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Homo steinheimensis

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Vorlage:Koordinate Artikel

Homo steinheimensis
Schädel von H. steinheimensis
Zeitraum
Pleistozän
Ca. 300.000 bis 250.000 Jahre
Fossilfundorte
Vorlage:Taxonomy
Vorlage:Ordo: Primaten (Primates)
Vorlage:Subordo: Trockennasenaffen (Haplorhini)
Vorlage:Infraordo: Altweltaffen (Catarrhini)
Vorlage:Superfamilia: Menschenartige (Hominoidea)
Vorlage:Familia: Menschenaffen (Hominidae)
Vorlage:Tribus: Echte Menschen (Hominini)
Vorlage:Genus: Menschen (Homo)
Wissenschaftlicher Name
Homo steinheimensis
Professor Dr. Fritz Berckhemer, 1933
Gedenkstein am Fundortes
Gedenksäule in der Nähe des Fundortes

Der Schädel des Homo steinheimensis wurde am 24. Juli 1933 in der Mitte einer 15 Meter hohen Kieswand der Sigristschen Kiesgrube von Karl Sigrist beim Kiesabbau in Steinheim an der Murr gefunden[1]. Dabei handelt es sich mutmaßlich um eine circa 25 Jahre alte Frau, die, nach Auswertung des Schädelfundes, vor 250.000 Jahren möglicherweise erschlagen wurde. Der Homo steinheimensis ist somit wesentlich älter als der Neandertaler. Er zeigt sowohl Merkmale des Homo heidelbergensis, wie auch bereits des Neandertalers und sogar des Homo sapiens. Die meisten Paläoanthropologen ordnen ihn dem Homo heidelbergensis zu, andere Forscher ordnen den Fund auch die Bezeichnung Homo sapiens steinheimensis zu, was ihn lediglich zu einer Unterart des Homo sapiens und nicht zu einer eigenen Spezies macht.

Der Originalfund liegt heute im Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart in einem Stahlschrank.

Der Fund

Bereits vor diesem Fund wurden in der Kiesgrube viele archäologische Objekte, wie beispielsweise Knochen von Elefanten, Riesenhirschen, Nashörnern und Wildpferden, aus dem Pleistozän gefunden und von wissenschaftlicher Seite ausgewertet. Daher waren die Mitarbeiter im Steinbruch bereits sensibilisiert auf mögliche Knochenfunde. Als nun in der Abraumwand ein knochenheller Fleck von Sigrist gesichtet wurde, schickte man gleich nach einem Paläontologen vom Stuttgarter Nationalmuseum. Fritz Berckhemer reiste noch am gleichen Tag an und begutachtete den noch in der Wand verborgenen Fund. Am nächsten Tag begann dieser, zusammen mit dem Präparator Max Böck, die vorsichtige Freilegung. Gleich war klar, auf Grund der Form und Maße des Schädels, dass es sich nicht um einen Affen handelte, wie zunächst vermutet wurde, sondern um einen Jahrhundertfund eines menschlichen Schädels aus dem Pleistozän. Der Schädel wurde grob gesäubert, gehärtet und eingegipst und so wohlbehalten in die Württembergische Naturaliensammlung, dem heutigen Staatlichen Museum für Naturkunde gebracht.

Die Auswertung des Fundes

Aus dem relativ dünnwandigen und insgesamt grazil wirkenden Schädel, welches ein Hirnvolumen von circa 1100 ccm aufweist, kann auf das Geschlecht einer Frau geschlossen werden. Die Abnutzung und Durchbruch von Gebiss beziehungsweise Zähnen lassen ein Lebensalter von etwa 25 Jahren schließen. Die große Verletzung auf der linken Stirnseite lässt vermuten, dass die Frau mit einer stumpfen Waffe getötet wurde. Der Kopf wurde anschließend vom Rumpf getrennt und das Hinterhauptloch stark erweitert, dies kann nur den Zweck gehabt haben, an das Hirn der Frau zu gelangen, vermutlich um es, in einer Kulthandlung, zu verspeisen.

Neue Ergebnisse, der früheste Nachweis eines Schädeltumors

Aus Untersuchungen von 2003 der Eberhard-Karls-Universität Tübingen, namentlich durch Alfred Czarnetzki, Carsten M. Pusch und Erwin Schwaderer, geht hervor, dass der Homo steinheimensis an einem Meningiom, einem Schädeltumor litt. Möglicherweise ist dies auch die Todesursache. Dies ist der früheste Nachweis eines Meningioms und damit auch der erste Nachweis bei Vertretern der früheren Gattungen Homo[2][3].

Leben und Umwelt

Bei den Funden in Steinheim wurden keine weiteren Artefakte der Menschen gefunden, keine weiteren Knochen und auch keine Werkzeuge wie z. B. Steinwerkzeuge, Knochengeräte oder ähnlich. Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass auch die Frau aus Steinheim solche Werkzeuge herstellen und damit arbeiten konnte. Beleg dafür ist z. B. ein Fund etwa gleichen Alters von Swanscombe, dem swanscombe man, bei dem man einige Faustkeile aus der Kultur der Acheuléen gefunden hat[4].

Literatur

  • Karl Dietrich Adam, Der Mensch der Vorzeit - Führer durch das Urmensch-Museum Steinheim an der Murr - ISBN 3-8062-0404-7
  • Karl Dietrich Adam, Der Urmensch von Steinheim an der Murr und seine Umwelt - Ein Lebensbild aus der Zeit vor einer viertel Million Jahren
  • Raimund Waibel, Urmensch Museum - Steinheim an der Murr - Sonderdruck aus Schwäbische Heimat 1994/2
  • Beiträge zur Heimatkunde - Nummer 43 - Steinheim an der Murr - 1993
Homo steinheimensis - Zur 60. Wiederkehr des Fundtages und zum 25jährigen Bestehen des Urmensch-Museums in Steinheim an der Murr

Anmerkungen

  1. Karl Dietrich Adam, Der Urmensch von Steinheim an der Murr und seine Umwelt - Ein Lebensbild aus der Zeit vor einer viertel Million Jahren, Seite 4 ff
  2. http://www.uni-tuebingen.de/uni/qvo/pm/pm2003/pm672.html Die Pressemitteilung der Universität Tübingen zum Meningiom
  3. http://www.uni-tuebingen.de/uni/qvo/pm/pm2003/gifs/pm672-01-gr.jpg Foto der Röntgenaufnahme
  4. en:Swanscombe Swanscombe, in der Nähe Londons, an der Themse gelegen - der swancombe man hat sich mittlerweile als Frau herausgestellt