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Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn

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Die Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn war eine zunächst private Eisenbahn die ab 1847 Berlin und Breslau verband. Sie wurde 1852 vom Staat Preußen erworben und ging 1920 zusammen mit den anderen ehemaligen preußischen Staatsbahnen in den Bestand der Deutschen Reichsbahn über.

Streckenführung 1847

Geschichte der NME

Die Anfänge

Anfang der 1840er Jahre entstanden die ersten größeren Bahnstrecken innerhalb der deutschen Staaten. Das Königreich Preußen musste dementsprechend mithalten und begann ab 1841 mit dem Bau einer Verbindung zwischen den beiden größten Städte des Königreiches, Berlin und Breslau. Die Niederschlesisch=Märkische Eisenbahn-Gesellschaft (NME) wurde 1842 unter Beteiligung des Preußischen Staates gegründet. Sie sollte den wesentlichen Teil der Verbindung herstellen. Das geschah fast zeitgleich durch den Neubau und den Ankauf von Eisenbahnstrecken.

Die Streckenführung für eine Anbindung Breslaus an das Eisenbahnnetz war zunächst strittig, es wurde unter anderem auch eine Verbindung über Oberschlesien nach Österreich erwogen. Auf Druck des preußischen Staates wurde jedoch die Verbindung nach Berlin favorisiert und bereits vor einer endgültigen Festlegung des Trassenverlaufs der erste Teilabschnitt Breslau-Liegnitz zum 19. Oktober 1844 fertiggestellt[1]. Ein Jahr später, am 1. Oktober 1845, wurde der Abschnitt bis Bunzlau eröffnet.

Adolph F. J. Riedel, Direktor von 1844 bis 1849

Die bereits am 23. Oktober 1842 eröffnete 81 km lange Strecke der Berlin–Frankfurter Eisenbahn-Gesellschaft wurde am 1. August 1845 Eigentum der NME. Sie führte vom Frankfurter Bahnhof (späterer Schlesischer Bahnhof) in Berlin über Fürstenwalde nach Frankfurt (Oder).

Die Fortsetzung der NME über KohlfurtSorauGuben wurde am 1. September 1846 bis Frankfurt an der Oder befahren; damit war die Strecke bis Berlin in ihrer ganzen Länge von 357 km vollendet. Dazu kam noch eine Zweigbahn von Kohlfurt nach Görlitz mit einer Länge von 28 km, die am 1. September 1847 fertiggestellt wurde. 1847 war die NME ein Teil der durchgehenden Eisenbahnverbindung von Berlin nach Wien. Am 15. Mai 1875 wurde eine 93 km lange zweigleisige Abkürzungsstrecke von Gassen über Sagan nach Liegnitz eröffnet.

Übernahme durch den preußischen Staat

August von der Heydt
Friedrich Wilhelm IV.

Mit der anfänglichen Übernahme von Aktien im Wert von 1,5 Mio, Taler durch den preußischen Staat war die Bedingung verknüpft, dass der Staat unter bestimmten Umständen den Betrieb und die Verwaltung übernehmen konnte. Weil die Bahn in ihrem Ertrag in den Jahren 1848/49 hinter den Erwartungen zurückblieb, wurde mit Bezug auf diese Klausel und auf beonderes Betreiben des preußischen Handelsministers August von der Heydt am 1. Januar 1850 die Verwaltung auf Rechnung der Gesellschaft übernommen. Obwohl sich die Ergebnisse schnell besserten, wurde die Bahn 18 Monate danach dem Staat von den Direktoren zum Kauf angeboten. Als Grund für diese überraschende Entwicklung wird die ebenfalls von v. d. Heydt betriebene geplante Einführung des verbilligten „Einpfennigtarifs“ für Kohlenzüge angesehen, aufgrund dessen das Direktorium erhebliche Umsatzeinbußen befürchtet hätte [2].


Von der Heydt befürwortete den Ankauf, erfuhr jedoch erheblichen Widerstand von Seiten des Finanzministers von Bodelschwingh, der auf die erheblichen Staatsschulden verwies. Letztlich gab König Friedrich Wilhelm IV. (Preußen) seinem Handelsminister Rückendeckung mit der Begründung der besonderen wirtschaftlichen und militärischen Bedeutung dieser Bahn. Trotz weiterer Proteste wurde der Kauf mit knappen Mehrheiten genehmigt und zum 1. Januar 1852 vollzogen. Die NME wurde damit ein Teil der Preußischen Staatseisenbahnen und von der neu geschaffenen "Königlichen Direction der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn" in Berlin verwaltet.

Im Herbst 1853 wurde der erste (nachts verkehrende) Schnellzug zwischen Berlin und Breslau eingerichtet. Nach der Fertigstellung der Galizischen Carl-Ludwigs-Bahn im Sommer 1868 diente die Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn auch als kürzeste Verbindung zwischen Berlin und Bukarest. 1889 wurde der "Orientzug", ein direkter Schnellzug zwischen Berlin und Budapest eingerichtet.

Mit Einsetzen der Industrialisierung in Folge des Booms der Gründerjahre nahm auch der Verkehr, vor allem in Berlin und Umgebung zu. Nachdem bis in die 90er Jahre des 19. Jahrhunderts mehrere zusätzliche Stationen entlang der Strecke gebaut wurden, erfolgte schrittweise die Verlegung eines weiteren Gleispaares für die Vorortzüge bis nach Erkner.

NME als Instrument preußischer Eisenbahnpolitik

Nach der Übernahme durch den Staat wurde die NME jenseits des eigenen Streckenbetriebes ein Instrument der preußischen Eisenbahnpolitik. Der Staat nutzte die nun in seiner Hand befindlichen technischen und betrieblichen Kompetenzen der NME vor allem zum Bau oder zur Vollendung weiterer Bahnen und zu deren Betrieb. Mit dem betrieblichen Potential stand ihm auch ein politisches Druckmittel zur Verfügung, mit dem er das Verhalten anderer Gesellschaften beeinflussen konnte.

  • So konnte der Staat Preußen ab 1857 die Bahnstrecke von Berlin bis Frankfurt mit der Anschlußstrecke bis Küstrin als Zubringer zu der zunächst noch unvollendeten Ostbahn benutzen.
  • Da die englische Importkohle erheblich billiger war als die schlesische Kohle, war es dem Staat ein besonders Anliegen, die Wettbewerbsfähigkeit der einheimischen Kohle durch einen „Einpfennigtarif“ der Transporte zu fördern. Dagegen sträubte sich die Oberschlesische Eisenbahn. Handelsminister v. d. Heydt setzte daraufhin 1852 deren Direktorium mit der Drohung unter Druck, die NME zu beauftragen, auf den Strecken der Oberschlesischen Bahn Kohlentransporte zum Einpfennigtarif durchführen zu lassen. Dieses Vorgehen erlaubte formal der §27 des preußischen Eisenbahngesetz (prEG). Die oberschlesische Eisenbahn gab nach, mit dem Ergebnis dass sich deren Kohlentransporte nahezu vervierfachten und auch die Einnahmen stiegen[3].
  • Als am 15. Oktober 1851 die erste Berliner Verbindungsbahn fertiggestellt war, wurde die Betriebsführung des Güterverkehrs der NME übertragen.
Niederschlesisch-Märkischer Bahnhof in Breslau um 1880
  • Beim Bau der Preußischen Nordbahn musste sich die dazu gegründete Berliner Nord-Eisenbahn-Gesellschaft mangels finanzieller Reserven am 15. Dezember 1875 auflösen. Der preußische Staat erwarb die unvollendete Bahn und übertrug die weiteren Baumaßnahmen der NME. Dabei wurde deren »Königliche Direktion der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn« am 21. Februar 1880 zur »Königlichen Eisenbahn-Direktion zu Berlin (KED)« mit entsprechend erweitertem Aufgabenbereich umgewandelt.
  • Am 17. Juli 1871 wurde die mit staatlichen Mitteln erbaute »Neue Verbindungsbahn«, die spätere Berliner Ringbahn, für den Güterverkehr in Betrieb genommen. Mit dem Bau und der Betriebsführung war die NME beauftragt, die dazu auch bald einen Personenpendelverkehr zur Neuen Verbindungbahn aufnahm. Der Haltepunkt hatte die Bezeichnung »Niederschlesisch-Märkischer Anschluß«.
  • 1895 errichtete die Gesellschaft den Bahnhof Berlin-Karlshorst für die Besucher der zuvor errichteten Trabrennbahn Karlshorst. Eigens hierfür wurde ein sechsgleisiger Kopfbahnhof neben dem Vorortbahnsteig errichtet.

Einzelne Personalien

  • Der Eisenbahningenieur Ludwig Benjamin Henz war maßgeblich am Bau beteiligt.
  • Adolph Friedrich Johann Riedel war 1844 Direktor der Gesellschaft bis 1849, nachdem er seit 1843 nebenamtlicher stellvertretender Direktor war.
  • August Orth wirkte ab 1863 als Vorsteher des technischen Büros.
  • Der als genialer Lokomotivkonstrukteur der preußischen Bahnen bekanntgewordene Ingenieur Robert Garbe wird 1872 Werkstätten-Vorsteher der NME - Zentralwerkstätte Frankfurt an der Oder. Vier Jahre später wurde er zur Hauptwerkstätte Berlin-Markgrafendamm versetzt.

Fahrzeuge

Bemerkenswert im Rahmen der frühen Geschichte ist, dass die Gesellschaft 1879 verschiedene Dampftriebwagen beschaffte. Dampfkessel und Dampfmaschine waren dabei auf einem der beiden Drehgestelle des Wagens montiert.


Nach 1920 / Übernahme in die Reichsbahn und deren Nachfolger

Reichsbahn-Zeit bis zum Zweiten Weltkrieg

Nach der Übernahme der preußischen und damit auch der „Niederschlesisch-Märkischen“ Bahnstrecken in die neue Deutsche Reichsbahn ergaben sich offenbar mehrfache Umorganisationen des Bahnbetriebes. So wird im Kursbuch 1944/45 der Deutschen Reichsbahn die Verbindung Berlin - Breslau mit der Kursbuchnummer 145 geführt, der Streckenabschnitt Kohlfurt - Bunzlau- Liegnitz wurde zu dieser Zeit der Verbindung Dresden - Breslau (Kursbuchstrecke 160) zugeordnet, der Abschnitt Gassen-Kohlfurt wurde zur Kursbuchstrecke 157.

Die Vorortstrecke nach Erkner wurde 1928 für den elektrischen Betrieb der S-Bahn mit seitlicher Stromschiene versehen, wogegen der Fernverkehr weiterhin mit Dampf betrieben wurde.

1936 verkehrten die ersten Schnelltriebwagen zwischen Berlin und Beuthen. Seit 1938 fuhren die visafreien Korridorzüge Berlin - Wien über die ehemalige Niederschlesisch-Märkische Bahn. Bereits im Oktober 1939 wurden zusätzliche Schnellzüge zwischen Berlin und Krakau, der Hauptstadt des Generalgouvernements eingerichtet. Bis zur sowjetischen Weichsel-Oder-Operation 1945 im Januar 1945 war die Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn eine Hauptverkehrsader der deutschen Wirtschaft.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Da in Frankfurt auch eine Verbindung von Warschau auf die Strecke trifft, konnte man von hier aus über die polnische Hauptstadt auch bis nach Moskau reisen - und auch zurück. Deshalb wurde extra für Stalins Anreise zur Potsdamer Konferenz eine durchgehende Verbindung von Moskau bis nach Potsdam in russischer Breitspur verlegt. Diese wurde nach gut drei Monaten im September 1945 wieder auf Normalspur zurückgespurt.

Anders als die meisten Strecken wurden die Ferngleise nicht auf die Hälfte reduziert; die Strecke diente zum Abtransport der Reparationsgüter in die UdSSR. Dafür wurden jedoch die Gleise der S-Bahn komplett demontiert, so dass ein elektrischer Betrieb innerhalb Berlins erst drei Jahre nach der Demontage wieder erfolgen konnte.

Auch der hart an der Ostgrenze verlaufende Abschnitt war vom Abbau betroffen. Hier war es allerdings mehr der Grenzverlauf, der den Verkehr zum Stillstand brachte. Er wurde nach 1946 nicht wieder aufgebaut, die Züge nutzen für den Weg heute eine andere Strecke.

Nachdem in den 1980er Jahren seitens der DDR die Elektrifizierung mit 15 kV, 16,7 Hz Wechselspannung erfolgte, ist die Strecke heute wieder eine Hauptachse des internationalen Verkehrs. Züge wie der EN Jan Kiepura (Frankfurt am MainKölnWarschauMoskau) und regelmäßig verkehrende Eurocities nach Warszawa verkehren täglich auf der Strecke, dafür wird diese schrittweise auf 200 km/h ausgebaut. Ebenso verkehren, wenn auch nicht auf der gesamten Strecke, Züge nach Osteuropa.

Schlesische Eisenbahn
S-Bahnhof
0,0 Berlin-Schlesischer Bahnhof
S-Bahnhof
1,3 Berlin Warschauer Str.
Abzweig nach rechts
Ringbahn nach Treptower Park
S-Bahnhof
2,1 Berlin-Ostkreuz
Abzweig nach links
Abzweig von/nach Lichtenberg
S-Bahnhof
3,2 Berlin-Rummelsburg
S-Bahnhof
4,8 Betriebsbahnhof Berlin-Rummelsburg
S-Bahnhof
7,2 Berlin-Karlshorst
S-Bahnhof
9,5 Berlin-Wuhlheide
S-Bahnhof
11,7 Berlin-Köpenick
S-Bahnhof
13,1 Berlin-Hirschgarten
S-Bahnhof
14,6 Berlin-Friedrichshagen
S-Bahnhof
19,2 Berlin-Rahnsdorf
S-Bahnhof
22,0 Berlin-Wilhelmshagen
S-Bahnhof
24,3 Erkner
Bahnhof
30,5 Fangschleuse
Bahnhof
37,2 Hangelsberg
Bahnhof
47,3 Fürstenwalde (Spree)
Bahnhof
54,6 Berkenbrück
Bahnhof
62,3 Briesen (Mark)
Bahnhof
67,7 Jacobsdorf (Mark)
Bahnhof
70,9 Pillgram
Bahnhof
75,0 Frankfurt (Oder)-Rosengarten
Bahnhof
81,2 Frankfurt(Oder) Hbf
ehemaliger Bahnhof
83,8 Frankfurt (Oder)-Güldendorf
ehemaliger Bahnhof
85,3 Buschmühle
Bahnhof
89,6 Kraftwerk Finkenheerd
Bahnhof
91,6 Finkenheerd
Bahnhof
93,9 Wiesenau
Bahnhof
98,0 Ziltendorf
ehemaliger Bahnhof
102,2 Vogelsang (Kr Eisenhüttenstadt)
Bahnhof
104,6 Eisenhüttenstadt
Bahnhof
110,1 Neuzelle
Bahnhof
116,4 Wellmitz
Bahnhof
121,9 Coschen
ehemaliger Bahnhof
126,0 Guben Nord
Bahnhof
129,6 Guben
Grenze (Strecke außer Betrieb)
Deutsch-Polnische Grenze
Bahnhof
139,8 Gebice
Strecke (außer Betrieb)
Bahnhof
Zary
Bahnhof
Zagan
Bahnhof
Malomice
Bahnhof
Leszno Gorne
Bahnhof
Studzianka
Bahnhof
Wierzbowa Sl.
Bahnhof
Modla
Bahnhof
Rokitki
Bahnhof
Goliszow
Bahnhof
Milkowice
Bahnhof
Jezierzany
Bahnhof
Legnica
Bahnhof
Malczyce
Bahnhof
Sroda Slaska
Bahnhof
Miekinia
Bahnhof
Mrozow
Bahnhof
Wroclaw Nowy Dwor
Bahnhof
329,5 Wrocław Głowny

In der Deutsche Bahn AG

Heute ist der von der Deutsche Bahn AG betriebene Strecke der ehemaligen NME ein Teil der Kursbuchverbindung Nr. 201 vom sachsen-anhaltischen Magdeburg über Berlin und Frankfurt (Oder) ins brandenburgische Cottbus.

Trivia

Zwischen 1858 und 1870 führte August Wöhler erstmals methodische Schwingfestigkeitsversuche auf den Anlagen der NME durch.


S-Bahnhof Erkner

Der Dramaturg Gerhart Hauptmann wohnte 1885 bis 1889 in Erkner, einem Ort an der Strecke, unweit der heutigen Berliner Stadtgrenze. Hier schrieb er auch sein Werk Bahnwärter Thiel, welches an einem Bahnwärterhäuschen der Strecke, in der Nähe des Ortes Fangschleuse spielt.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Klee, Preußische Eisenbahngeschichte, S. 65 ff
  2. Klee, Preußische Eisenbahngeschichte, S. 121 ff
  3. Klee, Preußische Eisenbahngeschichte, S. 126 ff

Literatur

  • Klee, Wolfgang, Preußische Eisenbahngeschichte, Kohlhammer Edition Eisenbahn, ISBN 3-17-007466-0