Diminutivaffix
Ein Diminutivsuffix ist eine Nachsilbe. Diminutiv steht für "verkleinern/vermindern". Am bekanntesten sind im Deutschen und seinen Dialekten die Verniedlichung- und Verkleinerungsformen mit Diminutivsuffixen -chen, -lein, -i, -le, -erl, -l, -ei,
Unterscheidung
Diminutivsuffixe sind nur solche Suffixe, deren Bedeutung nicht lexikalisiert wurde. Das -chen bei Mädchen oder Märchen ist zum Beispiel kein Diminutivsuffix.
Beispiele
Die im Deutschen am häufigsten verwendeten Diminutivsuffixe sind -chen, z. B. bei Hänschen (abgeleitet von Hans, häufig als Anrede für Kinder dieses Vornamens), Vögelchen (mit der Bedeutung „kleiner Vogel“) und -lein (z.B. bei Dörflein (abgeleitet von Dorf). Ebenfalls verbreitet, jedoch überwiegend bei Personennamen anzutreffen, ist das nachgestellte -i (z. B. Benni für Benjamin, Basti für Sebastian) bzw. das aus der englischen Sprache übernommene -y (vgl. Tommy für Thomas).
Hochdeutsch
- -chen, zum Beispiel Hündchen für kleiner Hund, verwandt mit dem niederdeutschen -ke und -(t)je
- -lein, zum Beispiel Äuglein für kleines Auge, verwandt mit dem lateinischen -ulus/ula und den oberdeutschen Formen -le, -la, -li, -l
niederdeutsche Dialekte
- auf Danzigerdeutsch spricht man die Umlaute als echte Vokale.
- Hundchen statt Hündchen und Mopschen statt Möpschen.
mitteldeutsche Dialekte
- Saarländische Dialekte des Rheinfränkischen und moselfränkische Dialekte
- -je, -sche, -elsche (doppelter Diminutiv: -el entspricht -lein; -sche entspricht -chen); zum Beispiel "Kätzje" (Kätzchen), "Hundsche" (Hündchen), "Eischelsche" bzw. "Äugelsche" (Äuglein/Äugelchen: kleines Auge)
- Hessische Dialekte
- -che; zum Beispiel "Kätzche" (Kätzchen), "Hündche" (Hündchen), "Eigelche" (Äuglein/Äugelchen: kleines Auge)
oberdeutsche Dialekte (süddeutscher Sprachraum)
- Badisch
- -el, zum Beispiel "Kätzel" für "kleine Katze"
- Schwäbisch
- -le (Singular), zum Beispiel "Kätzle" für "kleine Katze"
- -la (Plural), zum Beispiel "Kätzla" für "kleine Katzen"
- Schweizerdeutsch
- -li, oft mit einer Lautverschiebung verbunden; zum Beispiel "Chätzli" für "kleine Katze"
- Fränkisch
- -la, zum Beispiel "Äffla" für "kleiner Affe", sehr oft aber auch als Verniedlichungs- oder Koseform bei normalen Größen
- Bairisch in Altbayern und Österreich
- -l, -rl, -erl, -ei, -i zum Beispiel "Dirndl", "Dirnei", "Bürscherl"
niederdeutsche Sprachen (Plattdeutsch, Niederländisch, Flämisch)
- -ke, -ken, zum Beispiel Manneke, kleines Männchen
- -je, -tje, zum Beispiel Mannetje, Buscherumpje, Meisje
- -ing (im Mecklenburgischen) zum Beispiel Mining und Lining
- -culus/-cula/-culum, zum Beispiel musculus (Mäuschen) von mus (Maus), davon als Fremdwort abgeleitet: Muskel, navicula (Schifflein) von navis (Schiff), tabernaculum (Hüttchen) von taberna (Brett, Hütte, Laden), davon abgeleitet: Tabernakel
- -let, zum Beispiel leaflet (Blättchen/Flugblatt) von leaf (Blatt), booklet (Büchlein) von book (Buch), bomblet (Bömbchen) von bomb (Bombe), piglet (Ferkel) von pig (Schwein)
- -kin, zum Beispiel lambkin (Lämmchen) von lamb (Lamm) (aber nicht pumpkin von pump)
- -y, zum Beispiel piggy (Schweinchen) von pig (Schwein)
- -ling, zum Beispiel duckling (Entchen) von duck (Ente)
- -et/ette, zum Beispiel sœurette (Schwesterchen)
- -ot, zum Beispiel "frérot" (Brüderchen)
- -elle, zum Beispiel"sauterelle" (Heuschrecke)
- -ín, zum Beispiel leabhairín (Büchlein)
- -ino/a, zum Beispiel suonino (Tönchen), carina (Liebchen/Teuerchen, daher der Name)
- -et/-eta, zum Beispiel germaneta (Schwesterchen)
In der litauischen Sprache gibt es besonders viele Diminutive, die sich aus dem Altlitauischen erhalten haben: neben Substantiven werden auch Adjektive mit zahlreichen Suffixen verwendet.
- -elis/-elė, zum Beispiel namelis (Häuschen), gėlelė (Blümchen)
- -ėlis, -ėlė ąsotėlis, mažutėlė
- -(i)ukas, -(i)ukė berniukas, mergiukė
- -eliukas, -eliukė ereliukas, mameliukė
- -ytis, -ytė paukštytis, gėlytė
- -(i)utis, -(i)utė zuikutis, saulutė
- -aitis, -aitė: bernaitis, mamaitė,
- -učiukas, -učiukė: mažučiukas, mažučiukė
- -elytaitis, -elytaitytė
- -aki, zum Beispiel νεράκι, (neraki) (zum Kaffee serviertes "Wässerchen")
- oder κουταλάκι, (kutalaki) (Löffelchen, Teelöffel)
Die portugiesischen Diminutive und Bildungsregeln sind zahlreich. Außerdem gibt es Ausnahmen, veraltete Formen sowie Unterschiede in der Pluralbildung. Das Portugiesische verwendet das Diminutiv auch bei Adjektiven, Adverbien und Gerundien.
- -inho/a, zum Beispiel casinha (Häuschen) von casa (Haus)
- -zinho/a (wenn Nomen auf Vokal oder Nasal endet), zum Beispiel irmãozinho (Brüderchen) von irmão (Bruder), homemzinho (Männlein) von homem (Mann)
- -ito/a (i. d. R. parallel zu -inho/a verwendbar), zum Beispiel casita (Häuschen) von casa
- -zito/a (in Sonderfällen), zum Beispiel mulherzita (Fräulein, jedoch nicht als Anrede zu gebrauchen) von mulher (Frau)
- -oto/a (selten), zum Beispiel casota (Häuschen) von casa
- -eto/a (selten), zum Beispiel saleta (Räumchen) von sala (Raum)
- -ebre (sehr selten), zum Beispiel casebre (Häuschen) von casa
In der russischen Sprache sind Diminutiva und Kosenamen sehr gebräuchlich. Substantiva, Adjektiva und Adverbien haben jeweils eigene Suffixe. Substantiva weisen die größte Vielfalt auf:
- Maskulina: -ik, -tschik, -ok/-ek, -ec, -ischk- usw. (z. B. "domik" von "dom" ("Haus")
- Femina: -k-a, -onk-a/-enk-a, -(i)c-a, -ink-a usw. (z. B. "tropinka" von "tropa" ("Pfad")
- Neutra:-ik-o, -(i)c-e, -yschk-o usw. (z. B. "oblatschko" von "oblako" ("Wolke")
Eines der wenigen maskulinen undeklinierbaren Substantiva, die den für die neutrale Substantiva typischen Abschluß –e haben ( wie z. B. "шимпанзе" ("Schimpanse"), ist кофе ("Kaffee"). Das entsprechende Diminutiv ist "кофеeк" (kofeek) mit dem Suffix -ok/-ek. Ein Beispiel aus der Literatur: „– О, сейчас кофейку выпью,- потирая руки, сказал довольным голосом Коротков“ http://www.babsi.de/diminutiva/Diminutiva.pdf
Das Diminutiv ist bei Eigennamen im Russischen so vielfältig, dass von Nichtrussen der Name oft nicht mehr erkannt wird:
- Aleksey = Alyosha, Alyoshenka, Alyoshka, Lyoshik, Lyosha
- Aleksandr(a) = Sasha, Shura, Sashenka, Shurik, Sashka, San'ka, Sashechka, Shurka, Shurochka
- Anastasiya = Nastya, Asya, Nastenka, Nastyushka, Nastyona, Nastka
- Anna = Anya, Anyuta, Anechka, Anushka, Nyuta, Nyura, Nyusha
- Boris = Borya, Borenka, Boryusha, Borka
- Dmitriy = Dima, Mitya, Mitenka, Dimochka, Mityusha, Dimon, Mitka
- Grigoriy = Grisha
- Ivan = Vanya, Ivanushka, Vanechka, Vanka
- Konstantin = Kostya, Kostenka, Kostik, Kostka
- Leonid = Lyonya, Lyolik, Lyonуchka, Lyonka
- Mariya = Masha, Manya, Mashenka, Mashechka, Mashusha, Marusya, Mashka
- Mikhail = Misha, Mishenka, Mishanya, Mishka
- Nataliya = Natasha, Nata, Natashenka, Natusenka, Natusik, Natashka
- Nikolay = Kolya, Kolenka, Nikolasha, Kol'ka, Kolyan
- Pyotr = Petya, Petenka, Petrusha, Petyunya
- Sergei = Seryozha, Seryoga, Seryozhenka, Seryozhka
- Stepan = Styopa, Styopanka, Stepanchik, Styopushka, Styopka
- Stanislav= Stasya, Stasik, Stasyuka, Stasenka
- Bratislav= Slava, Slavochka
- Svetlana = Sveta, Svetochka, Svetik, Svetyushka, Svetka
- Vladimr = Volodya, Vova, Vovochka, Volodenka, Vovka, Volodka
- Yekaterina = Katya, Katerina, Katechka, Katenka, Katyukha, Katyusha, Katka
- Yevgeny = Zhenya, Zhenechka, Zheka, Zhenka
Besonders in Lateinamerika ist der Diminutiv sehr gebräuchlich. Dort ist er auch nicht nur in Nomina zu finden, sondern auch in Adverbien, bsp. "ahorita" für "ahora".
- -ito/a ersetzt -o/a
- -cito/a, wenn der letzte Buchstabe kein unbetontes o oder a ist; beispielsweise wird mamá (Mama) zu mamacita und coche (Auto) zu cochecito (Autochen / Kinderwagen)
- -illo/a, wie -el/-le/-li im deutschen: etwas veraltet oder dialekt-spezifisch (Andalusien), aber in vielen etablierten Begriffen (wie Tortilla) zu finden
- andere regionale / umgangssprachliche Formen, ähnlich wie -illo/a: -ico (Aragonien, Costa Rica), -ín oder -ino (Asturien), -iño (Galicien), -uco (Kantabrien), -ete (Katalonien), -uelo (altmodisch), -ico/ica (Murcia)
- -cik/-cık/-cuk/-cük, zum Beispiel kedicik (Kätzchen). Im Türkischen können auch die Adjektive verkleinert werden, zum Beispiel incecik (sehr dünn).
Weitere Verwendung
Das Diminutivsuffix kann aber nicht nur das Kleinsein, sondern auch die positive (meliorative) oder die negative (pejorative) Einstellung des Sprechers zum Bezeichneten ausdrücken. Substantiva, Adjektiva und Adverbien haben eigene Diminutivsuffixe. Die lexikalische Bedeutung wird durch Verkleinerung (Diminution) nicht geändert. Das Diminutivsuffix wird in anderen Sprachen auch zur Bildung von hypokoristischen Formen verwendet.
Nachsilben, die eine Vergrößerung anzeigen (Augmentativsuffixe) sind im Deutschen unbekannt.
Über die grammatikalische Bedeutung hinaus sind Diminutivsuffixe sprachliche Mittel, um Beziehungsrelationen zu signalisieren, sie können im Gegensatz zum Diminutiv zumindest in anderen Sprachen als dem Deutschen auch Anerkennung, Respekt oder ein Qualitätsmerkmal ausdrücken.
Weblinks
Siehe auch
Literatur
- Maria Schiller: Pragmatik der Diminutiva, Kosenamen und Kosewörter in der modernen russischen Umgangsliteratursprache, Band 22 Sprach- und Literaturwissenschaften, Herbert Utz Verlag, München ISBN 978-3-8316-0683-2