Wiener Neustädter Kanal
Der Wiener Neustädter Kanal ist ein von 1797 bis 1811 errichteter ursprünglich 63 km langer künstlicher Wasserlauf, auf dem vor allem Holz, Ziegel und Kohle aus dem Raum Wiener Neustadt, Baden, Guntramsdorf und Ödenburg (Sopron) nach Wien transportiert wurde. Die Kanalschifffahrt wurde ab 1803 betrieben und 1879 aufgrund der Konkurrenz durch die Bahn eingestellt. Neue Eigentümer nutzten einen Teil des Bettes als Bahntrasse, der wasserführende Rest wurde weiter industriell und gewerblich genutzt. Durch Kriegseinwirkungen (2. Weltkrieg) auf 36 km verkürzt und mit Rad- und Fußwegen ausgestattet hat zuletzt der Stellenwert des Kanals als Erholungslandschaft an Bedeutung gewonnen.

Vorgeschichte



Im Jahr 1761 wurde in Nordwest-England der 23 Kilometer lange Bridgewaterkanal eröffnet, der die Kohlengrube des Sir Francis Egerton mit Manchester verband. Es dauerte nicht lange bis der Kohlepreis in Manchester um fast zwei Drittel sank, was die örtliche industrielle Entwicklung derart beflügelte, dass die Stadt nicht zuletzt deshalb jene Beispielfunktion erhielt, die im "Manchesterliberalismus" auch ihre Schattenseiten zeigen sollte.
In dem von permanenten Kriegen erschütterten Kaiserreich Österreich ließ eine ähnliche Revolution noch auf sich warten. Man hatte gerade erst begonnen, den Verlust der im Siebenjährigen Krieg an Preußen gefallenen schlesischen Industriegebiete durch Industrieförderung im südlichen Niederösterreich zu kompensieren. Erst 1812 wird der Schriftsteller Gottlob Heinrich Heinse 1812 feststellen,
- „dass in dem österreichischen Kreise Unter-Wiener-Wald mehr Fabriken und Industrie zu treffen ist, als in irgendeinem Flächenraum von gleicher Größe auf dem ganzen festen Lande in Europa.“[1]
Die Kehrseite dieser Entwicklung zum historischen wie aktuellen Industrieviertel war der hohe Energiebedarf, der auch noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts neben der Wasserkraft fast ausschließlich durch Holz bzw. durch Holzkohle gedeckt wurde. Dies trieb einerseits die Preise insbesondere in Wien in die Höhe, anderseits führte die lukrative Bedarfsdeckung zum Raubbau an den Wäldern, dem anfänglich noch keine gesetzlichen Schranken gesetzt waren. So schrieb 1803 der Reiseschriftsteller Joseph August Schultes in einem seiner Wanderberichte über die vor ihm liegende Hügelkette im Voralpenbereich:
- „Abgeholzt sind sie vom Gipfel bis zum Fuß, kein Stamm blieb von der mörderischen Axt unverschont, um dem Wald Gelegenheit zu geben sich selbst zu verjüngen. Welch ein Forstskandal, Berge ganz abzutreiben... Diese traurige Perspektive in die Zukunft findet man beinahe durchaus in allen Gebirgen Unterösterreichs in herrschaftlichen Wäldern.“[2]
Die Versuche, dem britischen Beispiel folgend die Mineralkohle als Hauptenergieträger zu etablieren, blieben zunächst erfolglos. Die Wiener bemängelten den Schwefelgeruch, den notwendigen Umbau von Heizanlagen und den geringen Preisvorteil. Von der Zukunft der Kohle dennoch überzeugt, gründeten Anton David Steiger gemeinsam mit dem Bürgermeister von Wiener Neustadt, Michael Joseph de Roy, und drei Magistratsräten der Statutarstadt im Oktober 1791 die „Wiener Neustädter Steinkohlengewerkschaft“. Man pachtete die im Besitz der königlichen-ungarischen Freistadt Ödenburg befindliche Kohlengrube am Brennberg bei Ödenburg unter desaströsen Bedingungen (faktisch unbegrenzte Kohlenieferungen an die Stadt zu Preisen, die sich als nicht kostendeckend erweisen sollten) und begann mit dem Abbau, der mangels erfahrener Bergleute und zunächst mangelndem Absatz nur schleppend voranging. Mehr Dynamik kam in das Unternehmen, als Bernhard von Tschoffen, Joseph Reitter und Graf Apponyi der Gesellschaft beitraten und sie wenig später auch übernahmen. Sie erwarben ab 1792 zusätzliche Schürfrechte für Steinkohle im Schwöllgraben bei Dreistetten, bei Bad Fischau-Starhemberg sowie in der Gegend von Klingfurth. 1793 kam noch die Kohlengrube auf der Schauerleithen bei Walpersbach dazu. Man fand zwar Abnehmer im lokalen Bereich, angesichts der hohen Kosten des Transports durch Pferdefuhrwerke auf der schlechten, überlasteten Triester Reichsstraße (heute Wiener Neustädter Straße, B17) konnte man in Wien auch weiterhin keine nennenswerten Erfolge erzielen.
Tschoffen brachte nun intern den Vorschlag, den Transport nach englischem Vorbild durch die Errichtung eines Schifffahrtkanales rationeller zu gestalten. Er führte gemeinsam mit einem Wasserbauingenieur Erkundungen durch und legte am 29.11.1794 Kaiser Franz II. im Namen der „Gewerkschaft“ ein noch sehr allgemein gehaltenes Kanalprojekt vor. Er konnte damit an jene Denkschrift anknüpfen, die der belgische Ingenieur Jean-Joseph LeMaire bereits 1786 KaiserJoseph II. präsentiert hatte. In ihr hatte LeMaire Wien als Mittelpunkt eines Kanalsystems vorgeschlagen, das zu allen Meeren führen sollte. Kaiser Franz II. zeigte sich interessiert und schickte einen seiner Genie-(Pionier)Offiziere, den Ingenieur-Oberstlieutenant Sebastian von Maillard, der bereits ein kleines Kanalprojekt im Schlosspark von Laxenburg realisiert hatte, im Frühjahr zu einer Detailerkundung. Als dieser im Juni einen positiven Bericht vorlegte sendete ihn der Kaiser gemeinsam mit Tschoffen und drei weiteren Begleitern nach England um dort das Kanalwesen zu studieren. Die Kommission legte dem Kaiser einen positiven Bericht vor, in dem vor allem die Tatsache Interesse weckte, dass die nur von einem Pferd gezogenen britischen Narrowboats in der Lage waren bis zu 30 Tonnen Güter zu befördern, während auf der Strasse zwei Pferde lediglich zwei Tonnen bewegen konnten. Dieser rationelle Transport hätte die auf Kanälen beförderten Güter beträchtlich verbilligt und den Absatz gesteigert. Der Kaiser erteilte daraufhin im Juli 1796 per Hofdekret die Genehmigung zur Errichtung eines Schifffahrtkanals bis zur Adria. In ihm waren mehrere Privilegen enthalten, von denen vor allem die Möglichkeit der Grundenteignung, die eigene Gerichtsbarkeit, der Schutz vor Konkurrenz und Duldungspflichten der Anrainer von Bedeutung waren. [3]
Es kam nun zur Gründung der „k.k. privilegierten Steinkohlen-& Canalbau A.G.“, die sich zunächst aber nur den Ausbau des Kanals bis Ödenburg bzw. Raab zum Ziel setzte. Die für die Errichtung des Kanals und den Aufbau der Infrastruktur veranschlagten 2 Millionen Gulden wurden zu je einem Viertel von den „Gewerkschaften“ und dem Kaiser in die Gesellschaft eingebracht, der Rest konnte durch Aktienverkäufe aufgebracht werden. Die Gesellschaft ernannte nun Maillard zum „Direktor der hydraulischen Unternehmung“ und beauftragte ihn mit der Erstellung der Pläne und der Bauleitung. Als erfahrene Mitarbeiter standen ihm Hauptmann Swoboda, Professor an der Theresianischen Militärakademie, und Ingenieur Josef Schemerl, damals Landesbaudirektor für Krain zur Seite. Während Swoboda die Strecke nach Ödenburg trassierte, widmete sich Maillard mit Schemerl der Trassierungsarbeit bis Laibach. 1797 konnte man mit den eigentlichen Bauarbeiten beginnen.
Der Bau des Kanals (1797 – 1803)





Nach der Trassierung, den Grundstücksankäufen, der Pacht von Steinbrüchen, Ziegel- und Kalkbrennereien im Raum Guntramsdorf und Mannersdorf sowie einer Eisenschmelze in Pitten begannen am 19. Juni 1797 48 Landarbeiter, die man in Kroatien für die Ziegelei angeworben hatte, bei Guntramsdorf mit Aushubarbeiten. Guntramsdorf hatte zwar den Vorteil, dass man bezüglich der Baumaterialen unmittelbar an der Quelle saß, aber den gewichtigen Nachteil, dass erst nach Fertigstellung des Gesamtkanals ausreichend Wasser zur Verfügung stehen würde um auch nur Teile des Wasserweges zu prüfen und zumindest für den Transport von Baumaterial zu nutzen. Man blieb deshalb bis zum Eröffnungsjahr auf den teuren Transport mittels Pferdefuhrwerk angewiesen.
Als die Kroaten sahen, dass es zunächst nur Erdarbeiten zu verrichten gab, verließen sie die Arbeitsstätte. Sie wurden am 8.Juli durch 100, später 200 Soldaten ersetzt. Als der Kaiser am 26. Oktober den Bau inspizierte, zeigte er sich mit dem Baufortschritt unzufrieden und sagte der Bauleitung für das Folgejahr mehr Arbeitskräfte zu. 1798 konnte der Bauleiter tatsächlich über 1.260 Soldaten disponieren. Doch deren Arbeit wurde durch das Unwetter vom 20. August 1798 jäh gestoppt. Wassermassen strömten in den unfertigen Kanal und verwüstete mehrere Baustellen. Die Behebung der Schäden erwies sich als zeitraubend und kostenintensiv. Unter solchen Umständen, die noch dazu durch permanente Kriegsgefahr verschärft wurden, fanden die archäologischen Funde beim Kanalaushub nur wenig Beachtung. Dazu Franz Anton de Paula Gaheis:
- „Um der österreichischen Altertumskunde willen ist zu bedauern, dass nicht jemand alles gesammelt und beschrieben hat, was man bei der Grabung des Kanals entdeckte. Man stieß auf Gemäuer und Grundfesten, die ihre Existenz gewiß aus den älteren Zeiten herleiten. Ja, es sind Gewölbe mit Gängen und Eisengittern und Türen, Aschenkrüge und Urnen, Münzen, Stücke von Statuen und Säulen, welche das graueste Altertum verraten, gefunden worden.“[4]
Als die Soldaten 1799 im Zuge eines weiteren Feldzugs gegen Napoleon abgezogen wurden, ersetzte man sie durch Sträflinge, die auf den Baustellen teilweise in Ketten tätig waren. Da es einigen dieser Kettensträflinge -durchwegs Schwerverbrecher- dennoch gelang zu entfliehen und die Anwohner in Mitleidenschaft gezogen wurden, beschränkte man ihren Einsatz auf die Steinbrüche. Der permanente Mangel an Arbeitskräften und deren hohe Fluktuation, Unwetterschäden, die inflationäre Entwicklung bei den Baukosten und Finanzierungsengpässe führten zu teilweise chaotischen Zuständen auf den Baustellen. Die Kanalgesellschaft, die 1799 mit der „Innerberger Stahl- und Eisenhauptgewerkschaft“ zur „k.k. privilegierten Hauptgewerkschaft“ fusionierte, führte diese Missstände nicht zuletzt auf Fehlleistungen der Bauleitung zurück. Man warf ihr mangelnde Kooperation, fehlende Weitsicht beim Erwerb der Grundstücke und einen fehlenden Generalplan vor, trennte sich vom Bauleiter und verweigerte ihm eine Abfertigung. Wie Maillards Buch über Kanalbau indirekt zu entnehmen ist, führte dieser seine Entlassung vor allem auf Intrigen seines leitenden Ingenieurs Schemerl zurück. Die Tatsache, dass Maillard als Ersatz für die entgangene Abfertigung vom Kaiser 8000 Gulden (für seine Kinder) erhielt und nachher noch bis zum Feldmarschall befördert wurde, mag als Beweis dafür dienen, dass zumindest sein Ansehen bei Hof nicht gelitten hatte.
Am 1. Oktober 1799 wurde Josef Schemerl als Bauleiter nominiert. Mangels anderer Arbeitskräfte musste er im Jahr 1800 erneut Sträflinge akzeptieren, was zu weiteren Zwischenfällen führte. Bauhemmend wirkten sich überdies die Einsprüche der Barone Braun und Moser aus, die sich in Schönau an der Triesting zunächst weigerten Land für den Kanalbau abzutreten und Trassenänderungen durchsetzen konnten.
1801 übernahm Graf Rottenhan die Vertretung des Kaiser in allen Kanalfragen. Er berief eine Hofkommission ein, die gemeinsam mit dem neuen Bauleiter die bislang fertiggestellten Bauabschnitte inspizierte und die Beseitigung der vorgefundenen Mängel anordnete. So wurden im Bereich Biedermannsdorf, Leopoldsdorf Begradigungen der Trasse durchgeführt und das einsturzgefährdete Liesingaquädukt erneuert. Für die Sanierung und den Weiterbau konnte Rottenhan ab 1. Mai 1801 einige hundert Pioniere zur Verfügung stellen, mit denen die Arbeit unter der Leitung von vier zusätzlichen Ingenieuren erstmals zügig voranging. Da für die Kosten dieser Sanierungsarbeiten erneut der Kaiser allein aufkommen musste, war Rottenhan bestrebt, den Kanal zur Gänze in staatliche Verwaltung zu übernehmen. Es gelang ihm die Differenzen innerhalb der „Hauptgewerkschaft“ dazu zu nutzen, die 1799 beschlossene Fusion wieder rückgängig zu machen und -nach zähen Verhandlungen- die Gesellschafter der Kanalgesellschaft Tschoffen, Graf Apponyi und Reitter auszubezahlen, was am 13. April 1802 besiegelt wurde.
Als man 1801 -noch immer ohne Wasseranschluss- Wiener Neuststadt erreicht hatte, wollte Schemerl mit der Prüfung des Kanals nicht länger warten und leitete Wasser aus der Piesting ein. Dies konnte jedoch nur für 24 Stunden erfolgen, da vom Piestinger Wasser das kriegswichtige Stuck(Geschütz)bohrwerk in Ebergassing abhängig war. Das Probewasser gelangte Richtung Norden immerhin bis zum Stadtrand von Wien (Kledering). Bei einem Versuch Richtung Süden kam man allerdings nur die wenigen Kilometer bis Lichtenwörth. Um die Dichtheit des Gerinnes zu erhöhen, ließ Schemerl im Bereich der wasserdurchlässigen Kieselschichten des Steinfeldes das Kanalbett „podeln“. Dabei wurde nach dem Aufackern der Kanalsohle ein Gemisch von einem Drittel feinem Kiesel und zwei Drittel Erde eingebracht und durch Verdichten mit Hilfe zahlreicher Pferde tatsächlich ein Verminderung der "Durchseihung" erreicht. Dieses vom Briten Brindley entwickelte Verfahren hatte den Vorteil, dass dieses Dichtmaterial um vieles billiger und einfacher zu handhaben war als Lehm.
1802 wurde der Kanal von Wiener Neustadt Richtung Pöttsching bis über die Leitha geführte, um endlich ausreichend Wasser zur Kanalbefüllung zu erhalten. Das dafür vorgesehene Leithawasser wurde bei der Mühle im damals ungarischen Neudörfl abgeleitet und über die „Neudörfler Rigole“ in den Kanal eingespeist. (siehe Skizze 1) In der Zwischenzeit hatte man auch noch weitere Wasserrechte erworben (Hirm, Kehrbach etc.) 1802 wurde auch der 400 m langen Stichkanal von der Teichschleuse in Guntramsdorf zum Ziegelofen angelegt. Die probeweisen Füllungen von 1802 bis zum Frühjahr 1803 zeigten weitere Mängel auf, [5] von denen diesmal nicht nur das Bauwerk selbst, sondern auch die Anrainer betroffen waren. Wasser aus Dammbrüche und undichten Kanalteilen versumpfte Felder und Wiesen, verunreinigte Ortsbrunnen, drang in Keller ein und zwang zu Hausräumungen wegen Einsturzgefahr. In der Gruft der Franziskaner in Maria Lanzendorf schwammen die Särge.[6] Dazu kam am 29. Juli 1803 ein schlimmes Unwetter, bei dem die Schwarza die Peischinger Wehr wegriss und den Kehrbach sowie die „Neudörfler Rigole“ mit Schotter und Schlamm füllte. Die umfangreichen Schäden verzögerten nicht nur die Fertigstellung, sondern führten zu langwierigen und kostspieligen Gerichtsverfahren, die wesentlich dazu beitrugen, dass die von Maillard errechneten Baukosten von zwei Millionen letztendlich auf 11 Millionen Gulden ansteigen sollten.
Da die Probleme mit der Abdichtung des Kanals auch zum Zeitpunkt der Aufnahme des regulären Schifffahrtsbetriebes zwischen Wien und Wr. Neustadt im Jahre 1803 noch nicht als behoben gelten konnten, befüllte man den Kanal zur Verminderung des Wasserdruckes mit weniger Wasser als vorgesehen, wobei der verminderten Wassertiefe wegen die Kähne nur mit 20 statt mit 30 Tonnen beladen werden konnten. Das generelle Dichtheitsproblem konnte letztendlich erst der eingebrachte Schlamm lösen, wozu drei bis vier Jahre nötig waren.
Der Betrieb (1803 – 1879)




Der Kanalbetrieb unter staatlicher Verwaltung (1803-1822)
Anfang März begann man mit der langsamen Füllung des Kanals. Bis 15. März waren die "Haltungen" (Kanalabschnitte zwischen den schleusen) bis Lanzendorf „gespannt“ (schiffbar), am 29.März wurde die Kirchhofschleuse bei St.Marx am Wiener Linienwall geöffnet. Bevor jedoch noch erstes Wasser bis zum Wiener Hafen gelangen konnte brach bei Simmering ein Damm, dessen Reparatur sechs Woche in Anspruch nahm. Die „Kanalbau-Hofkommission“ konnte deshalb ihre für Mitte April geplante erste offizielle Befahrung erst bei der Kirchhofschleuse im Süden Wiens beginnen. Die Fahrt dauerte vom 18. bis zum Abend des 21. April und wurde in der Presse als „Wasserschneckenfahrt“ bezeichnet. Am geringen Tempo war vor allem die Begeisterung der Bevölkerung und die Begrüßungsadressen der Honoratioren der anliegenden Gemeinden verantwortlich.
Was die verwendeten Wasserfahrzeuge betrifft, so waren diese genormt. Sie hatten eine Länge von 22,8 m und eine Breite von 2,05 m. Die Kähne wurden in Wiener Neustadt und Passau hergestellt und waren Nachbauten der britischen Narrowboats. Durch ihre symetrische Konstruktion mussten sie am Zielpunkt nicht gewendet werden; es wurde lediglich das Ruder und die Stange für den Seilzug umgesteckt. Die Mannschaft eines Schleppzuges bestand aus drei Mann, die sich in ihren Funktionen abwechselten. Das vom Steuermann gelenkten Boote wurden von einem Pferd gezogen, das von einem Pferdeführer („Treidler“) entlang des Treidel- oder Treppelweges geführt wurde, der entlang des Ostufers und unterhalb der Brücken verlief. Getreidelt wurde im Gegenverkehr mit knapp vier Kilometer pro Stunde, auszuweichen hatte das leere bzw. das bergab fahrende Schiff. Bei den Schleusen hatte aus wasserökonomischen Gründen jenes Schiff den Vorrang, das ein offenes Schleusentor vorfand. Aufgrund der geringen Strömung mussten die Fuhren in beiden Richtungen gezogen werden. Für die Strecke von Wien bis Wiener Neustadt benötigte man im Schnitt eineinhalb Tage. Bei Nacht ruhte der Kanalbetrieb, den Schiffern standen in den Stationen entsprechende Unterkünfte zur Verfügung.
Der Frachtbetrieb lief am 12. Mai an, es konnten wegen Lieferverzögerungen bei den Kähnen allerdings nicht wie geplant 16, sondern zunächst nur 4 Kähne zum Einsatz gebracht werden. Bei der erstmaligen Befüllung der Haltungen zwischen der Kirchhofschleuse und dem Hafen Wien traten auch hier die ominösen Dichtheitsprobleme auf, die ebenfalls nur mit sorfältigem „Podeln“ zu beheben waren. Obwohl Schemerl 1903 als reines Probejahr veranschlagt hatte, war er letztendlich mit 400 Fahrten zufrieden. Im Frühjahr 1804 konnte der Transport bereits mit 55 Schiffen anlaufen. Es kam jedoch zu einem weiteren Dammbruch bei der Kirchhofschleuse und gleich nachher zu einer Kanalsperre wegen Unterspülung einiger Gebäude beim Linienamt und der Verseuchung von Brunnen, die den Verkehr zwischen dem Krottenbach und dem Hafen Wien für sechs Wochen zum Erliegen brachte. Die Jahresbilanz belief sich auf 1713 Schiffsladungen, davon waren die Hälfte aber nur Ziegelfuhren von Wien bis Guntramsdorf.
Das Betriebsjahr 1805 begann mit einer Unwetterkatastrophe. Plötzliches Tauwetter ließ die Flüsse und Bäche stark anschwellen. Fischa und Piesting vereinten sich im Steinfeld und zerrissen den Kanaldamm zwischen Lichtenwörth und der Obereggendorfer Brücke, der Kehrbach brachte erneut große Schlammmengen bis in den Neustädter Hafen ein. Auf andere Weise verheerend wirkte sich der Krieg gegen Napoleon aus. Am 14. August 1805 wurden die erfahrenen Schiffsknechte aus Norddeutschland so rasch aus dem Dienst gezogen und in die Schlacht geworfen, dass nicht einmal Zeit vorhanden war die Kähne an ihren Bestimmungsort zu bringen. Um Haftungsansprüche der Kunden zu vermeiden wurde rasch notdürftig geschulter Ersatz zum Einsatz gebracht, dessen Leistungen zwar nicht zufriedenstellend waren, mit deren Hilfe die Jahresbilanz dieses Katastrophenjahres aber doch auf 2.103 Fahrten und 42.000 Tonnen Fracht gesteigert werden konnte. Auch 1806 lag die Schiffahrt in der Hand von Zivilisten, deren Ungeschicklichkeit zu manchem Schiffsleck und mancher verdorbenen Ware führte. Nachteiliger auf den Kanalbetrieb wirkte sich allerdings der schlechte Zustand der Schleusen aus. Die billigen Ziegelschleusen zerfielen regelrecht, man musste sich dazu entschließen die Schleusen 1 bis 18 so bald als möglich in der teuren, aber dauerhaften Steinquaderbauweise neu zu errichten. 1807 gelang es zwar wieder erfahrene „Pontonniers“ an den Kanal zu bekommen, doch 1809 mussten auch diese wieder zu den Waffen greifen. Da die napoleonischen Truppen bei diesem Feldzug nicht nur übers Donautal, sondern auch über Süden vorrückten, war der Kanalbetrieb diesmal unmittelbar betroffen. Nach Plünderung der Schiffsladungen, Zerstörung der Lager und Beschlagnahme der Schiffe kam der Kanalbetrieb zunächst gänzlich zum Erliegen.

1810 bekam der „Canalfonds“ die Mittel für den Weiterbau der Strecke vom Neudörfler Speisekanal bis zum Pöttschinger Sattel. Dieser 3,8 km lange Streckenabschnitt wurde von 500 Soldaten zwischen dem 1.August und 15.Dezember 1810 errichtet und ging im Frühjahr 1811 in Betrieb. Die für die Rentabilität des Kanals so wichtige Verlängerung bis zu den Kohlengruben bei Ödenburg scheiterte am Widerstand der ungarischen Großgrundbesitzer, den auch eine persönliche Intervention des Kaisers nicht brechen konnte. Die Magnaten fürchteten einerseits Absatzeinbußen bei ihren Pferdezuchten (immerhin waren täglich 40.000 Pferde zwischen Wien und Triest unterwegs), anderseits sah man den Absatz der eigenen landwirtschaftlichen Produkte durch Billigimporte nach Ungarn gefährdet. Damit waren auch die Pläne einer Fortsetzung des Kanals über Ödenburg bis Raab und Triest als gescheitert zu betrachten. Immerhin hatte Maillard gemeinsam mit dem Baudirektor des Herzogtums Krain [7] die Strecke bis Oberlaibach (Vrhnika) bereits „nivelliert“ (vermessen). Bezüglich einer Fortsetzung bis zur Adria merkte Maillard an: [8]
- „Da endlich auf dem übrigen Wege von Oberlaubach nach Triest nichts als kahle, poröse und aus vielen Höhlungen bestehende Felsen angetroffen worden sind, so ist auf dieser Strecke kein Canal ausführbar.“
Doch selbst „Oberlaubach“ würde man -so Maillard- erst in 84 Jahren mit dem Schiff von Wien aus erreichen, dies allerdings erst nach dem Passieren von 850 Schleusen.
1815 geriet die staatliche Betriebsgesellschaft nach drei ausgeglichenen Jahren erneut in die Verlustzone. Der Bergbau war aufgrund der ungünstigen Verträge, gegen die man vergebens Sturm lief, ein Verlustgeschäft, dringende Reparaturen an den Schleusen legten den Betrieb immer wieder für viele Wochen lahm. Dazu kam noch die schlechte Bewirtschaftung, die durch Betrugshandlungen von kaiserlichen Beamten wesentlich verschärft wurde. Am 11. Mai 1819 machte daher Minister Graf Stadion den Vorschlag, sich auf die Bauerhaltung und eine eventuelle Fortsetzung der Trasse zu beschränken und den Schifffahrtsbetrieb zu verpachten.
Der Kanal unter der Pacht des Bankhauses Fries, unter Matthias Feldmüller und Georg von Sina (1822 bis 1846)
Als das Bankhaus Fries 1822 der Hofkammer das überraschende Angebot machte, den Kanal in Pacht zu übernehmen und sich überdies aus freien Stücken bereit erklärte, die Fortsetzung des Kanals bis an die Adria als Hauptzweck des Unternehmens zu betrachten, wurde man relativ rasch handelseins. Der am 14. Mai abgeschlossene Pachtvertrag hatte eine Laufzeit von 12 Jahren, der jährlicher Pachtzins wurde mit 6000 Gulden angesetzt und sollte nach Fertigstellung des Kanals bis Ödenburg auf 12.000 Gulden hinaufgesetzt werden. Der Pächter musste sich darüber hinaus verpflichten, nicht nur für die Kosten aller anfallenden Reparaturarbeiten aufzukommen, sondern auch noch jährlich zwei große Objekte (Schleusen, Aquädukte) neu zu errichten, was mit ca. 6000 Gulden in Rechnung zu stellen war. Weiters sah sich Fries genötigt in die langfristigen Verträge mit dem Grafen Hoyos (Holztransport auf eigene Regie), dem Fuhrwerksunternehmer Neilreich, dem Ziegelofenpächter Gansterer und dem Schiffsbaupächter Ledl einzusteigen. Angesicht der hohen Bonitiät von Moriz Graf Fries (er galt als reichster Österreicher) nahm der Hof von der Gestellung einer Kaution Abstand. Der Bericht, den Graf Stadion Ende 1923 über die Gebarung der „Niederösterreichische Schiffahrtskanal-Pachtungsgesellschaft“ vorlegte, war überaus positiv. Die Pachtgesellschaft hatte 1822 insgesamt 27.000 Gulden für die Sanierung des Wasserweges aufgewendet. Damit wurden neben den laufenden Reparaturen mehrere größere Objekte hergestellt und die seit 9 Jahren nicht mehr benutzte Strecke von Wiener Neustadt zur Pöttschinger Höhe wieder in Betrieb genommen. Die Verhandlungen bezüglich Weiterbau des Wasserweges in Richtung Ödenburg, die Fries mit dem Fürsten Esterhazy und dem Ödenburger Obergespan geführt hatte, waren allerdings erfolglos geblieben. Fries fürchtete nun die Pachtung dadurch zu verlieren, dass er den vertraglich mit sechs Jahren befristeten Baubeginn nicht einhalten konnte und suchte um Friststreckung an. Sie wurde ebenso abgelehnt wie die Anrechnung der Schiffbarmachung des „Pöttschinger Astes“ als „großes Objekt“, was sich neben der wochenlangen Betriebseinstellung wegen Einbau eines Geschützbohrwerkes bei der Rabengassenschleuse in Wien zu beträchtlichen Verlusten für den Pächter summierte. Die finanziellen Schwierigkeiten in die das Bankhauses Fries ab 1822 geraten war beruhten allerdings nur zum kleinen Teil auf der Kanalpacht, sie hingen mit anderen Fehlspekulationen zusammen. Fries wird schließlich vor dem drohenden Konkurs in die Schweiz fliehen und 1925 verarmt in Paris sterben.
Da die Konkursmasseverwaltung Matthias Feldmüller, einen angesehenen Schifffahrtsunternehmer, ab 1. März 1827 als Unterpächter gewinnen konnte, wurde jedoch die Pachtrate weiterhin überwiesen und der Antrag der Hofkammer auf Rückstellung des Kanals abgewiesen. Die Kündigung konnte erst am 1. November 1828 mit Wirkung vom 1. Mai 1829 ausgesprochen werden, als die Frist für den Weiterbau des Kanals abgelaufen war. Den Zuschlag erhielt Matthias Feldmüller für die Dauer vom 1. Jänner 1829 bis 31. Dezember 1834. Der Pachtschilling blieb bei 6000 Gulden, neben den laufenden Reparaturen war nur mehr ein großes Objekt jährlich neu zu erstellen, auch die Verpflichtung zum Weiterbau des Wasserweges war nicht mehr enthalten. Sollte sich allerdings ein Unternehmer oder eine Gesellschaft zur Fortsetzung des Kanals durch einen Kanal oder eine Eisenbahn finden, so durfte der Pächter "kein Hindernis bilden". Feldmüller hatte sein Vermögen während der Türkenkriege als Transportunternehmer auf der Donau gemacht und betrieb neben dem Kanal 1.225 Donauschiffe. Auch er kam seinen Verpflichtungen peinlich genau nach. Obwohl sich der Kanal nachher in einem besseren Zustand befand als je zuvor, war er doch der erste Unternehmer, der dauerhafte Gewinne aus dem Betrieb ziehen konnte.
Bei der Versteigerung der Pacht am 17. September 1834 erhielt Baron Georg Freiherr von Sina, der Besitzer eines renommierten Bankhauses, den Zuschlag bis ins Jahr 1846 für 13.085 Gulden jährlich bei einer Kaution von 12.000 Gulden. Sinas Interesse ging über den Kanalbetrieb weit hinaus. Er sah die Zukunft des Transportes eher auf der Eisenbahn und erwartete sich von der Kanalpacht eine bessere Ausgangslage für seine Bahnprojekte von Wien Richtung Gloggnitz mit einer Zweigstrecke nach Ödenburg, sowie eine Strecke direkt nach Raab (Györ) mit Abzweigungen nach Pressburg (Poszony). Am 16. Februar 1839 gelang es Sina die Konzession für die Bahn Wien, Wiener Neustadt, Gloggnitz zu erhalten. Dazu wurde die "k.k.privilegierte Südbahngesellschaft gegründet, die den Betrieb Gloggnitz - Wien am 5.Mai 1842 aufnehmen konnte. Am 6.Juni 1840 gelang es auch die Konzession für die Strecke nach Ödenburg zu erlangen, die 1847 in Betrieb ging. Beide Bahnbauten wurden von Matthias Schönerergeleitet, der für Sina und Konsorten gemeinsam mit Gerstner bereits die Pferdeeisenbahn Budweis-Linz-Gmunden gebaut hatte, die 1832 in Betrieb genommen worden war. Auch Sina sah sich mit kostspieligen Problem konfrontiert. Zunächst wurde ihm im Hafen Wien der Kohlenlagerplatz zum Bau des Münzamtes entzogen, was die Manipulation der Waren auf dem nun sehr beengten Hafengelände wesentlich erschwerte. Noch mehr Probleme bereitete ihm allerdings die Kohlenförderung am Brennberg, die noch immer unter den ungünstigen Verträgen litt, was jedoch weder er, noch seine Nachfolger, noch die Hofkammer auf befriedigende Art lösen konnten. Überdies hatte er auch die neuen, um 35 cm breiteren Boote (nun 7 Fuß 4 Zoll = 2,3 m) allein zu finanzieren, deren Einsatz durch die Schleusenverbreiterungen möglich wurden, die im Zuge der jährlichen Sanierungen durchgeführt worden waren. Dennoch gelang es auch ihm, Gewinne einzufahren.
Der Kanal unter der Pacht der „Ziegelbarone“ Miesbach und Drasche (1846 bis 1871)
Als bei der mündlichen Versteigerung der Kanalpacht am 9.November 1846 zum Ausrufungspreis von 10.975 Gulden niemand Interesse zeigte , erhielt der schriftliche Anbieter Alois Miesbach mit seinem Angebot von 15.551 Gulden den Zuschlag. Auch Miesbach zählte zu den Größen der österreichischen Wirtschaft. Er hatte sich zunächst dem Baufach und nachher der Landwirtschaft gewidmet. 1819 übernahm er die Ziegelei und Landwirtschaft Meidling und erwarb 1826 auch noch die Herrschaft Inzersdorf dazu. Daraus wurde schließlich ein Baustoffunternehmen, das 30 Bergwerke, eine Terrakottafabrik und 9 Ziegeleien umfasste, womit er den Grundstein für den heute weltweit agierenden Baustoffkonzern Wienerberger gelegt hatte. Miesbach war bei seinen Ziegelwerken frühzeitig auf Kohleheizung umgestiegen und hatte bereits seit 1835 die Kohlengruben der Kanalgesellschaft von Sina in Unterpacht genommen, was von der Hofkammer genehmigt worden war. Er war es dann auch, der in die schwersten Auseinandersetzungen mit der Stadt Ödenburg verwickelt war. In Ödenburg hatten sich Spekulationsunternehmen niedergelassen, die Anspruch auf die billige Kohle für Ödenburger Bürger stellten und vor den ungarischen Gerichten recht bekamen. Als sich Miesbach weigerte, an solche Unternehmen Kohle zu liefern, wurde Exekution erwirkt, die jedoch durch die Hofkammer verhindert werden konnte. Auch am anderen Ende der Kanalgeschäfte, in Wien, gab es viel Ärger. Dort hatte die unter Leitung von Dr. Ghega stehende Gesellschaft zur Errichtung einer Verbindungsbahn zwischen den einzelnen Wiener Bahnhöfen ihr Auge auf den in staatlichem Eigentum befindlichen Kanal geworfen. Tatsächlich wurde ihr das gesamte Hafengelände und die Kanal bis über den Rennweg hinaus zugesprochen. Am 24. Mai 1848 begann man mit den Bauarbeiten für den neuen Kanalhafen (siehe Skizze) und dem Zuleitungsgerinne für die im Vertragsverhältnis mit der Kanalgesellschaft stehenden Werksbesitzer. Am 24. April 1849 wurde das Gerinne unterhalb der stillgelegten Rennwegschleuse abgelassen und das Kanalbett zum Bahnkörper umgestaltet. Am 11. Juni erhielten die Werksbesitzer wieder Speisewasser.
Miesbach war durch die Verkürzung gleich mehrfach geschädigt. Er erhob jedoch keine Klage, da ihm eine Pachtverminderung auf 6000 Gulden zuerkannt und die Pacht verlängert wurde. Mit dem Bau eines Stichkanals zum Biedermannsdorfer Ziegelofen konnte er seine Konkurrenzsituation verbessern, er musste allerdings hinnehmen, dass er 1855 mit dem Grafen Hoyos einen wichtigen Kanalkunden verlor, der eine von der Hofkammer verfügte Erhöhung seiner Nutzungsgebühren nicht akzeptieren wollte.
Als Miesbach im Jahr 1857 starb übernahm dessen Neffe Heinrich Drasche dessen Betrieb. Er stammte aus Brünn und war 1826 in den Betrieb seines Onkels eingetreten. Ab 1826 war er als technischer und kommerzieller Direktor des Unternehmens bereits die Seele des Konzerns. IN ARBEIT
- 1857–1871: Heinrich von Drasche-Wartinberg. Er übernahm nach dem Tod seines Onkels Alois Miesbach den Konzern und auch die Pacht des Kanals.
- 1871–1878: Erste Österreichische Schiffahrtskanal A.G. Sie kaufte den Kanal am 15. Mai 1871 zum Betrag von 350.000 Gulden vom Staat. 1877 sicherte sie sich mit der Belgischen Eisenbahngesellschaft einen potenten Partner und erhielt am 28. November 1877 die Konzession zum Bau der Aspangbahn.
- 1878–1950er Jahre: Austro-Belgische Eisenbahngesellschaft. Diese Gesellschaft entstand aus der Fusion der Ersten Österreichischen Schiffahrtskanal A.G. mit der Belgischen Eisenbahngesellschaft nach Erhalt der Konzession zur Errichtung der Aspangbahn. Die „Austro-Belgische“ stellte den Schifffahrtsbetrieb 1879 still.
- Nordteil: In den Jahren 1941/1942 verkaufte die "Austro-Belgische" den Kanalabschnitt von der Gemeindegrenze Guntramsdorf - Laxenburg bis zum Krottenbach an die „Flugzeugmotorenwerke Ostmark Ges.m.b.H.“ Deren Rechte gingen nach dem Krieg an die „Industriezentrum Niederösterreich Süd Ges.m.b.H“ über und befinden sich heute im Besitz der „ECO-Plus Betriebsansiedelungsgesellschaft“. Diese Gesellschaft ist zur Erhaltung des Kanals von der genannten Gemeindegrenze bis zum Mödlingbach vertraglich verpflichtet.
- Südteil: 1950er Jahre bis 1956: Handelskammer Niederösterreich. Da die "Austro-Belgische" finanziell nicht in der Lage war, die Kriegsschäden zu sanieren, entschloss man sich zur Trockenlegung des gesamten Kanals und zum Verkauf der Teilabschnitte. Um dies im Sinne der niederösterreichischen Wirtschaft zu verhindern, entschloss man sich zum Ankauf, musste aber angesichts der hohen Kosten ebenfalls kapitulieren.
- Südteil: Ab 1956: Das Land Niederösterreich.
Nach den nun auch finanziell erfolgreichen Betriebsjahren vom Ende der napoleonischen Kriege (1815) bis 1848 machte sich die Konkurrenz der Eisenbahn in Form der Südbahn bemerkbar. Das Ende der Kanalschiffahrt war abzusehen. Was jenes Konsortium bewog, dem Staat 1871 den Kanal abzukaufen und die Erste Österreichische Schiffahrtskanal A.G. zu gründen, hatte deshalb weniger mit Schifffahrt als mit Eisenbahnbau zu tun. Mit der Kanaltrasse im Eigentum hatte man dafür vor allem im Raum Wien beste Voraussetzungen. Als man mit der belgischen Eisenbahngesellschaft einen potenten Partner gefunden hatte, suchte man um eine Eisenbahnlizenz an, erhielt sie 1877, stellte 1879 den Schifffahrtsbetrieb ein und begann 1880 mit Bauarbeiten für die neue Bahnlinie, die ursprünglich bis Saloniki reichen sollte.[9]
Die beförderten Güter
Die Kohle
Was die beförderten Güter betrifft, so wurde trotz der Intentionen der Wiener Neustädter Steinkohlengewerkschaft verhältnismäßig wenig Kohle befördert. Die Kohle vom Ödenburger Brennberg blieb aufgrund der ungünstigen Verträge und mangels Kanalanbindung weiterhin zu teuer und die im Raum Wiener Neustadt gepachteten Vorkommen erwiesen sich bald als unergiebig. Damit blieb der Beitrag der Kanalbetreiber zum Siegeszug der Kohle in Österreich gering. Dieser Siegeszug begann auch erst mit dem Eisenbahnboom in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wobei die Bahn am Durchbruch der Kohle gleich mehrfach beteiligt war. Durch den Eigenbedarf regte sie selbst die Kohleförderung an, sie machte Dampfmaschinen generell populär und schaffte den gemeinsamen Energieträger auch gleich selbst herbei. Hohe, rauchende Fabriksschlote wurden zum Markenzeichen für Fortschritt und Erfolg. Als 1870 der Kohleverbrauch der Wiener von 50.000 Tonnen auf 200.000 Tonnen gestiegen war, profitierte die "Kohlegewerkschaft" nur wenig davon. Die Kohle für Wien kam vorwiegend aus Böhmen, Mähren und Schlesien. [10]
Das Holz
Statt Kohle stand Holz ganz oben auf der Transportliste, das als Brenn-, Bau- und Werkholz in Wien seine Abnehmer fand. Dieses Produkt stammte vor allem aus den Wäldern der Region um Rax und Schneeberg, die sich teilweise in kaiserlichem, vorwiegend jedoch im Besitz der Grafen von Hoyos befanden. Die auf 3-6 m abgelängten Stämme (Blochs) wurden über die Schwarza und den „Hoyos'schen Schwemmkanal“ (Kehrbach) nach Wiener Neustadt getriftet und dort auf eines der 30 gräflichen Kähne verfrachtet. Zwischen 1808 und 1827 wurden auf diese Art jährlich 28.000 m³ Holz nach Wien verbracht. Bei einem jährlichen Holzbedarf der Wiener von 900.000 m³ war man jedoch keine ernsthafte Konkurrenz zur Donau, auf der das Holz der an den Strom angrenzenden Wälder teilweise billiger, wie beispielsweise über den Schwarzenbergschen Schwemmkanal, herangeschafft werden konnte. Neben Holz und Kohle wurden Steine, Mauer- und Dachziegel, Kalk und Roheisen sowie Harze und Tonwaren Richtung Wien transportiert. In die Gegenrichtung fuhr man mit Eisenwaren, Tonerde, Graphit, Schwerspat, Salz, Zucker, Wein und Mauthausener Granit, mit dem die Straßen von Wr. Neustadt gepflastert wurden. Hauptabnehmer des Holzes aus dem südlichen Niederösterreich war die Ziegelindustrie, die sich aufgrund der ergiebigen Lehmgruben vor allem am Südrand von Wien angesiedelt hatte. Da der Holzbedarf der Ziegelwerke enorm war, wurden sie schließlich im Sinne der Erhaltung der Wälder, um die besonders Josef Schöffel kämpfte, verpflichtet, den Betrieb auf Kohle umzustellen, was aber den Kanalbetrieb nicht mehr entscheidend tangierte.[11] achdem die Schleusen im Zuge der jährlichen Reparaturen zwischen 1820 und 1850 erneuert und um einen Fuß (32 cm) verbreitert worden waren und die Verfestigung der Dämme eine Anhebung des Wasserspiegels gestattete, konnten die Kähne entsprechend verbreitert und die Beladekapazität auf 52 Tonnen gesteigert werden. Bei Holztransporten wird man aufgrund des großen Volumens und der aus Stabilitätsgründen beschränkten Ladehöhe allerdings nie über 30 Tonnen hinauskommen.
Die Frachtpreise waren nach Gewicht und Ladegut und Distanz gestaffelt. 1868 kostete beispielsweise der Transport einer Schiffsladung Brennholz von der Schleuse Leobersdorf (Nr. 34) bis nach Wien 24 Gulden. Für einen Zentner (ca. 56 kg) heikler Fracht hatte man auf der gleichen Strecke 7 Kreuzer (1 Gulden = 100 Kreuzer) zu erlegen, was bei einer Schiffsladung (30 Tonnen) 38 Gulden bedeutete.
Neben Gütern wurden auch Personen transportiert. So verkehrte dreimal in der Woche ein „Lustschiff“ von Wien nach Laxenburg, das bis zu 80 Personen transportieren konnte. In Laxenburg befand sich die Franzensburg des Kaisers und ein großer Park. Ab 1805 wurde die Kanalschifffahrtauch für Private möglich. Für die einmalige Benutzung der Kanalstrecke Wien-Wiener Neustadt waren 24 Gulden zu entrichten.
Der Kanal nach Einstellung des Schifffahrtsbetriebes (1879 -2000)



Am Nordende des Kanals wurde im Zuge des Baues der Aspangbahn nicht nur der neue Kanalhafen, sondern auch der Kanalabschnitt bis Kledering trocken gelegt, wobei die industriellen Bedarfsträger entlang der alten Trasse zunächst über Rohrleitungen bzw. verdeckte Kanäle weiterhin mit Kanalwasser versorgt wurden.
Diese industrielle Nutzung, die bereits ab 1803 begann, wurde nun auch im übrigen Kanalbereich intensiviert, wobei neben dem Nutzwasser auch die Gefälle versteigert wurden. Im Zuge der allgemeinen Industrialisierung der Region kam es dabei zur Ansiedelung von 19 Betrieben mit Kanalbezug, deren Spektrum von Mühlen über Holz- und Metallverarbeitung bis zur Chemie- und Lebensmittelbranche reichte.
Da über den Pöttschinger Ast die Hauptwasserversorgung des Kanals erfolgte (siehe Skizze im Kapitel "Einspeisung") kam zunächst eine Trockenlegung nicht in Frage. 1903 wollte man die Holzkonstruktion des Leithaaquäduktes durch ein Stahltragwerk mit Betonfundamenten ersetzen. Als jedoch 1905 ein Hochwasser die unfertigen Fundamente zerstörte, blieb man bei der billigeren Holzkonstruktion und verwendete das verkürzte Tragwerk zur Sanierung des Schwechataquäduktes bei Baden. [12] Nachdem man die Wassereinspeisung neu geregelt hatte, konnte der Pöttschinger Astes am 18. April 1916 trocken gelegt werden. Die Dämme und Brücken in den Flurbereichen wurden erst 1964 beseitigt, wobei 20 Hektar Ackerland gewonnen wurde. [13] Mit dem Zuschütten des Hafens in Wiener Neustadt in den Jahren 1926/1927 wurde der Kanal um weitere 600 m verkürzt und endete nun am Nordostrand von Wr. Neustadt an der Einspeisestelle des Kehrbaches beim Kraftwerk Ungarfeld.
Als in den 1920er Jahren die Bedarfsträger im Bereich Wien wegfielen, legte man 1930 den Kanal ab dem Krottenbachviadukt trocken. Das Kanalwasser wurde in den Krottenbach abgeleitet.
In 1930er Jahren erweiterte sich das Nutzungsspektrum durch die Errichtung von Kleinkraftwerken. 1935/1936 wurden im Rahmen eines Arbeitsbeschaffungsprogramms der Regierung 13 solcher Anlagen an aufgelassenen Schleusen errichtet, deren Strom in das Netz von Wien eingespeist wurde. Im zweiten Weltkrieg erlitt der Kanal schwere Schäden. Aufgrund der Tatsache, dass die „Alpen- und Donaureichsgaue“ (Österreich) bis Mitte 1943 von Luftangriffen verschont blieben, wurden zahlreiche Industriebetriebe aus dem „Altreich“ hierher ausgelagert, wobei die Kanalnähe vor allem aufgrund des Löschwasserangebotes gesucht wurde. Der größte Industriebetrieb am Kanal, die Flugmotorenwerke Ostmark, deren Areal mit dem heutigen Industriezentrum Niederösterreich Süd identisch ist, erwarb sogar ein Teilstück des Kanals und zwar jenes zwischen dem Krottenbach und dem Kanalstück 300 m nördlich des Haidbachablasses. Am 13.August 1943 begann mit einem schweren Luftangriff auf Wiener Neustadt der Bombenkrieg auch über Österreich, der 1944 mit voller Wucht zunächst die Luftfahrtindustrie traf und damit auch eine Reihe von Betrieben in unmittelbarer Nähe des Kanals. Auch der Kanal wurde dabei mehrmals getroffen und zeitweilig trocken gelegt. Weitere Zerstörungen folgten im Zuge der Erdkämpfe in den ersten Apriltagen 1945 zwischen Teilen der deutschen 6. Panzerarmee und der sowjetischen 3. Ukrainischen Front. Dabei wurden mehrere Brücken gesprengt, Schleusenanlagen und Kleinkraftwerke zerstört und Industriebetriebe mit Kanalbezug devastiert. Als man im August 1945 nach ersten Reparaturen wieder Wasser zuführte, versickerte es zunächst. Da die erforderliche Generalsanierung in keiner Relation zu den möglichen Einnahmen stand, entschloss sich die „Austro-Belgische“ den Kanal still zu legen und zuzuschütten. Knapp davor sprang auf Intervention einiger am Erhalt interessierter Kammermitglieder die Handelskammer Niederösterreich ein, kaufte die Aktien der „Austro-Belgischen“ auf und gründete die „Wiener Neustädter Kanal - Aktiengesellschaft“. Auch diese war allerdings nicht in der Lage die Anlage zu erhalten und beschloss die Auflösung der Gesellschaft. Nun griff das Land Niederösterreich ein und erwarb den Südteil des Kanals, der Kaufvertrag wurde am 12. Juli 1956 abgeschlossen.
Jenes Teilstück, das sich im Besitz der Flugmotorenwerke befand, lag auch nach der Teilsanierung des südlichen Kanalabschnittes trocken, da das Kanalwasser im Bereich der Gemeindegrenze Guntramsdorf - Laxenburg beim sogenannten „Haidbachablass“ in den hier nahen Haidbach (Badener Mühlbach) umgeleitet wurde. Nachdem die Eigentumsrechte der Flugmotorenwerke an die „Industriezentrum Niederösterreich Süd GmbH“ übergegangen waren, wurde die im ursprünglichen Kaufvertrag verankerte Verpflichtung zur Erhaltung des Kanals eingemahnt. Angesichts der massiven Zerstörungen vor allem im Nordteil kam es nach längeren Verhandlungen zu einem Kompromiss. Der Kanal wurde Anfang der 1970er Jahre (?) bis zum Mödlingbach saniert, der Abschnitt bis zum Krottenbach jedoch endgültig stillgelegt. [14] Der „Haidbachablass“ blieb (mit einer Schleuse versehen) erhalten. 2007 befindet sich dieser Kanalteil im Besitz der „ECO-Plus Betriebsführungsgesellschaften“.
Der Kanal im 21. Jahrhundert
Die Funktionen des Kanals



- Ökologische Funktion
Der Kanal prägt mit seinen Pappelreihen (bei Baden als Naturdenkmal ausgewiesen) und Kunstbauten die Landschaft. Obwohl die Kanalböschungen regelmäßig gemäht werden, so stellt der Kanalbereich dennoch ein Refugium für nicht wenige teilweise seltene und bedrohte Pflanzen- und Tierarten dar. [15] Der Kanalbereich steht auch im Biotopenverbund mit den angrenzenden Lebensräumen, unter denen sich vor allem im Bereich Kottingbrunn einige interessante Nassbereiche und bei Gross-Mittel ausgedehnte Trockenbereiche befinden. An Bäumen sind Pappeln vorherrschend, die Weide ist seltener. Sträucher sind vor allem mit Hartriegelarten (Cornus sanguinea und Cornus mas), dem Schlehdorn, dem Pfaffenkäppchen, dem Weißdorn und der Heckenrose vertreten. Sie werden öfters von der Waldrebe (meist Clematia vitalba) umrankt. Bei den kleineren Pflanzen sind in Wassernähe die Sumpfdotterblume, die attraktive Wasserschwertlilie sowie Schilf, der Fluss-Ampfer, das Bandgras, das Wasser-Süßgras mit seinen großen Rispen und das Rohrglanzgras zu nennen. Auch Sumpf-Segge, Blutweiderich, Mädesüß und Beinwell sind nicht selten. In den höheren Böschungs-,Damm- und Uferwegbereichen herrschen Pflanzenarten der Trockenwiesen vor. Zu nennen sind u.a. Wiesenbocksbart,Wundklee und andere Kleesorten, Salbei, Thymian, Sonnenröschen, Ackersteinsame und die Aufrechte Trespe. Mit der Brennessel, dem Löwenzahn und dem Beifuß sind auch Mitglieder der Ruderalgesellschaft vertreten.
An Tierarten sind neben den Fischen vor allem Wasservögel wie die stets präsente Stockente zu nennen.
- Wasserwirtschaftliche Funktionen
Dem Kanal wird Wasser zur Bewässerung, für Fischteicheinspeisungen (Schönau an der Triesting, Guntramsdorf) sowie für industrielle Zwecke entnommen. Die Funktion als Löschwasserquelle darf nicht unterschätzt werden. Bei Schneeschmelze und starken Gewitterregen nimmt der Kanal zwischen Baden und Guntramsdorf einige Bachläufe wie den Thallernbach in Gumpoldskirchen auf, er dient auch als Vorfluter für den gereinigten Ablauf der Kläranlage Bad Vöslau, von der die Abwässer aller Gemeinden des Triestingtales aufbereitet werden.
Von den 1935 und 1936 errichteten 13 Kleinkraftwerken wurde ca. die Hälfte im Krieg bzw. in den Besatzungsjahren zerstört bzw. devastiert. Heute betreibt das Land Niederösterreich 7 Anlagen, die im Schnitt jährlich 600.000 Kilowattstunden in das Netz der Wiener Stadtwerke (Wien-Strom) einspeisen. Man findet diese Kraftwerke bei den Haltungen 18, 20, 21, 22, 24, 27 und 32. Bei der Haltung 13 produziert die Casinos Austria AG Strom für den Eigenbedarf ihres Zentrallagers, bei der Haltung 9 im Raum Pfaffstätten steht seit März 2006 als Pilotprojekt des Wiener Erfinders Adolf Brinnich eine Staudruckmaschine in Betrieb, von der man sich eine höhere Effizienz im Kleinkraftwerksbereich erwartet.

- Nutzung für Fischereizwecke
Die Fischereiberechtigten (Land Niederösterreich, ECO-Plus) haben die Fischerreichrechte an die Sportfischereiverbände Baden und Guntramsdorf verpachtet. Der Verein aus Baden nutzt die Reviere Wiener Neustädter Kanal DI/1 und DI/2, die Reviere DI/3 und DI/4 (ECO-Plus) jener aus Guntramsdorf. [16] Ausgesetzt und gefangen werden Zander, Forelle, Hecht, Karpfen und Weißfische. Mit Rücksicht auf die Fischerei wird der Kanal bei der jährlichen ,Abkehr' nicht vollständig trocken gelegt, ein Fischen im dann sehr eingeengten Lebensraum ist allerdings untersagt.
- Nutzung als Erholungsgebiet
Der milden Winter und der Strömung wegen steht auch nicht mehr der Eislaufsport im Vordergrund. Interessant ist der Rudersport, der der vielen Schleusen wegen aber lediglich im schleusenfreien Bereich zwischen Wr. Neustadt und Sollenau interessant ist. Ein Bootsverleih befindet sich am „Triangel“. Den größten Anklang findet der Wasserweg heute bei Wanderern und Radsportlern. Letztere finden auf dem nun asphaltierten Treppelweg ideale Bedingungen vor. Sowohl der Thermenradweg [17] als auch der EuroVelo Nummer 9 nutzen dies.
Die Instandhaltung des Kanals
Der Kanal und sein Einzugsgebiet wird von Bediensteten der Wasserbauabteilung des Landes Niederösterreich gewartet. Von Wiener Neustadt aus wird der Bereich Kehrbach, Katzelsdorfer Mühlbach und der Kanal bis Schönau an der Triesting betreut, von Kottingbrunn aus der Restbereich einschließlich der im Eigentum der ECO-Plus stehenden Kanalteile. Wartung bedeutet laufende Kontrollen, jährliches „Kehren“ des Kanals (Entfernung größerer Schlamm- und Schottermengen, die im Zuge von Hochwässern und Unwettern ins Kanalbett gelangen, sowie von Unrat). Dazu kommt das Mähen der Kanalböschungen und die Instandhaltung der sieben Kanalbrücken sowie der Brücken über den Kanal. Auch die Wartung der Kleinkraftwerke gehört zum Aufgabenbereich der Wartungsorgane. Die Kosten für diese Tätigkeiten trägt das Land, sie werden vermindert durch Beiträge des Bundes, der Gemeinden und der Wirtschaft, weiters durch Einnahmen aus Gestattungen (Servituts- und Grundpachtzinse, Fischereipacht etc.) sowie der Einnahme aus der Stromerzeugung der sieben Kleinkraftwerke.
Spuren in den aufgelassenen Bereichen


In Wien erinnern Verkehrsflächen wie „Hafengasse“ und „Am Kanal“ unmittelbar an das einst örtlich vorhanden gewesene Gewässer. Der letztgenannte Straßenzug begleitet zwischen dem ehemaligen Aspangbahnhof und Kledering mehrere Kilometer lang die Bahntrasse, die von der Bahnstation Wien-Mitte bis Kledering im Kanalbett verlegt wurde. Städtebaulich hat der Kanal nachhaltige Spuren hinterlassen. Auf dem Kataster Franz I. von 1823 ist der Wasserweg bereits als städtebauliche Leitlinie des Gebietes erkennbar.[18] Monumentale öffentliche Bauten wie die Veterinärmedizinische Universität (siehe Bild), deren Areal zurzeit von der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien genützt wird, sowie die großbürgerlichen Zinshäuser am Nordufer richteten sich am Kanal aus. Im Bereich zwischen Rennweg und dem Heumarkt stellt der Kanal auch die Begrenzung des sogenannten „Diplomatenviertels“ dar, das hier zu Ende des 19. Jahrhunderts entstand und zumindest bis Ende des 1. Weltkrieges auch eine soziale Trennlinie zu den eher (klein)bürgerlichen Bereichen am anderen Ufer darstellte. Auch die drei Brücken, die zwischen dem Wienfluss und dem Aspangbahnhof über die heutige Bahntrasse führen (Beatrixgasse - früher Rabengasse -, Neulinggasse - früher Grasgasse - und Rennweg), sind lediglich der leistungsfähigere Ersatz für alte Kanalbrücken.
Im Gemeindegebiet von Biedermannsdorf sind nach dem Ablass in den Mödlingbach noch große Teile der alten Dämme erhalten, sie führen in gerader Linie nach 1100 m zum gemauerten Krottenbachaquädukt. Es war an der Nordseite mit einer Schleuse kombiniert, an der 1812 Karl Rheinboldt das Wasserrecht am Gefälle erwarb und eine Papier- und Pappendeckelfabrik errichtete, die Energie aus zwei großen Mühlrädern bezog, die bis knapp vor Betriebsstilllegung im Jahr 1921 in Betrieb waren. 1930 wurde der Kanal am Südende des Viaduktes abgemauert und das Wasser in den Krottenbach geleitet. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Schleusenkammer mit einer massiven Betondecke versehen und als Luftschutzkeller adaptiert. Das Aquädukt wurde im Zuge der Erdkämpfe des Jahres 1945 zerstört. Erhalten geblieben sind der Luftschutzkeller, die massiven Ziegelwiderlager des Aquäduktes und Teile der Fabriksfundamente. Von dem hier 150 m nach Osten abbiegenden Hauptkanal ist nichts mehr zu erkennen; geht man hingegen geradeaus, so trifft man 200 Meter nach dem Krottenbach auf den erstaunlich gut erhaltenen, wasserführenden Teil eines Schleppkanals, der Richtung Westen nach 1,2 km zu einem aufgelassenen Ziegelwerk am Nordrand von Biedermannsdorf führt.
In Wiener Neustadt weist eine Gedenktafel in der Ungargasse neben der Neuklosterkirche auf die Existenz des Wiener Neustädter Kanalhafens hin. Die Gasse Am Kanal begleitete den Wasserlauf vom Hafen bis zum Kehrbach. Folgt man ihrer Verlängerung, der Rechten Kanalzeile, die den aktuellen Kanal begleitet, dann zweigt bei dessen scharfer Linksbiegung (hier ehemalige Einmündung des Pöttschinger Astes) die Gasse Am Triangel ab, dessen Name sich von der Form der Kanalverzweigung ableitete. Der Pöttschinger Ast verlief mehrere Kilometer geradlinig in Verlängerung der „Rechten Kanalzeile“. Anfangs trifft man dabei auf Kleingärten, die im Kanalbett errichtet wurden, die Dammstruktur ist hier klar erkennbar. In den anschließenden Feldern fehlen solche Spuren. Hier erinnert lediglich ein Stein zwischen zwei Bäumen an den Kanal und die Kriegsfleckbrücke(siehe Bild). Der Stein trägt folgende Inschrift:
- „Dieser Stein stammt von der ehemaligen Kriegsfleckbrücke die über den Wiener Neustädter Kanal führte. Nach einer mündlichen Überlieferung wurde diese Brücke deshalb so genannt, weil in der umliegenden Gegend im Jahr 1246 die Schlacht an der Leitha gegen den Ungarnkönig Béla IV. stattfand, bei welcher der am 15.6.1211 geborene und von 1230-1246 regierende letzte Babenberger, Herzog von Österreich und Steiermark, „Friedrich der Streitbare“ den Tod fand. Mit ihm starb das Geschlecht der Babenberger aus und in der Folge regierten ab 1246 in Österreich die Habsburger.“
Folgt man der gedachten Geraden bis zum Waldstück Hauslisse, so stößt man unmittelbar am Waldrand auf ein gut erhaltenes, allerdings verwachsenes Kanalstück (siehe Bild), das nach einem schlechter erhaltenen Abschnitt zu der ersten Kanalbiegung nach dem „Triangel“ führt. Folgt man dem hier wieder gut erhaltenen Damm, so gelangt man nach wenigen hundert Metern zum (meist trockenen) Leithabett, über das der Kanal in einem 65 Meter langen hölzernen Trog auf sieben hölzernen Jochen geführt wurde. An dieses Bauwerk erinnert lediglich das Kanalhaus am rechten Leithaufer, das bis 1990 von der Familie des letzten Kanalwärtes bewohnt wurde. Vom restlichen Kanalstück, das bis zu dessen Ende an der burgenländisch-niederösterreichischen Grenze nur über Fluren führt, sind lediglich im Luftbild Spuren zu erkennen. [19]
Technische Angaben
Verlauf



Der Kanal führte 1803 über die Gemeindegebiete folgender Orte: Wien, Simmering, Kledering, Rannersdorf, Lanzendorf, Biedermannsdorf, Laxenburg, Guntramsdorf, Gumpoldskirchen, Pfaffstätten, Tribuswinkel, Bad Vöslau, Kottingbrunn, Leobersdorf, Schönau an der Triesting, Sollenau, Theresienfeld, Wiener Neustadt und Lichtenwörth.
Heute sind die Gemeindegebiete von Wien, Simmering, Kledering, Rannersdorf und Lanzendorf weggefallen.
Der Kanal wird heute vom „Triangel“ (Y-förmige Abzweigung des heute zugeschütteten Pöttschinger Astes) am Nordostrand von Wiener Neustadt bis zur Kreuzung mit der Pottendorferstraße in einem Damm und danach in einer schwachen Aufdämmung bis zur Kreuzung mit der Bahnlinie Wien-Pottendorf geführt. Ab dort wird der Kanal entweder in schwachen Einschnitten oder in einem normalen Graben geführt.
Kanaldaten
Der Kanal wird durch Schleusen in Abschnitte unterteilt, die auch „Haltungen“ genannt werden. „Haltungen“ weisen nur ein geringes Gefälle auf, um den Zugbetrieb bergauf nicht zu erschweren. Der Schifffahrtsbetrieb lief von Anfang April bis Ende Oktober. Die verbleibende frostfreie Zeit wurde für Wartungs- und Reparaturarbeiten genützt. Zu diesem Zweck wird der Kanal zur Kanalabkehr auch heute noch im Herbst kurzfristig trocken gelegt.
Die Länge des Kanals (wasserführend) betrug/beträgt:
- 1803: 56 Kilometer (Hafen Wien bis Hafen Wr. Neustadt)
Der Höhenunterschied betrug 103 Meter, der 46 „Haltungen“ (Strecken zwischen den Schleusen) beinhaltete. - 1811: 63 Kilometer (Hafen Wien bis zur ungarischen Grenze bei Pöttsching)
Der Höhenunterschied betrug 100 Meter. - 2007: 36 Kilometer (Biedermannsdorf - Wiener Neustadt Nordost)
Der Höhenunterschied beträgt 86 Meter, die Anzahl der Schleusen 38.
Zur Zeit der Inbetriebnahme führten 54 Brücken über den Kanal.
Der höchste Punkt des Kanals lag beim Hafen Wr. Neustadt. Von dort ging es sowohl bis Wien als auch bis zur ungarischen Grenze bei Pöttsching bergab. Die Spiegelbreite des Kanals (Breite am Wasserspiegel gemessen) betrug bis zu 11 m, die Sohlenbreite durchschnittlich 5,7 m. Wegen des geringen Tiefgangs der Kähne reichte eine Wassertiefe von 1,6 – 1,9 m aus.
Der am rechten Ufer geführte Treppelweg hatte eine Breite von 2,5 Metern.
Wassereinspeisung




Die jahreszeitlich stark schwankende Wassermenge der Oberflächenwässer im Wiener Becken machte die ausreichenden Befüllung des Kanals zu einem der Hauptprobleme des Projektes, zumal man zusätzlich mit dem Verlust von 2/5 der Wassermenge aufgrund von Verdunstung und „Durchseihung“ zu rechnen hatte. Maillard plante deshalb einen „ökonomischen“ Kanal, worunter er vor allem schmale Schleusenkammern verstand, die den Wasserverlust bei der Durchschleusung gering halten sollten. Trotz dieser Vorkehrungen wurde ein komplexes Einspeisungssystem unerlässlich, wozu auch Teiche gehörte, die wie bei der Dreifachschleuse in Guntramsdorf den Spitzenwasserbedarf abzudecken hatten.
Einspeisung 1802
Da Maillard mit den Bauarbeiten in Guntramsdorf begann und man von dort sowohl bergab Richtung Wien, als auch bergauf in Richtung Wiener Neustadt arbeitete, könnte mit der Befüllung des Kanals erst begonnen werden, nachdem man die oberste Schleuse (jene bei Sollenau) fertig gestellt hatte. Für diese Probebefüllung wurde zunächst nur Wasser der Piesting eingespeist, das aber wegen Dichtheitsproblemen nicht bis Wiener Neustadt reichte.
Einspeisung 1803 - 1916
Bei den letzten Probefüllungen und nach Aufnahme des Schifffahrtsbetriebes wurde die Leitha als Hauptwasserquelle herangezogen. In Bestätigung der bisherigen Praxis verfügte die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen am 15.Mai 1876, dass Wasser des Kehrbaches nur im Fall der ungenügenden Speisung durch die Leitha eingelassen werden dürfe. Die Leitha hat mit der aus dem Rax-Schneeberggebiet kommenden Schwarza und der aus dem Wechselgebiet stammenden Pitten zwei Quellflüsse, die bei Haderswörth, dem „Leitha-Ursprung“, zusammenfließen. Das Kanalwasser wurde bei Neudörfl von der Leitha abgeleitet und über die 3 km lange „Neudörfler Rigole“ nach Osten ins Heutal (siehe Skizze „Einspeisung 1803 bis 1916“ ) geführt, wo es auf das vorläufige Ende des Pöttschinger Astes des Schifffahrtskanals traf, der erst 1810 weiter bis zur ungarischen Grenze bei Pöttsching gebaut wurde. Das Wasser floss im Kanal über das mächtige Leithaaquädukt zurück Richtung Wiener Neustadt, wo es ab dem „Triangel“ auch den Wiener Ast des Kanals befüllte. Um auch im mittleren und nördlichen Kanalteil eine permanente Wasserversorgung sicher zu stellen wurde zur Zeit des Schifffahrtsbetriebes auch noch Wasser aus der Triesting, der Piesting, dem Kalten Gang und der Hirm entnommen.
Einspeisung ab 1916
Da die „Neudörfler Rigole“ teilweise über ungarisches Gebiet führte, was immer wieder Probleme bereitete, einigte sich der „Leitha-Fischa-Wasserwerksverein“, eine Vereinigung von 37 Werksbesitzern an Kehrbach, Fischa und Leitha, unter denen sich auch Vertreter der Austro-Belgischen Eisenbahngesellschaft befanden, auf das „Neudörfler Projekt“. Nicht mehr die Leitha, sondern der Kehrbach sollte nun die Mehrzahl der Vereinsmitglieder mit Wasser beliefern.(siehe Skizze „Einspeisung ab 1916“) Mit dem Ausbau des Kehrbaches zum permanenten Wasserlauf, der dadurch auch zur Energiegewinnung herangezogen werden konnte, sollte auch der Kanal eine neue exklusive und kostensparende Wasserquelle erhalten. Dazu plante man der Schwarza beim „Peischinger Landwehr“ in Peisching (Gemeinde Neunkirchen) bis zu 7.000 Liter/sec Wasser zu entnehmen. Zur Sicherstellung einer auch in Trockenzeiten ausreichenden Wassermenge sollte überdies der „Katzelsdorfer Mühlbach“ nicht mehr wie vorher am Ortsende in die Leitha rückgeführt, sondern über das „Katzelsdorfer Zuleitungsgerinne“ durch den Park der Theresianischen Militärakademie in den Kehrbach geleitet werden. Dieses Projekt wurde 1907 eingereicht. 1916 trat die neue Einspeisung in Kraft, der Rest des Pöttschinger Astes konnte stillgelegt werden.
Heute betreibt der Kehrbach auf seinem 16 km langen Weg bis zum Nordostrand von Wiener Neustadt fünf Kraftwerke, die das Gefälle von 90 Metern nutzen. 1500 m vor Einmündung des Kehrbaches in die Warme Fischa werden beim Kraftwerk Ungarfeld mindestens 1.000 bis maximal 1.440 Liter in der Sekunde in den Kanal geleitet. Noch vor dem Kraftwerk der Kehrbach liefert das „Katzelsdorfer Zuleitungsgerinne“ zusätzliche 3.000 Liter/sec (Jahresschnitt) fast ausschließlich aus der Pitten. Die Wasserentnahme aus Schwarza und Pitten führt dazu, dass die Schwarza von der Schneeschmelze und Hochwässern abgesehen ab Peisching kein Wasser mehr führt. Auch das Leithabett steht vom ,Leithaursprung' bis zur Einmündung der Warmen Fischa bei Pottendorf zumeist trocken.
Die Schleusen




Der Höhenunterschied zwischen der Haltung 36 (sie reichte von Schleuse 36 beim Piestingaquädukt bis Pöttsching) und der untersten Haltung unterhalb der Landstraßer Schleuse beim Hafen Wien betrug 100 Meter, die Schleusenhöhe belief sich auf 6 Fuß (1,9 m), lediglich die Schleuse 34 wies 7 Fuß 3 Zoll (3 m) auf, was unter Einrechnung des Gefälles der Haltungen 45 Schleusen ergab, von denen noch 36 [20] unter Wasser stehen. Grundsätzlich handelte es sich um Einfachschleusen. Lediglich drei Schleusen (Rabengassenschleuse, Grasgassenschleuse und Rennwegschleuse) waren Doppelschleusen, bei denen sich die Schleusenkammern unmittelbar hintereinander befanden, wobei man mit insgesamt 3 Schleusentoren auskam. Bei Guntramsdorf gab es die einzige Dreifachschleuse, die über 4 Schleusentore verfügte. Die Schleusen wurden bis Guntramsdorf mit Namen genannt, ab Guntramsdorf wurden sie von 1 bis 36 (bei Piestingaquädukt) durchnummeriert. Die Kammern der namentlich benannten Schleusen wurden von Anbeginn an in Steinquaderbauweise gemauert, der Rest in gemischter Bauweise. Dabei wurde der Einfahrts- bzw. Ausfahrtsbereich und der Bereich der Tore und Kammerzuläufe ebenfalls in Quaderbauweise, die Seitenwände allerdings in billiger Ziegelbauweise hergestellt. Da sich der damals verwendete Mörtel als nicht ausreichend wasserfest erwies, waren laufend Reparaturen erforderlich bis man sich im Zuge der Schleusenverbreiterung entschloss, auch hier auf Quaderbauweise umzusteigen, was aber nur bis Schleuse 26 durchgezogen wurde. Von den Schleusen 27 bis 36 blieben einige weiterhin in gemischter Bauweise erhalten. Sofern die Ziegelmauern nicht mit Beton saniert wurden, sind sie, wie bei Schleuse 30 und 31 eingestürzt.
War das obere Schleusentor geschlossen, so floss das Wasser über einen Umlaufkanal in die darunter liegende Haltung. Dieser Umlaufkanal konnte auch einem Nebennutzen (Mühlenbetrieb etc.) dienen, wenn dafür nicht eine eigene Ableitung angelegt wurde. Dieser Umlaufkanal war mit einem Schütz versehen. Die Füllung der Schleusenkammer erfolgte bei geschlossenem oberen und unterem Schleusentor über halbrunde Öffnungen, die sich die links wie rechts in den „Einziehungen“ der Kammerwände (Ausnehmungen für die Schleusentore) knapp unter der Wasseroberfläche befanden. Durch diese floss das Wasser in Schächte, von denen es über kreisrunde Ausläufe nahe des Kammerbodens in die Schleusenkammer gelangte. Diese kreisrunden Ausläufe waren mit einem Schütz versehen.(siehe Bild). Teilweise wurde dieser aufwändige und reparaturanfällige Kammerzulauf über die Seitenwände weggelassen. Der Füllung der Kammer erfolgte dann über Schützen in den beiden Flügeln des oberen Kanaltores. Geleert wurden gefüllte Schleusenkammern nicht wie bei Maillard dargestellt durch Auslaufkanäle, sondern generell durch Schützen in den beiden unteren Torflügeln.
- Die Schleusung
Aus wasserökonomischen Gründen hatte bei der Schleusung im Zweifel jenes Schiff Vorrang, dessen Schleusentor geöffnet war. Bei der folgenden Darstellung einer Schleusung wird davon ausgegangen, dass ein bergauffahrender Schleppzug ein geöffnetes unteres Schleusentor vorfindet: Der Kahn wird vom Zugpferd in die Schleusenkammer gezogen, wobei der Steuermann und sein Gehilfe dafür sorgen, dass das Schiff die Schleusenwände und das obere Schleusentor nicht unsanft berührt. Anschließend wird das untere Schleusentor einschließlich der in den Toren eingebauten Schützen geschlossen. Dann öffnet zumeist der Schleusenmeister selbst die beiden Schützen an den Schützensäulen bei den Kammerzuläufen. Die Füllung dauert im Regelfall nicht länger als zwei bis drei Minuten. Dann konnte das obere Schleusentor geöffnet werden. Der Kahn konnte ausfahren.
Gewässerquerungen
Kleinere Gerinne werden mit Durchlässen (1803 waren es 26) unter dem Kanal durchgeführt. Größere Wasserläufe überquert der Kanal mit Hilfe von Aquädukten. Von diesen 16 Bauwerken der Endausbaustufe 1911 sind noch sieben erhalten und in Betrieb. Es sind dies die Aquädukte über den Kehrbach, die Warme Fischa, die Piesting, die Triesting, den Triestinger Hochwassergraben, die Schwechat und den Badener Mühlbach (Haidbach). Das Wasser floss in Trögen aus Holz, die bereits vor dem zweiten Weltkrieg zumeist durch Betontröge ersetzt wurden. Bei längeren Strecken wurde es teilweise über Brücken aus Ziegelmauerwerk geleitet, die durch Stahl- bzw. Betonkonstruktionen ersetzt wurden.
Brücken
Die Brücken über den Kanal wurden generell als Ziegelgewölbebrücken ausgebaut. Da sie nur für die Belastung mit Pferdefuhrwerken ausgelegt waren, wurden sie mit der Motorisierung durch tragfähigere Konstruktionen aus anderen Baumaterialen ersetzt. Dadurch blieben die alten Brückenkonstruktionen lediglich im Feldwegbereich erhalten und wurden bzw. werden in einem kostenaufwändigen Verfahren unter Wahrung des Denkmalcharakters durch Einziehen einer Stahlbetonplatte den aktuellen Verkehrserfordernissen angepasst.
Häfen und Verladestellen
Der Hafen am Wiener Ende lag zunächst nahe der Einmündung des Wienflusses in den heutigen Donaukanal (heute Bahnhof Wien Mitte), wurde aber 1849 knappe zwei Kilometer nach Süden an jene Stelle verlegt, wo später der Aspangbahnhof errichtet wurde. In Wiener Neustadt lag der Hafen bei der Ungargasse, woran ein Gedenkstein erinnert.
Entlang des Kanals gab es zehn weitere Verladestationen mit Lagermöglichkeiten, Gaststätten für die Schiffsmannschaften, Unterkünften für das Betriebspersonal sowie Stallungen und Futterstellen für die Zugpferde. Die wichtigsten dieser Verladestellen waren Leopoldsdorf (Stichkanal zu Ziegelwerk), Biedermannsdorf (Stichkanal zu Ziegelwerk), Guntramsdorf (Stichkanal zu Ziegelwerk), Baden (Schleuse 15), Kottingbrunn (Schleuse 34), Leobersdorf , Sollenau (Schleuse 36) und Pöttsching.
Wertung
Der Wiener Neustädter Kanal war von der Trassenführung her ein sehr schwieriges Projekt. Zunächst galt es mit 100 Metern einen beträchtlichen Höhenunterschied zu meistern. Man konnte mit der Trasse auch keinem Talverlauf folgen sondern stand vielmehr vor der Aufgabe zahlreiche Wasserläufe zu queren. Dazu kam der zumeist extrem wasserdurchlässige Untergrund, der zusätzliche Dichtungsmaßnahmen erforderte. Das Hauptproblem war und blieb jedoch der Wassermangel, der neben einem komplexen Einspeisungssystem zu einem schmalen Kanal, zu kleinen Schleusenkammern und damit zu kleinen Kähnen zwang, was dem Kanal mittelfristig die Konkurrenzfähigkeit raubte. Diese Probleme, jedes für sich kostentreibend, wurden, da sie nicht perfekt gelöst wurden oder werden konnten, letztendlich alle Maillard angelastet. Wie viele Pioniere vor und nach ihm erntete er daher von seinen Zeitgenossen mehr Kritik als Ruhm. Es ist daher verständlich, wenn sich Maillard in seinem 1817 erschienen Buch über die überwiegend negative Kritik seiner innovativen Tätigkeit beklagte, die letztlich zu seiner Ablösung führte. Seinem Ruf beim Kaiser hat das Kanalunternehmen jedenfalls nicht geschadet. Maillard brachte es als Genie-Experte bis zum „k.k.General Feldmarschall-Lieutenant“ und starb am 19. September 1822 hoch angesehen in Wien.
Quellen
- ↑ Michael Rosecker: Neue Zeiten - neue Wege. Das historische Umfeld der Anfänge des Wiener Neustädter Schiffahrtskanales, in: Industrieviertel Museum (Hg.): 200 Jahre Wiener Neustädter Kanal (Wiener Neustadt 1997). Seite 7
- ↑ Rosecker 1997, Seite 7 und 8
- ↑ Hermann Mayrhofer: Kanal für Leser, in: Industrieviertel-Museum: 200 Jahre Wiener Neustädter Kanal (Wiener Neustadt 1997) Seite 35
- ↑ Franz Gaheis:Wanderungen und Spazierfahrten in die Gegenden Wiens (Wien 1798-1807) Band 4 Seite 265
- ↑ Riebe. 26
- ↑ Josef Knoll: Heimatbuch Guntramsdorf (1977) Seite 67
- ↑ Entspricht – vermehrt durch Teile der Steiermark – weitgehend dem heutigen Staatsgebiet von Slowenien
- ↑ Fritz Lange: Von Wien zur Adria. Der Wiener Neustädter Kanal (Erfurt 2003)
- ↑ Bezirksmuseum Landstraße - Der Aspangbahnhof und die Wien-Saloniki-Bahn
- ↑ Alois Brusatti (HG.): Die Habsburgermonarchie 1848-1918 Band 1 Die wirtschaftliche Entwicklung (Wien 1973) Seite151
- ↑ Knoll: Heimatbuch Guntramsdorf. Seite 69
- ↑ Lange: Von Wien zur Adria. Seite 123 - 124
- ↑ Hermann Mayrhofer: Kanal für Leser, in: Industrieviertel-Museum: 200 Jahre Wiener Neustädter Kanal (Wiener Neustadt 1997) Seiten 35-37
- ↑ Hans Rosmann: Vom Schiffahrtskanal zum Kanal, in:Industrievierrtel - Museum Wiener Neustadt (Hg.): 200 Jahre Wiener Neustädter Kanal. Seiten 26-34
- ↑ Jutta Edelbauer: Wiener Neustädter Kanal -Fauna und Flora, in: Industrieviertel-Museum: 200 Jahre Wiener Neustädter Kanal (Wiener Neustadt 1997) Seiten 15-17
- ↑ Das Revier DI/1 reicht vom Kanalende in Wiener Neustadt bis Schleuse 35 an der Landesstraße Sollenau-Schönau, das Revier DI/2 bis zur Schleuse 13 nahe der Landesstraße Pfaffstätten - Traiskirchen, das Revier DI/3 bis zur Gemeindegrenze Guntramsdorf -Laxenburg, das Revier DI/4 bis zum Mödlingbach.
- ↑ http://www.fahr-radwege.com/Thermenradweg.htm
- ↑ Podbrecky. Seite 8
- ↑ Lange.Von Wien zur Adria. Seiten 126 und 127
- ↑ Wenn man die eingestürzte Schleuse 3 und die halbeingestützten Schleusen 30 und 31 mitrechnet
Literatur
- Feigl, Helmut / Kusternig, Andreas (Hg.): „Die Anfänge der Industrialisierung in Niederösterreich“ (Wien 1982)
- Gerhartl, Gertrud: „Wiener Neustadt. Geschichte, Kultur, Wirtschaft“ (Wien 1993)
- Gutkas, Karl (Hg.): „Landeschronik Niederösterreich. 3000 Jahre in Daten , Dokumenten und Bildern“ (Wien/München 1994)
- Hahn, Silvia / Flanner, Karl (Hg.) „Die Wienerische Neustadt. Handwerk, Handel und Militär in der Steinfeldstadt“ (Wien/Köln/Weimar 1994)
- Hock, Rudolf: Sollenauer Geschichte(n). „Der Wiener Neustädter Schiffskanal“, in: Nachrichten der Marktgemeinde Sollenau. Heft 3-4 (Sollenau 1982)
- Industrieviertel-Museum (Hrsg): „200 Jahre Wiener Neustädter Kanal“ (Wiener Neustadt 1997)
- Katzer, Ernst: „Die "Wiener Neustädter Steinkohlen Gewerkschaft"“, in: Unser Neustadt. 26.Jahrgang, Folgen 2-4 und 27.Jahrgang, Folge 1 (Wiener Neustadt 1982/1983)
- Knoll, Josef: „Heimatbuch Guntramsdorf“ (Guntramsdorf 1977)
- Kusternig, Andreas: „Bergbau in Niederösterreich“ (Wien 1987)
- Lange, Fritz: „Von Wien zur Adria - Der Wiener Neustädter Kanal“(2003) Sutton Verlag ISBN 3-8970-2621-X
- Maillard, Sebastian von: „Anleitung zu dem Entwurf und der Ausführung Schiffbarer Kanäle“ (Pest 1817)
- Podbrecky, Inge: „Der Wiener Neustädter Kanal“, in: Denkmalpflege in Niederösterreich Band 10 Verkehrsbauten
- Riebe, Valerie Else: „Der Wiener Neustädter Schiffahrtskanal“ (Wien 1936) Eigenverlag
- Rupp, Felix Rupp: „Umgestaltungsmöglichkeiten am Wiener Neustädter Kanal“ (Wien 1996)
- Schultes, Josef August: „Ausflüge nach dem Schneeberge in Unterösterreich“ (Wien 1803), herausgegeben vom Rotary-Club Wiener Neustadt 1982
- Slezak, Paul/Friedrich, Josef Otto: „Vom Schiffskanal zur Eisenbahn. Wiener Neustädter Kanal und Aspangbahn“ (Wien 1981) ISBN 3-9001-3472-3
- Slezak, Paul/Friedrich, Josef Otto: „Kanal Nostalgie Aspangbahn“. Ergänzungsband (Wien 1990) ISBN 3-8541-6153-0
- Umlauft, Friedrich: „Der Wiener Neustädter Canal“, in: Mittheilungen der k.k. Geographischen Gesellschaft in Wien (Wien 1894)
- Varga, Ludwig / Schwan, Robert / Vytopil, Davor: „Der Wiener Neustädter Kanal. Geschichte, Beschreibung, Inventarisation.“ Ü(Wien 1989) Übungsarbeit des Instituts für Denkmalpflege der TU Wien
- Verwaltung der k.k.n.ö. Schiffahrts-Kanals (Hg.) Bestimmungen für die Frachtaufnahme am k.k.n.ö. Schiffahrts-Kanal (Wien 1866)
Weblinks
- Der Wiener Neustädter Kanal auf den Seiten des Bezirksmuseums Landstraße