Segelflugzeug
Ein Segelflugzeug ist ein für den Segelflug, also für motorloses Fliegen (Steigen im Aufwind beziehungsweise Gleiten mit geringem Höhenverlust) konstruiertes Luftfahrzeug. In Deutschland werden Segelflugzeuge luftrechtlich als eigene Luftfahrzeugklasse gewertet und dürfen je nach Zulassung des Segelflugzeugtyps bis über 800kg wiegen.
Um fliegen zu können, muss es Höhe (potentielle Energie) in Flugstrecke umwandeln. Im Prinzip kann man aber jedes Flugzeug als Segelflugzeug verwenden (die ungewollt längste Strecke legte dabei ein Airbus A330-200 mit 120 km zurück), wobei darauf hinzuweisen ist, dass sich der Segelflug bei Motorflugzeugen in der Regel auf einen stabilen Gleitflug beschränkt. Ausnahmen hierzu bieten Motorsegler, die durch ihre spezielle Konstruktion auch die Möglichkeit reinen Segelfluges nutzen können. Auch die Raumfähre Space Shuttle landet als Gleitflugzeug, das private Raumschiff Space Ship One ist sogar offiziell als „nicht eigenstartfähiges Segelflugzeug mit Hilfsantrieb“ zugelassen. Im engeren Sinne bezeichnet man nur Flugzeuge als Segelflugzeuge, bei denen ein besonders gutes Verhältnis zwischen verbrauchter Höhe und zurückgelegter Strecke besteht.
Moderne Segelflugzeuge haben ein Gleitverhältnis zwischen 1:30 und 1:70 oder mehr, können also mit nur 1 km Höhenverlust bis zu 70 km weit fliegen. Hochleistungssegelflugzeuge erreichen zurzeit Gleitverhältnisse von 1:50 bis 1:60. Das derzeit (2005) leistungsfähigste Segelflugzeug, die ETA hat mit ihren über 30,90 m Spannweite sogar ein geschätztes Gleitverhältnis von über 1:70.
Flugeigenschaften

Um gute Segelflugeigenschaften erbringen zu können, muss ein Segelflugzeug nach bestimmten Kriterien gebaut werden. Ein geringes Gewicht kann dabei sogar hinderlich sein: Zwar ermöglicht eine geringe Flächenbelastung ein schnelles Steigen in der Thermik, jedoch verringert sich die Fluggeschwindigkeit des optimalen Gleitens durch die geringere potentielle Energie erheblich. Viele Leistungssegelflugzeuge verfügen zusätzlich über Wassertanks (bis zu 300l im Nimbus), um die eigene Masse zu vergrößern. So können die Flugeigenschaften durch Ablassen des Wasserballasts während des Fluges an die Wetterbedingungen angepasst werden: hohe Flächenbelastung und damit hohe „Reisegeschwindigkeit“ bei guter Thermik, nach Leerung der Ballasttanks niedrige Flächenbelastung für optimale Nutzung schwacher Aufwinde. Eine sichere Landung ist bei den meisten Flugzeugen nur mit leeren Ballasttanks möglich.
Da hohe Geschwindigkeit bei gutem Gleitwinkel nur mit relativ hoher Flächenbelastung möglich ist, wird bei Segelflugzeugen auf extremen Leichtbau verzichtet. Deshalb sind einsitzige Segelflugzeuge mit Hilfsmotor wesentlich schwerer als Ultraleichtflugzeuge.
Eine hohe Wendigkeit ist nötig, da die Aufwindströme mitunter lokal eng begrenzt sind, das heißt, dass das Flugzeug einen engen Kreis fliegen muss, damit der Aufwind genutzt werden kann. Moderne Segelflugzeuge sind so konstruiert, dass sie in einem großen Geschwindigkeitsbereich stabil und sicher fliegen. Geschwindigkeiten von 60 km/h bis 280 km/h sind mittlerweile die Regel. Ein geringer Luftwiderstand ist nötig, da andernfalls zu viel Energie durch Reibung verloren geht. Bei modernen Segelflugzeugen gehört deshalb ein Einziehfahrwerk zur Grundausstattung. Um den erforderlichen Auftrieb bei geringstmöglichem induzierten Widerstand zu gewährleisten, haben die Flügel von Segelflugzeugen im Vergleich zu Motorflugzeugen eine hohe Spannweite und eine geringe Profiltiefe (hohe Flügelstreckung). Aus Gründen der Festigkeit und Oberflächengüte werden Flügel als auch Rumpf und Leitwerk moderner Segelflugzeuge aus faserverstärkten Kunststoffen aufgebaut. Nicht nur wegen der hohen Belastung im Flug müssen Segelflugzeuge stabil gebaut sein; auch eine Außenlandung, etwa auf Äckern und ungeerntetem Getreide, muss das Flugzeug aushalten und dabei dem Piloten bestmöglichen Schutz bieten. Im Falle einer Außenlandung ist es nicht möglich, das Flugzeug wieder zu starten. Es wird "abgerüstet" (die Tragflächen und das Höhenleitwerk werden abgebaut) und das Flugzeug wird in einem Transportanhänger zu einem Flugplatz gebracht. Segelflugzeuge sind in der Regel so konstruiert, dass sie sich in wenigen Minuten in ihre Bestandteile (Flügel, Rumpf, Leitwerke) zerlegen lassen.
Schlepp eines Segelflugzeuges
Für den Schlepp eines Segelflugzeuges gibt es üblicherweise den Flugzeugschlepp oder den Windenstart. In seltenen Fällen werden auch noch der Autoschlepp und der Gummiseilstart angewendet. Für alle Schlepparten braucht das Flugzeug eine Schleppkupplung. Beim Erreichen der gewünschten Flughöhe wird die Kupplung geöffnet, und das Schleppseil ist vom Flugzeug gelöst. Beim Windenstart passiert das Öffnen der Kupplung automatisch. Bei einer Länge der Schleppstrecke von circa 1000 Meter sind Ausklinkhöhen von 300 - 500 Meter üblich (u.a. abhängig von Wind und Flugzeugtyp). Moderne, leichte Kunststoffseile ermöglichen erst bei deutlich längeren Schleppstrecken signifikant größere Ausklinkhöhen.
Motorsegler besitzen einen Motor, mit dem sie zumeist in der Lage sind, alleine zu starten (Eigenstart). Es gibt auch Motorsegler die mit einem schwächeren Motor ausgerüstet sind, mit dem sie nicht alleine starten können, sondern der nur eingesetzt wird, um Gebiete ohne Thermik ohne Außenlandung durchfliegen zu können.
Die meisten Segelflugzeuge zum Streckensegelflug können in verschiedene internationale Wettbewerbsklassen eingeteilt werden:
- FAI-Standard-Klasse (starres Flügelprofil, 15 m Spannweite, variable Flächenbelastung, max. 525 kg Abflugmasse)
- FAI-15-m-Klasse, auch Rennklasse genannt (15 m Spannweite, Profil durch Wölbklappen veränderbar, variable Flächenbelastung, max. 525 kg Abflugmasse)
- FAI-18-m-Klasse, (18 m Spannweite, Profil durch Wölbklappen veränderbar, variable Flächenbelastung, max. 600 kg Abflugmasse)
- Offene Klasse (max. 850 kg Abflugmasse, sonst keine Einschränkungen)
- Doppelsitzerklasse (zweisitzig, maximal 20 m Spannweite)
- World Class (Einheitsflugzeug PZL PW-5)
- Club-Klasse (ältere Flugzeuge bis zu einem Leistungsindex von 106, konstante Flächenbelastung)
Beim Segelfliegen gibt es nationale und internationale Wettbewerbe in den Disziplinen Strecken-Segelflug und Segel-Kunstflug.
Neben diesen sog. „zentralen Wettbewerben“ (alle Teilnehmer starten vom gleichen Flugplatz) werden die „dezentralen Wettbewerbe“ immer beliebter. Der in Europa wichtigste Wettbewerb ist der Online-Contest (OLC), bei dem die Teilnehmer ihre standardisierten GPS-Logger-Dateien einreichen und in einer Einzel- sowie einer Vereinswertung gewertet werden.
Bei den zentralen Wettbewerben wird die geflogene Strecke und die dabei erreichte Schnittgeschwindigkeit in der Wertung berücksichtigt, während bei den dezentralen Wettbewerben ausschließlich die geflogene Gesamtstrecke zählt. Einen bestimmten Bonus erhält man für die vorhergehende Ansage der geflogenen Strecke und einer Streckenführung, die einem gleichseitigen Dreieck ähnelt. Um die unterschiedlichen Flugzeugtypen innerhalb der Wettbewerbsklassen vergleichbar zu machen, wurden Handicapfaktoren eingeführt.
Typen nach Hersteller
- Alexander Schleicher
- DG Flugzeugbau
- Glasflügel Flugzeugbau
- PZL Bielsko
- Rolladen-Schneider (inzwischen Teil von DG Flugzeugbau)
- Scheibe-Flugzeugbau
- Schempp-Hirth
- Grob
Segelnde Verkehrsflugzeuge
Folgende Flugzeuge mussten wegen Treibstoffmangels segelnd landen:
- Air Transat 236, 24. August 2001, Airbus A330, Landung auf den Azoren, 120km Gleitflug
- Air Canada 143, 23. Juli 1983, Boeing 767, Landung auf dem Gimli Airport, Kanada (Gimli Glider), 64km Gleitflug
- Hapag-Lloyd 3378, 12. Juli 2000, Airbus A310, Landung kurz vor Wien-Schwechat, 20km Gleitflug
Siehe auch
- Kunstflug
- Hängegleiter
- Schleppflugzeug
- Paraglider
- Ultraleichtflugzeug
- Aerodynamik
- Gleitzahl
- Außenlandung
- Segelfluglizenz
- Fliegersprache
- Sicherheitslandung
- Flächenbelastung
- Windenstart
- Flugzeugschlepp
Weblinks
- http://www.segelflug.de/ – Der deutsche Segelflug Server, hier kann man sich sehr ausgiebig über das Segelfliegen informieren. Es gibt unter anderem eine Liste mit Segelflugvereinen in Deutschland.
- http://www.segelfliegen.ch/ – Der Server des Segelflugverbandes der Schweiz, mit vielen Links zu Clubs in der Schweiz.
- [1] - Die Webseite einer der grössten Segelflugverein der Schweiz.