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Wolfacher Fasnet

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Die Stadt Wolfach im Schwarzwald gilt als eine der traditionsreichsten Hochburgen der schwäbisch-alemannischen Fastnacht. Denn nur in wenigen Orten findet man eine derartige Vielfalt fastnachtlichen Brauchtums.

Anmerkungen und Quellenangaben finden sich im Abschnitt "Anmerkungen".

Organisation der Wolfacher Fasnet

Die Freie Narrenzunft Wolfach

Die Freie Narrenzunft Wolfach ist trotz ihres umfangreichen Programms kein eingetragener Verein. Jeder kann sich hier an der Fasnet im Rahmen des überlieferten Brauchtums nach Belieben beteiligen, ohne zuvor einem Verein beitreten oder einen Mitgliedsbeitrag zahlen zu müssen. Organisiert wird die Fasnet vom Kleinen Narrenrat, der aus dem Narrenvater und den Narrenräten besteht, die für jeweils ein bestimmtes Teilgebiet zuständig sind: Narrenvaterstellvertreter, Sekretarius (Schriftführer), 1. und 2. Säckelmeister (Kassier), 1. und 2. Kämmerer (Betreuer der Narrenkammer [2]), Technikus, Organisator (Beschaffung von Materialien und Utensilien), Wirtschaftsorganisator (Bewirtung) und Festspielleiter [3]. Einzelne Narrenräte übernehmen je nach Interesse manchmal auch Funktionen, die über ihre eigentliche Aufgabe hinausgehen. Gewählt wird das Gremium vom Großen Narrenrat, der sich aus den ehemaligen Narrenräten, verdienten, mit dem Wohlauforden ausgezeichneten Narren sowie den Obleuten der verschiedenen Gruppierungen innerhalb der Narrenzunft zusammensetzt. Er trifft sich jedes Jahr im Mai und Oktober, um die Arbeit des Kleinen Narrenrates zu bestätigen und zu kontrollieren [4]. Die Beschlüsse werden in den Narrenversammlungen in der Vorfasnetzeit der Öffentlichkeit präsentiert.

Erstmals erwähnt wird die Narrenzunft im Jahre 1816. Damals musste der Polizeidiener auf Befehl des Bürgermeisters ausschellen und verkündigen, dass "die Narrenzunft niemand solle etwas leids tun" [5]. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts organisierten alljährlich mehrere "Narrenväter" [6], die das "Närrische Comité" bildeten, die Fasnet [7]. Durch Inserate im "Kinzigtäler", der von 1865 bis 1939 erschienenen Wolfacher Heimatzeitung [8], sowie per Umlaufliste wurden ab 1869 die Wolfacher zu Narrenversammlungen geladen, um die Beschlüsse des "Comités" abzusegnen. 1886 treten die "Freunde der Fastnacht" als Organisatoren auf; fünf Jahre später beschlossen in der Gastwirtschaft "Zum Hirsch" [9] elf Narren, einen Verein zu gründen, der zunächst unter wechselnden Bezeichnungen wie Narrenverein, Karnevalsgesellschaft und Narrhalla Wolfach auftrat, bis sich 1905 der Name "Freie Narrenvereinigung Wolfach" durchsetzte.

Im Hinblick auf den geplanten Beitritt zur Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte [10] (VSAN) gab es 1932 bei der erstmals abgehaltenen Martinisitzung eine grundlegende Reform der Organisationsstruktur. Die Narren kehrten zur ursprünglichen Bezeichnung "Freie Narrenzunft" zurück, das "Närrische Comité" wurde zum "Kleinen Narrenrat" mit Narrenvadder, Narreschriewer und Säckelmeischder, das "Erweiterte Comité", das zu vorbereitenden Sitzungen geladen wurde, zum "Großen Narrenrat". Mitglieder des Großen Narrenrates waren zunächst alle Ordensträger der Zunft, ab 1954 nur noch die Träger des Wohlaufordens [11].

Nach dem 2. Weltkrieg war die Narrenzunft wie alle übrigen Vereinigungen zunächst verboten. In der Bahnhofswirtschaft in der Bahnhofstraße 14, in der früher immer die erste Narrenversammlung nach Dreikönig stattfand, kamen am 27. Januar 1948 die Narren in großer Zahl zur fünf Tage zuvor vom "Gouvernement Militaire du Pays de Bade, Délégation du Cercle Wolfach", das seinen Sitz in der heutigen Parkinson-Klinik am Straßburger Hof hatte, genehmigten Gründungsversammlung der Freien Narrenzunft zusammen [12]. Wegen seiner Vergangenheit als SS-Sturmführer [13] im 3. Reich durfte der langjährige Narrenvater Erwin Haas (1896-1974) sein Amt zunächst nicht wieder ausüben [14]. Die Versammlung wählte darum Glasmaler Georg Straub (1882-1959) [15] zum Narrenvater, Josef Krausbeck (1909-2000) [16] zum Narreschrieber sowie Textilkaufmann Hermann Armbruster (1893-?) zum Säckelmeister, allesamt verdiente Narren, die sich in der Nazizeit nichts hatten zuschulden kommen lassen. Die drei Narrenräte beantragten in dreifacher Ausfertigung in deutscher und französischer Sprache über Bürgermeister- und Landratsamt beim Gouvernement die Neugründung der Zunft. Am 24. Februar teilte das Landratsamt den Antragstellern mit [17]:

"Der Herr Kreiskommandant hat mit Schreiben vom 20. Februar unter der Nummer 43 die endgültige Genehmigung für die Freie Narrenzunft Wolfach erteilt."

Bei der Antragstellung war es nicht ganz einfach gewesen, den Franzosen klar zu machen, dass die Freie Narrenzunft keine Mitglieder hat, denn die Fasnet war und ist im Verständnis der Wolfacher zu keiner Zeit eine Angelegenheit eines Vereines gewesen, sondern stets von allen Kreisen der Einwohnerschaft getragen worden. Nachdem die Fasnet in den ersten drei Nachkriegsjahren als Folge der politischen und wirtschaftlichen Situation nur in bescheidenem Rahmen gefeiert werden konnte, fand sie 1949 erstmals wieder im gewohnten Umfang statt [18].

Ursprünglich bestand der Kleine Narrenrat nur aus Narrenvater, Säckelmeister und Narrenschreiber; um die Organisation der sich in Zeiten des Wirtschaftswunders ständig vergrößernden Fasnet zu erleichtern, wurde er nach und nach erweitert. Den Sekretarius gibt es seit 1950 (zunächst nur für die Korrespondenz zuständig, übernahm er 1959 die Aufgaben des Narrenschreibers), den Narrenvaterstellvertreter seit 1958, den 2. Säckelmeister seit 1974, den Kämmerer seit 1959, den 2. Kämmerer seit 1984, den Organisator seit 1962, den Technikus von 1971 bis 1980 sowie seit 2004, den Wirtschaftsorganisator und Festspielleiter [19] seit 1983. Dem Rat gehörten außerdem von 1969 bis 1979 der Ratgeber, von 1974 bis 1979 der Verbindungsmann zum Jungnarrenrat, von 1974 bis 1982 der Verbindungsmann zum Großen Narrenrat und von 1958 bis 1968 der Narrenkapellmeister an.

Da der Große Narrenrat faktisch zunächst keine offiziellen Aufgaben hatte, wurde bei seiner Herbstsitzung 1973 beschlossen, ihn in ein aktives Gremium umzugestalten und von allen Gruppierungen innerhalb der Narrenzunft ein bis zwei Vertreter aufzunehmen.

Damit Spenden an die Narrenzunft nach gesetzlichen Änderungen im Steuerrecht steuerlich absetzbar bleiben, erarbeitete der Kleine Narrenrat zusammen mit Finanzamt und Amtsgericht 1987 erstmals eine schriftliche Satzung für die Zunft, um von den Behörden als gemeinnützig und damit steuerfrei anerkannt zu werden; sie ist aber weiterhin als einzige Narrenzunft in der VSAN kein eingetragener Verein. In einer Narrenversammlung im Januar 1988 genehmigte das närrische Volk nach einigen Diskussionen um das Selbstverständnis der Zunft, die kein Verein ist und sein will, und zahlreichen Änderungen des Textes bei vier Gegenstimmen und vier Enthaltungen die Satzung. Um die Finanzierung der Fasnet auf eine solidere Grundlage zu stellen und die Organisation und Beschaffung von Materialien und Stoffen zu vereinfachen, gründete sich 1988 der "Verein zur Förderung der Wolfacher Fasnet durch Unterstützung der Freien Narrenzunft Wolfach e.V.", dessen Name seit der Jahresversammlung im Oktober 2004 "Verein zur Förderung der Wolfacher Fasnet e.V." lautet.

Aus zivil- und steuerrechtlichen Gründen gab der Kleine Narrenrat im Oktober 2003 die offizielle Trägerschaft der Fasnet an den neu gegründeten Verein "Wolfacher Narren e.V." ab, der nun gegenüber den Behörden als Organisator auftritt und dadurch auch die Haftung bei Schadensfällen übernimmt, die bislang bei den einzelnen Narrenräten persönlich lag [20]. An der praktischen Organisationsstruktur der Narrenzunft, die weiterhin frei vom Mitgliederzwang ist, änderte sich dadurch nichts.

Die Fasnetbräuche

Der Beginn der Straßenfasnet in Wolfach ist das Fasnetusrufe [21] am Mittwoch vor Aschermittwoch um 19 Uhr, bei dem das "schier siebentägige Fest" den Narren verkündet wird. Die drei Haupttage der Fasnet heißen Schmutziger Dunnschdig [22], Schellemendig [23] und Fasnetzieschdig [24], an denen jeweils um 10:30 Uhr eine Elfemess stattfindet; das ist ein Umzug, an dem neben den traditionellen Fasnetfiguren - gelb-blauer Schellenhansel, Nussschalenhansel, Mehlwurmhansel, roter und schwarzer Röslehansel, Streifenhansel, Spättlehansel und Rungunkeln - auch freie Gruppen teilnehmen, die lustige oder bemerkenswerte lokale, gelegentlich auch überregionale Ereignisse des vergangenen Jahres glossieren. Anschließend geht es zum närrischen Frühschoppen in die Elfemesswirtschaft. Das Wort Elfemess ‚Elf-Uhr-Messe' bezeichnete ursprünglich den um 11 Uhr im Anschluss an den morgendlichen Gottesdienst in einer Gastwirtschaft abgehaltenen Frühschoppen [25] und lässt sich in Wolfach seit 1867 schriftlich nachweisen [26]. Ein Indiz dafür, dass es diesen Brauch bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts gab, ist eine Anordnung des fürstenbergischen Oberamtes aus dem Jahre 1804, nach der das "Maskenlaufen" an den drei Fasnettagen Donnerstag, Montag und Dienstag vor dem "vormittägigen Gottesdienst" unterbleiben solle [27], die Narren also genau zur Frühschoppenzeit mit ihrem Umzug beginnen konnten. Seit 1993 treffen sich am Schmutzige Dunnschdig die Narrenkapelle, Narrenräte sowie die Hansel und Rungunkeln bereits um 9 Uhr beim Narrenbrunnen am Gassensteg, um zur Schülerbefreiung in die Grund- und Hauptschule am Herlinsbach zu ziehen; anschließend geht es in einem kleinen Umzug gemeinsam zurück in die Stadt zur ersten Elfemess.

Die Kaffeetanten ziehen nachmittags am Donnerstag, Samstag und Dienstag um die Stadt als Einleitung zu einer gemütlichen Kaffeerunde in einem Café. Am Samstagabend veranstaltet die Narrenzunft den Zunftball in den Lokalen der Stadt. Der Schellemendig beginnt morgens um 5:30 Uhr mit dem Wohlauf, bei dem der Wohlaufmaa ‚Wohlaufmann' mit seinem Gesang die Narren weckt. Nachmittags stellen sich beim Festzug die Mitwirkenden des Festspiels vor, das auf einer Bühne auf dem Marktplatz vor dem Rathaus aufgeführt wird [28]. Am Fasnetzieschdig ist nachmittags der große Kinderumzug mit anschließender Ausgabe von Würsten und Brezeln an die Kinder auf der Festspielbühne vor dem Rathaus beim "Klei-Chores-Märkt" [29], danach der Kinderball in der Festhalle und abends der Nasenzug. Als Abschluss findet am Aschermittwoch die Geldbeutelwäsche statt. Im Rahmen dieser Bräuche entwickelten sich im Laufe der Zeit eine große Zahl an Fasnetfiguren, die das unverwechselbare Gesicht der Wolfacher Fasnet prägen [30].

Die Wolfacher Fasnetgestalten

Hästräger mit Larven

Der weiße "Ur-Hansel" von 1927

Im "Kinzigtäler" stand am 15. Februar 1926 unter der Rubrik "Eingesandt" folgender Aufruf [190]:

"Daß Wolfach wie nur wenige Städte im badischen Lande seine althergebrachten, historischen Fastnachtsgebräuche hochhält, ist überall bekannt und auch für einen Wolfacher alten Narren selbstverständlich. Ich betone ausdrücklich "für einen alten Narren", denn der Jugend im allgemeinen ist durch die langen schrecklichen Kriegsjahre und deren Folgen das schöne, ehrwürdige Bild der alten Fasnet aus den Tagen der Kindheit verwischt oder zum Teil entstellt worden. Manch Neues, das man früher nicht kannte, verquickt sich mit unserer alten Fastnacht, und es ist dies auch nicht ohne weiteres zu verwerfen, denn: Andre Zeiten - andre Sitten! Am meisten macht sich das Neue in all den hübschen Kostümen, die man jetzt auf Bällen, Umzügen etc. gesehen hat, bemerkbar. Schlimm genug wurde während des Krieges [Erster Weltkrieg] in den "Fasnetskischte" geräumt und alles zerschnitten, und so ist es begreiflich, daß ein mancher trotz der schlimmen Zeit wieder Geld ausgibt zur Herstellung von einem neuen "Narrehäs". Und schöne und auch originelle Kostüme hat man hier bei den letzten Bällen schon gesehen, auch Clowns und Pierrots (eine von Frankreich und Italien damals besonders eingeführte neue Clown-Form, die sehr beliebt wurde), aber eines sah man nicht, auch bei der Elfemeß nicht: einen alten Wolfacher Hansel. Nicht als alter verschrobener Griesgram, der sich gegen alle neue Sitte wehrt, will ich gelten wenn ich sage: Die Jugend soll nicht nur allein Neues aus ihren Modejournalen bringen, sondern sie soll auch die schönen Sitten früherer Zeit pflegen und fördern. Schön und urgelungen war solch ein Hansel, da konnte man hinter seiner Maske "strählen", und ein Hansel hatte hierzu ein größeres Privileg wie jede andre Maske, denn wenn ein alter Hansel schnurren kam (es war dies das uralte Schnurren oder Strählen von Tisch zu Tisch unter der Larve, also unkenntlich), wußte man, daß man keine seichten Phrasen, sondern gesunde Wolfacher Fastnachtswitze zu hören bekam. Hoffentlich taucht dieses vergessene Symbol aus herrlichen Fastnachtstagen längst vergangener Zeiten bald wieder einmal aus der Versenkung. - Ein alter Narro."

Bei dem "alten Narro" handelte es sich um den Ochsenwirt Rudolf Straub (1884-1966), der lange Jahre als Tambourmajor die Fasnetumzüge anführte. An der von Straub beklagten Verdrängung der Hansel durch Clownskostüme war der Kaufmann Alfred Krausbeck (1873-1937), der ein Geschäft für Herrenbekleidung, Stoffe, Kurzwaren, Mützen und Hüte betrieb, nicht ganz unschuldig, denn er brachte um 1902 diese geschäftsfördernde Modewelle nach Wolfach [191]. Nicht zuletzt auch deshalb diente Straubs Aufruf als Ansporn für den damals 17-jährigen Josef Krausbeck, den Sohn von Alfred, zur Fasnet 1927 einen ersten neuen Hansel für einen Erwachsenen von Fanny Schmidt (1892-?), der späteren Frau Ohnmacht, nähen zu lassen. Als Modell diente ein alter Hansel, den Krausbecks Großvater Josef (1843-1905) um 1865 aus gestreiftem, stabilen Barchent [192], der oft für Bettbezüge und Strohsäcke Verwendung fand, herstellen ließ und vermutlich beim Festspiel von 1869 trug. Im 1. Weltkrieg und der schlechten Zeit danach mit Inflation und Wirtschaftskrise waren diese festen Hanselstoffe besonders begehrt, um sie zu Kleiderfutter und dringend benötigter Alltagskleidung zu verarbeiten. Umso schwieriger war es damals, für den neu entstehenden Hansel einen passenden Stoff zu finden. Schließlich fiel die Wahl auf einen starken so genannten Hamburger Blusenstoff in weiß, geschmückt mit gelben und schwarzen Einfassungen.

Die Holzlarve schnitzte der Wolfacher Holzbildhauer Ludwig Maier (1887-?) [193] nach einer etwa 200 Jahre alten Larve aus dem Besitz von Schreinermeister August Geiger (1875-1945), die sich heute wie auch der Hansel selbst im Heimatmuseum befindet. Es ist derselbe Larventyp mit der großen Bogennase, der 1976 zunächst auch als Vorbild für die Larve des Streifenhansels, der den Guller trägt, Verwendung fand [194].

Neben dem neuen Krausbeckschen Hansel gab es damals nur noch einen alten in gelb-roter Farbgebung, den der Druckereibesitzer Albert Sandfuchs jun. (1903-1980) beim Festspiel 1927 als ein Hofnarrengewand trug [195]. Der Konditormeister Otto Schmidt ließ zu der Zeit für seinen jüngsten Bruder einen Hansel machen, zu dem er sogar einen gestreiften Stoff auftreiben konnte.

Bei der Elfemess am Fasnetzieschdig 1929 gab es wegen der eisigen Kälte von -21 Grad neben der Narrenkapelle nur drei Teilnehmer: Erich Sandfuchs und seine spätere Frau Elsa Vivell, die sich zusammen in Federbetten gepackt hatten und ein Schild mit der Aufschrift "Mir friere nit" umhängten sowie Josef Krausbeck in seinem weißen Schellenhansel, an dessen Holzlarve drei Zentimeter lange Eiszapfen hingen [196].

Der gelb-blaue Schellenhansel

Datei:Wolfach fastnacht.jpg
Gelb-blaue Schellenhansel und schwarze Röslehansel beim Umzug

Ein Jahr nach dem Beitritt der Freien Narrenzunft Wolfach zur VSAN entstanden 1934 zwölf neue Schellenhansel, zwar in Anlehnung an historische Vorbilder, aber in den Wolfacher Stadtfarben Gelb und Blau. In Erinnerung an den alten Spättlehansel erhielten sie an den Ärmeln und Beinen jeweils drei Zackenreihen. Nach einem Entwurf von Mehlhändler Adolf Gießler nähte die Damenschneiderin Anna Fehrenbach die Hansel aus gutem, teurem Stoff in vornehmer Ausstattung. Die Larve entstand nach einem Vorbild aus dem 18. Jahrhundert. Mit einer gelb-blau gestreiften hölzernen Pritsche verteilt der Schellenhansel seine gut gemeinten Schläge [197]. Den Rücken des Hansels ziert ein großes "W", die Brust ein auf einer blauen Raute gemalter Wohlaufmaa [198] mit Stalllaterne als Reminiszenz an den bekanntesten Wolfacher Fasnetbrauch. Die Betonung des lokalen Bezugs zur Heimatstadt war zu jener Zeit bei der Neugestaltung von Narrenfiguren sehr beliebt.

Neben den zwölf Hanseln für Erwachsene entstanden bis zum 2. Weltkrieg noch einige Kinderhansel [199]. Nach der Währungsreform 1948, als wieder Geld und Material zur Verfügung standen, avancierte der gelb-blaue Hansel zur Hauptfigur der Wolfacher Fasnet. 1979 gab es erstmals ein allerdings nicht sehr erfolgreiches Treffen der Schellenhansel, um sich untereinander besser kennen zu lernen [200]. Ausgehend von diesem ersten Versuch bildete sich dann in den 1980er-Jahren ähnlich wie bei den anderen Narrenfiguren eine große aktive Hanselgruppe, die sich als ein eigenständiger Teil innerhalb der Narrenzunft versteht und für diese organisatorische Aufgaben, insbesondere bei der Bewirtung der Schlosshalle, übernimmt. Das Schorlehäs des Schellenhansels besteht aus einem gelben Sweatshirt mit einem blauen Halb-Kragen und einigen Zacken am unteren Rand, jeweils mit Schellen verziert.

Um die Zahl der Schellenhansel im Verhältnis zu den übrigen Hansel wieder zu vergrößern, führte die Narrenzunft 1993 eine Sonderaktion zur Beschaffung von 35 neuen Schellenhansel zu einem besonders günstigen Preis durch, denn wegen der besonderen Farbgebung in Gelb und Blau mussten 600 Meter Stoff extra eingefärbt werden, der bei der Wolfacher Firma Pfau, gewöhnlich spezialisiert auf Nachthemden und Unterwäsche, komplett zugeschnitten wurde [201].

Nussschalenhansel

Nach mündlicher Überlieferung gab es in Wolfach um 1850 einen Hansel mit Holzlarve und einem Häs aus grünem Stoff, das überall mit Nussschalenhälften benäht war [202]. Getragen wurde er von einem Knecht der Gastwirtschaft "Zum Hirsch" an der Stadtbrücke [203].

Auf Anregung von J. Krausbeck veröffentlichte die Narrenzunft im Dezember 1959 in den Zeitungen und im Amtlichen Nachrichtenblatt einen Aufruf an die Bevölkerung [204]:

"[...] helfen Sie uns mit, den Nußschalenhansel wieder auferstehen zu lassen. Zerschlagen Sie die Nüsse nicht, öffnen Sie die Schalen mit einem Messer, daß beide Hälften erhalten bleiben! Liefern Sie die Schalen bis 20.12.1959 der Narrenzunft, dem Narrenschreiber Josef Krausbeck oder dem Narrenrechner Günter Endres "zum Grünen Baum" ab. Für die Menge von einem Pfund erhalten Sie eine Losnummer. Mit dieser haben Sie die Aussicht auf Gewinnung eines Nußschalenhansels einschließlich seiner Holzlarve...!"

Aus ganz Wolfach und den umliegenden Gemeinden kamen über 10 000 Nussschalen an. Zur Fasnet 1960 entstanden zunächst drei Erwachsenen- und ein Kinder-Nussschalenhansel, im Jahr darauf fünf bzw. acht weitere, alle ausstaffiert mit Strohschuhen [205] und einer Saubloder. Die Larven nach einem Vorbild aus dem 18. Jahrhundert schnitzte ein Kriegskamerad von Krausbeck. Die den Kopf bedeckende Gugel ist zipfellos und mit einer Raubvogelfeder geschmückt. Eine Streckschere, von der es im Heimatmuseum ein altes Exemplar gibt, kam 1963 als Neckinstrument zur Ausstattung des Hansels dazu. Den als Preis ausgelobten Nussschalenhansel gewann Leonhard "Schlotzer" Heizmann, der ihn dann später dem Heimatmuseum überließ.

Die Hästräger engagierten sich im Laufe der Zeit so sehr bei anderen Fasnetveranstaltungen, dass immer weniger dieser urtümlichen Hansel bei den Umzügen zu sehen waren. Erst im Laufe der 1980er-Jahre vergrößerte sich die Zahl wieder. Bei zwei Narrenversammlungen ließ der Kleine Narrenrat 1982 von den anwesenden Narren größere Mengen an Nussschalen knacken, um wieder genügend Material für neue Hansel zu haben. 1988 kam es zu einem ersten Treffen der Nussschalenhansel in der Gastwirtschaft "Zum Grünen Baum" unter ihren damaligen Obleuten Hermann und Siegfried Mantel, zu deren Nachfolgern Roland Schamm und Achim Müller gewählt wurden. Zu jener Zeit entstand auch das grüne Schorlehäs mit Zunftzeichen und aufgemalter Larve und als Kopfbedeckung ein grünes Wollkäpple. 1993 übernahmen Hubert "Rambo" Decker und Simone Schmider die Leitung der Gruppe. Im Jubiläumsjahr 2000 gab es 85 registrierte Nussschalenhansel, die damals nach dem Fasnetusrufe beim Narrenhock im Festzelt auf dem Damm ihr 40-jähriges Bestehen feierten.

Mehlwurmhansel

Wolfacher Mehlwurmhansel
Wolfacher Mehlwurmhansel

Der ganz in Weiß gehaltene Mehlwurmhansel entstand für das 1885 aufgeführte Festspiel "Circus mit Clowns, Tieren und Akrobaten" [206]. Im "Kinzigtäler" wird damals erwähnt, dass der "lustige Mehlhansel mit seinen Zöglingen und zwei Zwillingsgeigern auf einem sechsspännigen Triumphwagen" beim Umzug mitfuhr [207]. Eine Holzlarve trugen sie ursprünglich nicht, sondern rieben ihr Gesicht mit einer Speckschwarte ein und bliesen in eine Mehllade, fertig war die Schminke. In der Narrenkammer der Familie Krausbeck blieben einige der Mehlwürmer aus jener Zeit erhalten und dienten 1961 als Vorbild für deren Neugestaltung auf Initiative von J. Krausbeck und Hans Sartory. Im Laufe der Zeit nahm die Zahl der Mehlwürmer stark ab, bis zu Beginn der 1980er-Jahre nur noch eine handvoll Exemplare bei den Umzügen zu sehen waren. Bereits 1982 gab es deshalb erste Überlegungen im Großen Narrenrat, diese Hanselgruppe neu aufzubauen [208]. Narrenrat Wilfried Schuler gelang es schließlich ab 1985 unter Mitwirkung einiger engagierter Narren und von Marga Schamm, die die Näharbeiten übernahm, dass sich eine Gruppe von zunächst 20 neuen Mehlwurmhansel bildete, die sich bei einer Narrenversammlung im Februar 1987 erstmals der närrischen Öffentlichkeit vorstellten; zu deren Obleuten wurden Horst Penning und Werner Bühler gewählt [209]. Um den Mehlwurm wieder attraktiver zu machen, wurde die Hose auf Knielänge gekürzt, damit sie nicht mehr so schnell verschmutzt, und die Kopfbedeckung mit Eselsohren zusammen mit dem Kragen nicht mehr am Oberteil, sondern an der Larve befestigt, um das An- und Ausziehen zu erleichtern [210]. Statt der nicht sehr historisch aussehenden Turnschuhe erhielt er einheitlich weiße Schnabelschuhe, deren Beschaffung allerdings durch die teure Herstellung in Handarbeit zunehmend schwieriger geworden ist.

Als Ersatz für den ursprünglich als Neckinstrument verwendeten Fuchsschwanz an einem blau-weißen Stab war zunächst eine Saubloder vorgesehen; erst später bekam der Hansel in Anspielung auf seinen Namen einen kleinen Mehlsack an einem hölzernen Stab in die Hand. Trotz der Neugestaltung taucht der Mehlwurm bei den Umzügen gelegentlich auch heute noch in seiner ursprünglichen Form mit langer Hose und Fuchsschwanz auf, wie sie auf dem Narrenbrunnen von 1970 in Bronze zu sehen ist. Der Fuchsschwanz ist ein allgemein beliebtes Symbol für den Narren. Angeblich soll er Schläue und Gewitztheit zum Ausdruck bringen und wird von manchen Volkskundlern als "Rest einer ehemaligen Fellverkleidung" angesehen [211]. Dem widerspricht jedoch die in der Literatur zahlreich belegte Bedeutung des Fuchsschwanzes als Sinnbild für Unehrlichkeit, Falschheit, Verleumdung und Schmeichelei, aber auch für eine freundliche Ermahnung [212]. Schon in der Antike galt der Fuchs als negative Figur und wurde dann im Christentum mit dem Teufel, den Sündern oder mit einzelnen Lastern gleichgesetzt [213].

Röslehansel

In der Narrenkammer der Familie Krausbeck haben sich Teile eines roten Röslehansels aus dem 19. Jahrhundert erhalten [214]. Sie dienten 1962 als Vorbild für die Neugestaltung dieser höfischen Narrenfigur, die an der Fasnet 1963 erstmals wieder öffentlich auftrat [215] und deren Leinengewand und Strohschuhe mit roten Rosetten aus Stoff geziert sind, in deren Mitte eine Schelle sitzt. Die ersten neuen Larven schnitzte H. Glück aus Biberach / Baden. Allerdings gab es damals auch sehr kritische Stimmen zum neuen Hansel; ein Narrenrat beschimpfte ihn gar wegen der Rosetten als "Dreckbollenhansel" [216]. Heutzutage gilt er jedoch unbestritten als eine der schönsten Fasnetfiguren im schwäbisch-alemannischen Raum. Zu verdanken hat er diesen Ruf insbesondere seiner mit einer Rose bemalten Larve, deren Vorbild aus dem 18. Jahrhundert stammt und die wegen ihrer Einmaligkeit oft in Fasnetbüchern abgebildet wird. In Privatbesitz befindet sich eine um 1780 zu datierende Larve mit einer gelben Blume in schwarzem Rankenwerk, nach der die Larve des 1975 neu entstandenen schwarzen Röslehansels gestaltet ist, dessen Rosetten schwarz sind. Beide Larven erinnern stark an Masken des venezianischen Karnevals. Im Gegensatz zu früher findet sich in den Spritzen der Rösle, wie der Hansel kurz genannt wird, kein Wasser mehr, sondern Konfetti. Wie die übrigen Narrenfiguren erhielten die Röslehansel ein Schorlehäs sowie ein in den Häsfarben gestricktes Wollkäpple. Zur Feier ihres 25-jährigen Bestehens traten sie 1988, angeführt von J. Krausbeck, bei der Elfemess am Schmutzige Dunnschdig unter dem Motto "Zum Jubiläum sind wir sauber / Wir machen heute Blumenzauber" ohne ihre Konfettispritzen auf und verteilten dafür Rosen an die Zuschauer. Im Januar 2002 feierten sie mit einem närrischen Abend in der Festhalle ihr 40-jähriges Bestehen.

Streifenhansel

Der Wiederbelebung des Streifenhansels, der bis zum 1. Weltkrieg sehr beliebt war, begann 1976 zunächst über die Einzelfigur des Gullerreiters. Als Vorbild diente ein alter Hansel aus der Zeit um 1865 aus gestreiftem Barchent. Ab 1981 entstanden dann einige wenige weitere Exemplare dieses Typs, dessen Farben nicht genormt sind; er trägt schwarze Halbschuhe und passend zu den jeweiligen Streifen zwei verschiedenfarbige Kniestrtümpfe. Eine Saubloder dient ihm als Neckinstrument. Die Larven nach einem alten Vorbild im Heimatmuseum weisen als Besonderheit einen gemalten Schnurrbart sowie eine geschnitzte Zahnreihe auf [217]. Der Gullerreiter hatte ursprünglich eine andere Larve mit großer gebogener Nase, die auch der weiße "Urhansel" von 1927 trug, übernahm aber dann später den Larventyp der übrigen Streifenhansel. Der Große Narrenrat beschloss 1982, keine weiteren Streifenhansel mehr anzuschaffen; stattdessen sollte zunächst die Gruppe der Mehlwurmhansel neu aufgebaut werden [218]. Unter Narrenvater Heiner Oberle, der von 1992 bis 2002 amtierte, wurde das Verbot wieder aufgehoben und diese Hanselart voll in die Zunft integriert.

Spättlehansel

Der Spättlehansel, dessen Häs mit vielen hundert Spättle ,kleinen Stoffstücken' [219] benäht ist, war bis zum 1. Weltkrieg recht beliebt, verschwand dann aber wie die meisten anderen Hansel von der närrischen Bildfläche [220]. Er sollte zur Fasnet 1961 wieder neu belebt werden, aber da es in vielen Städten damals Mode gewesen war, einen Spättlehansel zu machen, kam es zunächst nicht dazu. Um 1987 hatte dann J. Krausbeck den Plan, einen Geißbock zu schaffen, wie er bereits auf einem Festspielplakat aus dem 19. Jahrhundert zu sehen ist und der von einem Spättlehansel getragen werden sollte. Der Geißbock wurde allerdings bis heute nicht realisiert, obwohl die Entwürfe und das Fell für ihn bereits vorhanden sind. 1996 entwarf und schneiderte Silvia Kniesel den neuen Spättlehansel genau nach dem im Heimatmuseum befindlichen Original; in einer Zeichnung überlieferte Glasmaler Georg Straub [221] die Form des nicht erhaltenen Hutes, wie er sie noch aus seiner Jugendzeit um 1900 kannte [222]. Die verschiedenen Farben der etwa 1000 Stoffspättle entsprechen den Farben der anderen Wolfacher Hansel, die Ärmel und Strümpfe sind einfarbig rot, die Schuhe schwarz. Als Vorbild für die Larve diente eine Blechlarve mit beweglichem Unterkiefer aus dem Heimatmuseum [223]. Bei der Oktober-Sitzung 1996 des Großen Narrenrats fand die Abnahme des neuen Hansels statt, der beim Zunftabend 1997 auf der Bühne der Festhalle offiziell der "Schatzkiste der Wolfacher Fasnet" entstieg [224]. Das Amt der Obleute übernahmen Ben Endres und Silvia Kniesel.

In ganz Europa sind nur etwa ein halbes Dutzend Blechlarven bekannt, von denen heutzutage nur noch in Kißlegg und in Triberg je eine von Einzelfiguren, dem Schnarregagges und dem Federaschnabel, getragen werden [225]. Eine Gruppe von Blechlarventrägern gibt es nur in Wolfach.

Alde Rungunkeln und Müller

Bereits im Fasnetsingspiel "Die Weibermühle von Tripstrill" des Fürstlich-Fürstenbergischen Schulvisitators und Magisters Georg Anton Bredelin (1752-1814) [226], das dieser während seiner Hausacher Dienstzeit zwischen 1784 und 1797 schrieb und das alle fünf Jahre in Wolfach zu sehen ist [227], wird eine Rungunkel erwähnt. Der Weber bringt darin sein altes Weib zur Mühle und klagt dem Müller sein Leid [228]:

Ach lieber Meister Cyprian,
da bring ich meinen Wust;
wenn deine Kunst soll gehen an,
ein Tag lang fegen mußt!
So nimm dann die Rungunkel mein
in die kunstreiche Mühl hinein,
ich bitt, ich bitt, ich bitt.

Auch in einem alten Wolfacher Fasnetspruch taucht sie auf [229]:

Alde Rungunkel hot d'Schäfe verbrennt [230]
un isch mit em Kochlöffel d'Schdege nagrennt [231].

Der Begriff Rungunkel ist ein weit verbreiteter Spott- und Scherzname für alte Weiber [232]. Es handelt sich hierbei womöglich um eine Zusammensetzung aus mhd. runke, runze ‚Falte, Runzel' [233] und der Kunkel ‚Spinnrocken' [234], die gelegentlich auch als Sinnbild für die Frau an sich verwendet wird [235]; das Wort steht demnach für ein altes, runzliges Weib, das nur noch am Spinnrad sitzt. In Wolfach gilt es deshalb als ein Sakrileg, die Rungunkeln als Hexen zu bezeichnen, mit denen sie nichts zu tun haben.

Im Jahre 1937 hatten die Rungunkeln ihren ersten belegbaren Auftritt als eigenständige Narrenfigur bei der Aufführung des Fasnetspiels "Der Narrogeist im Faß" von J. Krausbeck. Hier heißt es im Text [236]:

Zu Hilf! Wer rächt die Narretei?
Ihr alten Rungunkeln, ihr Hexen, kommt herbei!

Auch 1949, 1958 und 1959 traten sie bei den Festspielen in Erscheinung. Auf Initiative des damals 29-jährigen Franz Storz entstand 1958 nach einer längeren Entwicklungszeit eine Holzlarve und das Häs, die schließlich den offiziellen Segen des Narrenvaters erhielten. Es entstanden die ersten Statuten mit strengen Regeln und einer Kleiderordnung: die Rungunkeln tragen ein schwarzes Kopftuch mit roten Flecken, das von einer Messingbrosche zusammengehalten wird, einen Peter [237] aus kleingemustertem Stoff, der hinten in Anlehnung an die Fürstenberger Tracht abgerundet ist, dunkle Handschuhe, eine blau gestreifte oder karierte Schürze, einen dunklen Rock, eine weiße Spitzenunterhose, schwarz-rot geringelte Wollsocken und Strohschuhe sowie gemäß dem Fasnetspruch einen großen hölzernen Kochlöffel [238].

Vor allem der "Storze Franz" versuchte in der Folgezeit mit seinen Mitstreitern [239], dem Wildwuchs an freien Hexenmaskierungen ein historisch verbürgtes Brauchtum entgegenzustellen und Missbräuche erst gar nicht aufkommen zu lassen. Der Erfolg gab ihm Recht: die VSAN erkannte die Rungunkeln zu ihrem 25-jährigen Bestehen 1984 offiziell als historische Narrenfigur an. Bis 1982 blieb Storz als Oberrungunkel tätig; ihm folgten Rudolf Neef (1940-1997), Hubert "Vitus" Kessler, Hans Glunk und Marcus Horn.

Die Rungunkeln nahmen im Jahre 1965 erstmals eine fahrbare Altweibermühle bei den Fasnetumzügen mit. Sie hatte ein Stroh gedecktes Dach und diente auch als Kulisse für die Aufführungen von Bredelins Singspiel 1973 und 1977 auf der Festspielbühne vor dem Rathaus. Die Müller, die die Rungunkeln in die Mühle stecken, bekamen eine an historischen Vorbildern orientierte Berufskleidung und entwickelten sich dadurch ebenfalls zu einer eigenständigen Fasnetfigur. Am Fasnetzieschdigabend 1979 ging diese erste Mühle auf der Martinswiese unter dem Wehklagen der über das Feuer springenden Rungunkeln in Flammen auf [240] und wurde durch eine neue Mühle ersetzt, deren Bemalung von dem Wolfacher Maler Heinz Pape stammte. 1998 erhielt diese Mühle ein Stroh gedecktes Dach. Im Laufe der Zeit geriet sie jedoch immer mehr zu einem Verkehrsrisiko, so dass die Rungunkeln und Müller sich 2002 dazu entschlossen, eine neue Mühle zu bauen [241]. Den überdimensionalen Kleiekotzer schuf Daniel Schrempp. Erstmals zum Einsatz kam das neue Gefährt beim Narrentreffen in Donaueschingen 2003. Für die Festspielaufführungen der "Weibermühle" ab 1982 entstand eine eigene stationäre Mühle, deren großes Mühlrad J. Krausbeck kunstvoll mit den vier Elementen Feuer, Wasser, Luft und Erde in Form von Gesichtern bemalte; als Vorbild dienten ihm dabei vier Stühle in seiner Wohnung, deren Lehnen nach den vier Elementen gestaltet sind.

Gelegentlich greifen die Rungunkeln bereits vor der Fasnet bei den Narrenversammlungen ins närrische Geschehen ein und bringen unter den Klängen der Weibermühlenmelodie bei den Besuchern das Narrenblut in Wallung. Ein beliebter Programmpunkt zu Beginn der Pause des Zunftabends in der Woche vor der Fasnet war lange Zeit der Einfall der Rungunkeln in die Festhalle, wobei sie auf der Bühne ausgewählten Persönlichkeiten den Rungunkelfraß, einen scharf gewürzten Wurstsalat, verabreichten. Zu ihrem Jubiläum 1984 studierten sie einen Rungunkeltanz ein, den sie in späteren Jahren gelegentlich wiederholten.

Eine Spezialität der turnerisch meist sehr begabten Rungunkeln ist es, an den Häuserfassaden hochzuklettern und durch die Fenster in die Wohnungen der Zuschauer einzusteigen; um sich die Kletterei zu erleichtern, konstruierten sie einen riesigen hölzernen Kochlöffel mit Leitersprossen, der insbesondere bei Narrentreffen eingesetzt wird. Eine besondere Attraktion bei den Umzügen bietet Manfred Schäfer als Hochrad fahrende Rungunkel. Eine wichtige Aufgabe dieser Häsgruppe, in die nur Männer aufgenommen werden, ist die Gestaltung der Elfemessen, bei denen sie während des Umzuges die besten Schnurrthemen [242] szenisch darbieten und sich dabei (ohne Larve und Häs) entsprechend verkleiden, um den dargestellten Persönlichkeiten möglichst ähnlich zu sehen.

Die Rungunkeln sind innerhalb der Narrenzunft eine relativ eigenständige Gruppe, die sich gelegentlich auch alleine ohne die übrige Zunft zu einem Ausritt aufmacht, um an Umzügen in der Nachbarschaft teilzunehmen. Engen Kontakt pflegen sie zu der Karnevalsgesellschaft "Rheinfreunde" in Koblenz-Neuendorf, die sie gelegentlich auch in voller Montur besuchen [243].

Mi-Parti-Hansel

Neben dem Streifenhansel gehörte bis zum 1. Weltkrieg ein Hanseltyp in den Farben Gelb und Rot zu den beliebtesten Narrenfiguren in Wolfach. Das Häs dieses Hansels ist ein Mi-Parti ‚farblich meist vertikal geteiltes Kleid' [244]. Das Mi-Parti entstand nach dem 11. Jahrhundert unter dem Einfluss byzantinischer Mode, die sich durch eine starke Farbigkeit auszeichnet. Zunächst trugen es vor allem die Bediensteten, die mit der Farbgebung das Abhängigkeitsverhältnis von ihrem Dienstherrn zeigten. Im 15. Jahrhundert entwickelte sich daraus eine Farbsymbolik, mit der auch die Gemütsverfassung des Trägers ausgedrückt wurde. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts verschwand das Mi-Parti aus der Mode, erhielt sich aber bei den Narrenkostümen.

Ein Kinder-Mi-Parti-Hansel von 1883 aus der Narrenkammer der Familie Krausbeck ist heute im Heimatmuseum ausgestellt [245]. Bei einer Aufräumaktion auf dem Dachboden eines alten Hauses kam 2003 das gut erhaltene Häs eines Mi-Parti-Hansels aus dem 19. Jahrhundert der Familie des Zeitungsverlegers August Sandfuchs (1840-1908) zum Vorschein [246]. Auf einer Fotografie von 1927 ist zu erkennen, dass dieser alte Hansel beim damaligen Festspiel als Verkleidung für den von Albert Sandfuchs jun., einem Enkel von August, dargestellten Hofnarren des Grafen Konrad von Wolva diente. Vermutlich entstand erst damals die Eselsohrenkappe, um ihn besser an seine neue Aufgabe als Hofnarr anzupassen. Ursprünglich dürfte seine Kopfbedeckung wie bei den meisten anderen Hanseln in Wolfach ein Spitzhut gewesen sein. Eine Larve hat sich nicht erhalten. Bei der Elfemess am Schellemendig 2004 trat der Mi-Parti-Hansel, getragen von Frank Schrader, einem Ur-Ur-Enkel des ursprünglichen Besitzers, erstmals wieder nach 77-jähriger Pause an der Fasnet auf.

Josef Krausbeck, ein enger Freund der Familie Sandfuchs, überlieferte die Geschichte, dass Albert Sandfuchs sen. (1873-1939) den Mi-Parti-Hansel eines Tages an einen Bekannten in Hausach verlieh [247]. Da sich dort kaum noch Spuren alten fasnetlichen Brauchtums fanden, wurde das Sandfuchssche Häs als Vorbild genommen für den heutigen Hausacher Hansel und mit einer Larve nach einem alten Vorbild aus Hausach sowie einer neuen Kopfbedeckung, die an die Oberndorfer Hansel erinnert, kombiniert [248]. Als diese Entstehungsgeschichte im Vorfeld der Fasnet 2004 durch einen Zeitungsbericht bekannt wurde, versuchte der Hausacher Narrenrat José F. A. Oliver sogleich bei der Schlüsselübergabe am Schmutzige Dunnschdig in Hausach in einer gereimten Entgegnung, dies zu widerlegen [249], doch konnte er bis heute keine Dokumente vorlegen, die seine These unterstützen [250].

Da Gelb unter allen Farben die auffallendste ist, fand es in der Kleidertracht bei jenen Verwendung, die auffallen sollen - im Mittelalter war es aufgrund seiner üblen Vorbedeutung (Neid) Juden, Dirnen und Ketzern als Schandfarbe vorgeschrieben [251] - oder wollen - so hat beispielsweise in Christoph Martin Wielands Geschichte des Agathon von 1766 der "Hans Wurst" einen Wams und gelbe Hosen an [252]. In der Farbensprache des Minnelebens stand Gelb hingegen für "minnigliches Glück" [253]; in der Kunst übernahm es die Bedeutung von Gold, das im christlichen Sinne für die Ewigkeit und das göttliche Licht steht. Im 18. Jahrhundert galt Gelb als "nächste Farbe am Licht", die "eine heitere, muntere, sanft reizende Eigenschaft besitzt" und das "Gemüth erheitert" (Goethe) [254], das sich deshalb zu jener Zeit auch in ehrbaren Kreisen als Kleiderfarbe verbreitete: in Goethes Werther trägt der Titelheld einen blauen Frack und eine gelbe Weste [255], die durch den großen Erfolg des 1775 erschienenen Romans als Werther-Mode sehr beliebt wurden. In Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre trägt eine Marionette, die Jonathan, den Geliebten des biblischen Königs David [256], darstellt, ein "gelb und rotes Kleid" [257]. Rot gilt als Farbe der Leidenschaft und Sinnlichkeit, der Liebe, des Lebens und der Gefahr [258], gelegentlich aber auch als Schandfarbe [259].

Da die Sinngebung der Farben uneinheitlich ist und sich mit den Zeiten wandelt, wäre es verfehlt, die Farben des gelb-roten Mi-Parti-Hansels allein auf eine einzige Bedeutung zurückführen zu wollen, zumal sich dessen genaue Entstehungszeit nicht bestimmen lässt. Ein Indiz für das ungefähre Alter und die Farbsymbolik könnte allerdings sein, dass Gelb bzw. Gold und Rot früher die Farben des Wolfacher Stadtwappens waren [260]; als die Stadt 1806 zum Großherzogtum Baden kam, dessen Wappen ebenfalls gelb-rot ist, änderte sie ihre Farben in Gelb und Blau.

Spitzgücklehansel

Nach mündlicher Überlieferung gab es im 19. Jahrhundert einen Spitzgücklehansel, dessen Häs mit weißen, rosa und braunen Spitztüten behängt war, die es damals in jedem Lebensmittelladen zum Einpacken der Ware gab [261].

Anmerkungen

1 Moser, H.: Die Geschichte der Fasnacht, 18. Die im Text genannten Lebensdaten stammen überwiegend von Grabsteinen auf dem Wolfacher Friedhof und aus Häufle: Ortsippenbuch Wolfach.

2 Zur Narrenkammer siehe Abschnitt 3.1 Narrenkammer.

3 Ein Verzeichnis der Wolfacher Narrenväter findet sich im Abschnitt 6.1.

4 Die Narrenratssitzung im Mai gibt es seit 1982.

5 Disch: Chronik Wolfach, 445.

6 Der Begriff Narrenvater wird erst seit etwa 1890 als Bezeichnung für den Leiter der Narrenzunft verwendet.

7 Zur Entwicklungsgeschichte der Narrenzunft siehe Schrempp: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 38-43.

8 Zur Geschichte des "Kinzigtälers" siehe Sandfuchs, W.: Die Geschichte des "Kinzigtälers".

9 Die Gastwirtschaft "Zum Hirsch" befand sich in der Vorstadtstraße 48; das Gebäude fiel 1988 der Vorstadtsanierung zum Opfer. Zur Geschichte des "Hirschs" siehe Schrempp: Häuser und Menschen, 23f. - Eine chronologische Übersicht zur Vorstadtsanierung findet sich in: Wolfach zeigt sich in neuem Glanz, 19-21.

10 Die 1924 gegründete VSAN verbindet 69 Mitgliedszünfte in Baden-Württemberg, Bayern und der Nordostschweiz. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, die im schwäbisch-alemannischen Sprachraum vorhandenen traditionellen Fasnetbräuche zu erhalten, zu pflegen und fortzuentwickeln sowie deren Erforschung zu fördern.

11 Zu den Narrenorden siehe Abschnitt 3.3 Narrenorden, Narrenteller und Zunftwappen.

12 Zur Neugründung der Narrenzunft 1948 siehe Schmider: Narrogeist wurde vor 50 Jahren wiedergeboren; Schmider: Auf der "Kranzbühne" flossen Tränen der Rührung; Schmider: Neugeburt der Fasnet.

13 Einwohnerbuch für den Landkreis Wolfach 1939, 7.

14 Haas war Teilhaber der Schwarzwälder Edelbranntweinbrennerei Haas & Bulacher in der Bergstraße, die von 1785 bis 1984 bestand. Zu ihm und der Geschichte der Brennerei siehe "175 Jahre Haas & Bulacher"; "Erwin Haas in die Ewigkeit abberufen".

15 Straubs amtlicher Rufname lautete Georg; unter seinen Freunden war er als Straubeschorsch bekannt. Auf seinem Grabstein steht Hansjörg Straub, denn so hieß er im Familienkreis; unter diesem Namen veröffentlichte er auch ein Büchlein mit Mundart-Gedichten und Zeichnungen, siehe Straub: Mi' Handschrift. - Das Malerhäusle, Straubs Wohnhaus mit seinem Atelier, ehemals Vorstadtstraße 56, fiel 1990 der Vorstadtsanierung zum Opfer. Der steinerne Türbalken mit Straubs Wappen, den Initialen G.S. und der Inschrift Malerhäusle findet sich heute in der Grünanlage beim Vorstadtbrunnenplatz auf dem früheren Grundstück der Buchhandlung Moser, ehemals Vorstadtstraße 74.

16 Eine Würdigung der Verdienste Josef Krausbecks um die Wolfacher Fasnet findet sich in Schrempp: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 61-63.

17 Zitiert nach Schmider: Narrogeist wurde vor 50 Jahren wiedergeboren.

18 Zur Entwicklung der Fasnetbräuche nach dem 2. Weltkrieg siehe Abschnitt 1.3.3 Die Erneuerung der Fasnet nach dem 2. Weltkrieg.

19 Der Festspielleiter war von 1949 bis 1982 und 1994 bis 2000 kein offizieller Narrenrat.

20 Bericht im Schwabo vom 16.10.2003.

21 Fasnetusrufe ‚Ausrufen der Fasnet'; Einzelheiten dazu siehe Abschnitt 2.2.2 Landsknechte des Grafen Konrad von Wolva.

22 Schmutziger Dunnschdig ‚Donnerstag vor der Fasnet'. Das alem. Wort schmutzig bedeutet ‚fettig' und bezieht sich hier auf die an diesem Tage im Schmutz ‚Fett' gebackenen Fasnetküchle, einer typischen Mehlspeise zur Fasnetzeit. Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 185, s.v. Schmutz, schmutzig.

23 Schellemendig ‚Schellenmontag'. Dieser Begriff lässt sich in Wolfach erstmals 1862 auf einem Festspielplakat, heute ausgestellt im Heimatmuseum, nachweisen. - Die Schelle ist ein wesentliches Ausstattungselement der Wolfacher Hansel, siehe unten.

24 Fasnetzieschdig ‚Fasnachtdienstag'. Das alem. Wort Zieschdig geht zurück auf mhd. zîstac ‚Tag des Gottes Ziu'. Lexer: Mhd. Handwörterbuch, s.v. zîs-tac. - Das Alemannische ist eine der beiden Haupt-Literatursprachen des Mittelhochdeutschen, der deutschen Sprache des 12. bis 14. Jahrhunderts, deshalb finden sich bis heute noch viele Begriffe aus dem Mittelhochdeutschen im Alemannischen, aber nicht im Hochdeutschen.

25 Brednich / Simon: Mitteleuropa, Baden. Wolfacher Fasnet, 13.

26 Schrempp: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 37.

27 Disch: Chronik Wolfach, 444. - Auf die Einhaltung der Gottesdienstzeiten und das sittliche Verhalten der Einwohner wurde in Wolfach seit der Reformationszeit besonders stark geachtet, da es an das württembergisch-protestantische Gebiet grenzte. Stüble / Schmider: Die katholische Pfarrgemeinde, 22.

28 Verzeichnis der Fasnetspiele im Abschnitt 6.3.

29 Zum Kinderumzug siehe Abschnitt 2.3.5 Bretschelhans.

30 Weitere Einzelheiten zu den genannten Bräuchen sind bei den daran beteiligten Fasnetfiguren beschrieben.

Anmerkungen 31-189 gekürzt!

190 Zitiert nach Krausbeck: Noch ein Jubiläum.

191 Krausbeck: Vor 70 Jahren erstmals wieder ein Erwachsenen-Hansel.

192 Barchent, einseitig angerauhtes Baumwoll- oder Flanellgewebe' < mlat. barracanus ‚Zeug aus Kamelshaaren' < arabisch barrakan ‚grober Stoff'. Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 579, s.v. Barchent; Wasserzieher: Woher?, 128, s.v. Barchent.

193 Maier hatte seine Werkstatt in der Vorstadtstraße 48; das Gebäude fiel 1988 der Vorstadtsanierung zum Opfer.

194 Eine Abbildung des "Urhansels" findet sich in Mezger: Das große Buch der schwäbisch-alemannischen Fasnet, 201. - Zum Gullerreiter siehe Abschnitt 2.3.3 Gullerreiter.

195 Zum gelb-roten Mi-Parti-Hansel siehe Abschnitt 2.1.9 Mi-Parti-Hansel.

196 Krausbeck: Wohlauf bei 20 Grad minus. - Zur Wetterentwicklung an der Fasnet 1929 siehe Schmalz: Wohlauf musste vor 70 Jahren bei minus 17 Grad singen.

197 Das Wort Pritsche geht zurück auf ahd. britissa, mhd. britze ‚Bretterverschlag'. Köbler: Ahd. Wörterbuch, s.v. britissa.

198 Wohlaufmaa ‚Wohlaufmann, Sänger des Wohlaufliedes beim Wohlauf', siehe Abschnitt 2.2.1 Wohlauf.

199 Abbildung der Kinderhansel um 1938 in 180 Jahre Narrenzunft Wolfach (Schwabo).

200 Aufruf an alle gelb-blauen Hansel im Wolfacher Narrenblättle 10 (1980).

201 1995 gab es 240 Schellenhansel, 165 Röslehansel, 68 Nussschalenhansel, 53 Mehlwurmhansel, 50 Rungunkeln und etwa 10 Streifenhansel. Schrempp: Eine Reise in die närrische Vergangenheit, 60.

202 Krausbeck: Fasnet-Erinnerungen von Adelheid Moser.

203 Krausbeck / Knauss: Masken unserer Stadt. Wolfach, 49. - In einem Gespräch erzählte Krausbeck 1987, der Kronenwirtsohn Hans (Jean) Neef habe den Nussschalenhansel getragen, der 1869 Wirt der Gastwirtschaft "Zur Krone" wurde. - Zur Geschichte der Krone siehe Die ‚Krone' am Wolfacher Marktplatz. In: ANK 12 (1961-09-02). Zum "Hirsch" siehe Anmerkung 9.

204 Zitiert nach: Vor 40 Jahren "Neuauflage" der Nußschalenhansel.

205 Über 30 Jahre hinweg wurden die Strohschuhe für Nussschalen- und Röslehansel sowie Rungunkeln von Monika Heizmann, Inselweg 13, hergestellt, danach von ihrer Tochter.

206 Krausbeck / Knauss: Masken unserer Stadt, 51.

207 Schrempp: Straßenfasnet verboten.

208 Berichte im Schwabo vom 21.5./14.12.1982.

209 Bericht im Schwabo vom 23.2.1987.

210 Den Entwurf für die Neugestaltung zeichnete Roland Severin Schuler, abgebildet im Schwabo vom 28.11.1986.

211 Kutter / Knauss: Schwäbisch-alemannische Fasnacht, 58.

212 Grimm: Deutsches Wörterbuch IV, 351-355, s.v. Fuchsschwanz.

213 Mezger: Narrenidee und Fastnachtsbrauch, 258-268.

214 Krausbeck: Vor 70 Jahren erstmals wieder ein Erwachsenen-Hansel.

215 Zum Entstehungsjahr der Röslehansel siehe Der 40.te Geburtstag oder doch 39+1? - Zu den ersten Trägern der Röslehansel zählten Bruno Armbruster, Hans Dieterle, Franz Hauer, Rolf Kleinbub, Herbert Kniesel, Rolf-Dieter Maier, Erich Mosmann und Reiner Schamm, siehe die Berichte zum 40-jährigen Bestehen im Schwabo vom 12./14.1.2002.

216 Mitteilung von J. Krausbeck.

217 Ähnliche Larventypen mit einem aufgemalten Schnurrbart gib es u.a. in Elzach, Hirrlingen, Hausach, Fridingen, March (Schweiz) und Friaul. Schrader: Aschermittwochsbrauchtum, 633.

218 Berichte im Schwabo vom 21.5./14.12.1982.

219 Das alem. Wort Spättle ‚kleines Stoffstück, Tuchabfall' geht zurück auf mhd. spëdel, spidel ‚Splitter; Fetzen, Lappen'. Lexer: Mhd. Taschenwörterbuch, 205, s.v. spidel [!]. - Das Verb spätteln bedeutet ‚flicken'. Grimm: Deutsches Wörterbuch XVI, 2003, s.v. spätteln.

220 Ende des 19. Jahrhunderts annoncierte der Schneider Wilhelm Jehle im "Kinzigtäler", dass er für die Fasnetbälle "Maskenkleider" verleihe. Nach mündlicher Überlieferung von J. Krausbeck handelte es sich dabei um Spättlehansel, die Jehle selbst herstellte. König: Erster Schnurrant 1600 schriftlich nachgewiesen; Klein: Vor 100 Jahren regierte Prinz Karneval im Kinzigtal.

221 Zu Straub siehe Anmerkung 15.

222 Abbildung in Krausbeck: Aus der Geschichte der Wolfacher Fasnet (1955), 137.

223 Abbildung in Kutter / Knauss: Schwäbisch-alemannische Fasnacht, 45.

224 Bericht im Schwabo vom 30.1.1997.

225 Obwohl der Spättlehansel mit seiner Blechlarve bereits seit 1997 an der Fasnet und bei Narrentreffen auftritt, findet er in den 1999 erschienenen Büchern Zur Geschichte der organisierten Fastnacht, 136-138, und Mezger: Das große Buch der schwäbisch-alemannischen Fasnet, 61f., noch keine Erwähnung.

226 Zu Bredelins Lebenslauf siehe Schrader: Georg Anton Bredelin (1752-1814); Schrader: Im Kinzigtal schafft Bredelin ein Meisterstück. - Der sehr seltene Familienname Bredelin - in den deutschen Telefonbüchern ist nur eine Familie mit diesem Namen verzeichnet (Das Telefonbuch, s.v. Bredelin) - geht zurück auf mhd. brëtelin, brëtel, ahd. britelin*, briteli*, bretilin*, bretili* ‚Brettlein, Stäbchen, Strich, Opferschale'. Köbler: Ahd. Wörterbuch, s.v. britelin*.

227 Der Film Brednich / Simon: Mitteleuropa, Baden. Die Altweibermühle, der die Aufführung der Weibermühle von 1977 zeigt, ist auf der Netzseite www.iwf.de der IWF Wissen und Medien gGmbH, Göttingen, als Videokassette erhältlich. 1987 entstand zum 200. Jubiläum eine Videoverfilmung des Spiels: Frick / Beu: 200 Jahre Altweibermühle in Wolfach 1787-1987.

228 Bredelin: Die Weibermühle, 56. - Nachdem 1892 die Weibermühle aufgeführt worden war und noch im gleichen Jahre das alte Rathaus abbrannte, beschlossen die Narren 1893 in der Gastwirtschaft "Zum Ochsen" (ehemals Vorstadtstraße 25) in ihrer ersten Versammlung, das Spiel künftig nicht mehr aufzuführen. Als Begründung dafür war im "Kinzigtäler" zu lesen: "Merkwürdigerweise ist auch jedesmal im selben Jahre, in welchem diese ‚verhängnisvolle Mühle' gespielt wurde, also 1802, 1836 und 1858, ein größerer Brand in unserer Stadt ausgebrochen" (zitiert nach Klein: Weibermühle 1893 abgesagt). Erst 1973 gelang es J. Krausbeck, den damals daraus entstandenen Aberglauben zu überwinden und das Spiel wieder in seiner ursprünglichen Gestalt aufzuführen.

229 Disch: Chronik Wolfach, 441.

230 d'Schäfe verbrennt ‚die Bohnenhülsen verbrannt'. Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 180, s.v. Schefe.

231 d'Schdege nagrennt ‚die Stiege, Treppe heruntergerannt'. Das alem. Wort Stege geht zurück auf mhd. stëge, ahd. stega ‚Stiege, Leiter, Treppe'. Köbler: Ahd. Wörterbuch, s.v. stega.

232 Grimm: Deutsches Wörterbuch XIV, 1521, s.v. Runkunkel.

233 Lexer: Mhd. Handwörterbuch, s.v. runze.

234 Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 2257, s.v. Kunkel. Ein Spinnrocken ist ein Holzstab, auf dem die zu spinnenden Fasern aufgewickelt sind. Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 3463, s.v. Spinnrocken.

235 Kunkellehen ‚Lehen, das auch auf Frauen vererbbar ist'. Wahrig: Deutsches Wörterbuch, 2257, s.v. Kunkellehen.

236 Zitiert nach: Entstehungsgeschichte der "Alden Rungunkeln".

237 Peter ‚leichter Frauenkittel mit Ärmeln; werktägliche, häusliche, kurze Jacke der Frau'. Ochs: Badisches Wörterbuch I, 168, s.v. Peter. - Das Wort könnte in dieser Bedeutung zurück gehen auf den scherzhaften Ausdruck Peter und Paul ‚weibliche Brüste'. Grimm: Deutsches Wörterbuch XIII, 1577, s.v. Peter. - Vielleicht stammt der Begriff auch ab vom französischen pet-en-l'air ‚kurzer, leichter Hausrock', zu pet ‚Furz', péter ‚furzen', lat. peditum. Gamillscheg: Etymologisches Wörterbuch, 697f, s.v. pet, pet-en-l'air. - Eher unwahrscheinlich klingt die Herleitung aus mhd. bêderwât ‚Kleid aus zweierlei Stoff'. Baum: Alem. Taschenwörterbuch, 162, s.v. Peterli.

238 In den ersten Jahren trugen die Rungunkeln zunächst noch einen Reisigbesen, wie auf einer Fotografie von 1960 im Fotoarchiv Schrader zu erkennen ist.

239 Neben Storz gehörten zu den Gründungsmitgliedern der Rungunkeln Roland Rösch, Erich Endres, Erwin Jehle und Lothar Buchholz.

240 Schrader: Aschermittwochsbrauchtum, 635.

241 Berichte im Schwabo vom 16./25.1.2003.

242 Beim Schnurren am Sonntag vor der Fasnet werden von den Schnurrgruppen lustige oder kommunalpolitische Ereignisse des vergangenen Jahres in gereimter Form glossiert.

243 Beispielsweise besuchten die Rungunkeln den närrischen Abend zum 155-jährigen Bestehen der Gesellschaft im Februar 2000. Bericht im Schwabo vom 9.2.2000.

244 Zur Herkunft des Mi-Parti siehe Wikipedia, s.v. Mi-Parti.

245 Krausbeck: Vor 70 Jahren erstmals wieder ein Erwachsenen-Hansel.

246 Schrader: Alter Wolfacher Hansel wiederentdeckt.

247 Auf die Verbindung des Hausacher Hansels mit dem Wolfacher Mi-Parti-Hansel wies Krausbeck bereits 1955 in der "Ortenau" hin. Krausbeck: Aus der Geschichte der Wolfacher Fasnet (1955), 137.

248 Auf diese Begebenheit bezieht sich der im Wolfacher Narrenblättle 29 (1999) erschienene Comic "Die Raubritter von Husen! oder Der versunkene Silberschatz!". Den darin erwähnten Silberschatz fanden Rolf Pfefferle, Hubert Kiefer und Sebastian Carosi 1998 bei Grabungsarbeiten in der Vorstadtstraße. Berichte über den Münzfund im Schwabo vom 22.5., 25.5. und 28.5.1998.

249 Bericht im Schwabo vom 20.2.2004.

250 In Oliver: Hausacher Narren-Codex findet sich kein Hinweis auf die Entstehungsgeschichte der Hausacher Hansel.

251 dtv-Lexikon VI, 250, s.v. gelb.

252 Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka, 107023.

253 Im mittelalterlichen Fastnachtsspiel "Von den sieben Garben" heißt es: "gel pringt lieb aus lait / gel ist der minne solt / und reich als das minniglich golt. / gel kündet das ich pin gewert / des ich an die minne han begert". Grimm: Deutsches Wörterbuch V, 2883, s.v. gelb.

254 Grimm: Deutsches Wörterbuch V, 2883, s.v. gelb.

255 Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka, 24827.

256 Die Bibel (1982), 1 Samuel 18,1-4; 2 Samuel 1,26.

257 Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka, 25103.

258 dtv-Lexikon XV, 257, s.v. rot.

259 Haller: Narrentypen, Masken und Häser.

260 Ein Wappen in der ursprünglichen Farbgebung Gold und Rot ist im alten Chor der katholischen Stadtkirche St. Laurentius zu sehen, Abbildung in Schwarzwaldstadt mit Tradition, 20.

261 Krausbeck: Aus der Geschichte der Wolfacher Fasnet (1955), 136; Mitteilung von J. Krausbeck.