Zum Inhalt springen

Bahnpost

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 11. April 2007 um 13:03 Uhr durch TRXX-TRXX (Diskussion | Beiträge) (Bahnpost in Österreich: typos). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Bahnpostwagen der Österreichischen Post
Detailansicht: Vorrichtung zur Aufnahme von Postsäcken während der Fahrt (Chicago, Burlington and Quincy Railroad)
Bahnpost-Briefkasten der Deutschen Bundespost um 1990
Beutelspanne im Inneren eines Bahnpostwagens der Bundespost

Unter Bahnpost versteht man die Bearbeitung von Postsendungen in Eisenbahnwagen. Ein reiner Postsachentransport in Güterwagen wird nicht als Bahnpost definiert.

Definition

Das wichtigste Kriterium eines Bahnpostwagens ist die darin erfolgende Sortierung der Sendungen während der Fahrt, da nur dann von Bahnpost im eigentlichen Wortsinn gesprochen wird. Hierfür verfügen Bahnpostwagen über spezielle postalische Einrichtungen wie Brieffachwerke und Spannvorrichtungen für Postbeutel (so genannte Beutelspannen). Bahnpostwagen werden entweder in Reisezüge eingestellt oder bilden eigene Postzüge. Es gab auch Postabteile als Bestandteil von Gepäckwagen oder Triebwagen. In Frankreich sind einige TGV („TGV Poste“) komplett für die Postbeförderung eingerichtet. Die meisten Bahnpostwagen wiesen zudem Wagenbriefkästen auf, so dass sich die Absender von Briefen bei Kenntnis der Bahnpostlinien einen Zeitvorteil bei der Abgabe ihrer Sendungen auf dem Bahnhof gegenüber dem Einwurf in einen stationären Briefkasten verschaffen konnten.

Bei manchen Bahngesellschaften z.B. in Großbritannien und den USA hatten die für die Post vorgesehenen Wagen an Fernzügen Vorrichtungen zur Aufnahme von Postsäcken während der Fahrt.

Bahnpost in Deutschland

Die badische Postverwaltung nutzte das neue Verkehrsmittel Eisenbahn bereits unmittelbar nach dessen Inbetriebnahme im Jahr 1840 zur begleiteten Mitnahme von Postsendungen. Der erste Bahnpostwagen Deutschlands mit Umarbeitung der Post durch Postconducteure wurde dann am 1. April 1848 in Baden in Betrieb genommen. Die Bahnpost löste dann nach und nach in allen altdeutschen Teilstaaten die Beförderung der Post durch Postreiter und Postkutschen ab und war in der gesamten Zeit der Reichspost das Rückgrat der Postbeförderung.

Zur schnelleren Beförderung wurde Überland-Post nur grob nach Richtung vorsortiert und in Beuteln zu den Bahnpostämtern gebracht, die sie an die Bahnpostwagen weitergaben, die an Reisezüge angehängt wurden. Bis zu 20 Postbeamte (Postschaffner, später Bahnpostbegleiter) sortierten die Briefe und Zeitungen nach Orten. Das Personal musste über gute geographische Kenntnisse verfügen.

Die Beutel mit der jeweiligen Orts- oder Streckenpost wurden dann beim Halt ausgeladen zur ortsinternen Weiterleitung oder zur Weiterführung zu anderen Bahnpoststrecken. Um 1914 waren insgesamt 2400 Bahnpostwagen in Deutschland im Einsatz, in denen etwa 8000 Mitarbeiter beschäftigt waren.

Die auf den Bahnhöfen in die Briefkästen der Bahnpostwagen eingeworfene Post wurde im Wagen mit besonderen Bahnpoststempeln abgestempelt. Sie enthielten Angaben zum Kurs (z. B. Köln–Berlin), die Zugnummer sowie das Datum. Jedoch längst nicht alle, der per Bahnpost transportierten Sendungen erhielten auch einen Bahnpoststempel. Nur diejenigen, die noch keine Abfertigung durch das Aufgabepostamt erhalten hatten, wurden im Zug gestempelt. Solche Briefe, speziell von seltenen Nebenstrecken oder speziellen Fahrten, sind heute bei Sammlern sehr begehrt.

Man unterscheidet verschiedene Typen von Bahnpostwagen je nach deren Ausstattung: Briefbahnpostwagen für die ausschließliche Bearbeitung von Briefen, Paketbahnpostwagen für die ausschließliche Bearbeitung von Paketen und Alles-Bahnpostwagen zur Bearbeitung von Briefen und Paketen. Daneben gab es Päckereiwagen, die lediglich zum Transport und Umarbeitung von Paketen vorgesehen waren, Postabteile in auch noch anderweitig genutzten Bahnwagen usw.

Durch die Einführung der Postleitzahlen wurde wie überall im Sortierbetrieb die Arbeit der Fahrer sehr erleichtert. Eine weitere Erleichterung war der Einsatz von Rollcontainer-Systemen, die insbesondere bei der Deutschen Post der DDR flächendeckend und standardisiert zum Einsatz kamen. In Deutschland wurde der Bahnpostbetrieb 1997 eingestellt. Hauptgründe für die Einstellung waren die Übernahme der Sortierung durch die stark automatisierten Briefverteilzentren, die großteils ohne Gleisanschluss geplant wurden, sowie der Aufbau des deutschen Nachtluftpostnetzes.

Bahnpost in der Schweiz

In der Schweiz wurden erstmals 1857 Bahnpostwagen bei der Schweizerischen Nordostbahn auf der Strecke Zürich - Baden - Brugg eingesetzt. Ab 1866 setzt die Schweizer PTT eigene Bahnpostwagen ein.

Ein Meilenstein in der Bahnpostgeschichte war die Eröffnung der Gotthardbahn 1882. Es konnten erstmals Postsendungen fast witterungsunabhängig über den Alpenhauptkamm, nicht wie bisher über den Gotthardpass, transportiert werden. Die erste Post wurde bereits am 01.01.1882 durch den Gotthardtunnel befördert. Offiziell wurde die Strecke am 01.06.1882 eröffnet.

Das Bahnpostnetz danach weiter ausgebaut. 1893 gab es 273 Kurse.

Heute wird die Post weiterhin auch per Bahn befördert, aber seit 2004 nicht mehr im Zug sortiert.

Bahnpost in Österreich

1850 wurde die Post erstmals in einem k.u.k fahrenden Postamt zwischen Wien und Oderberg (heute Bohumin) befördert. 1914 waren 700 Bahnpostwagen im Einsatz. Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich verkehrten von 1938 bis 1945 die Bahnpostwagen für die Deutsche Reichspost. 1945 übernahm die die Österreichische Post wieder die Beförderung der Bahnpost.

Heute transportiert die Österreichische Post AG die Post per LKW.

Bahnpostkarten

Museen

Viele Postwagen werden durch Eisenbahnvereine teilweise betriebsfähig museal erhalten. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Bahnpost e.V. betreibt mit ihren voll ausgestatteten Bahnpostwagen in Losheim am See ein Bahnpostmuseum und setzt die Wagen auch in historischen Postsonderzügen ein oder lässt sie bei Sonderzügen von Museumsbahnen mitfahren.

13 historiche Bahnpostwagen aller Epochen des Museum für Kommunikation sind im Bahnpark Augsburg abgestellt. Die Wagen können derzeit nicht besichtigt werden.

Einer der berühmten Postraub Bahnpostwagen der Royal Mail ist Exponat im Birmingham Railway Museum

Postraub

Die in den Bahnpostwagen befördeten Wertsendungen waren immer eine lohneswerte Beute. Sehr häufig überfielen u.a. in den USA Banditen Bahnpostwagen. (Diese Überfälle waren stets für Hollywood in Western seit dem 1903 gedrehten Stummfilm Der große Eisenbahnraub ein beliebtes Thema.) Um das Problem in den Griff zu kriegen, wurden in USA sehr solide Bahnpostwagen mit Stahlaufbauten in Dienst gestellt. (s. Photo)

Der spektakulärste Postraub in Europa ereignete sich in England. 1963 überfiel eine Bande der Londoner Unterwelt unter Leitung von Ronald Biggs einen Postzug der Royal Mail. Die Räuber erbeuteten 2,63 Million englische Pfund in alten Scheinen.

Der Überfall wurde für das deutsche Fernsehen unter dem Titel Die Gentlemen bitten zur Kasse mit Horst Tappert verfilmt.

Siehe auch

Literatur

  • Joachim Deppmeyer, Klaus Kirsch, Peter Wagner: Kleine Typenkunde deutscher Bahnpostwagen. Transpress Verlag, Stuttgart 2003, ISBN 3-613-71215-6
  • Bahnpost-Wagen-Archiv. Bundesarbeitsgemeinschaft Bahnpost e.V. (Reihe von bisher 25 Ausgaben)
  • Harry Miosga, 130 Jahre Bahnpost in Deutschland in:Archiv für deutsche Postgeschichte, Heft 1/1980, Frankfurt, ISSN: 00003-8989
  • Peter Schmelzle: Die Post auf der Schiene. 150 Jahre Bahnpost in Deutschland., Jubiläums-Edition der Deutschen Post AG, Bonn 2006