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Orthodoxe Kirchen

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Orthodox (von griechisch oρθoς richtig und δoξα Lehre oder Verehrung - also richtige Lehre oder richtige Verehrung (Gottes)) oder östlich-orthodox nennen sich die christlichen Kirchen, die im früheren griechischen Kulturraum entstanden oder von dorther gegründet worden sind.

Es handelt sich um eine Gruppe von Kirchen, die in Kirchenverständnis, Lehre und Kultus weitgehend übereinstimmen und ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl haben. Bibel und Liturgie ist in der jeweiligen Landessprache.

Die orthodoxen Kirchen sind nach der katholischen Kirche weltweit gesehen die zweitgrößte christliche Konfession, etwa dreimal größer als die größten evangelischen Konfessionen.

Organisation

Patriarchate

In der Orthodoxen Kirche wird unterschieden zwischen autokephalen Kirchen, die rechtlich und geistlich vollständig selbständig sind und ihr eigenes Oberhaupt wählen und oft noch für weitere Kirchen zuständig sind und autonomen Kirchen, die bezüglich interner Angelegenheiten bis zu einem gewissen Grad selbständig sind, aber in mancher Hinsicht von einer autokephalen Kirche abhängen.

Die zahlreichen orthodoxen Kirchen im deutschen Sprachraum sind z.B. jeweils der heimatlichen autokephalen Kirche oder dem ökumenischen Patriarchat unterstellt.

Ein Patriarchat und eine autokephale Kirche sind rechtlich und geistlich gleichgestellt, die Unterscheidung ist historisch.

An der Spitze eine Patriarchats steht ein Patriarch, an der Spitze einer andern autokephalen Kirche steht ein Metropolit oder Erzbischof. An der Spitze einer autonomen Kirche steht ein Erzbischof.

Unter den autokephalen Kirchen gibt es Patriachate, die jeweils von einem Patriarchen geleitet werden und zwar

Autokephale Kirchen sind

  • die Kirche von Zypern
  • die Kirche von Griechenland
  • die Kirche von Albanien
  • die Kirche von Polen
  • die Kirche von Tschechien und der Slowakei
  • die orthodoxe Kirche in Amerika

Autonome Kirchen sind

  • die Kirche von Sinai
  • die Kirche von Finnland
  • die Kirche von Japan
  • die Kirche der Ukraine

Alle andern orthodoxen Kirchen stehen unter der geistlichen Leitung einer autokephalen Kirche.

In der Orthodoxen Kirche sind alle Bischöfe rechtlich und geistlich gleichgestellt - ein Patriarch, Metropolit oder Erzbischof hat gegenüber einem Bischof keine höhere Autorität und keine Jurisdiktion im Gebiet eines andern Bischofs, steht den Bischöfen seines Gebiets aber als "primus inter pares" (erster unter gleichen) vor und vertritt die Kirche gegen aussen. Für eine ganze Kirche bindende Entschlüsse können aber nur von der Gemeinschaft der Bischöfe an einem Konzil oder einer Synode getroffen werden. Innerhalb seines Gebiets hat jeder Bischof die geistliche Jurisdiktion.

Kirchenverständnis

Die orthodoxe Kirche versteht sich als die ursprüngliche christliche Kirche, von der sich alle übrigen Kirchen abgespalten haben (auch die katholische). Von daher sieht sich eine orthodoxe Kirche auch als geistliche Heimat aller Christen in ihrem Gebiet und sieht mit mehr oder weniger Befremden auf die zahlreichen evangelischen Konfessionen, insbesondere, wenn diese auf dem eigenen Gebiet Parallelkirchen eröffnen.

Den orthodoxen Kirchen liegt an der Einheit des Christentums, die meisten von ihnen haben sich aus diesem Grund dem ökumenischen Rat der Kirchen angeschlossen und führen einen ökumenischen Dialog zwecks Annäherung mit der katholischen und anglikanischen Kirche. Sie sind jedoch nicht bereit, sich durch Mehrheitsbeschluss nicht-traditionelle Werte und Praktiken aufzwingen zu lassen (z.B. von einer Priesterin geleiteter Gemeinschaftsgottesdienst, gemeinsame Eucharistie, inklusive Sprache in der Liturgie, Befreiungstheologie).

Weihe und Amt

Das Sakrament der Weihe ist in drei Stufen aufgeteilt. Die erste Stufe ist das Diakonat, die zweite das Priestertum und die dritte die des Bischofs. Nur Bischöfe sind zum Zölibat verpflichtet, Priester und Diakone dürfen verheiratet sein (allerdings nicht nach der Priesterweihe heiraten).

Die Ämter sind in eine Hierarchie eingebunden: an der Spitze steht der Patriarch, Erzbischof oder Metropolit als Primus inter Pares unter den Bischöfen, dann kommen Bischof, und Priester. Diakon, Subdiakon, Vorleser, Sänger und Türhüter sind weitere Ämter.

Im Gegensatz zu westlichen Kirchen sind in der orthodoxen Kirche traditionell die meisten Theologen, in deren Hand auch ein grosser Teil der Lehre liegt, Laien und nicht Priester.

Es gibt keine Frauenordination und keinen Altardienst für Frauen. Die Frau des Priesters hat eine Sonderstellung in der Gemeinde und einen speziellen Titel, arabisch Khouria und griechisch Presbytera (Älteste), oder russisch Matuschka (Mama). Vom Altardienst abgesehen, können Frauen prinzipiell sämtliche Funktionen in der Gemeinde ausüben, z.B. Kirchenrat, Chor leiten, Lektorendienst, Unterricht erteilen (auch für Erwachsene), Ikonen malen - je nach lokaler Kultur ist die Beteilung der Frauen am Gemeindeleben jedoch unterschiedlich.

Spiritualität

Sakramente

Die orthodoxen Kirchen kennen sieben Sakramente: Taufe, Salbung (die unmittelbar auf die Taufe folgt), Eucharistie, Busse, Ordination, Ehe und Krankensalbung.

Liturgie

Der Mittelpunkt der orthodoxen Spiritualität ist die reiche, hauptsächlich gesungene Liturgie voller Symbolik, die teilweise bis ins vierte Jahrhundert zurückgeht.

Die ursprüngliche Liturgie dauerte fünf Stunden, die Basilius-Liturgie dauert etwa zweieinhalb, die Chrysostomos-Liturgie etwa eineinhalb Stunden. An den meisten Sonntagen wird die Chrysostomos-Liturgie gefeiert, an hohen Feiertagen die Basilius-Liturgie.

Mit Orthros (Matutin) und weiteren Gebeten ist der Gottesdienst auch an normalen Sonntagen reichlich drei Stunden lang - wobei nicht alle von Anfang bis Ende dabei sind.

Besonderen Stellenwert in russisch-orthodoxen Liturgie haben die Gesänge. Sie werden als Gebete verstanden und deshalb nur von menschlichen Stimmen "produziert" werden. Der Gebrauch von Instrumenten ist demzufolge in russisch-orthodoxen Kirchen nicht gestattet, weil Instrumente nicht beten können.


In der orthodoxen Liturgie bekreuzigt man sich jedes Mal, wenn die Trinität erwähnt wird, wenn das Kreuz oder eine Ikone verehrt wird, beim Segen, und bei unzähligen weiteren Gelegenheiten. Man bekreuzigt sich von rechts nach links (Stirn, Brust, rechte Schulter, linke Schulter) umgekehrt wie in der katholischen Kirche. Beim Bekreuzigen werden Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger zusammengehalten (drei Finger - Trinität), während Ringfinger und kleiner Finger an der Handfläche (zwei Finger - die zwei Naturen Christi, in die Handfläche - kommen herab zur Erde).

Gebetet wird prinzipiell stehend, auch in den Gottesdiensten wird meistens gestanden.

Besucher in russisch-orthodoxen Kirchen sollten nicht die Hände auf den Rücken legen. Das war die übliche Haltung der KGB-Agenten, die den Gottesdienst überwachten, und gilt bis heute als verletzend.

Ikonen

Ikonen sind nach speziellen Traditionen gemalte Bilder von Christus, Maria und Heiligen.

Die orthodoxe Kirche sieht die lebenden Christen und die verstorbenen Christen, insbesondere die Heiligen, als eine einzige spirituelle Gemeinschaft, insbesondere bei der Anbetung Gottes. Ikonen sind für die orthodoxe Kirche Fenster in die geistliche Welt - daher auch der meistens goldene Hintergrund.

In der orthodoxen Kirche gibt es die Ikonostase eine mit Ikonen geschmückte Wand mit drei Türen zwischen Gläubigen und Altar. In der Mitte hängt (vom Betrachter aus) rechts eine Christus-Ikone, links eine Ikone der Gottesmutter mit Kind, dazwischen ist die königliche Türe, durch die der Priester in der Eucharistie den König der Ehren zur Gemeinde bringt

Ikonen werden verehrt, indem man sich vor ihnen bekreuzigt und sie küsst.

Die meisten Orthodoxen haben auch private Ikonen zu Hause.


"Nichtkanonische" orthodoxe Kirchen und Sondergemeinschaften

Von den ihrem eigenen Selbstverständnis nach kanonischen orthodoxen (Groß- oder Haupt-)kirchen haben sich zu verschiedenen Zeiten Kirchen und Gruppen abgespalten. Diese betrachten sich als authentische Fortsetzerinnen bestimmter Traditionslinien. Dazu gehört:

1.)Die sich seit dem 17. Jahrhundert entwickelnden Altorthodoxen (Altritualisten, Altgläubige) die heute durch zwei Kirchenfamilien mit bischöflich-priesterlicher Struktur, sowie vielen Gemeinschaften und Gemeinden und der sogenannten "Prieserlosen" vertreten sind.

2.) Die Gruppe der Exil- oder Auslandskirchen, die sich im 20. Jahrhundert von den Großkirchen der ehemaligen sozialistischen Länder lossagten. Ihnen nahestehend waren die sogenannten Katakomben- oder Untergrundkirchen (Wahre Orthodoxe), die als illegalle Kleingruppen im sozialistischen Osteuropa überlebt haben.

3.) Die von den übrigen Kirchen nicht anerkannten (nationalen) autokephalen Kirchen wie die Ukrainische, die Makedonische und die (vor allem in Amerika verbreitete) Belarussische. Zahlreiche Gläubige in Osteuropa fühlen sich auch mit der Ukrainischen Orthodoxe Kirche (Kiever Patriarchat) verbunden (sie ist von der oben genannten autokephalen Kirche zu unterscheiden). Eine besondere Gruppe stellen die in den letzten zwei Jahrzehnten entstandenen Orthodoxen Gegenkirchen in Südosteuropa dar.

4.) Schließlich sind noch traditionalstische Gruppierungen, wie Altkalendarier und modernistische Strömungen wie die Lebende Kirche im Sowjetrussland der 20er Jahre zu nennen.



Siehe auch:

Altorientalische Kirche