Domenico Scarlatti
Domenico Scarlatti (* 26. Oktober 1685 in Neapel, Italien, † 23. Juli 1757 in Madrid, Spanien) war ein italienischer Komponist des Barock.
Domenico Scarlatti, geboren im gleichen Jahr wie Johann Sebastian Bach und Georg Friedrich Händel, war der Sohn des zu seiner Zeit äußerst bekannten und sehr produktiven Komponisten Alessandro Scarlatti. Wie sein Vater ergriff Domenico den Beruf des Komponisten; seine ersten Opern wurden bereits ab 1703 in Neapel aufgeführt.
In der Folge machte Domenico Scarlatti anfangs eine eher gewöhnliche Karriere, die ihn nach Venedig führte und ihm Anstellungen bei der im Exil lebenden polnischen Königin Maria Casimira Sobieska in Rom und beim Vatikan sowie dem Kardinal Pietro Ottoboni einbrachten. Weder seine Produktivität noch seine Bekanntheit konnten sich allerdings mit der seines Vaters messen, und seine Musik aus dieser Zeit – überwiegend Vokalwerke, von denen heute nicht viele erhalten sind – ragte über das Konventionelle nicht hinaus.
Das begann sich erst in Folge dreier Ereignisse zu ändern: dem Tod seines Vaters im Jahr 1725, seiner ungewöhnlich späten Heirat im Jahr 1728 und seiner Übersiedelung an den spanischen Hof im Jahr 1733. Davor verbrachte er vier Jahre in Sevilla, wo er die Musik der spanischen Zigeuner, den Flamenco, kennen lernte.
Domenico Scarlatti war schon früh für sein höchst virtuoses Cembalospiel bekannt. Einer Anekdote zufolge lieferte er sich mit Händel in Rom einen Wettkampf: Während Händel im Orgelspiel siegte, entschied Scarlatti das Cembalospiel für sich.
Diesem Instrument widmete sich Scarlatti in Spanien praktisch ausschließlich. Offenbar durch die räumliche Entfernung von seiner Heimat und die innerliche Lösung von seinem Vater befreit sowie beeinflusst durch die spanische Musik schuf er von 1738 an ein sehr umfangreiches Werk von 555 Cembalo-Sonaten, welches Scarlattis Nachruhm begründete. Die Sonaten liegen uns nicht in Form von Autographen vor, sondern sind als Kopien in verschieden Bänden zusammengefasst. Sehr oft folgen dort zwei Sonaten mit gleicher Tonart aufeinander oder unterscheiden sich nur im Tongeschlecht. Diese Abschriften entstanden schwerpunktmäßig in den letzten Lebensjahren Scarlattis. Es gibt allerdings keinen Beleg dafür, ob die Sonaten auch in diesem Zeitrahmen komponiert worden sind und auch nicht dafür, ob die tonartliche Kopplung vom Komponisten beabsichtigt war.
Mehrere Autoren haben Werkverzeichnisse erstellt. Heute wird fast durchgängig dasjenige von Ralph Kirkpatrick verwendet (abgekürzt mit K.). Er orientierte sich dabei an den Datumsangaben der uns überlieferten Abschriften und der wenigen veröffentlichten Werke. Allerdings ist das Verzeichnis bei weitem nicht chronologisch, womöglich aber wissenschaftlicher, als ein solches, das sich an stilistischen Kriterien orientiert, wie die lange benutzte Ausgabe von Alessandro Longo. In dieser sind die Sonaten zudem nach eigenem Ermessen zu Suiten angeordnet.
Die Sonaten sind meist zweiteilig. Der erste Teil moduliert von der Tonika zur Dominante und weist in der Regel mehrere Motive auf. Der im zweiten Teil anschließende harmonische Verlauf führt von der Dominante zur Tonika zurück. Dabei kommt es häufig zu motivischer Arbeit, die harmonische Textur ist dichter und führt in entferntere Tonarten. Ein weiteres Kennzeichen ist die Verwendung repetitiver Techniken. Manche der Sonaten wirken durchaus wie ein Archetypus der wenige Jahrzehnte später sich etablierenden Klaviersonate. Scarlatti übt damit eine Brückenfunktion zwischen Barock und Klassik aus.
In diesen Sonaten experimentierte er, ohne Bindung an die Konventionen seiner Zeit, mit Formen und Klängen. Vor allem Einflüsse des Flamenco, aber auch anderer spanischen Tanzformen verband er mit seinen eigenen musikalischen Ansichten zu einem persönlichen Stil. Beachtenswert ist, wie nonchalant Scarlatti volkstümliche Elemente in seine für einen feudalen Rahmen komponierten Sonaten einbaut und profan-alltägliche Klangerfahrungen integriert und imitiert.
Während sie lange Zeit mehr als "Showstücke" gespielt wurden - viele erfordern eine große Virtuosität vom Interpreten -, wurden sie, insbesondere in der Folge der Arbeiten von Ralph Kirkpatrick, seit den 1950er Jahren des 20. Jahrhunderts als vollwertige Kompositionen wiederentdeckt. Ausgewählte Sonaten von Scarlatti gehören heute zum Repertoire von praktisch jedem Konzertpianisten.