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Kufiya

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Jassir Arafat mit seiner Kufiya, die er stets auf eine individuelle Art wickelte
Irakischer Milizionär (Feb. 2003)

Die Kufiya (auch Kafiya oder Kefije, arabisch: كوفية) ist ein von Männern getragenes Kopftuch in der arabischen Welt, das sogenannte „Palästinensertuch“ ("Palituch"). Der arabische Begriff ist abgeleitet vom Namen der irakischen Stadt Kufa. Das Tuch wird von Arabern zum Schutz vor der Sonne getragen.

Geschichte

Die Kufiya gehörte zur traditionellen Tracht in Kufa und war später in der ganzen Region unter der männlichen Landbevölkerung - sowohl der arabischen als auch der beduinischen - weit verbreitet. Bis zum Ende des Osmanischen Reiches trug die männliche Stadtbevölkerung im arabischen Raum meist den türkischen Tarbusch (den so genannten Fez). Während des arabischen Aufstands Anfang der 1930er Jahre versuchte die palästinensisch-arabische Nationalbewegung unter Führung des Muftis Amin al-Husseinis, die Kufiya auch unter den Städtern durchzusetzen – zum einen als Symbol für Selbstbestimmung und gegen Kolonialismus sowie gegen die jüdische Besiedlung, zum anderen, damit die meist vom Land stammenden Militanten der Bewegung in den Städten weniger auffielen. Die Kufiya war zudem ein Symbol des Klassenbewusstseins, da sie von den ökonomisch zunehmend in Bedrängnis geratenden Fellachen, nicht aber von den Großgrundbesitzern getragen wurde.

Die palästinensischen Studenten und Akademiker unter der Führung von Jassir Arafat bemächtigten sich in den 1960ern dieses Symbols, um so ihre Verbundenheit mit ihrem Volk auszudrücken.

Seit dem Zweiten Weltkrieg gehört die Kufiya zur Ausrüstung einiger britischer Armee-Einheiten. Auch US-amerikanische Soldaten verwenden das Tuch, meist in Olivgrün oder Khaki mit schwarzem Muster.

In den westlichen Industriestaaten wurde die Kufiya in den siebziger Jahren zum Modeaccessoire, das - ähnlich wie später Militärhosen - mit dem Flair eines militanten "radical chic" verbunden wurde. Zugleich drückte es in politischen Kreisen die Verbundenheit mit dem politisch-militärischen Kampf der Palästinenser aus.

Form

Die Kufiya ist ein quadratisches weißes Tuch, teilweise mit Quastenrand, in der Regel aus Baumwolle, das häufig in der Mitte ein gleichmäßig gewürfeltes Muster trägt, am Rand Streifen, meist in Schwarz oder Rot, aber auch Blau und Lila, eingewebt oder aufgestickt hat. Farbigkeit und Material variieren regional, so ist die Kufiya in Saudi-Arabien beinahe immer ganz weiß, in den Golfstaaten rot und in Palästina schwarz. In Palästina sind viele Kufiyas aus einem Wolle/Baumwolle-Mischgewebe hergestellt, das schnell trocknet und den Kopf warm hält.

Es gibt zwei grundsätzliche Arten, die Kufiya zu verwenden:

  • Als Turban (dieses ist die übliche Kopfbedeckung in Oman). Die Kufiya ist in Diagonalfaltung das ideale Tuch um schnell einen gut sitzenden Turban zu binden, der den ganzen Weg um den Kopf die gleiche Dicke hat.
  • Nach diagonaler Faltung in der Art eines Kopftuches. Im letzteren Falle wird sie mit einer Agal (auch Ogal, Iqal oder Ekal), einer Art Kordel als Halteschnur befestigt. In Palästina wird die Kufiya dabei direkt auf den Kopf gesetzt, in den Emiraten wird darunter eine besondere Mütze getragen, was teilweise den Sitz und Halt der Kufiya etwas verbessert. Jede Region hat dabei ihre eigene Art, die Ecken des Tuches vorne oder hinten oder hochgeklappt usw. zu tragen, sodass man teilweise anhand der Farbe und der Art, wie die Kufiya getragen wird, sagen kann, wo der Träger herkommt.

Kufiyas gibt es in unterschiedlichen Qualitäten. In Europa findet man oft Billigprodukte, die nur als Halstuch geeignet sind. Hochwertige Kufiyas erkennt man am eingewebten oder durchgewewbten Muster und der Qualität des Gewebes. Diese sind in Spezialläden für islamische Bekleidung erhältlich und sind oft nicht teurer als Billigprodukte niederer Qualität.

Kritik am Tragen der Kufiya in Deutschland

Datei:Hayo Klettenhofer in Dorfen.jpg
Die Neonazis Thomas Wittke (links) und Hayo Klettenhofer bei einer Neonazi-Demonstration am 11. Dezember 2004 in Dorfen bei München

Abseits seiner eigentlichen politischen Bedeutung wird das Palästinensertuch in Deutschland in der Jugendkultur auch gerne als Modeaccessoire ohne unmittelbar politischen Symbolgehalt verwendet – die Kufiya hat somit Einzug in die linke oder vermeintlich linke Popkultur erhalten. Das Spektrum des mit dem Tragen des Schals verbundenen Ausdrucks reicht vom eher diffusen "Widerstand" bis hin zur Solidarisierung mit den Palästinensern.

Die Kufiya wird seit Ende der 1990er Jahre zunehmend auch von Neonazis (siehe z.B. die Kameradschaftskader Norman Bordin, Alexander Hohensee und Thomas Gerlach) getragen. Dies geschieht zum einen im Rahmen des Kopierens linker Symbole, das seit den späten 1990er Jahren häufig in der rechtsextremistischen Szene zu beobachten ist, ist aber andererseits auch Ausdruck einer antisemitsch motivierten Parteinahme für die Palästinenser im Nahost-Konflikt.

Insbesondere die antideutsche Linke und Teile der antinationalen Linken kritisieren das Tragen der Kufiya als Symbol des Kampfes gegen Israel.[1]

Einzelnachweise

  1. Siehe beispielsweise die Artikel Ist Dir kalt oder hast Du was gegen Juden?! sowie Coole Kids tragen kein Pali-Tuch