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Masern

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Die Masern (lat. Morbilli) sind eine durch Viren hervorgerufene, hochansteckende, systemische Infektionskrankheit mit - sofern die Infektion überlebt wird - anschließender lebenslanger Immunität.

Geschichte

Erste Berichte über die Masern gehen auf das 7. Jahrhundert zurück und werden dem jüdischen Arzt AI Yehudi zugeschrieben. Die erste minutiöse Beschreibung der Masern verdanken wir dem persischen Arzt Abu Bakr Muhammed ibn Zakariya Al-Razi 1 Anfang des 10. Jahrhunderts, der angab, sie seien "mehr gefürchtet als die Pocken".
Den Namen "Morbilli", was soviel wie "kleine Pest" bedeutet, erhielten die Masern während den ausgedehnten Epidemien des Mittelsalters, da damals wie heute viele Kinder an den Masern starben: Wo viele Masernerkrankungen, da viele Todesfälle.
[[1982] der französische Arzt Antoine Louis Gustave Béclère seine Aufsehen erregende Arbeit "Die Ansteckung mit Masern".
1954 wurde das Virus erstmalig isoliert, ab 1963 war der erste Impfstoff erhältlich. Zuvor bekam aufgrund der hohen Kontagiosität des Erregers beinahe jeder die Masern: es handelte sich um ein Ereignis im Leben, das unweigerlich auftrat und auf das man wartete. Mehr als die Hälfte der Kinder bekam die Masern vor dem 6. und 90% vor dem 15. Lebensjahr. Hatte man die Krankheit überstanden, konnte man aufatmen.

Der Erreger

Das Masern-Virus ist ein ausschließlich humanpathogenes ca. 120-140 Nanometer großer Erreger aus der Familie der Paramyxoviren (Genus Morbillivirus). Das einzige Reservoir bildet der infizierte Mensch. Es gibt mehrere stabile Genotypen und einen ebenso stabilen Serotyp. Seine Hülle ist lipidhältig, was die Kontagiosität erhöht. In der Hülle ist weiter Hämagglutinin, jedoch keine Neuraminidase enthalten. Das Masernvirus ist sehr empfindlich gegenüber äußeren Einflüssen wie erhöhten Temperaturen, Licht, UV-Strahlen, Fettlösungs- und Desinfektionsmitteln.

Das bedeutet:

  • Das Virus wird nur von Mensch zu Mensch übertragen, ist also prinzipiell ausrottbar.
  • Da es nur in einem stabilen Serotyp vorkommt, konnte ein guter Impfstoff hergestellt werden.
  • Und da es ihn mehreren Genotypen - in Mitteleuropa C2 und D6 - vorkommt, können die weltweiten Infektionswege genau nachvollzogen werden.
  • Das Fehlen von Neuraminidase macht den Einsatz von Neuraminidasehemmern - wie sie inzwischen für die Grippe zur Verfügung stehen - sinnlos. Wie bei vielen anderen Viren auch ist nur eine symptomatische Therapie möglich.

'Überragung:
Das Virus verbreitet sich als Tröpfcheninfektion (Husten, Nießen, Sprechen) oder direkten menschlichen Kontakt. Eine Infektion ist bereits bei kurzer Exposition möglich, der Kontagionsindex liegt bei 100%, das heißt, dass sich beinahe alle Menschen ohne entsprechende Immunität infizieren. Über 95% der Infizierten entwickeln daraufhin klinische Erscheinungen.

Epidemiologie

Der Erreger kommt weltweit vor und ist in mehreren Entwicklungsländern noch weit verbreitet, andererseits zwischenzeitig durch gut organisierte Impfkampagnen in verschiedenen Ländern jedoch ausgerottet.

  • So sank die Anzahl der Masern-Erkrankungen in den USA von 800.000 1958 auf einige (wenige) Fälle in den letzten Jahren, wobei alle Erreger von ungeimpften Personen aus Europa und Asien importiert worden waren, was durch die Bestimmung des Genotyps nachgewiesen werden konnte. Einen dramatischen Anstieg der Fälle gab es jedoch in den Jahren 1989-1991. In diesen 3 Jahren wurden 55.622 Erkrankungsfälle berichtet, von denen 123 tödlich endeten. Hauptsächlich waren Kleinkinder aus histpanoamerikanischen und afroamerikanischen Familien betroffen, wobei die Rate an ungeimpften Kindern dort 4-7x höher war als bei den Betroffenen der übrigen weißen Bevölkerung. Zwischenzeitig treten genuine Masernerkrankungen in allen amerikanischen Staaten von Kanada bis Argentinien mit Einschluss der Karibik kaum noch auf.
  • In Finnland mit seinen 5,2 Mio Einwohner gab es von 1996 - 2000 4 Masernfälle. Und auch diese waren aus dem Ausland importiert!
  • In Deutschland werden jährlich noch 50.000 - 100.000 Masernfälle diagnostiziert und registriert. Würden in Deutschland ähnlich strenge Ansichten wie in den USA vertreten, würde man bereits bei einer jährlichen Zahl von 5500 Erkrankungen von einem besorgniserregenden "Anstieg" der Fälle sprechen.
  • In Österreich, das für Masern bis 2001 keine Meldepflicht kannte, wurde vom Institut für Virologie des AKH in Wien ein freiwilliges Meldesystem geschaffen, das etwa 8% der österreichischen Bevölkerung abdeckt. Somit konnten für den Zeitraum von 1993-1997 etwa 28.000 - 30.000 Masernfälle für ganz Österreich hochgerechnet werden, wobei besonders 1996 und 1997 ein beinahe epidemisches Auftreten von Masernerkrankungen zu verzeichnen war. Insgesamt dürfte die Durchimpfungsrate in Österreich somit nur unwesentlich besser sein als in Deutschland. Würden hier jedoch ähnlich strenge Richtlinien wie in den USA angewandt werden, würde man hier schon 2700 Erkrankungen in 5 Jahren nicht akzeptieren.
  • In Rumänien kam es zwischen dem 1. Dezember 1996 und dem 30. September 1997 zu einer Masern-Endemie mit 20034 Erkrankungen und 13 Todesfällen. Quelle: Centers of Disease Contol and Prevention, Atlanta


Meldepflicht:
In Deutschland sind durch das 2001 in Kraft getretene Infektionsschutzgesetz Krankheitsverdacht, Erkrankung und Tod meldepflichtig geworden. Bei Krankheitsverdacht oder Erkrankung besteht Tätigkeits- und Aufenthaltsverbot in Gemeinschaftseinrichtungen.


1984 legte die WHO einen Zeitplan für die Elimination der Masern bis zum Jahr 2000 fest - tatsächlich starben da jedoch weltweit nach Angaben der WHO noch etwa 1 Million Menschen - davon ca. 777.000 Kinder - an Masern. Masern-Infektionen waren somit für ungefähhr die Hälfte aller durch Impfung vermeidbaren Todesfälle verantwortlich. Der neue Zeitplan sieht die weltweite Ausrottung des Virus - bei entsprechender Anstrengung - jetzt für das Jahr 2007 vor.

Verlauf

Nach der Inkubationszeit von 10-11 (8-12) Tagen folgt das 3-4 Tage dauernde Prodromal- oder Initialstadium. Dieses äußert sich durch eine Entzündung der Schleimhäute des oberen/mittleren Atemtraktes und der Konjunktiven mit Katarrh: Rhinitis, trockene Bronchitis, Konjunktivitis und Fieber bis 38,5°C sind die Folge nebst Übelkeit und Kopfschmerzen mit leichten EEG-Veränderungen in ca. 50%.
Am 12.-13. Tag kann ein typisches Enanthem (Koplik-Flecken an der Wangenschleimhaut auftreten; Epithelnekrosen infolge Virusvermehrung sind in 50-90% nachweisbar.
Am 14.-15. Tag breitet sich ein makulopapulöses, z.T. konfluierendes Exanthem - retroaurikulär (d.h. hinter den Ohren) beginnend - innert 24 Stunden über den ganzen Körper aus. Nach 4-5 Tagen bilden sich alle Symptome zurück. Als Überbleibsel des Exanthems kann eine kleieförmige Schuppung für kurze Zeit bestehen bleiben. In unkomplizierten Fällen folgt eine rasche Erholung und eine lebenslang anhaltende Immunität.


Diagnose

Die Diagnose ist in unkomplizierten Fällen nur über den serologischen Nachweis von IgM-Antikörpern zu führen. Die Diagnose anhand des "typischen" Masernexanthems ist mit einer Fehlerhäufigkeit von 50% behaftet.

Erregernachweis:


Komplikationen

Etwa 20% aller Masern-Infektionen gehen mit Komplikationen einher, wobei Mittelohrentzündung und Lungenenzündung die häufigsten sind.

Masernkrupp

durch eine Kehlkopfentzündung mit Schwellung der Schleimhaut kommt es zu Heiserkeit und Atemnot bereits im Vorstadium.

Mittelohrentzündung

Die Mittelohrentzündung, eventuell verbunden mit einer das Erkrankungsbild weiter komplizierenden Mastoiditis, ist die häufigste Komplikation der Masernerkrankung, oft im Rahmen einer

Masernpneumonie

  1. Primäre Masernpneumonie: Eine interstitielle Pneumonie mit Bronchiolitis, die sich hauptsächlich als Atemstörung äußert. Mittels körperlicher Untersuchung ist sie schwer zu diagnostizieren, sodaß ein Röntgenbefund erforderlich ist.
  2. Bronchopneumonie als bakterielle Superinfektion: als bakterielle Superinfektion insbesondere nach oder bei einer interstitiellen Viruspneumonie auftretend.
  3. Riesenzellpneumonie: Eine seltene Pneumonie mit vielkernigen, von den Alveolarepithelien abstammenden Riesenzellen, pathognomonisch für Masern (Masernriesenzellen) und Keuchhusten, selten auch bei Diphtherie oder Grippe.

Myokarditis

Keratitis

multiple, punktförmige, epitheliale Läsionen an der Kornea.

Enzephalomyelitis

3-10 Tage nach Exanthembeginn. Bei Patienten >6 Jahre häufiger als bei Kleinkindern. Fieber, Kopfschmerz, Bewußtseinstrübung, meningeale Reizung (Nackensteifigkeit, Erbrechen u.a.): Rückgang nach 1-3 Tagen. Bei leichten Formen ist keine Krankenhauseinweisung notwendig. Schwere Verlaufsformen äußern sich in epileptischen Anfällen und Funktionsstörungen des ZNS. Herdförmige oder diffuse Ausbreitung. Häufigkeit: Nach Einführung der Masernimpfung sank die Zahl ständig und liegt derzeit in Deutschland bei <10/Jahr. Letalität: 20%; Defektheilungen: 20-40%.

Subaktue sklerosierende Panenzephalitis (SSPE)

Die Angaben über die Häufigkeit von SSPE schwanken zwischen 1 bis 22 pro 1 Mio Masern-Fällen. Die Erkrankung tritt Monate bis 10 Jahre nach einer Maserninfektion auf.
Quelle: Kommentar DDr. Maurer, Wien

  1. Stadium: psychische Störung und Demenz.
  2. Stadium: Myoklonien, epileptische Anfälle.
  3. Dezerebrationssyndrom. Langsam progredienter Verlauf über 1-3 Jahre. In 20% akuter Verlauf. Hoher Isolierung eines Masernvirus mit defektem M-Protein: "SSPE-Virus". Letalität 100%.

Thrombozytopenische Purpura

2-3 Wochen nach Exanthemausbruch; spontane Rückbildung; selten.

weitere Komplikationen

Durchfall, Blinddarmentzündung, generalisierte Lymphadenitis

Impfung

Deutschland: (vorläufig die Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO)
Stand: Januar 2000

Masern, Mumps, Röteln (MMR): Die Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln sollte mit einem Kombinationsimpfstoff (MMR-Impfstoff) durchgeführt werden, in der Regel zwischen dem 12. und 15. Lebensmonat, möglichst bis zum Ende des 2. Lebensjahres, um den frühestmöglichen Impfschutz zu erreichen. Steht bei einem Kind die Aufnahme in eine Kindereinrichtung an, kann die MMR-Impfung auch vor dem 12. Lebensmonat, jedoch nicht vor dem 9. Lebensmonat erfolgen. Sofern die Erstimpfung vor dem 12. Lebensmonat erfolgte, sollte die MMR-Impfung bereits im 2. Lebensjahr wiederholt werden, da im 1. Lebensjahr noch persistierende maternale Antikörper die Impfviren neutralisieren können. Die Eliminierung der Masern ist ein erklärtes Ziel der deutschen Gesundheitspolitik. Masern können eliminiert werden, wenn die Durchimpfungsrate gegen Masern bei Kindern mehr als 95 % erreicht. Diesem Ziel sind bisher die Länder nahe gekommen, die eine zweimalige Impfung im Kindesalter empfehlen und durchführen, wie die skandinavischen Länder, Großbritannien, die Niederlande und die USA. Die STIKO empfiehlt eine zweite MMR-Impfung seit 1991. Mit der zweiten MMR-Impfung sollen Immunitätslücken geschlossen werden. Die zweite MMR-Impfung kann bereits vier Wochen nach der ersten MMR-Impfung erfolgen. Aus praktischen Gründen ist die Schuleingangsuntersuchung ein geeigneter Zeitpunkt, die zweite MMR-Impfung zu veranlassen. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die zweite MMR-Impfung so früh wie möglich, spätestens jedoch bis zum vollendeten 18. Lebensjahr nachgeholt wird; bei Mädchen wird damit auch der unverzichtbare Schutz vor einer Rötelnembryopathie gesichert. Auch bei anamnestisch angegebener Masern-, Mumps- oder Rötelnerkrankung sollte die zweite MMR-Impfung durchgeführt werden. Anamnestische Angaben über eine Masern- oder Rötelnerkrankung sind ohne mikrobiologisch-serologische Dokumentation der Erkrankungen unzuverlässig und nicht verwertbar. Es gibt in der Fachliteratur keine Hinweise auf Nebenwirkungen nach mehrmaligen Masern-, Mumps- oder Rötelnimpfungen. Eine Altersbegrenzung für die MMR-Impfung besteht nicht. Sie kann in jedem Alter erfolgen. Empfehlenswert ist z. B. die MMR-Impfung für alle ungeimpften Personen in Einrichtungen mit erhöhter Infektionsgefahr, wie z. B. der Pädiatrie, in Kindergärten, Kinderheimen u. ä. ).

Eine zusätzliche monovalente Röteln-Impfung für Mädchen ist nicht erforderlich, wenn bereits zwei Impfungen mit MMR-Impfstoff dokumentiert sind. Wenn nur eine MMR-Impfung vorausgegangen ist, dann ist die zweite MMR-Impfung bei allen Kindern und Jugendlichen nachzuholen; bei der Jugendgesundheitsuntersuchung ist sicherzustellen, dass alle Mädchen zwei MMR-Impfungen erhalten haben. 

In Österreich: Impfschema: 2 Teilimpfungen im 2. Lebensjahr mit einem Mindestabstand von 1 Monat.
herunterladbare Version des österreichischen Impfplans für 2003

Impfkomplikationen

Kosteneffektivität

Externe Verweise

Schulmedizin

Impfgegener