Löschwasserquelle darf nicht unterschätzt werden. Bei Schneeschmelze und starken Gewitterregen nimmt der Kanal zwischen Baden und Guntramsdorf einige Bachläufe wie den Thallernbach in Gumpoldskirchen auf, er dient auch als Vorfluter für den gereinigten Ablauf der Kläranlage Bad Vöslau, von der die Abwässer aller Gemeinden des Triestingtales aufbereitet werden.
Von den 1935 und 1936 errichteten 13 Kleinkraftwerken wurde ca. die Hälfte im Krieg bzw. in den Besatzungsjahren zerstört bzw. devastiert. Heute betreibt das Land Niederösterreich 7 Anlagen, die im Schnitt jährlich 600.000 Kilowattstunden in das Netz der Wiener Stadtwerke (Wien-Strom) einspeisen. Man findet diese Kraftwerke bei den Haltungen 18, 20, 21, 22, 24, 27 und 32. Bei der Haltung 13 produziert die Casinos Austria AG Strom für den Eigenbedarf ihres Zentrallagers, bei der Haltung 9 im Raum Pfaffstätten steht seit März 2006 als Pilotprojekt des Wiener Erfinders Adolf Brinnich eine Staudruckmaschine in Betrieb, von der man sich eine höhere Effizienz im Kleinkraftwerksbereich erwartet.

- Nutzung für Fischereizwecke
Die Fischereiberechtigten (Land Niederösterreich, ECO-Plus) haben die Fischerreichrechte an die Sportfischereiverbände Baden und Guntramsdorf verpachtet. Der Verein aus Baden nutzt die Reviere Wiener Neustädter Kanal DI/1 und DI/2, die Reviere DI/3 und DI/4 (ECO-Plus) jener aus Guntramsdorf. [19] Ausgesetzt und gefangen werden Zander, Forelle, Hecht, Karpfen und Weißfische. Mit Rücksicht auf die Fischerei wird der Kanal bei der jährlichen ,Abkehr' nicht vollständig trocken gelegt, ein Fischen im dann sehr eingeengten Lebensraum ist allerdings untersagt.
- Nutzung als Erholungsgebiet
Der milden Winter und der Strömung wegen steht auch nicht mehr der Eislaufsport im Vordergrund. Interessant ist der Rudersport, der der vielen Schleusen wegen aber lediglich im schleusenfreien Bereich zwischen Wr. Neustadt und Sollenau interessant ist. Ein Bootsverleih befindet sich am „Triangel“. Den größten Anklang findet der Wasserweg heute bei Wanderern und Radsportlern. Letztere finden auf dem nun asphaltierten Treppelweg ideale Bedingungen vor. Sowohl der Thermenradweg [20] als auch der EuroVelo Nummer 9 nutzen dies.
Die Instandhaltung des Kanals
Der Kanal und sein Einzugsgebiet wird von Bediensteten der Wasserbauabteilung des Landes Niederösterreich gewartet. Von Wiener Neustadt aus wird der Bereich Kehrbach, Katzelsdorfer Mühlbach und der Kanal bis Schönau an der Triesting betreut, von Kottingbrunn aus der Restbereich einschließlich der im Eigentum der ECO-Plus stehenden Kanalteile. Wartung bedeutet laufende Kontrollen, jährliches „Kehren“ des Kanals (Entfernung größerer Schlamm- und Schottermengen, die im Zuge von Hochwässern und Unwettern ins Kanalbett gelangen, sowie von Unrat). Dazu kommt das Mähen der Kanalböschungen und die Instandhaltung der sieben Kanalbrücken sowie der Brücken über den Kanal. Auch die Wartung der Kleinkraftwerke gehört zum Aufgabenbereich der Wartungsorgane. Die Kosten für diese Tätigkeiten trägt das Land, sie werden vermindert durch Beiträge des Bundes, der Gemeinden und der Wirtschaft, weiters durch Einnahmen aus Gestattungen (Servituts- und Grundpachtzinse, Fischereipacht etc.) sowie der Einnahme aus der Stromerzeugung der sieben Kleinkraftwerke.
Spurensuche in den aufgelassenen Teilen



Beginnt man in Wien, so erinnern Verkehrsflächen wie „Hafengasse“ und „Am Kanal“ unmittelbar an die einstige Präsenz des Wasserlaufes. Der letztgenannte Straßenzug begleitet zwischen dem Rennweg und Kledering mehrere Kilometer lang die Bahntrasse, die von der Bahnstation Wien-Mitte an Teile des Kanalbettes verwendete. Die Dampfmühlgasse in Simmering, die frühere Mühlgasse, erinnert an jenen Betrieb, der einst das Gefälle an der Kirchhofschleuse nutzte. Städtebaulich hat der Kanal nachhaltigere Spuren hinterlassen. Bereits auf dem Kataster Franz I. von 1823 ist der Wasserweg als städtebauliche Leitlinie des Gebietes erkennbar.[21] Neben der Veterinärmedizinischen Universität (siehe Bild), deren Areal zurzeit von der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien genützt wird, richteten sich später auch die großbürgerlichen Zinshäuser nördlich der Trasse am Kanal aus. Im Bereich zwischen Rennweg und dem Heumarkt stellt der Kanal auch die Begrenzung des sogenannten „Diplomatenviertels“ dar, das hier zu Ende des 19. Jahrhunderts entstand und zumindest bis Ende des 1. Weltkrieges auch eine soziale Trennlinie zu den eher (klein)bürgerlichen Bereichen am anderen Ufer darstellte. Auch die drei Brücken, die zwischen dem Wienfluss und dem Aspangbahnhof über die heutige Bahntrasse führen (Beatrixgasse - früher Rabengasse -, Neulinggasse - früher Grasgasse - und Rennweg), sind lediglich der leistungsfähigere Ersatz für alte Kanalbrücken.
Im Osten Wiens hat der Zentralverschubbahnhof der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) zahlreiche Spuren verwischt. Die Reste des in den Apriltagen 1945 gesprengten Liesingaquäduktes wurden in den 1980er Jahren beseitigt. In den Feldern südlich Kledering erinnert der verfallene Gabitzerhof an einen ehemaligen Ziegelofen, der unmittelbar am Kanal gelegen war, von dem hier ein kurzes Stück erhalten ist. Die neue S 1 hat zwischen Maria Lanzendorf und Leopoldsdorf ein Stück des Wasserweges beseitigt, der östlich davon in einer Länge von 500 Metern erstaunlich gut erhalten Richtung Westen zum ehemaligen Aquädukt über die Straße Rothneusiedl - Leopoldsdorf - Achau (B 16), die ehemalige ,Ödenburgerstraße' führt. Wenn man unmittelbar westlich der B 16 den 6 Meter hohen Dammes besteigt, findet man dort das von Vegetation freigehaltene Kanalbett vor (siehe Bild), das in einer sanften Kurve 300 Meter weit bis zum ehemaligen Aquädukt über den Petersbach verfolgt werden kann (siehe Skizze 5). Nach der Straße Hennersdorf - Leopoldsdorf verlieren sich die Spuren des Wasserweges sehr bald in den Feldern. Wer den Windschutzgürtel näher betrachtet, der 1000 m weiter südlich nördlich von Achau Richtung Westen zieht trifft erneut auf einen gut erhaltenen, wenn auch verwachsen Kanalteil, den man über einen Kilometer bis zur Bahnlinie verfolgen kann. 450 Meter hinter der Bahn findet der ,Windschutzgürtel' seine Fortsetzung. Er verbirgt hier den wasserführenden Teil eines Schleppkanals. Er wurde von Kanalpächter Miesbach in den 1850er Jahren errichtet, um die Produkte einer seiner Ziegeleien abzutransportieren, an die heute nur mehr vier Teiche erinnern, auf die man stößt, wenn man dem Gerinne 1200 Meter weit folgt. Der eigentliche Wasserweg führte vom Beginn des wasserführenden Zweigkanals nach Süden wo nach 200 Metern im Ufergehölz des Krottenbaches die Reste des gemauerten Krottenbachaquäduktes zu finden sind. Dieses Aquädukt war an der Nordseite mit einer Schleuse kombiniert, an der 1812 Karl Rheinboldt das Wasserrecht erwarb und eine Papier- und Pappendeckelfabrik errichtete. Sie bezog die nötige Energie aus zwei großen unterschlächtigen Mühlrädern, die bis knapp vor Betriebsstilllegung im Jahr 1921 in Betrieb waren. 1930 wurde der Kanal am Südende dieses Viaduktes abgemauert und das Wasser in den Krottenbach geleitet. Im Zweiten Weltkrieg hatte man 1943/44 die Schleusenkammer mittels einer massiven Betondecke als Luftschutzbunker adaptiert. Das Aquädukt wurde im Zuge der Erdkämpfe des Jahres 1945 zerstört. Erhalten geblieben sind Schleuse mit Bunker, die massiven Ziegelwiderlager des Aquäduktes und die Fabriksfundamente. Folgt man den verwachsenen Kanalresten weiter nach Süden so trifft man nach einem guten Kilometer auf den Mödlingbach und das aktuelle Ende unseres Wasserweges.
In Wiener Neustadt weist eine Gedenktafel in der Ungargasse neben der Neuklosterkirche auf die Existenz des Wiener Neustädter Kanalhafens hin. Die Gasse Am Kanal begleitete den Wasserlauf vom Hafen bis zum Kehrbach. Folgt man ihrer Verlängerung, der Rechten Kanalzeile, die den aktuellen Kanal begleitet, dann zweigt bei dessen scharfer Linksbiegung, dem „Triangel“, die gleichnamige Gasse ab. Der Pöttschinger Ast verlief vom Triangel genau in Verlängerung der „Rechten Kanalzeile“. Folgt man dieser Verlängerung, so trifft man zunächst auf Kleingärten, die im Kanalbett errichtet wurden, die Dammstruktur ist hier noch klar erkennbar. In den anschließenden Feldern fehlen solche Spuren. Hier erinnert lediglich nach einem guten Kilometer ein Stein zwischen zwei Bäumen an den Wasserweg und die Kriegsfleckbrücke(siehe Bild). Der Stein trägt folgende Inschrift:
- „Dieser Stein stammt von der ehemaligen Kriegsfleckbrücke die über den Wiener Neustädter Kanal führte. Nach einer mündlichen Überlieferung wurde diese Brücke deshalb so genannt, weil in der umliegenden Gegend im Jahr 1246 die Schlacht an der Leitha gegen den Ungarnkönig Béla IV. stattfand, bei welcher der am 15.6.1211 geborene und von 1230-1246 regierende letzte Babenberger, Herzog von Österreich und Steiermark, „Friedrich der Streitbare“ den Tod fand. Mit ihm starb das Geschlecht der Babenberger aus und in der Folge regierten ab 1246 in Österreich die Habsburger.“
Folgt man der gedachten Geraden 800 m bis zum Waldstück Hauslüsse, so stößt man unmittelbar am Waldrand auf ein gut erhaltenes, allerdings verwachsenes Kanalstück (siehe Bild), das nach einem schlechter erhaltenen Abschnitt zu der ersten Kanalbiegung nach dem „Triangel“ führt, wi der Kanal übereinen Karrenweg geführt wurde. Folgt man dem hier wieder besser erhaltenen Damm, so gelangt man nach knappen 300 Metern zum (meist trockenen) Leithabett, über das der Kanal in einem 65 Meter langen hölzernen Trog auf sieben hölzernen Jochen geführt wurde. An dieses Bauwerk erinnert lediglich das Kanalhaus am rechten Leithaufer, das bis 1990 von der Familie des letzten Kanalwärtes bewohnt worden war. Vom restlichen Kanalstück, das bis zu dessen Ende an der burgenländisch-niederösterreichischen Grenze nur über Fluren führt, sind lediglich im Luftbild Spuren zu erkennen. [22]
Der Kanal im Rückblick
Der Wiener Neustädter Kanal war ein schwierigeres Projekt als ein erster Blick auf die Landkarte vermuten läßt. Zunächst galt es mit 100 Metern einen beträchtlichen Höhenunterschied zu meistern. Man konnte mit der Trasse auch keinem Talverlauf folgen sondern stand vielmehr vor der Aufgabe zahlreiche kleinere, aber hochwasserträchtige Wasserläufe zu queren. Dazu kam der vielfach extrem wasserdurchlässige Untergrund, der zusätzliche aufwändige Dichtungsmaßnahmen erforderte. Das Hauptproblem war und blieb jedoch der Wassermangel, der neben einem komplexen Einspeisungssystem zu einem schmalen Kanal, zu kleinen Schleusenkammern und damit zu kleinen Kähnen zwang, was dem Wasserweg mittelfristig die Konkurrenzfähigkeit raubte. Dass sich die Lösung dieser Probleme kostenintensiver als erwartet darstellte, wurde neben verschiedenen Planungsmängeln vor allem dem ersten Bauleiter Sebastian von Maillard angelastet, was jedoch seine Leistungen unter den durch Kriege verschärften schwierigen Verhältnissen nicht schmälern sollte.
Quellen
- ↑ Michael Rosecker: Neue Zeiten - neue Wege. Das historische Umfeld der Anfänge des Wiener Neustädter Schiffahrtskanales, in: Industrieviertel Museum (Hg.): 200 Jahre Wiener Neustädter Kanal (Wiener Neustadt 1997). Seite 7
- ↑ Rosecker 1997, Seite 7 und 8
- ↑ Hermann Mayrhofer: Kanal für Leser, in: Industrieviertel-Museum: 200 Jahre Wiener Neustädter Kanal (Wiener Neustadt 1997) Seite 35
- ↑ Franz Gaheis:Wanderungen und Spazierfahrten in die Gegenden Wiens (Wien 1798-1807) Band 4 Seite 265
- ↑ Riebe. 26
- ↑ Josef Knoll: Heimatbuch Guntramsdorf (1977) Seite 67
- ↑ Entspricht – vermehrt durch Teile der Steiermark – weitgehend dem heutigen Staatsgebiet von Slowenien
- ↑ Fritz Lange: Von Wien zur Adria. Der Wiener Neustädter Kanal (Erfurt 2003)
- ↑ Lange: Von Wien zur Adria. Seite 123 - 124
- ↑ Hermann Mayrhofer: Kanal für Leser, in: Industrieviertel-Museum: 200 Jahre Wiener Neustädter Kanal (Wiener Neustadt 1997) Seiten 35-37
- ↑ Riebe. 106
- ↑ Hans Rosmann: Vom Schiffahrtskanal zum Kanal, in:Industrieviertel - Museum Wiener Neustadt (Hg.): 200 Jahre Wiener Neustädter Kanal. Seiten 26-34
- ↑ Alois Brusatti (HG.): Die Habsburgermonarchie 1848-1918 Band 1 Die wirtschaftliche Entwicklung (Wien 1973) Seite151
- ↑ Riebe. 37
- ↑ Riebe.62
- ↑ Riebe. 71
- ↑ Riebe. Seiten 52 und 53. Beträge leicht gerundet
- ↑ Jutta Edelbauer: Wiener Neustädter Kanal -Fauna und Flora, in: Industrieviertel-Museum: 200 Jahre Wiener Neustädter Kanal (Wiener Neustadt 1997) Seiten 15-17
- ↑ Das Revier DI/1 reicht vom Kanalende in Wiener Neustadt bis Schleuse 35 an der Landesstraße Sollenau-Schönau, das Revier DI/2 bis zur Schleuse 13 nahe der Landesstraße Pfaffstätten - Traiskirchen, das Revier DI/3 bis zur Gemeindegrenze Guntramsdorf -Laxenburg, das Revier DI/4 bis zum Mödlingbach.
- ↑ http://www.fahr-radwege.com/Thermenradweg.htm
- ↑ Podbrecky. Seite 8
- ↑ Lange.Von Wien zur Adria. Seiten 126 und 127
Literatur
- Feigl, Helmut / Kusternig, Andreas (Hg.): „Die Anfänge der Industrialisierung in Niederösterreich“ (Wien 1982)
- Gerhartl, Gertrud: „Wiener Neustadt. Geschichte, Kultur, Wirtschaft“ (Wien 1993)
- Gutkas, Karl (Hg.): „Landeschronik Niederösterreich. 3000 Jahre in Daten , Dokumenten und Bildern“ (Wien/München 1994)
- Hahn, Silvia / Flanner, Karl (Hg.) „Die Wienerische Neustadt. Handwerk, Handel und Militär in der Steinfeldstadt“ (Wien/Köln/Weimar 1994)
- Hock, Rudolf: Sollenauer Geschichte(n). „Der Wiener Neustädter Schiffskanal“, in: Nachrichten der Marktgemeinde Sollenau. Heft 3-4 (Sollenau 1982)
- Industrieviertel-Museum (Hrsg): „200 Jahre Wiener Neustädter Kanal“ (Wiener Neustadt 1997)
- Katzer, Ernst: „Die "Wiener Neustädter Steinkohlen Gewerkschaft"“, in: Unser Neustadt. 26.Jahrgang, Folgen 2-4 und 27.Jahrgang, Folge 1 (Wiener Neustadt 1982/1983)
- Knoll, Josef: „Heimatbuch Guntramsdorf“ (Guntramsdorf 1977)
- Kusternig, Andreas: „Bergbau in Niederösterreich“ (Wien 1987)
- Lange, Fritz: „Von Wien zur Adria - Der Wiener Neustädter Kanal“(2003) Sutton Verlag ISBN 3-8970-2621-X
- Maillard, Sebastian von: „Anleitung zu dem Entwurf und der Ausführung Schiffbarer Kanäle“ (Pest 1817)
- Podbrecky, Inge: „Der Wiener Neustädter Kanal“, in: Denkmalpflege in Niederösterreich Band 10 Verkehrsbauten
- Riebe, Valerie Else: „Der Wiener Neustädter Schiffahrtskanal“ (Wien 1936) Eigenverlag
- Rupp, Felix Rupp: „Umgestaltungsmöglichkeiten am Wiener Neustädter Kanal“ (Wien 1996)
- Schultes, Josef August: „Ausflüge nach dem Schneeberge in Unterösterreich“ (Wien 1803), herausgegeben vom Rotary-Club Wiener Neustadt 1982
- Slezak, Paul/Friedrich, Josef Otto: „Vom Schiffskanal zur Eisenbahn. Wiener Neustädter Kanal und Aspangbahn“ (Wien 1981) ISBN 3-9001-3472-3
- Slezak, Paul/Friedrich, Josef Otto: „Kanal Nostalgie Aspangbahn“. Ergänzungsband (Wien 1990) ISBN 3-8541-6153-0
- Umlauft, Friedrich: „Der Wiener Neustädter Canal“, in: Mittheilungen der k.k. Geographischen Gesellschaft in Wien (Wien 1894)
- Varga, Ludwig / Schwan, Robert / Vytopil, Davor: „Der Wiener Neustädter Kanal. Geschichte, Beschreibung, Inventarisation.“ Ü(Wien 1989) Übungsarbeit des Instituts für Denkmalpflege der TU Wien
- Verwaltung der k.k.n.ö. Schiffahrts-Kanals (Hg.) Bestimmungen für die Frachtaufnahme am k.k.n.ö. Schiffahrts-Kanal (Wien 1866)
Weblinks
- Der Wiener Neustädter Kanal auf den Seiten des Bezirksmuseums Landstraße