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Schizophrenie

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Schizophrenie ist eine Sammelbezeichnung für eine ganze Gruppe von psychischen Erkrankungen. Sie wird den endogenen Psychosen zugeordnet.

Bei vielen Menschen herrscht der Irrglaube vor, Schizophrenie bezeichne eine sog. "gespaltene Persönlichkeit". Tatsächlich bedeutet der Begriff "Schizophrenie", der 1911 von dem Psychiater Eugen Bleuler geprägt wurde, wörtlich übersetzt "Spaltungsirresein". In Wirklichkeit aber ist das, was in vielen Filmen und Büchern als "gespaltene Persönlichkeit" dargestellt wurde, eine äusserst seltene Unterkategorie einer schizophrenen Psychose.

Für den Laien wird eine schizophrene Psychose zumeist an der Wahnsymptomatik erkennbar.

Eine Schizophrenie ist eine Erkrankung, die zu Störungen und Veränderungen des Denkens, Fühlens, Handelns und des Ich-Erlebens führt. Vorher vertraute Dinge und Personen werden unheimlich. Diese Veränderungen sind meist sehr angsteinflößend für den Betroffenen; viele Erkrankte werden sehr mißtrauisch und ziehen sich von anderen Menschen zurück.

Symptome

Charakteristisch sind Halluzinationen, Denkstörungen und wahnhaftes Denken. Häufig sind dabei akustische Halluzinationen: ca. 80% der an einer schizophrenen Psychose Erkrankten hören Stimmen. Ein entscheidendes Kriterium für die Diagnose einer Schizophrenie ist auch das wahnhafte Denken. Ein Wahn bedeutet eine unerschütterliche Überzeugung, die auch durch Fakten nicht zu widerlegen ist; für den Kranken besteht eine "Wahngewißheit", etwa verfolgt, beobachtet oder abgehört zu werden. Damit einher geht oft ein sozialer Rückzug und eine emotionale Verarmung bzw. Verflachung.

Entstehung und Verlauf

Schizophrenien können sowohl schubweise als auch chronisch verlaufen, wobei die schubweise Verlaufsform häufiger ist. Ein Schub, also eine akute Krankheitsphase kann mehrere Wochen oder viele Monate dauern. Danach klingt die Krankheit wieder ab, bis möglicherweise ein neuer Schub erfolgt.

Der erste Schub beginnt typischerweise zwischen Pubertät und dreißigstem Lebensjahr.

Besonders problematisch sind oft schleichend beginnende Fälle, die häufig zu einem chronische Verlauf der Krankheit führen, bei welchem auch nach Abklingen einer akuten Episode starkte Residualsymptome (also Restsymptome) bleiben. Solche Restsymptome sind zum Beispiel soziale Isolierung, Beeinträchtigung der persönlichen Hygiene, auffallende Sprachmuster, Depressivität oder Antriebsmangel.

Häufigkeit und Ursachen

Das sogenannte lifetime-Risiko, an einer schizophrenen Psychose zu erkranken, beträgt 1 Prozent, das heisst, statistisch gesehen durchlebt jeder Hundertste mindestens einmal im Leben eine schizophrene Episode. Schizophrenie ist also eine durchaus weitverbreitete Krankheit; das geringe Wissen, das darüber in der Öffentlichkeit besteht (und Ursache für viele Vorurteile ist), ist wohl auf die Stigmatisierung dieser Krankheit zurückzuführen.

Eine eindeutige Ursache für Schizophrenie ist bis heute nicht bekannt. Man geht derzeit von einem multifaktoriellen Modell aus, bei dem weder genetisch-biologische noch psychosoziale Ursachen allein eine Schizophrenie auslösen, sondern viele Faktoren zusammen für den Ausbruch dieser Erkrankung verantwortlich sind.

Biologische Faktoren

Die Zwillingsforschung hat eine genetische Komponente der Schizophrenie belegt: je näher die Verwandtschaft mit einem Schizophreniekranken, desto wahrscheinlicher wird auch eine eigene Erkrankung. Bei einem schizophreniekranken Elternteil beträgt sie 5-10%, bei kranken Geschwistern 8-10%, bei eineiigen Zwillingen 20-75%. (Wäre die Schizophrenie jedoch eine genetisch verursachte Krankheit, müsste sie bei eineiigen Zwillingen 100% betragen). Es gibt auch Hinweise auf einen Zusammenhang von Schizophrenie mit frühkindlichen Hirnschädigungen, etwa durch Geburts-Komplikationen.

Während einer schizophrenen Psychose kommt es zu biochemischen Veränderungen im Gehirn. Dabei spielt der [Neurotransmitter] Dopamin eine große Rolle, der während einer akuten Psychose überaktiv ist und dadurch zu einer zentralnervösen Übererregbarkeit führt.

Psychosoziale Faktoren

Auffallend ist, dass akute Schübe häufig in besonders belastenden und veränderungsträchtigen Lebenssituationen auftreten, etwa Auszug aus dem Elternhaus, Heirat, Arbeitsplatzwechsel, Renteneintritt etc.

Die frühere Annahme eines schizophrenieauslösenden Familienmilieus gilt heute als überholt; allerdings hat das in der Familie herrschende Klima einen großen Einfluß auf den Verlauf und die Prognose der Erkrankung. Lange Zeit war auch die [Double-Bind-Theorie] als Erklärungsmuster populär; dabei handelt es sich um widersprüchliche bis paradoxe Kommunikationsmuster, von denen man annahm, dass sie Einfluß auf die Entstehung einer Schizophrenie haben könnten. Auch dies hat sich als nicht haltbar erwiesen.

Ich-Entwicklungsdefizite, pathologisches Aufrechterhalten der Mutter-Kind-Symbiose oder gravierende Vernachlässigung in den ersten Lebensjahren können dagegen Faktoren sein, die zu einer größeren Vulnerabilität, also Krankheitsanfälligkeit führen.

Dem derzeit aktuellen Vulnerabilitätskonzept zufolge sind es also bestimmte Belastungssituationen, die in Zusammenwirken mit anderen ungünstigen Faktoren bei Menschen mit einer angeborenen "Anfälligkeit" für psychische Erkrankungen zum Ausbruch einer schizophrenen Psychose führen können.

Behandlung

Ein ebenso falsches wie hartnäckiges Vorurteil besagt, Schizophrenie sei unheilbar. Tatsächlich verfügt die Medizin heute über eine Vielzahl an Behandlungsmethoden.

Im Vordergrund steht dabei gewöhnlich die medikamentöse Behandlung. In erster Linie werden dabei Neuroleptika eingesetzt, die spezifisch auf psychotische Symptome (also etwa die Halluzinationen) wirken. Sie wirken auf den Neurotransmitterstoffwechsel ein und können oft sehr schnell die Symptomatik mildern oder beseitigen, haben aber teilweise gravierende Nebenwirkungen, wie Dyskinesien (Bewegungsstörungen, hauptsächlich im Gesichtsbereich und an den Extremitäten, parkinsonähnliche Symptome und Bewegungsunruhe. Neuroleptika führen nicht zu einer Gewöhnung oder Abhängigkeit, allerdings müssen oft weitere Medikamente gegeben werden, um die Nebenwirkungen zu kontrollieren.

Ergänzend zur medikamentösen Therapie erfolgt häufig eine soziotherapeutische Betreuung und/oder eine Psychotherapie.

Zum Verlauf lässt sich vereinfachend sagen, dass sich bei ca. einem Drittel der Patienten unter medikamentöser Behandlung die Erkrankung komplett zurückbildet; bei einem weiteren Drittel kommt es zu Residualsymptomen (s.o.) auch zwischen den akuten Schüben. Bei einem Drittel kommt es zu schweren chronischen Verläufen, bei denen erhebliche psychosoziale Einschränkungen bleiben und die Betroffenen dauerhaft psychosozial werden müssen.