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Kleiderordnung

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Unter Kleiderordnung versteht man Regeln und Vorschriften zur gewünschten Kleidung im privaten, gesellschaftlichen, kulturellen und geschäftlichen Umfeld.

Mit dem Begriff Dress-Code (engl. dresscode) werden darüber hinaus auch Regeln bezüglich Kleidung bezeichnet, die nicht per Gesetz oder Erlass, sondern aufgrund weicherer Faktoren bestehen: aufgrund von Konvention, aufgrund des Bedürfnisses nach Konformität, aufgrund einer stillschweigender Übereinkunft, eines gesellschaftlichen Konsenses (bzw. eines Konsenses in einer gesellschaftlichen Gruppe, siehe Kleidercode) oder einer Erwartungshaltung z. B. eines Veranstalters oder eines Arbeitgebers.

Die Standards der Kleiderordnung können sich je nach Land, Region, Religion, ethnischer Gruppierung, Firmen-, Zunft- oder Branchenzugehörigkeit usw. unterscheiden. In einigen Regionen ist z. B. das Tragen einer Tracht zu öffentlichen Ereignissen erwünscht, wird außerhalb dieser Regionen jedoch als unpassend empfunden oder ist sogar verpönt. Die Kleiderordnung ist modischen Einflüssen und Zeitgeist (z. B. Zylinder, Gehstock) unterworfen.

Geschichte

Ursprünglich hießen die Erlasse so, die die zulässige Bekleidung und den Schmuck für die einzelnen Stände festlegten. So wurde die gesellschaftliche Hierarchie optisch deutlich gemacht. Diese Vorschriften wurden seit dem Altertum bis zum Ende des 18. Jahrhunderts von Landesherren, Reichstagen und Stadträten erlassen.

Schon im Altertum gab es Kleiderordnungen entsprechend dem sozialen Status. Für Prostituierte und Juden galten spätestens seit dem Mittelalter bestimmte Kleidungsvorschriften. Karl der Große erließ im Jahr 808 ein „Aufwandgesetz“, das vorschrieb, wie viel jeder Stand für seine Kleidung ausgeben durfte. In Speyer und in Straßburg wurde den Frauen 1356 lang herabfallendes und offen getragenes Haar verboten. 1370 folgte in Straßburg ein Verbot von weiblicher Unterkleidung, die die Brüste anhob.

Im 16. Jahrhundert untersagten Spanien, Frankreich, Italien und England ihren Untertanen Gold- und Silberbrokate sowie Gold- und Silberstickereien. Im Krieg der Bauern von Langensalza forderten diese 1524 vergebens, die rote Schaube der Oberschicht tragen zu dürfen. 1530 beschloss der Augsburger Reichstag eine umfassende Neuregelung der Standestrachten, die 1548 erneuert wurde. Im 17. Jahrhundert gab es in Europa zunehmend Luxus-Beschränkungen. In Spanien und Frankreich wurden Spitzen verboten, vor allem solche aus Belgien. Im 18. Jahrhundert gehörte gepudertes Haar und das Tragen eines Degens zum Privileg der höheren Stände. Durch die Ideen der Aufklärung gerieten diese Standesvorschriften aber zunehmend ins Wanken, und die Französische Revolution erschütterte sie vollends.

Heute bestehen Ansätze von Kleiderordnung im juristischen Sinne nur noch in äußerst marginalem Maße, z. B. in dem Verbot des Tragens verfassungsfeindlicher Symbole. Dresscodes aufgrund von Vereinbarung, Konsens, Konvention etc. treten aber zum Teil an ihre Stelle.

Moderne Kleiderordnungen

Ausdrücklich geforderte Kleiderordnungen

Heute bestehen Kleiderordnungen im Sinne von Vorschriften eher im Rahmen von Veranstaltungen oder im Arbeitsleben.

Im Bereich von Veranstaltungen wird versucht durch Dress-Codes eine bestimmte Atmosphäre zu erzeugen. Dazu wird mitunter auf Einladungen die gewünschte Kleiderordnung angegeben, oftmals wird die Einhaltung der passenden Kleiderordnung jedoch auch stillschweigend vorausgesetzt.

Im Arbeitsleben wird die Kleidung der Mitarbeiter über Vorschriften von Arbeitgeberseite dem angestrebtem Image, der angestrebten Unternehmenskultur oder der Corporate Identity eines Unternehmens angepasst. Was dabei vorgeschrieben ist kann sehr unterschiedlich sein: von der geforderten Farbwahl über einen bestimmten Stil oder bestimmten Standard-Kleidungsstücken bis hin zur kompletten, standardisierten Uniform liegt alles im Bereich des Üblichen.

Beispiele für übliche Dress-Codes

  • 'Freizeitkleidung – Casual wear (Hemd, Hawaiihemd oder T-Shirt, Jeans, sportliche oder sonst bequeme Hose, im Sommer oder in südlichen Ländern auch Bermudas oder Shorts)
  • gehobene Freizeitkleidung/smart casual (Anzug oder Kombination, geschlossene Schuhe; Krawatte nicht zwingend)
  • Business Casual – („wie im Büro“ also Hemd, Jackett, Krawatte nicht zwingend, aber oft erwünscht; Jeans aber meist nicht erwünscht, ggf. in schwarz und nicht verwaschen möglich)
  • Casual Friday – seit den 1950er Jahren in manchen Firmen praktizierte Gepflogenheit, dass am Freitag angesichts des sich nähernden Wochenendes legere oder sportliche Kleidung getragen werden darf
  • Business-Kleidung – business attire (Kostüm, Anzug, Krawatte),
  • Abendgarderobe (engl: "black tie") – formal (seriös und festlich), also für Herren Smoking und für Damen Abendkleid
  • Bieranzug – Anzughose, Polo-Shirt oder Hemd, Jackett von einem Anzug (nicht unbedingt vom gleichen Stoff, wie die Hose) oder Blazer, Lederschuhe
  • leichter Bieranzug – bequeme Hose (auch Jeans), Polo-Shirt oder Hemd, Jackett (möglichst nicht zu einem feinen Anzug gehörend, sondern besser etwas Derberes) - Anstelle des Jacketts geht auch eine wenig gemusterterte Strickjacke oder ein wenig gemusterter Wollpullover zum Überziehen, keine Sandalen
  • dresscode frivol – freizügiger Nude-Look-Stil im privaten Bereich mit Betonung auf Erotik
  • dresscode black/dresscode fetisch – auf Szene-Partys der Lack-Leder-Latex-Gummi-Fetischisten (erotisch und unseriös). Wer sich nicht dem Dresscode entsprechend kleidet erhält keinen Einlass, so wird dem Problem begegnet, dass Leute nur zum "gaffen", ohne wirklichem Interesse an der Szene kommen.

Daneben gibt es auch noch Kleiderordnungen, die technisch bedingt sind. Hierzu gehört zum Beispiel, dass Bereiche von lebensmittelverarbeitenden Betrieben oder anderen Produktionsstätten, in denen hohe Sauberkeit verlangt wird, nur mit Kopfbedeckungen betreten werden dürfen, damit keine Haare herunterfallen. Andere technisch bedingte Kleidungsvorschriften sind das in manchen Fabriken vorgeschriebene Tragen von Schutzkleidung.

Beispiele für technisch bedingte Kleiderordnungen

  • in Krankenhäusern
  • in Kernkraftwerken und anderen Anlagen, in denen mit stärker radioaktiven Stoffen gearbeitet wird
  • in Bergwerken
  • in Halbleiterfabriken
  • in Lebensmittelfabriken
  • in Laboratorien
  • in Chemiefabriken
  • in Betrieben, in denen Raumflugkörper gebaut werden
  • in Dienstleistungsbetrieben, zum Beispiel Post, Bahn, etc

Es gibt auch Kleiderordnungen, die sowohl technisch als auch kulturell bedingt sind. So ist es gelegentlich nicht gestattet, mit Turnschuhen in Diskotheken zu gehen, da sich im Profil der Turnschuhe oft kleine Steinchen festsetzen, welche die Tanzfläche zerkratzen können oder weil Personen mit Turnschuhen nicht ins gewünschte Erscheinungsbild passen.

Arbeitsrechtlich steht dies auch für den Unterschied zwischen Schutz- und Dienstkleidung. Schutzkleidung wird durch die Unfallversicherung vorgeschrieben und ist vom Arbeitgeber zu stellen (bzw. zu bezahlen; z. B. OP-Kleidung, die vor Kontakt mit Patientenblut schützen soll). Aber Dienstkleidung in diesem engen Sinn dient dagegen nur der "Kleiderordnung", z. B. wird eine Berufsgruppe dadurch kenntlich gemacht (Pförtner z. B.) u. ähnliches. Diese ist vom Beschäftigten anzuschaffen und zu unterhalten (lfd. Rechtsprechung, z. T. auch Tarifverträge).

Stillschweigend geforderte Dress-Codes und Dress-Codes aufgrund von Konvention und Übereinkunft

Häufig werden die oben genannten Dress-Codes auch stillschweigend erwartet, wenn man sich in eine bestimmte gesellschaftliche Situation begibt, eine bestimmte Art von Veranstaltung besucht oder eine gesellschaftliche Rolle (z. B. eine Funktion in einem Unternehmen) einnimmt.

Gesamtgesellschaftliche und milieuspezifische Dress-Codes entstehen auch durch stillschweigende Übereinkunft über Konvention und das Bedürfnis nach Konformität als Ausdruck von Zugehörigkeit infolge sich etablierender Moden. Diese Dress-Codes werden oft nicht als solche wahrgenommen, haben aber trotzdem den Charakter stereotypartiger Muster, die in der Außenwahrnehmung und -beschreibung nicht selten zum Klischee stilisiert werden.

Kulturelle, subkulturelle, geistige und politische Gruppierungen entwickeln oft eigene Dress-Codes. Diese Dress-Codes unterscheiden sich vom allgemeinen Standard jenseits der Gruppe und sollen die Zugehörigkeit zur Gruppe nach außen oder nach innen (u. a. auch durch geheime Dress-Codes) kenntlich machen. Die Dress-Codes werden von den Gruppenangehörigen häufig als kollektiver ästhetischer Ausdruck ihres jeweils individuellen Lebensgefühls empfunden und zeichnen den einzelnen jenseits der Gruppe doch insofern als Individualist aus, dass er den Mut hat, sich zu einer Minderheit einer selbst gewählten Lebensstilgruppe zu bekennen. Ein Beispiel hierfür sind Studentenverbindungen (siehe: Couleur) und ihre Kleiderordnung, sowie die Dress-Codes unterschiedlicher Szenen der Jugendkultur.

Nichteinhaltung und die Folgen

Die Nichteinhaltung der ausdrücklich oder stillschweigend geforderten Kleiderordnung kann z. B. dazu führen, dass Besucher (auf Veranstaltungen, Festen, Konzerten, bei Audienzen, Spielbanken etc.) nicht eingelassen werden. Bei wichtigen persönlichen Ereignissen, wie z. B. beruflichen Vorstellungsgesprächen, kann unangemessene Kleidung die Erfolgsaussichten deutlich reduzieren.

Die Einhaltung der zur jeweiligen Situation passenden Kleiderordnung dokumentiert nicht nur die gesellschaftliche Kompetenz der eigenen Person, sondern spiegelt auch die Achtung vor dem Einladenden bzw. den übrigen Teilnehmenden und die persönliche Würdigung des Anlasses wider.

Siehe auch

Berufskleidung, Amtstracht, Uniform, Dienstkleidung, Schuluniform, Pfadfinderkluft, Couleur, Collegejacke