Naturschutzgebiet Schlangenberg

Das Naturschutzgebiet Schlangenberg ist eine 108 ha große, durch seine Galmeiflora geprägte Fläche im Kreis Aachen. Den Namen erhielt das östlich von Stolberg/Rhld., der Ortschaft Breinigerberg benachbarte Gebiet, nach dem an der L12 liegenden 276 m NN hohen Hügel Schlangenberg.
Geologie
Das gesamte Naturschutzgebiet befindet sich auf einem Kalksteinrücken, der vor ca. 400 Millionen Jahren abgelagert wurde. Versteinerte, teilweise verwitterte Korallenstrukturen werden heute noch gefunden. Durch geologische Verschiebungen gelangte der Kalkstein an die Erdoberfläche, fiel jedoch größtenteils der Erosion zum Opfer. Vor ca. 200 Millionen Jahren drangen wässrige Erzlösungen in den porösen Kalkstein ein und es bildeten sich die Primärerze Zinkblende, Markasit und Bleiglanz. Da es sich bei diesem Eindringprozess um Lösungsschübe handelte entstanden bei den Erzen des Schlangenberges schalige Erzstrukturen, so genannte Schalenblenden. Durch Metasomatose verwitterte das oberflächlich lagernde Erz zum Sekundärerz Galmei, welches hauptsächlich aus Zinkspat ZnCO3 besteht.
Geschichte

Vermutlich hatten bereits die Kelten mit dem Schürfen der Erze begonnen. Gesichert ist die Besiedlung des Gebietes durch die Römer, die entlang der erzhaltigen Gebiete siedelten. Römische Funde wurden im Bereich des Breinigerbergs und Breinigs gemacht.
Im 18. Jahrhundert besaßen die in Stolberg ansässigen Kupfermeister ein Monopol in der europäischen Messingherstellung. Dieses begründete sich darin, dass die Gewinnung dieser Legierung 2 Volumina Galmeierz sowie 1 Volumeneinheit Kupfererz, das hauptsächlich aus dem Harz bezogen wurde, erforderte. Aufgrund der problematischen Transportsituation in der damaligen Zeit entschied der geringere Transportaufwand über den Standort der Legierungsherstellung.
Vor 1800 wurde ausschließlich durch oberflächlichen Erzabbau in Pingen Galmeierz im Bereich des Schlangenberges geschürft. Das speziell zink-, blei- und cadmiumhaltige Erz wurde hierbei über weite Bereiche verteilt und die gesamte Schlangenbergregion zerfurcht und mit dem toxischen Metall kontaminiert.
Ab 1800 ermöglichte die fortgeschrittene Technik tiefer liegende Erze zu gewinnen. Man begann den Abbau in Tiefen bis zu 105 Meter, da man durch Pumpenschächte und Wasserhaltungsstollen das Grundwasser in den nahe liegenden Vichtbach ableiten konnte. Zwischen 1850 und 1860 entstand ein frühindustrielles Grubenfeld, das zu Beginn dem Eschweiler Bergwerksverein, der Stolberger Gesellschaft sowie der Allianz gehörte. Ab 1856 erhielt die Eschweiler Gesellschaft komplett die Eigentumsrechte.
Nach 1870 verarmte die Grube, da die bis zu 6.600 Jahrestonnen Förderung das Erzfeld erschöpfen ließ. Sie wurde 1871 geschlossen, im Jahre 1881 jedoch noch einmal geöffnet, 1883 aber endgültig aufgegeben.

Zwischen 1871 und 1881 änderten sich die konzerninternen Besitzverhältnisse der Eschweiler Gesellschaft. Während man 1871 noch Kohleproduzent war, musste diese 1881 eingekauft werden. Hierdurch verteuerte sich der Verhüttungsprozess so sehr, dass er unrentable wurde und eingestellt werden musste.
Bis 1915 befand sich auf dem Gelände des Schlangenberg jedoch noch ein Förderturm zur Gewinnung von schwefelhlatigem Eisenerz. Man verwendete dieses zur Gewinnung von Schwefelsäure. Erst 1921 wurde der letzte Rest der Grubenanlage abgerissen.
Die jahrelangen Arbeiten hinterließen eine toxische Industriebrache, die im Volksmund den Namen Balkan trägt. Aufgrund des fehlendes Umweltbewusstseins der damaligen Zeit erfolgte keine Renaturierung, so dass die Natur sich selber überlassen blieb.
Bis in die späten 1980er Jahre wurde der Schlangenberg als militärisches Übungsgebiet genutzt und war der Öffentlichkeit nicht zugänglich. An einigen Stellen existieren noch immer Unterstände der Soldaten. Nach dem Abzug des Militärs und ausgelöst durch das steigende Umweltbewusstsein wurde das Gebiet Schlangenberg Anfang der 1990er Jahre unter Naturschutz gestellt.
Flora

Der kalkhaltige Boden des Naturschutzgebietes Schlangenberg enthält große Mengen Zink, Cadmium und Blei. Die hohe Toxizität erlaubt es nur wenigen Pflanzenarten hier zu wachsen. Es entstanden Refugialbiotope der endemischen Galmeiflora.
Typisch für die Flora des Naturschutzgebietes ist neben dem ursprünglich weltweit nur im Naturschutzgebiet Schlangenberg vorkommenden Gelben Galmeiveilchen Viola lutea ssp. calaminaria die zu den Bleiwurzgewächsen gehörende Galmei-Grasnelke Armeria maritima ssp. elongata. Eine weitere typische Pflanze des Naturschutzgebietes ist das im März und April blühende Galmei-Täschelkraut Thlaspi calaminare, der Galmei-Schaf-Schwingel oder Aachener Galmei-Schwingel Festuca aquisgranensis sowie das Taubenkropf-Leimkraut Silene vulgaris ssp. humilis.
Auf dem nordwestlichen Teil des Naturschutzgebietes existiert ein Waldmeister-Buchenwald.
An verschiedenen Stellen des Naturschutzgebietes befinden sich Biotope für Orchideen. So wächst hier die intensiv nach Vanille riechende Braunrote Stendelwurz Epipactis atrorubens, die Fliegen-Ragwurz Ophrys insectifera oder die unter den Namen Bleiches- oder auch Weißes Waldvöglein bekannte Cephalanthera damasonium.
Aber nicht nur für Orchideen bietet das Naturschutzgebiet Schlangenberg einen geeigneten Lebensraum. Auch der Fransenenzian Gentianella ciliata und der Deutsche Fransenenzian Gentianella germanica finden sich hier.
Neben der typischen Galmeiflora wächst an einigen versteckten Stellen das seltene Farn Natternzunge.
Fauna
Im Naturschutzgebiet Schlangenberg leben seltene Insekten, so der braunfleckige Perlmutterfalter oder der Rosenkäfer.
Bekannt ist das Gebiet für seine noch zahlreich dort lebenden Heuschrecken. Hierzu zählen die Nachtigallenschrecke, die Buckelschrecken sowie das fingergroße grüne Heupferd.
Neben diesen Insekten bieten die Schwermetallrasen und -heiden des Schlangenbergs zahlreichen Reptilien Lebensraum. Vereinzelt findet man hier die seltene Schlingnatter Coronella austriaca. Neben Heidelerchen Lullula arborea nutzen Neuntöter die fast baumlose Region. In einem speziellen Projekt wird momentan versucht, die früher hier heimische Gelbbauchunke anzusiedeln.
Bedrohung des Naturschutzgebietes
Obwohl der toxische Boden des Naturschutzgebietes Schlangenberg kaum Pflanzenwuchs zulässt, bedrohen einige Pflanzen das gefährdete Biotop. Zu diesen gehören Kiefern, die trotz hohem Schwermetallgehalt des Bodens, die Freiflächen zuwuchern würden, wenn eine Kontrolle durch die Biologische Station im Kreis Aachen e.V. nicht erfolgen würde.
Eine weitere Gefahr für die Natur geht von den Besuchern aus, die trotz der befestigten Wege die gefährdeten Gebiete betreten und damit bedrohen.
Informationszentrum Schlangenberg

Um den Besuchern des Naturschutzgebietes die Besonderheiten näher zu bringen wurde im April 1991 auf Initiative des Heimatvereins und mit Unterstützung der Stadt Stolberg in der früheren Hauptschule Breinigerberg ein Informationszentrum eingerichtet. Dieses bietet neben Informationen über den Schlangenberg eine natur- und heimatkundliche Ausstellung mit Exponaten über die Zeit des Erzabbaus.
Literatur
Informationsbroschüre des Informationszentrums Breinigerberg