Norden (Ostfriesland)
Vorlage:Infobox Ort in Deutschland
Norden (ostfr. Plattdeutsch Nörden) ist eine Mittelstadt in Ostfriesland im Nordwesten Niedersachsens. Die Stadt liegt direkt an der Nordsee bzw. am Wattenmeer, und der Hafen im Stadtteil Norddeich ist ein wichtiger Fährhafen im Verkehr mit den Ostfriesischen Inseln. Die Bewohner Nordens heißen Norder, platt Nörder.
1977 verlor die Stadt Norden den Sitz des gleichnamigen Kreises (Kfz-Kennzeichen NOR) und gehört seither als selbständige Stadt und Mittelzentrum zum Landkreis Aurich.
Norden gilt als älteste Stadt Ostfrieslands und nennt neben recht guten Badeurlaubs- und Kurbedingungen auch einige Kulturschätze ihr eigen. Hierzu zählen einige bedeutende Kirchen ebenso wie alte Bürgerhäuser und eine beachtliche Zahl an Museen. Norden ist die Hauptstadt der historischen Landschaft Norderland. Schon in der Kaiserzeit wurde mit dem Slogan Das Grüne Tor zum Meer für Norden als Urlaubsort geworben.
Die Region um Norden ist vor allem geprägt durch die Landwirtschaft und den Tourismus. Ein weiterer wichtiger Wirtschaftszweig ist der Fischfang; die Stadt besitzt etwa 26 Kilometer Deichlinie. Außerdem sind teeverarbeitende Betriebe angesiedelt (Teestadt Norden).
Von großer Bedeutung ist Norden für die Telekommunikation. Die Deutsche Telekom ist hier mit einer Seekabelkopfstelle vertreten, von der aus Unterseekabel in alle Welt führen, unter anderem das TAT-14 nach New Jersey, USA, und das SEA-ME-WE 3[1], welches Deutschland via Nordsee, Atlantik und Mittelmeer mit Asien und Australien verbindet.
Im Jahr 2005 feierte Norden 750-jähriges Jubiläum seit der ersten Erwähnung des Ortes.
Sehenswürdigkeiten
Im Zentrum Nordens befindet sich eine reizvolle Innenstadt mit einem, im Verhältnis zur Einwohnerzahl der Stadt, sehr großen Marktplatz. Er umfasst eine Fläche von über sieben Hektar und verfügt über einen beachtlichen Baumbestand mit zum Teil über 250 Jahre alten Bäumen, was ihn zu einem der größten baumbestandenen Marktplätze Deutschlands macht. In der Mitte des Marktplatzes befindet sich die Ludgerikirche. Sie stammt aus dem 13. Jahrhundert und besitzt wie viele ostfriesische Kirchen einen frei stehenden Glockenturm. Neben vielen kultur- und kunsthistorischen Schätzen birgt die Ludgeri-Kirche die zweitgrößte erhaltene Arp-Schnitger-Orgel.
An der Südseite des Norder Marktplatzes stößt man auf ein außergewöhnliches Gebäudeensemble: die sogenannten "Dree Süsters" (drei Schwestern). Es handelt sich dabei um drei Häuser mit sehr ähnlichen Fassaden im Stil der Backstein-Renaissance. Etwas weiter westlich entdeckt man die Mennoniten-Kirche. In ihrem Innern besitzt sie eine sehr bemerkenswerten Deckenmalerei (siehe auch: Mennonitenkirche Norden).
Ein besonderer historischer Bau an der Westseite des Marktplatzes ist das Alte Rathaus. In ihm befindet sich die Theelachtskammer, Verwaltungs- und Ausgabesitz der ältesten genossenschaftlichen Vereinigung Europas. Das Alte Rathaus ist auch der Sitz eines Heimatmuseums. Gleich nebenan führt ein Teemuseum in die Geschichte und Bedeutung des ostfriesischen "Nationalgetränks" ein.
An der Ostseite des Marktplatzes sind das Vossenhuus (Fuchshaus) und die alte Posthalterei (Hotel zur Post) besondere Blickfänger.
Wie viele andere Städten verfügt auch die Stadt Norden über ein Bismarck-Denkmal. In der Osterstraße, die in den östlichen Marktplatz einmündet, sticht besonders ein reich dekorierter Renaissancebau, das "Schöningh'sche Haus", ins Auge. Weiter stadtauswärts befindet sich die Evangelisch-Freikirchliche Christuskirche. In ihren Mauern birgt sie eine Rohlfs-Orgel.
Die bekannte Seehundaufzucht- und Forschungsstation und das Nationalparkzentrum haben in Norden-Norddeich ihr Domizil gefunden.
Sehenswert in der Norder Umgebung sind die Schlösser Lütetsburg mit dem dazugehörigen Park im englischen Stil, Schloss Nordeck in Hage und die Burg Berum. Auch das Wasserbauwerk Leybuchtpolder am westlichen Stadtrand ist sehenswert.
Politik
Der Stadtrat hat 34 gewählte Ratsfrauen und Ratsherren sowie den direkt gewählten Bürgermeister. Ihm gehören seit der Kommunalwahl am 10. September 2006 vier Parteien und eine Wählergemeinschaft an:
Geschichte
Archäologische Funde aus der jüngeren Steinzeit (ca. 2000 vor Christus) bezeugen, dass Norden sich auf einem sehr alten Siedlungsplatz befindet. Als Schnitt- und Endpunkt alter Handelsstraßen (Emsweg von Müster und Küstenweg von Bremen) gewann Norden schon sehr früh an Bedeutung. Vieh sowie Muschelkalk und Salz waren die Haupthandelsgüter. Norden war im frühen Mittelalter unter dem Namen Norditi bekannt. Es war der Hauptort des Gaues Nordendi. Der Gau bestand zur Zeit Karls des Großen aus Westermarsch, Lintelermarsch, Ostermarsch, Hagermarsch und Süderneuland (heute Harlingerland und Brokmerland).
1255 erhielt Norden das Stadtrecht. Das Wappen zeigt den Apostel Andreas mit dem bekannten Andreaskreuz - ein Hinweis auf die nicht mehr existierende Stadtkirche, die dem Hl. Andreas geweiht war. Die Ludgeri-Kirche war im Gegensatz zur Andreas-Kirche die Kirche des Norder Umlandes. Auch Klostergründungen verzeichnet die Stadtgeschichte: Im 11. Jahrhundert entstand am Zingel das Kloster Marienthal; die Dominikaner siedelten sich 1264 am Fräuleinshof an.

Sturmfluten des 14. Jahrhunderts führten zu einer Ausweitung der Leybucht, so dass im Südbereich der Stadt ein Seehafen entstand, der bis weit ins 19. Jahrhundert hinein Bedeutung hatte und der Stadt über einen langen Zeitraum eine wirtschaftliche Blüte bescherte. Norden besaß eine eigene Handelsflagge, unter der Norder Schiffe Nord- und Ostsee befuhren.
1531 verwüstete ein Heerhaufen des Häuptlings Balthasar von Esens die unbefestigte Stadt, unter anderem wurde der Vorgängerbau des heutigen Alten Rathauses, mehrere Klöster und die Andreaskirche zerstört. Die letzten Reste der Andreaskirche verschwanden 1756.
1744 wurde Ostfriesland - und damit auch Norden - dem Königreich Preußen eingegliedert. Nach der Napoleonischen Besatzungszeit 1806–1813 als Département Ems-Oriental fiel Norden an das Königreich Hannover. 1866 (mit dem Ende des hannoverschen Königreichs fiel Ostfriesland wieder an Preußen zurück.
Ein bedeutendes Ereignis war für Norden der Anschluss an das nationale Eisenbahnnetz (1862); die Strecke wurde 1892 bis zum Norddeicher Fähranleger (genannt Norddeich Mole) weiter geführt.
1905 wurde die 1998 aufgelöste Küstenfunkstelle Norddeich Radio errichtet.

Norden besaß viele Jahrzehnte hindurch eine jüdische Gemeinde, die in Norden und auf Norderney jeweils eine Synagoge betrieb. Die Synagoge in Norden wurde während der nationalsozialistischen Pogrome in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 zerstört.
Das Schulhaus und das Wohnhaus des Rabbiners stehen noch. Ein christlich-jüdischer Arbeitskreis hat die Grundmauern der Synagoge wieder frei gelegt und auf dem Gelände ein Mahnmal für die verfolgten und brutal ermordeten ehemaligen jüdischen Mitbürger errichtet. Dagegen fanden in der Norderneyer Synagoge bereits ab 1933 keine jüdischen Gottesdienste mehr statt.
Siehe dazu den Hauptartikel: Jüdische Gemeinde Norden
Durch den Flüchtlingsstrom der Nachkriegszeit nahm die Bevölkerung Nordens erheblich zu. Ein neuer Stadtteil - Norden-Neustadt - entstand in den 1950er Jahren.
In den 1960er und 1970er Jahren wurde in Norden eine umfangreiche Altstadtsanierung durchgeführt. Entsprechend dem damaligen Zeitgeist ging man leider wenig liebevoll mit historischer Bausubstanz um. Südlich des Marktes standen hauptsächlich aus dem 18. Jahrhundert stammende Häuser (entlang der engen Straßenzüge von Kirch-, Siel-, Uffen- und Heringstraße), die teilweise noch über offene Feuerstellen und die für Ostfriesland typischen Butzen (Wandnischen zum Schlafen) verfügten. Es wurden zahlreiche Häuser an den genannten Straßen abgerissen, lediglich an der Ostseite der Uffenstraße sowie am Burggraben wurden einige erhalten. Durch die Wohnungsbaugesellschaft „Neue Heimat“ wurde auf dem nun freien Gelände ein Komplex mit Mehrfamilienhäusern und drei Wohnhochhäusern errichtet. Es wurden als weitere Maßnahme mehrere Straßen rund um den Marktplatz verbreitert. Dieser Aktion fielen erneut alte Bürgerhäuser (darunter die Tischlerei Nesso an der Einmündung Klosterstraße) zum Opfer (auch entlang Burggraben, Damm-, Schlachthausstraße), außerdem mussten die Alleebepflanzungen der Bahnhof- und Norddeicher Straße weichen. Das in den 1970er Jahren abgerissene dritte Haus der Drei Schwestern wurde 1993 wieder aufgebaut, da sich inzwischen die stadtplanerischen Strömungen in Deutschland wieder zum Konservativen hin entwickelt hatten und man nun der historisch gewachsenen Innenstadt eine ganz andere Bedeutung beimaß. Man hatte etwa in den 1970er Jahren auch den Abriss des Schönigh´schen Hauses und des Vossenhuus geplant, was aus heutiger Sicht nicht mehr nachvollziehbar ist. Damals konnte dies durch das Engagement der Bevölkerung und durch private Investoren verhindert werden. Heute ist man dabei, den Marktplatz Stück für Stück attraktiver zu gestalten, man fügt liebevoll historische Details, die verloren gegangen waren, wieder dem Stadtbild hinzu und hebt historische Merkmale besonders hervor.
Das Stadtbild von Norden ist und war von jeher einem ständigen Wandel unterworfen; ob der historische und typisch ostfriesische Charme der Küstenstadt jedoch merklich darunter leidet, muss jeder für sich entscheiden. Denn auch der Charakter Ostfrieslands ist heute ein anderer als in vergangenen Tagen.
Durch die niedersächsische Kreis- und Kommunalreform verlor Norden seinen Kreissitz an Aurich, gewann aber eine Reihe von umliegenden Gemeinden als neue Stadtteile hinzu. Heute wohnen in Norden etwa 25.000 Einwohner. Die Stadtfläche beträgt 101 km², von denen etwa 50 km² seit 1430 dem Meer abgerungen worden sind. Etwa 28 Kilometer der Norder Stadtgrenze werden durch den Seedeich gebildet.
Stadtteile
Stadtteile Alt-Nordens vor der Kommunalreform
(die folgenden alten Stadtteile zählen heute mit zur Innenstadt (Altstadt); sie werden gemeinhin nicht als gesonderter Stadtteil angeführt und sind verwaltungstechnisch nunmehr ohne Bedeutung, was sie zu historischen Begriffen macht)
- Armenplatz, seit Mitte der 1950er Jahre Norden-Neustadt
- Bargebur (Enklave)
- Ekel
- Hollande
- Lintel
- Tidofeld
- Westgaste
- Westlintel
- Zingel
Neue Stadtteile Nordens nach der Kommunalreform
(alle heutigen Stadtteile mit Ausnahme von Bargebur waren vor der Reform eigenständige Gemeinden, der Stadtkern an sich zählt nicht als Stadtteil)
- Bargebur
- Tidofeld
- Leybuchtpolder
- Lintelermarsch
- Neuwesteel
- Norddeich
- Süderneuland I
- Süderneuland II
- Ostermarsch
- Westermarsch I
- Westermarsch II
Verkehr
Straße
Die Bundesstraße 72 verbindet die Nordseeküste in Norden mit dem nächsten Verkehrsknotenpunkt in Südbrookmerland-Georgsheil, wo sie auf die Bundesstraße 210 trifft. Zur Zeit verläuft die Straße durch die Norder Innenstadt. Eine östlich der Stadt verlaufende Umgehung befindet sich in Bau.
Schiene
In Norden gibt es vier Bahnhöfe. Drei davon sind Fernverkehrsbahnhöfe der Deutschen Bahn, nämlich Norden, Norddeich und Norddeich-Mole. Zudem betreibt die Museumseisenbahn Küstenbahn Ostfriesland den Bahnhof Norden-KOF.
Persönlichkeiten
- 1606, 9. November, Hermann Conring, † 12. Dezember 1681 in Helmstedt, deutscher Arzt und Politiker
- 1905, 29. Juli, Johann Cramer, † 14. Januar 1987, deutscher Politiker (SPD), MdB.
- Ubbo Emmius, Theologe, Historiker und Gründer der Universität Groningen
- Hinrich Swieter, Politiker, Finanzminister Niedersachsen
- Theodor Lorenz, 1929 - 2005 Grafiker und Heraldiker
- Jörg Buchna, Pastor und Schriftsteller
- Georg Scheller (1895-1955), Professor für Wirtschaftswissenschaften
- Karsten Fischer, Fußballspieler vom SC Paderborn 07
- 1892 Recha Freier geb. Schweitzer, Schriftstellerin, Trägerin des Israelischen Staatspreises
- Almuth Kook, Fernsehmoderatorin und Buchautorin
Städtepartnerschaften
- Bradford-on-Avon in Großbritannien
- Pasewalk in Mecklenburg-Vorpommern
Kirchengemeinschaften
Eines der besonderen Kennzeichen der Stadt Norden ist die Vielzahl an Kirchen- und Religionsgemeinschaften.
Volkskirchen
- Evangelisch-lutherische Kirchengemeinden in Norden Stadt (Ludgeri), Norden (ehem. West-Bezirk) Andreaskirchengemeinde, Tidofeld, Norddeich (Arche) und Süderneuland
- Evangelisch-reformierte Kirchengemeinde Norden-Bargebur, Kirchen in Norden-Bargebur, Gemeindezentrum in Norden, Am Markt
- Römisch-katholische Kirchengemeinde in der Osterstraße
Gemeinschaften innerhalb der evangelischen Landeskirchen
- Landeskirchliche Gemeinschaft im Gemeindezentrum der Evangelisch-reformierten Kirche, Am Markt
Freikirchen
- Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde (Baptisten) in der Osterstraße
- Freie evangelische Gemeinde Im Spiet
- Mennonitengemeinde am Marktplatz
- Freie Christengemeinde (Friedenskirche) in Norddeich
- Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten in der Brauhausstraße
- Bibelgemeinde in der Schulstraße
- Christliche Versammlung („geschlossene Brüder“), Versammlungsraum zur Zeit im Haus Vienna an der Nordseite des Marktplatzes
- Gemeinde auf dem Weg
Andere Religionsgemeinschaften
- Neuapostolische Kirche, Am Schwanenteich
- Zeugen Jehovas, Königreichssaal in Lütetsburg