Polo (Sport)
Polo ist eine Mannschaftssportart, bei der die auf Pferden reitenden vier Spieler pro Team einen sieben bis acht Zentimeter großen, 130 Gramm schweren Ball mit einem langen Holzschläger in das gegnerische Tor schlagen müssen. Jeder Spieler braucht im Wettkampf einen Polohelm mit optionalem Gesichtsschutz und mehrere Pferde zum Wechseln, um die Belastung für die Tiere erträglich zu gestalten.
Geschichte des Polosports
Die Anfänge des Polosports liegen im antiken Persien um ca. 600 v. Chr. In Afghanistan existiert eine dem Polo entfernt verwandte Sportart, das Buzkashi. Das Polospiel wurde in Persien immer populärer und avancierte zum Nationalsport. Im Zuge der islamischen Expansion breitete sich auch nach Arabien und Indien aus. [1]
Durch englische Kavallerie-Offiziere der Lancers (Ulanen), die in Indien stationiert waren, gelangte Polo im 19. Jahrhundert nach Großbritannien. 1859 wurde der erste englische Polo-Club gegründet. Polo war 1900, 1908, 1920, 1924 und 1936 olympische Disziplin. Die ersten drei Turnier gewann jeweils ein britisches Team, die letzten beiden ein argentinisches Team.
Regeln
Das Spielfeld ist 300 Yards (ca. 270 Meter) lang und 200 yd (ca. 180 m) breit, das Tor ist 8 yd (ca. 7,20 m) breit. Gespielt wird mit zwei Mannschaften zu je vier Spielern, daneben gibt es zwei berittene Schiedsrichter auf dem Feld und einen Oberschiedsrichter am Spielfeldrand. Das Spiel ist in Zeitabschnitte (sog. Chucka, auch „Chukker“, „Chukka“) eingeteilt, die jeweils 7,5 Minuten lang sind. Ein Spiel kann zwischen vier und acht Chucka lang sein. Die Spielrichtung wechselt nach jedem Tor, um eventuelle Vorteile zu verhindern.
Erlaubt
Hook: Ein Spieler darf in den Schläger eines Gegenspielers mit seinem eigenen einhaken um diesen beim Schlagen des Balles zu behindern.
Push: Mittels des eigenen Körpers oder dem des Pferdes darf ein Spieler von der Line abgedrängt werden.
Nicht erlaubt
ad hook: Der Mallet darf nur kurz vor dem Schlag gehookt werden, nicht in der Senkrechten.
ad push: Es darf keinesfalls mit Ellenbogentechnik gearbeitet werden.
Sandwich: Es ist zwei Spielern gleicher Mannschaft nicht erlaubt einen Spieler der Gegenmannschaft in die Zange zu nehmen.
Handicap
Jeder Polospieler hat je nach Leistungsstärke ein persönliches Handicap, das bei -2 beginnt und bis +10 gehen kann. Die besten Polo-Spieler der Welt mit einem HDC von +10 kommen fast alle aus Argentinien. Die Summe der vier Einzelhandicaps bilden das Gesamthandicap einer Mannschaft. Wenn Mannschaften mit unterschiedlichen Handicaps antreten, erhält die Mannschaft mit dem geringeren Handicap einen Tore-Vorsprung. High Goal Polo ist die höchste Spielklasse; hier beginnt das Mannschafts-Handicap bei +8. Geregelt ist bei jedem Turnier auch die Anzahl zulässiger Spieler aus dem Ausland, die meist als Profis aus Argentinien engagiert werden.
Die englische Hurlingham Polo Association (HPA) fungiert als internationaler Dachverband des Polosports und pflegt auch die Liste der Handicaps international aktiver Polospieler.
Ausrüstung
Der Spieler trägt zwingend vorgeschrieben einen Helm. Polohelme fallen breiter aus als klassische Reithelme, das hat aber rein ästhetische Gründe, weil der Polohelm seine Wurzeln in den Tropenhelmen der Kolonialzeit hat.
Das kurzärmelige Polohemd hat aus dem Polosport seinen Einzug in die allgemeine Freizeitkleidung gefunden.
Häufig tragen die Spieler spezielle Handschuhe mit verstärktem Rücken als Schutz gegen Schläge sowie Knieschoner.
Wurden noch bis in die 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts klassische weiße Reithose (oftmals in ihrer ausgestellten Form, „Breeches“) getragen, so sieht man heutzutage fast ausschließlich weiße Jeans, entweder normale Freizeitmodelle oder spezielle Varianten ohne Innennaht.
Gerne werden „Gaucho Belts“, Gürtel mit traditionellen argentinischen Webmustern, getragen.
Die typischerweise braunen und mit Reißverschluss ausgestatteten Polostiefel sind zumeist mit Sporen versehen.
Wenn die Spieler eine Reitgerte benutzen, ist sie in der linken Hand zu halten. Meist kommen überlange (bis 1,2m) Modelle zum Einsatz.
Der Poloschläger (Mallet, Stick) wird immer rechts gehalten (auch von Linkshändern). Er besteht aus einer hölzernen zylinderförmigen Schlagfläche, die an der dem Pferd zugewandten Seite abgeschrägt ist und wegen ihrer Form auch „Zigarre“ genannt wird. Die Griffverlängerung ist aus Bambus gefertigt, der Griff ist ähnlich geformt wie bei einem Hockeyschläger. Eine Schlaufe, die ums Handgelenk gewickelt wird, verhindert, dass der Spieler seinen Schläger verliert, wenn er ihn versehentlich loslässt. Die Länge der Schläger variiert je nach Größe des Spielers und seines Pferds, sie wird in Zoll gemessen. Gängige Poloschläger reichen von 48 bis 53 Zoll. Bemerkenswert ist, dass anders als in vielen anderen Sportarten hier so gut wie keine technische Weiterentwicklung erfolgt ist, sondern die Sportgeräte im Prinzip in ihrer Urform weiterbestehen.
Unangefochtener Marktführer für Turnier-Oberbekleidung ist der argentinische Hersteller „La Martina“. Schläger und Stiefel stammen oft von mittelständischen Handwerksbetrieben aus Argentinien. Die Modemarke „Polo Ralph Lauren“ trägt zwar das Emblem eines Polospielers, fertigt aber keine spezielle Ausrüstung für den Polosport.
Reitweise und Schlagtechniken
Sitz
Die Steigbügelriemen werden eher kurz geschnallt und der Spieler steht beim Schlagen fast aufrecht im vorderen Drittel des Sattels.
Der Knieschluss sollte sehr fest sein und die Beine des Reiters das Pferd umklammern.
Kommandos
Vorwärts: Angetrieben wird das Pferd mit den Schenkeln und den Zügeln. Um dem Pferd ein Vorwärts zu signalisieren werden die Unterschenkel mehr oder weniger weit zurückgelegt und die zügelführende Hand dem Pferdekamm entlang nach vorne.
Bremsen, Stop: Je nach gewünschter Intensität des Bremsens oder des Stoppens werden die Zügel angenommen oder zum Körper gezogen und das Gewicht nach hinten verlagert.
Handwechsel: Um im Galopp die Hand des Pferdes zu wechseln wird ein kurzes Stopkommando gegeben und sofort anschließend die Zügel in die Richtung gelegt, in die das Pferd die Hand wechseln soll. Unterstützend wird auch mit dem Körpergewicht gearbeitet.
Schläge
Offside: Der Schlag wird entlang der rechten Seite des Pferdes nach vorne ausgeführt.
Offside Bewegungsablauf: In der Vorbereitungsphase erhebt sich der Spieler aus dem Sattel und verlagert seinen Schwerpunkt auf das rechte Bein. Der rechte Arm wird wie beim Tennis knapp am Körper nach hinten geführt. Beim Schwung (swing) wird der Oberkörper nach unten gebeugt und die Beine dienen als Federung um die Pferdebewegung auszugleichen. Der Ball wird auf der Höhe des Unterschenkel geschlagen. Nachdem der Ball getroffen wurde, folgt der Schläger weiter dem Vorwärtsschwung bis
Nearside: Der Schlag wird entlang der linken Seite des Pferdes nach vorne ausgeführt.
Nearside Bewegungsablauf: Als erstes wird die Reitgerte vor den Sattel gelegt. Die Arme werden gekreuzt, wobei die Zügelführung weiterhin vorhanden sein muss. Ansonsten wird der Schlag wie ein Offsideschlag ausgeführt, nur dass alles auf die linke Seite abgestimmt ist.
Back: Offside- wie Nearsideschläge können auch nach hinten ausgeführt werden.
Back Bewegungsablauf: Der Ball wird ein wenig hinter dem Unterschenkel geschlagen.
Back Open: Der Schlag wird nach hinten ausgeführt, wobei der Ball eher weg vom Pferd geschlagen wird.
Back Tail: Der Schlag wird nach hinten ausgeführt, wobei der Ball hinter dem Pferd vorbeigeht.
Under the neck: Der Schläger unter dem höchsten Punkt des Halses des Pferdes durchgeführt.
Under the neck Bewegungsablauf: Der Ball wird viel früher und weiter vorne geschlagen, damit der Bambusstab des Schlägers unter dem Hals durchschwingen kann.
Polo-Pferde
Auch wenn die Regeln es zulassen, Polo auf einem Pferd beliebiger Größe zu spielen, kommen doch zumeist speziell gezüchtete Polo-Ponys zum Einsatz, die überwiegend aus Argentinien stammen (Criollos). Das Bemerkenswerte ist, dass die Pferde, die von Natur aus scheue Fluchttiere sind, beim Polo Kampf- und Jagdgeist entwickeln müssen und es zulassen, dass rund um ihren Kopf mit dem Schläger hantiert wird. Das Stockmaß der Tiere liegt in der Regel um 1,50 m.
Der Schutz der Pferde ist die oberste Maxime des Regelwerks. So darf ein Pferd nicht in zwei aufeinander folgenden Chuckas eingesetzt werden, und jede mögliche Gefährdung eines Tieres führt zur sofortigen Unterbrechung des Spiels (hingegen geht bei Sturz eines Spielers,wenn es nach Betracht des Schiedsrichters kein schwerer Sturz war, das Spiel weiter). Die strenge Einsatzregel erzwingt es, dass ein Spieler pro Turnier etwa mit vier bis sechs Pferden anreisen muss.
Polo in verschiedenen Ländern
Deutschland

In Deutschland gibt es 2005 ca. 300 aktive Polo-Spieler. Historisch bedingt dürfte Hamburg sich die Ehre als inoffizielles Zentrum des Polosports geben; der Hamburger Polo Club in Flottbek ist der älteste deutsche Club; gleich zwei Highgoaler sind dort ansässig, die beide eine eigene Poloschule unterhalten; auch der Sitz der Geschäftsstelle des Deutschen Poloverbands ist dort. Hier wird traditionell das bedeutendste deutsche Turnier, der Rolex Crown Cup, ausgetragen.
In der Anzahl der Clubs ist der Großraum Berlin-Brandenburg führend, wo auch die Deutschen Polo-Meisterschaften ausgetragen werden. Daneben gibt es Polo-Vereine im Umfeld aller anderen deutschen Großstädte, insbesondere in München, Frankfurt am Main und Düsseldorf.
Der beste deutsche Spieler mit einem Handicap von +5 ist Thomas Winter aus Hamburg (2006) gefolgt von Christopher Kirsch auch aus Hamburg mit einem HDC von +4. Weitere Spieler sind beispielsweise Sven und Jo Schneider, Moritz Gädeke, Stephan Louis oder Peter Ostendorf. Die jüngsten aktiven Polospieler in Hamburg unter der Leitung von Thomas Winter sind Heinrich Dumrath (13), Kay Gust (16) und Pia Gust (18)(wohl jüngste aktive Nachwuchsspielerin der Stadt Hamburg).
Die deutsche Poloszene wird durch ausländische Spieler („playing pros“) und Pferdepfleger („grooms“) unterstützt, die sowohl in sportlicher Hinsicht als auch in Sachen Brauchtum und Tradition eine wichtige Stütze des Sports in Deutschland sind.
Im Raum Hamburg und am Chiemsee gibt es mehrere Poloschulen, die dem Einsteiger die sonst fast unvermeidliche Reise nach England oder gar Argentinien ersparen.
Österreich
In Österreich existieren zwei Zentren des Polosportes; eines im Umfeld von Wien in Ebreichsdorf und eines unweit von Klagenfurt in Kärnten. Daneben konnte sich der Poloevent in Kitzbühel etablieren, diese Veranstaltung findet jährlich statt und ist vor allem bei der Society beliebt.
Schweiz
Neben einem Polo-Club in Genf und einem in Zürich gibt es vor allem ein Ereignis im Schweizer Polo, das Aufsehen erregt: das „Cartier Polo on Snow“-Turnier in St. Moritz, das auf dem Eis des zugefrorenen Sees ausgetragen wird und immer in der letzten Januarwoche stattfindet. Außerdem findet jährlich das große Event in Gstaad statt (Silver Cup), obwohl nächtliche Spiele schon in England im 19 Jhrd. veranstaltet wurden, hatte Night Polo on Snow seine Weltpremiere 2005 in Klosters.
Bekannte Polospieler
Im englischen Königshaus ist Polo sehr populär: Prince Charles ist begeisterter Polospieler mit einem Handicap von +2 und kam durch seinen Onkel, Lord Louis of Mountbatten (vormals Prinz von Battenberg) zum Polo. Dieser schrieb auch unter den Pseudonym „Marco“ ein Buch zum Thema Polo. Prince William ist ebenfalls aktiv und hat derzeit ein Handicap von +1. Auch Charles' Vater, der Herzog von Edinburgh, spielte Polo und ist der Ehrenpräsident des Guards Polo Club in Berkshire.
Auch der Gitarrist Mike Rutherford (Genesis, Mike & the Mechanics) spielt Polo auf Turnierniveau, ebenso das Model Jodie Kidd, der deutsche Kino- und Fernsehstar Heino Ferch (-1) und seine Gattin, die ehem. Vielseitigkeitsreiterin des bundesdeutschen Nationalkaders Marie-Jeanette Steinle (-1) oder der weltbesten Polospieler ist der Sultan von Brunei, Hassanal Bolkiah.
Sicherlich überregionale Bekanntheit dürfte der Hamburger Kaufmann Albert Darboven genießen, der den Sport in Deutschland maßgeblich gefördert und populär gemacht hat.
Siehe auch: La Martina
Weblinks
Linkkatalog zum Thema Polo bei curlie.org (ehemals DMOZ)