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Erste Thüringer Keksfabrik

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Die Erste Thüringer Keksfabrik war ein 1902 von Richard Bohlig in Bad Liebenstein gegründetes Unternehmen.

Der 1897 nach Bad Liebenstein gekommene Richard Bohlig arbeitete zunächst als Geselle bei der Bäckerei Kruspe in Bad Liebenstein und erkannte die vielfältigen Absatzmöglichkeiten für Back- und Konditoreiwaren im bekannten Herzheilbad. 1902 baute er in der Barchfelder Straße in Bad Liebenstein ein Wohngebäude mit Fabrik. Dort konnten Brot, Brötchen, Kuchen und Torten industriell hergestellt werden.

In den nächsten Jahren entstanden im Ort zwei Bäckereien, später wurde eine dritte in Tabarz eröffnet und das Fabrikgebäude erweitert. Es wurden Niederlassungen in Berlin, Breslau, Hamburg, Barchfeld und Leipzig sowie Cafés in der Feodora, im Palais Weimar und in einem Gebäude neben dem ehemaligen Bürgermeisteramt in Bad Liebenstein eröffnet. Zu der eigentlichen Keksfabrik in Bad Liebenstein kam noch eine Schokoladenfabrik hinzu. Zu Hochzeiten des Unternehmens 1930 wies die 16seitige Angebotsliste 219 verschiedene Artikel aus, das Unternehmen hatte etwa 100 Mitarbeiter. Eines der bekanntesten Produkte des Unternehmens war das Ribolinchen, ein puppenförmiges, süßes Gebäck, dessen Bezeichnung sich aus den jeweils ersten beiden Buchstaben der Worte Richard Bohlig Liebenstein zusammensetzte.

Nachdem es 1928 zu einem Brand in der Fabrik kam, gab es Ende der 1930er Jahre Pläne, das Fabrikgebäude erneut deutlich zu erweitern, dies konnte jedoch bedingt durch den Zweiten Weltkrieg nie realisiert werden. 1942 wurden sämtliche Produktionsmittel beschlagnahmt, Richard Bohlig wurde nur der Weiterbetrieb einer Bäckerei gestattet. In den Fabrikräumen selbst wurden andere Unternehmen angesiedelt, so war etwa Telefunken während des Krieges für einige Jahre im Gebäude vertreten.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Unternehmen 1945 aufgrund eines sowjetischen Befehls beschlagnahmt und 1948 enteignet, obwohl sich der zunächst vorgebrachte Vorwurf einer Zusammenarbeit Bohligs mit der NSDAP schon nach kurzer Zeit als haltlos erwies. In der DDR lief die Produktion als „VEB Keksfabrik“ weiter. Das zu dieser Zeit wohl beliebteste Produkt, waren die „Bad Liebensteiner Salzstangen“, welche ein rot stilisiertes Herz (als Hinweis auf das Herz-Heilbad) mit der darüber liegenden Schrift (Bad Liebensteiner) auf der Verpackung trugen. In dieser Zeit bekannt waren auch die "Campingkekse", die in der Fabrik hergestellt wurden.

Obwohl sich die Familie des 1952 verstorbenen Richard Bohligs nach der Wiedervereinigung um die Rückübertragung des enteigneten Eigentums bemühte, kaufte die Firma Bahlsen 1991 die Fabrik von der Treuhandanstalt mit beträchtlichen öffentlichen Fördermitteln {Subvention} für 485.000 DM. Rezepturen und Markennahmen gingen somit an Bahlsen über, obgleich ein ernsthafter Weiterbetrieb der Fabrik nie vollzogen wurde. Vorhandene Fabrikationsmittel wurden in Ostblockstaaten verkauft, die restliche Wirtschaftstätigkeit (es wurden anderenorts hergestellte Backwaren verpackt und ein kleiner Fabrikverkauf betrieben) wurde 1998 eingestellt. Im Gebäude befanden sich zu der Zeit eine Reihe von kleineren Unternehmen, wie eine Fahrschule, ein Obstgeschäft und eine Musikschule.

Im Jahr 2000 erfolgte der Abriss des alten Fabrikgebäudes und der Verkauf aller im Laufe der Jahre entstandenen Nebengebäude. Heute befindet sich auf dem Areal ein öffentlicher Parkplatz.