Arbeitslosengeld (Deutschland)
Arbeitslosengeld wird in der Bundesrepublik Deutschland bei Arbeitslosigkeit als Lohnersatzleistung gezahlt und daher auch als Entgeltersatzleistung bezeichnet. Es ist die wichtigste Barleistung der Arbeitsförderung nach dem Dritten Sozialgesetzbuch (SGB III).
Anspruchsvoraussetzungen
Arbeitslosengeld (AlG) erhält auf Antrag, wer
- arbeitslos ist,
- sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat,
- die Anwartschaftszeit einer mindestens 12-monatigen versicherungspflichtigen Beschäftigung innerhalb von drei Jahren vor Beginn der Arbeitslosigkeit erfüllt hat und
- das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
Arbeitslos ist, wer vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und eine versicherungspflichtige mindestens 15 Wochenstunden umfassende Beschäftigung sucht. Arbeitslos ist also auch ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis (formell) noch fortbesteht, der aber weder zur Arbeit verpflichtet ist noch Vergütung erhält (z.B. bei einseitiger Freistellung im Fall der Insolvenz ohne Vergütungszahlung). Beschäftigungssuche setzt (neben der bestehenden Arbeitsfähigkeit - arbeitsunfähige Erkrankung bei Beginn der Arbeitslosigkeit schließt also den Anspruch aus) eigene Bemühungen zur Beendigung der Arbeitslosigkeit voraus und erfordert zusätzlich, dass der Arbeitslose den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamts zur Verfügung steht, also bereit ist, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen (zur Zumutbarkeit vgl. § 121 SGB III).
Vorhandenes Vermögen steht der Gewährung von Arbeitslosengeld nicht entgegen, da es aus Beiträgen finanziert wird, nicht aus Steuermitteln, wie z.B. Arbeitslosenhilfe. Es handelt sich nicht um eine Sozialleistung.
Höhe des Anspruchs
Die Höhe des AlG richtet sich nach dem "Bemessungsentgelt". Das ist im Regelfall das in den letzten 52 Wochen vor Beginn der Arbeitslosigkeit im Durchschnitt auf eine Woche entfallende, versicherungspflichtige Entgelt. Von diesem (Brutto-)Bemessungsentgelt wird durch Abzug der(regelmäßig) bei Arbeitnehmern anfallenden steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Abzüge (pauschal nach einer nur die individuelle Steuerklasse berücksichtigenden Tabelle) das (Netto-) Leistungsentgelt (also pauschaliert die durchschnittliche Nettovergütung der letzten 12 Monate) ermittelt. Die Höhe des Arbeitslosengelds pro Woche ergibt sich aus der Multiplikation dieses Leistungsentgelts mit dem so genannten Leistungssatz von 60 bzw. 67 Prozent. Arbeitslosen mit Kindern wird hierbei der erhöhte Satz von 67 Prozent gezahlt.
Minderung der Höhe
Die Höhe des Anspruchs mindert sich, wenn sich der Arbeitslose nicht unverzüglich nach Erhalt einer Kündigung (also nicht erst bei Auslaufen der Kündigungsfrist!) arbeitslos meldet für jeden Tag der verspäteten Meldung bei einem (wöchentlichen) Bemessungsentgelt bis zu 400 € um 7 €, bis 700 € um 35 € und darüber um 50 €. Eine Minderung erfolgt höchstens bis zu 50% des Arbeitslosengelds. (Beispiel bei 14 Tagen verspäteter Meldung: Bemessungsentgelt monatlich: 2.786 € = 645 € wöchentlich, Steuerklasse III, keine Kinder; Arbeitslosengeld: 1.171 € monatlich = 273 wöchentl., Minderungsbetrag = 14 mal 35 € = 490 € höchstens aber 50% von 273 € = 136,50 €. Kürzung monatlich 585 €.)
Dauer des Anspruchs
Die Dauer des Bezugs hängt vom Lebensalter und der ununterbrochenen Dauer der versicherungspflichtigen Beschäftigung und wird mit den Ende 2003 beschlossenen Neuregelungen ab 2006 drastisch gekürzt. Die Anspruchsdauer ergibt sich aus nachfolgender Tabelle. Die bisherige Regelung gilt noch für Arbeitslose, die bis zum 31.1.2006 arbeitslos werden und sich bis dahin auch gemeldet haben. Die verkürzte Anspruchsdauer gilt dann ab 1.2.2006.
Altregelung bis 31.01.2006 | Neuregelung ab 01.02.2006 | ||||
Mon. Beschäft. | Lebensalter in J. | AlG in Mon | Mon. Beschäft. | Lebensalter in J. | AlG in Mon. |
16 | - | 8 | 16 | - | 8 |
20 | - | 10 | 20 | - | 10 |
24 | - | 12 | 24 | - | 12 |
30 | 45 | 14 | - | - | - |
36 | 45 | 18 | - | - | - |
44 | 47 | 22 | - | - | - |
52 | 52 | 26 | 30 | 55 | 15 |
64 | 57 | 32 | 36 | 55 | 18 |
Diese Anspruchsdauer mindert sich für Zeiten, in denen eine Sperrzeit verhängt wurde mindestens um ein Viertel der gesamten Anspruchsdauer. Bei einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe ohne wichtigen Grund wird also AlG nicht nur erst nach 12 Wochen bezahlt, sondern danach auch nicht für 12 Monate sondern nur noch für maximal 9 Monate.
Ruhen des Anspruchs
Der Anspruch auf Arbeitslosengeld „ruht“, das heißt, dass in diesem Zeitraum AlG nicht gezahlt wird, u.a. in folgenden Fällen:
- wenn der Arbeitslose nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Urlaubsabgeltung erhält (Ruhensdauer = Zeit des abgegoltenen Urlaubs;
- wenn eine Sperrzeit verhängt wird (in der Regel 12 Wochen);
- wenn eine Abfindung gezahlt wird und das Arbeitsverhältnis vor dem Datum beendet wird, zu dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung der für den Arbeitgeber geltenden Kündigungsfrist (vgl. Kündigungsfristen im Arbeitsrecht) beendet worden wäre.
Die Ruhensdauer bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung hängt ab von der Höhe der Abfindung, dem Lebensalter und der Dauer des Arbeitsverhältnisses (vgl. § 143a SGB III). Höchstens ruht der Anspruch bis zum Datum des Auslaufens der arbeitgeberseitigen Kündigungsfrist bzw. maximal ein Jahr.
Sperrzeit
Der Abschluss eines Auflösungsvertrags (oder Aufhebungsvertrags), eine vom Arbeitslosen verschuldete verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitgebers oder eine Eigen-Kündigung durch den Arbeitnehmer führt zu einer „Sperrzeit wegen Lösung des Beschäftigungsverhältnisses“ (§ 144 SGB III) und damit zum Ruhen des AlG-Anspruchs. Dies gilt in der Regel auch dann, wenn einer solchen einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine betriebsbedingte arbeitgeberseitige Kündigung voraus gegangen ist. Auch im Fall solcher so genannter "Abwicklungsverträge" soll nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 18.12.2003 (AZ: B 11 AL 35/03) die Sperrzeitfolge eintreten. Eine Sperrzeit soll danach immer dann eintreten, wenn der Arbeitslose in irgend einer Weise aktiv an der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses mitgewirkt hat. Die blosse Hinnahme einer Kündigung auch wenn damit das Angebot einer Abfindungszahlung verbunden ist, begründet auch im Fall einer objektiv rechtswidrigen Kündigung keine Sperrzeit. Das Urteil deutet darüber hinaus an, dass die vergleichweise Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch dann keine Sperrzeit auslöst,wenn der Arbeitnehmer gegen die Kündigung Klage zum Arbeitsgericht erhoben hat und eine solche Abwicklungsvereinbarung als gerichtlicher Vergleich geschlossen wird.
Die Sperrzeit entfällt aber, wenn der Arbeitnehmer für sein Verhalten einen wichtigen Grund hat. Wichtige Gründe sind zum Beispiel schwerwiegende gesundheitliche Probleme am Arbeitsplatz (die aber ein Arzt attestiert haben muss) oder familiäre Umstände (beruflich bedingter Umzug des Ehepartners o.ä.). Nach den derzeit gültigen Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit liegt ein wichtiger Grund im Fall eines Abwicklungsvertrages (einvernehmliche Beendigung nach arbeitergeberseitiger, betriebsbedingter Kündigung) auch dann vor, wenn der Arbeitlose auf die Rechtswirksamkeit der Kündigung vertrauen durfte und das Beschäftigungsverhältnis nicht vor dem Termin beendet wird, zu dem die Kündigungsfrist ausgelaufen wäre.
Sperrzeiten können ebenso während des Bezugs von Arbeitslosengeld verhängt werden, wenn der Arbeitslose sich auf Vermittlungsangebote nicht bewirbt, ein zumutbares Arbeitsangebot nicht annimmt oder das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses (z.B. durch deutlich überhöhte Lohnforderungen vereitelt). Die Sperrzeiten beträgt dabei bei der ersten Ablehnung drei Wochen, bei der zweiten sechs und danach 12 Wochen. Treten Sperrzeiten von insgesamt 21 Wochen ein erlischt der Anspruch ganz.
Die Sperrzeit beginnt grundsätzlich am Tag nach dem die Sperrzeit begründenen Ereignis, also z.B im Fall des Abschlusses eines Aufhebungsvertrags, mit dem ersten Tag, an dem Arbeitslosigkeit besteht. Weil aber nach der Rechtssprechung des Bundessozialgerichts Arbeitslosigkeit bereits dann vorliegt, wenn das Beschäftigungsverhältnis beendet ist, kann Arbeitslosigkeit auch bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis eintreten. Dies wird etwa dann angenommen, wenn (etwa im Rahmen eines Abwicklungsvertrags) eine unwiderrufliche Freistellung des Arbeitnehmers von seiner Arbeitspflicht unter Vergütungsfortzahlung bis zum Auslaufen der Kündigungsfrist vereinbart ist. In solchen Fällen beginnt der Lauf der Sperrzeit bereits mit der (unwiderruflichen) Freistellung und ist deshalb bereits bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses (und Beginn des Arbeitslosengeldbezugs) ganz oder teilweise abgelaufen.
Nebenbeschäftigungen
Während des Arbeitslosengeldbezuges darf man eine oder mehrere Nebenbeschäftigung(en) ausüben, solange man bei dieser/diesen unter 15 bzw. bei Selbständigkeit unter 18 Stunden in der Woche bleibt. Desweiteren gibt es einen monatlichen Freibetrag in Höhe von 20% des monatlichen Arbeitslosengeldes, mindestens aber von 165 Euro. Wenn das Nebeneinkommen diesen Freibetrag übersteigt, wird der übersteigende Betrag von dem monatlichen Arbeitslosengeld abgezogen (§ 141 SGB III).
Ableitbare Ansprüche
Wer Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, hat (unter weiteren Voraussetzungen) Anspruch auf:
Folgen der Reform
Medienberichten zufolge werden 2005 etwa 500.000 Personen durch Neuregelungen ihren Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung verlieren. In den nordöstlichen Bundesländern verliert ein knappes Drittel seinen Anspruch auf das Arbeitslosengeld II. Daneben ist bei großen Teilen der rund zwei Millionen arbeitsfähigen Empfänger des Arbeitslosengeld II mit drastischen Einschnitten in der Lebensqualität zu rechnen, da sich die Unterstützung bei verschärften Auflagen im Regelfall effektiv auf etwa 50 bis 25 Prozent reduziert.
Siehe auch
- Arbeitslosenhilfe
- Arbeitslosengeld II
- Abfindung im Arbeitsrecht
- Beschäftigungsverhältnis
- Sozialrecht
- Agentur für Arbeit
- Bundesagentur für Arbeit
- Arbeitslosenversicherung
- Grundeinkommen