Gabbata
Gabbata hieß nach Joh 19,13 EU ein mit Steinen oder Mosaikboden gepflasterter Platz in Jerusalem. Dort übte der Präfekt des Römischen Reiches über die Provinz Judäa, Pontius Pilatus, um 30 sein Richteramt aus:
- Auf diese Worte hin ließ Pilatus Jesus herausführen und er setzte sich auf den Richterstuhl an dem Platz, der Lithostrotos, auf Hebräisch Gabbata, heißt.

Der Begriff wird im Neuen Testament nur diese eine Mal erwähnt, hat aber entscheidende Bedeutung: Der Satz leitet die Verurteilung des Jesus von Nazaret zur Kreuzigung ein.
Name
Gabbata wird in Joh 19,13 als hebräisches Wort eingeführt. Tatsächlich verwendete Johannes die aramäische Bezeichnung, die damalige Umgangssprache der jüdischen Bevölkerung. Das aramäische gabbeta bedeutet Erhöhung und Höhe und entstammt dem hebräischen גבחת - gabachat in der Bedeutung von „Stirnglatze; Kahlheit“. Es erscheint im NT gräzisiert zu gabbatha an der Seite des griechischen Ausdrucks λιθóστρωτος - lithostraton im Wortsinn von „Stein-“ oder „Mosaikpflaster“.
Das griechische Wort übersetzt nicht den aramäischen Ausdruck: Beide bezeichnen denselben Platz in verschiedenen Sprachen. „Stirnglatze“ kann sich auf seine geglättete Oberfläche insgesamt beziehen, die erhöht war. „Steinpflaster“ oder „Mosaikpflaster“ dagegen bezieht sich auf das dabei verwendete Bodenmaterial. Dieses bedeckte nicht nur den Innenraum des Prätoriums, sondern auch seinen vorderen Vorplatz.
Lokalisierung
Aus Mk 15,16 EU wird gefolgert, dass der Amtssitz des Pilatus identisch mit dem Prätorium (Legionslager) war. Dies legt nahe, dass der Gerichtsplatz Gabbata sich in oder bei diesem Gebäude befand. Es befand sich damals im Bereich der heutigen Zitadelle am Jaffator innerhalb der Burg Antonia, die Herodes der Große als seinen Palast hatte bauen lassen. Dies war eine mit dicken Mauern und Toren befestigte Kasernenanlage an der nordwestlichen Ecke des Tempelplatzes, die den römischen Besatzern notfalls auch Zuflucht vor jüdischen Aufständen bot.
Versuche, den Platz mit dem ebenfalls gepflasterten Tempelvorhof für die „Heiden“ oder dem Platz, an dem der Sanhedrin zusammentraf, zu identifizieren, haben sich nicht durchgesetzt.[1]
Neutestamentlicher Kontext
Die synoptischen Evangelien erwähnen weder den Namen des Richtplatzes, an dem Jesus verurteilt wurde, noch ein förmliches Todesurteil des Pilatus. Nach Mk 15,1 EU wurde er direkt nach dem Prozess vor dem Sanhedrin im Palast des amtierenden Hohenpriesters Kaiphas zum Wohnsitz des Pilatus geführt. Erst nach dessen kurzem Verhör und Hinrichtungsbefehl wurde Jesus laut Mk 15,16 zur Geißelung geführt:
- Die Soldaten führten ihn in den Palast hinein, das heißt in das Prätorium, und riefen die ganze Kohorte zusammen.
Demnach fand die Verurteilung nicht im Prätorium, sondern außerhalb davon statt.
Das Johannesevangelium verändert den in den älteren Evangelien weitgehend einheitlich dargestellten Ablauf der Passion Jesu an vielen Stellen. So entfällt hier der Prozess vor dem Sanhedrin. Jesus wird hier nur einem Privatverhör durch Hannas unterzogen, den Schwiegervater des Kaiphas (Joh 18,19-24 EU). Ein Rechtsgrund oder gar ein förmliches Todesurteil werden nicht erwähnt. Kaiphas habe Jesus dann direkt an den Amtssitz des Pilatus überstellt (Joh 18,28 EU):
- Von Kajaphas brachten sie Jesus zum Prätorium; es war früh am Morgen.
Dies setzt voraus, dass Pilatus sich dort befand, um sein Amt auszuüben.
Der Ortsname Gabbata wird genannt, um das Todesurteil des Pilatus einzuleiten. Der Folgevers enthält zudem eine Zeitangabe, wonach das Urteil „um die sechste Stunde“ - gegen Mittag - erging (Joh 19,14 EU). Beides veranschaulicht den Abschluss des Prozesses Jesu als vorläufigen dramaturgischen Höhepunkt der Handlung. Der Evangelist zeigt seinen Lesern seine genaue Kenntnis der Umstände des Urteils, um dieses für sie glaubwürdig zu machen. Es wird ausdrücklich gesagt, dass Pilatus seinen Richterstuhl auf Gabbata einnahm: Damit betont Johannes die Autorität und Rechtmäßigkeit seines Zeugnisses über Jesus:
- Sehet, da ist euer König!
Siehe auch
Referenzen
Literatur
- Joachim Jeremias: Jerusalem zur Zeit Jesu, Vandenhoeck + Ruprecht, Göttingen 1969 (4. Auflage), ISBN 3525535171
- Clemens Kopp: Die heiligen Stätten der Evangelien, Pustet Verlag, 2. Auflage 1964, ASIN B0000BKEC6
- LThK: Gabbatha